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Dienstag» cien 4. Februar 19i9 Nr. 28 i4. Zcihrgang Anzeiger Mr öas Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: ^uer Sonntagsblatt. «ÄÄ'LSM ^r«"," «'n» «rprechstunö» ürr Nrüatiion mit /»»»nahm» s-r Sonntag» nachmittag» 4—s Ukr. — ttelegkamm-flüress«, Tageblatt fiueerzgeblrg». z»knspr»ch»r SZ. wenn »Ie"^uf,ad«'^«e I?ö»!t?» Sur unverlangt eingesan»,, Manuskript, kann oewühr nicht geleistet «er»en. Vas Neueste vom Tage. Die Spartakisten in Eisenach, Gotha und Erfurt tressen alle Vorbereitungen zur Störung der N«^ tionalversammlung in Weimar. Die Einverleibung Elsaß-Lothr'ingens in da» alt« französische Gebiet wird durch ein am S1. Januar veröffentlichtes Dekret im Amtsblatt der französischen Regierung tzerlündet. Wie verlautet, beschloß der Oberste Rat in Paris, den mit Rumänien abgeschlossenen Geheimver trag, in welchem diesem das Banat und Teines war zugesagt worden, auszu heben. Der internationale Sozialtstenkongreß in Bern ist gestern «rüssnet worden. Den Polnischen Truppen wurde durch den Grenz,chutz Bromberg bei Groß-Neudors eine schwere Niederlage zuge'llgt, sodaß sie in wilder Unord nung völlig aufgelöst zurücksluten mutzten und er hebliche Beute ein blitzten. Die Unabhängigen. P.L.F. Seit der Rationalwahl, also in vierzehn Ta gen sich in Aue die Zahl der Unabhängigen verzehn facht! Tas mutz uns allen sehr zu denken geben, beson ders aber den Mehrheitssozialisten. Da Nur diese Ent wicklung vorausgesehen und vorausgesagt haben, nicht nur siir Aue, sondern für ganz Deutschland, so kann sie uns Nicht überraschen, ja, sie ist in gewissem Sinne nur zu begrüßen! Tie reinliche Scheidung der Geister ist in einer Demokratie die erste Hauptsache. Und daß auch in den sozialdemokratischen Parteien in der nächsten Zeit gewaltige Bestands- und Programmber- änderungen vorgehen werden, ist unausbleiblich. Zu lange haben die Mehrheilssozialisten sich, den Tatsachen gegen über taub gestellt, und haben das nun mit einem sehr empfindlichen Stimmenrückgang bezahlen dürfen. Tai-, was die beiden sozialistischen Gruppen unterscheidet, ist: die Mehrheitssozialisten sind sozialistische Demokra ten, die unabhängigen diktatorische Sozialisten^ Darum, nicht weil sie Sozialisten sind, sind die Unab hängigen im Augenblick staatsgesährlich. Sie und die Spartakisten gehören eng zusammen, Eichhorn, der frühere Polizeipräsident von Berlin, der Erwählte der Unabhängigen, war der gefährlichste Helfershelfer Lieb knechts. Tas einzige Heil für Volk und Arbeiterschaft liegt aber in der schnellsten Ausrichtung gesetzlicher Zu stände: jede Art von Gewaltsozialisierung bedeutet aber die Ana rchie und den Untergang Sobald der Staat gesichert, die gesetzliche Ordnung gewährleistet ist, werden auch die Unabhängigen aushören, staatSgesährlich zu sein, werden sie aber auch stark an Zulaus verlieren. Darum wäre da« Falscheste, ivas die Mehrheitssozialdemokratie tun könnt«, wenn sie sortsahren würde, den Unabhängi gen nachzulausen. Ter Weg ist der entgegengesetzte. Sie muß trachten, gemeinsam mit den Bürgerlichen, den deutschen Demokraten, den Staat auszubauen und die Wirtschaft hvchzubringen. Sobald die Arbeits losigkeit gebannt ist, und bei dem umgehenden, Bedarf, den wir an allem und jedem haben, mutz das gelingen, «»'starken wieder di« Geiverkschasttn. Vollend-, wenn «- gelingt, der Ltbsnsmittelnot Herr zu werden, weicht -die Borzweislung und Berbitt«rung. Rur so, aber nur so, kann e- der Sozialdemokratie gelingen, die Arbeiterschaft wieder unter ihrer Fahne zu sammeln. Die Mehrhetts- sozialdemokratte ist aber auch, verpflichtet, mit aller Macht den Kamps gegen die Unabhängigen auszunehmen, wem» sie wirklich die Interessen der Arbeiter wahrneh men will, denn sie Weitz am besten, daß der Trank, der den Unzufriedenen von den Unabhängigen geboten wird/ zwar berauschend wirkt, aber auch zum Tode führt. Tut sie da- nicht, überläßt sie den Unabhängigen gar die Führung, dann schaufelt sie dem Volke, aber auch sich selbst und den» ganzen Sozialismus da* Grab, Dann üfs. net sie der Reaktion Tür und Tor. Dio Skhaäenersahfrage auf äer ^rieclenskonferenz. Lee Zthurrrat der Frird,n»kons«renz hat nnnmehr Vie Richtlinie», für Vie «chavenerfatzfrag, fest« gelegt und van« dl« weite« Behandlung diese» zweitwlche tigften Bestand teile» de» striedenedediugungen «in« neu- gebildeten Kommiss«»« überwiesen, Diese Kommission i« der auch vertrete, »er kleinen alliierte» RUlchte im« treten sind, hat die Ausgabe, die Ansprüche der einzel nen Mächte zu prüfen und einheitlich! zusammenzusassen. Bo» diplomatischer Seite wird erklärt, daß alle Scha- dcnersahsordernngen einer eingehenden sachlichen Nach prüfung auf ihre Berechtigung unterworfen werden und daß die bewilligten und anerkannten Forderungen spä ter der deutsche», Regierung als gemeinsame» Ganze Un terbreitet werden. Aus Grund der Richtlinie»,, an die die Kommission gebunden ist, soll hinsichtlich! des Zalstnngs- movnS aus die wirtschaftliche und stnanzietlc Leistungsfähigkeit Deutschlands Rücksicht ge nommen werden. Ta die sofortige Bezahlung des ganzen Betrages nach der La,re der Dinge nicht in Betracht kommt, sind Ratenzahlungen in Aussicht genom men unter der Voraussetzung, daß Deutschland nach Ratifizierung des FriedenSvertrag » eine erheblich« An zahlung ans die ihm auferlcgten Bcrbindlichletten lei stet. AlS weitere Bedingung gilt, daß Deutschland die vereinbarte« Zahlungstermine einhält und seine ge samten Verbindlichkeiten spätestens SO Fahre nach F r iedenoschluß getilgt hat. Falls einzelne finan» »i ll abhängige alliierten Mächte zum Wiederaufbau und zur Deckung der außerordentlichen, durch den Krieg ent standenen Ausgaben eine größere Summe sofort benöti gen, als ihnen Deutschland nach Maßgabe der Zahlungs termine vergüten kann, sind Amerika und England grundsätzlich bereit, ihnen Geld gegen Verpfändung ihrer Aitsprüche an Deutschland zur Verfügung zu stellen. Einem Vertreter der Deutschen Allgemeinen Zeitung gegenüber äußerte sich, der frühere Vizekanzler Tr. Helsserich über die Frage der Deutschland auszuer legenden Entschädigung. Dr. Helsserich erklärte, er sei sich auch in seiner Zeit als Reichsschatzsekretär darüber klar gewesen, daß mit der Tauer des Krieges die Mög lichkeit, von unseren Gegnern eine Kriegsentschädigung zu verlangen, abnehme. Tie Kriegskosten sind von Jahr zu Jahr größer geworden. Sie werden sich, für Deutsch land, wenn man den zu kapitalisierenden Betrag der Hinterbliebenenrente hinzurechnet, wohl kaum auf we niger als 200 Milliarden Mark belaufen, bei einem Volksvermögen von wenig über 300 Milliarden Mark vor dem Kriege. Schon darin, daß Deutschland aus ei nem Gläubigerlande zu einem Schuldnerlande geworden sei, liege eine Verminderung des deutschen Volksver- irrögens, die nach Helfserichs Ansicht mit 2 ö Ns 3 0 Milliarden veranschlagt werden müsse. Dazu käme die Milderung des VolksvermögenS im Innern, die sich aus unbezisserbare Millionen belaufe. Dr. Helsserich er klärte, das deutsche Volk sei heute einfach nicht im stande, eine nennenswerte Entschädigung zu zah len, und zwar weder in Kapital noch in den Zinsen. Direkte Kriegslasten, keine EtttMdigMgSsorverungr Daily Mail meldet aus Paris: Die englischen Delegierten habe« für den Wilsonschen Antrag ge stimmt, daß die direkten Kriegslasten nicht in die Ent- schädigungssorderungen an den Feind cinbezogen wer den dürfen. Tie Kosten »er feindlich«« Besatzung. Echo de Paris meldet: Im HeereSausschuß teilte Klotz mit: Tie von Deutschland für die Besetzung zu er stattende», Kosten würden drei Fünftel des fran zösischen HeereLetats seit dem Tage de» Waffen stillstandes betragen. Ein« deutsch« Nöte zu den finanzielle« Forderungen »eß Verbanve», Bei den Verhandlungen der Finanzkommission in Spa haben sich gewisse Schwierigkeiten ergeben. Daraufhin hat die deutsche Negierung den Vertretern der Entente in Spa eine Note überreichen lassen, in der cs u. a. heißt: Die alliierlen Vertreter in Spa sind bet den Verhandlungen mit Forderungen hervorgetreten, die den Boden aller bisherigen WaffenstillstaudSverhaudlun« gen vollständig verlassen. Sie verlangen, daß die deut sche Regierung in kürzester Frist alle während de« Krie ges in Deutschland unter ZwangSverwaltuug gestellten sei üblichen Vermögenswerte herausgebe, und »vollen eine Ervrtnng nicht mehr über dieses Verlan gen, sondern nur über die Art und Weise seiner Durch führung zulassen. Gegenüber den deutscherseits mit Be schlag belegten feindlichen Vermögenswerten befinden sich weit erheblichere deutsche Vermögenswerte in den Händen der Gegner". Aber gleichwohl sollen die feind lichen Vermögenswerte jetzt bedingungslos herausgegeben werden, Tatsächlich ist di« Behandlung de» Privateigen tums «in» Frage, die ihrer ganzen Natur nach den Arie« densve »'Handlungen Vorbehalten blsiben muß. Vorbereitungen zur Nationalversammlung. Gestern, am Montag, sind in Berlin di« Volksbe auftragten vom Anhalter Bahnhof zur Nationalver sammlung nach Weimar abgereist. Tie republikanische Schutztruppe stellte aus dem Bahnhose ein Ehrenbatail lon. Ebert hielt an das Bataillon folgende Ansprache: Kameraden! Im Namen der Reichsregierung danke ich Euch, für die ausvpsernde Tätigkeit der letzten Wochen. Ich. hoffe, daß Ihr, während wir in Weimar ein Werk vollenden wollen, das zürn Segen des ganzen deutschen Volkes gereichen wird, fernerhin sorgen werdet, daß Ruhe und Ordnung in Berlin erhalten bleiben. Gruß »er Leutsch-Vesterreicher. In der heutigen Sitzung der Wiener Nationalver sammlung wird der Präsident ein« von allen Parteien unterschriebene Erklärung verlesen, in der die deut sche Nationalversammlung in Weimar begrüßt und der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, daß -Wischer» beiden Staaten das Band noch enger geknüpft werde. Die ParteistSrken. Nach dem Endergebnis der Wahlen zur deutschen Nationalversammlung vom 19. vorigen MonalS gemäß den endgültigen Feststellungen der Wahlkommissare ha ben an Sitzen erhalten: Tie Deutsch-najttonale Volks partei, einschließlich der Bayerischen Mitt-elpartet, der Nationalliberalen Partei in Bayern, der Württembergs schen Bürgerpartei und des Württembergischen Bauern- unL WeingärtnerbundeS 42, die Deutsche Nolkspartei 21, die Christliche Volkspartei einschließlich der Bayerischen Volkspartei und der Katholischen Nolkspartei Oppeln 88. die Deutsche demokratische Partei einschließ lich der Deutschen Volkspartei in Bayern 75, die Mehr- heitssozialisten 163, die Unabhängigen 22, der Bayerische Bauernbund 4, die Schleswig-Holsteinische Bauern- und Arbenerdemokratie 1, der Braunschweigische Landes- Wahlverband 1, die Deutsch-Hannoversche Partei 4 Sitze, zusammen 421. Beschränkung VeS Aufenthalts in Wei «rar. Der Neichsanzeiger veröffentlicht eine Verordnung über die Beschränkung des Aufenthaltes in Weimar wäh rend der Tauer der Nationalversammlung nebst einer Be kanntmachung zur Ausführung dieser Verordnung. Ti« Verordnung wurde mit veranlaßt durch! einen.spartakb- stischen Putsch, aus das Telegraphenamt rn Eisenach. Ein Zwischenfall in Weimar. Das zum Quartiermachen vorausgeschickte hundert Mann starke Kommando der nach Weimar beorderten Negterungstruppen vom Landesjägerkorp» wurde nach seinem Eintreffen vom dortigen Soldatenrat des Infanterie-Regiments 94 entwaffnet. Die Entwaff nung soll angeblich deshalb erfolgt sein, weil der» Soldatenrat es nicht gern sah, daß nach! Weimar Solda ten entsandt werden, die nicht zum 11. .Armeekorps ge-, hören. Im Kassee Sperling hatten sich d'ie Offiziere de» Kommandos der Entwaffnung widersetzt, woraus sie kur zerhand verhaftet wurden. Tie im Lause des Vor mittags weiter etngetrossenen Truppen blieben unbe rührt. Als weiterer Grund für die Entwaffnung verlau tet, daß das Kommando in der Kaserne untergebracht werden und die in der Kaserne befindlichen Soldaten der Weimarer Garnison in Baracken gelegt werden Eil ten. Tabsn hat man aber Abstand genommen. Li» Sol daten der Weimar» Garnison wurden in Bürg »quar tieren untrrgebracht. — Liese Vorgänge, schreibt ein« der Regierung nahestehende Korrespondenz, haben keine Bedeutung? denn infolge der Demobilisierung haben die Soldatenräte niemand mehr hinter stch^ Spartakus. Je mehr sich die Kriegslage in Bremen klärt, desto deutlicher wird, daß «a sich bei den Spartakus leuiten um eine über da» ganz« Reich verstreut« Bewegung zum Sturze der Regierung Gbert-Gcheidemann und zur Ver hinderung der Weimarer Nationalversammlung handelt. Desto mehr ist ein« anscheinend jetzt zutage tretend« — Entschlossenheit vor Regierung gegenüber den Spartakisten zu -«grüßen. Wie d«r Vorwärts erfährt, bereitet di« Regierung einen Erlaß vor, der durch! da» neue Hervor« treten gewalttätiger Unternehmungen veranlaßt ist. Li» Regierung erklärt darin ihre Entschlossenheit, gewalk stnye Erhebungen -egen di« freiheitliche Ordnung der Demokratie nieverzuhalten und betont, da- zu diesem ^weck genug geeignet« Lruppe« Me Verfügung