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Donnerstag, äen 10. Npril ISIS Nr. 83 /luer Tageblatt BMW Anzeiger für -as Erzgebirge I4D«.-?L mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. sch^MsW« un"» SpttchstunS« der Ne-aköon mit Ausnahme -<r Sonntag» nachmittag» 4—s Uhr. — Telkgramm-flürrss», trag»blatt flu»»rzg»b>rg». z»rnspttch»r SS. x!im,»i."suhad.'s« N«!»N all« P»st»nsi-It«tt UN» 0ki»'str«ok. Ztir unv»rlangt »lngrsanüt« Manuskript« kann Vewühr nicht o»Irlg«t werüen. u«tzlg«n s«a«ll»!iaen ,»>a«lien. Pi >-» 14. Jahrgang Das Neueste vom Tage. RetchSminkster Bauer H gestern in Essen angenommen, um mit den zuständigen Stellen in Ber- Handlungen wegen dÄt Generalstreik» einzu treten. » Der Kommandierende General de» 17. Armeekorps l,at sich veranlaßt gesehen, um den Nachschubver- rohr zu den Grenzschutztruppen duvchzufühven, den Danziger Bahnbetrieb militärisch zu be setzen. » Eclair versichert, daß die Leitung der alli ierten Truppen in Mitteleuropa dem sran- öst sch en General Humbert übertragen wurde. Tie Verhandlungen der deutschen Finanzdele- qation im Schloß Billette mit den Finanzdele- lsierten der alliierten und assoziierten Negierungen wer den voraussichtlich nicht vor Ende dieser Woche 'liederaufgenommen. * Gemäß der polnisch^französischen Mlitärkonvention t Frankreich verpflichtet, in zwei Jahren die olnische Armee nach französischem Muster nSzubilden. .Zu diesem Zwecke ^werden glsbald ! 200 französische Offiziere mit"der Instruktion beginnen. Streik. P.L. A. ÖelSnih,Lugau, Zwickau, Ruhrgebiet und « iele andere Orte streiken. In früheren Zeilen, da hatte ' er Streik mancherlei Ursachen: entweder waren zu diel Waren produziert worden, sodaß die Ueberproduktion die Preise drückte und damit auch die Löhne — pder umgekehrt, die Arbeiter wollten ihrerseits tetlhaven an der steigenden Konjunktur. Heute haben wir — obwohl wir die dringend benötigten Lebensmittel nur mit Wa ren bezahlen können, — einen solchen Warenmangel, daß die Lebensmittelschiffe, die wenigen, die gekommen, sind, mit Ballast wieder haben wegfnhren müssen, ja, daß wir nicht einmal ihre Bunker mit unseren Koh len haben auffüllen können! Und da» Steigen der Konjunktur, Pas selbstverständlich wäre beim herrschen den Riesenbedarf und bet der Geldflüssigketr, wird von der Arbeiterschaft selbst verhindert, indem sie die wich tigsten Grundstoffe: Kohle und Eisen durch die fort- dauernden Streiks unserer Industrie Vyventhält Und wofür wird gestreikt? ES soll die Verwirklichung des kommunistischen Zukunftsstaates über den Bolschewis mus erzwungen werden. Wie der Bolschewismus au-sieht, das wissen wir wohl nachgerade all«. Selbst die Russen vermögen die völlige Vernichtung he» Wirtschaftslebens nicht mehr zu verheimlichen Aber der Bolschewismus, so sagen sie, ist nur ein nvtwendt- ges Uebel, ein Uebergang in da» Märchenland de» Kom munismus. Im Kommunismus erwartet uns, wir wis sen es ja aus berufenem Munde, NattonaMierunL und Rationierung, die Entthronung des Geldes, und die Kontrolle jeder kleinsten Handlung -- ArbettSzwang und Zwangsarbeit — und selbstverständlich auch Streik, verbot. Ueber eine» sind sich auch di« Kommunisten, soweit sie der Wahrheit die Ehre geben und nicht nur den Massen Honig um den Mund schmieren, einig r da» Existenzminimum wird ein sehr bescheidene» sein. Lev Kommunismus ist kein Schlaraffenland! Wie aber nimmt sich dagegen die wahrhettSgenMe Schilderung der Wirklichkeit aus? Einer Wirklichkeit, di« kaum 4 Jahr« zurttckliegt, deren wir Aelteren un» genau und sehnsüchtig erinnern? Da konnte mau um eine Mark, je nach der Jahreszeit, 12 bi» 22 Eier bs- kommen — und um soviel Mark Eier kaufen wie man vraucht« und wollte, Für eine Mark erhielt man 40 (!!) knusprig« Kaiserbrvtchen oder Mvhnzöpfchen, beinahe 4 Pfund Würfelzucker, mehr al» eln Pfund yleisch. Im Sommer v—4 Pfund Kirschen, u Pfund Johannisbeeren. Mehr als 4 Liter Milch, ein' Drit tel Zentner Kartoffeln — und Kohlrüben? Die .Kohl!» rüden durfte das Vieh Fressen I SchlarM'Nlaud! Mer kein komlnuntsttsches Schlaraffenland, sondern diese» Land, wo Milch und Honig sloß, halte ein tüchtige» Volk auf enger, herber Scholle sich durch zähen'gleiß, durch emsige Arbeit geschaffen. Haben wir den Weg in diese» Schlaraffenland vergessen? Den Schlüssel ver. loren? Arbeit, selbstlose, freudig«, zäh« Arbeit heißt er. Freilich, für die Mitläufer der Kommunisten ist da» ein Märchen. Sie waren noch Kinde«, als der Krieg un» au» diesem Lande, au» dieser Wirklichkeit vertrieb i Für un» all« aber ist e» Tatsache, dgß dies« Zustände bLstanden haben und wieder bestehen müssen! Und wir wollen arbeiten, arbeiten, arbeiten, um diese Wirklichkeit wieder Tatsache werden zu lassen. Deutsche Nationalversammlung. Weimar, S. April, Der Platz vor der Nationalversammlung ist heute wieder in weitem Umkreise von Schutzleuten abgesperrt. An der Etnlaßpfvrt« zur Lrlbüne harrt wieder ein Häuflein Neugieriger. Ta» gewohnte Bild. Las Hau selbst ist gut besetzt. Tie NegierungSbänke, auf denen anfänglich nur Schiffer und Eiberger einsam thronen, füllen sich allmählich. Auch, der Präsident de» Reichs. Ministeriums Schetdemann ist trotz einer Grippeerkran» kung anwesend. Der heiße Atem der kritischen Woche ist in der Stimmung de» Hause» wenig bemerkbar. Alle Leidenschaften scheinen zurückgedrängt. Tie Mte- nen recht» und links wie in der Mitte beherrscht von ernster Sachlichkeit. Wenn je, so ist die Nationalver sammlung heut« frei von aller Rhetorik, freilich auch von allem Schwung und Pathos, der wortkargen Arbeit zugewandt. Alle sind sich des besonderen Ernste- der Stunde für Deutschlands Geschick bewußt, aber niemand spricht davon. Kein Blick verrät die innere Bewegung. Doch die Hoffnung auf eine glücklich« Zukunft ist doch in aller Herzen, und auch der Glaube, daß trotz de» Wetterleuchtens die Wolken Weichen werden. Tie rechte Stimmung für die Beratung de» Etat», dessen Ziffern in» riesenhaft« gewachsene Schulden mrd schier unerträglich drohend« Lasten vorweisen. Reich-Minister Schiffer hat heute da» Wort. Aufmerksam lauscht da» Haus seinen Worten und Zahlen, die die finanzielle Bilanz de» verlorenen Krieges bedeuten. In xckhigem Be richtston fließt die Rede dahin. Aber es ist mehr kl ein Satz darin, der dem Hörer den Atem stocken ließ. Keine Politik, die nicht auf metallischer Grundlage ba siert ; da aber dies« Grundlage bei un» s e h r wankend geworden ist, warnt Schiffer eindringlich vor allen Experimenten politischer, sozialer oder wirtschaft licher Art. Mess Warnung scheint dringend nötig, wenn dieser Etat, wie Schiffer sagte, wirtlich der erst« Schritt zum Friedensetat fein soll. Ter Reich-Minister zog einen Vergleich mit dem Jahre 1913 und sprach den Satz au», daß damal» die Finanzen ge sund gewesen seien. Auf der Rechten zeigte sich dar- aufhin große. Bewegung. Aha.Rr^e «rtvncen und der Rvk' Ta« ist endlich einmal eine Erklärung vöm Re- gierung-ttsche, — mit der man anscheinend zu partei taktischen Zwecken krebsen gehen will. Die Mahnung zur Sparsamkeit war da» A und O der Red« Ter Ftnanzmtnister warnt« da» Parlament eindring' lich, die Negierung zu Ausgaben zu drängen, wvzu seltsamerweise Sin« gewiff« Neigung vorhanden wär«! ES müsse überhaupt erstrebt werden, Ken Be amten bi« bisherig« Arbeitslast zu der- mindern und die Bureaukratisterung zu vermeiden, wobei der Minister sich aber dagegen verwahrte^ etwa gegen die Sozialisierung sprechen zu wollen. Tann wandt« er sich den Steuern zu. Ein Steuerbukett zu präsentieren lehnt« er ab. Cr zieht es vor, die Steuern dem Haus« einz«ln vorzulegen. Vielleicht glaubt er, di« ganz« Wahrheit über sein« Absichten nicht auf ein mal ausbreiten zu sollen. Pb da» Volk bergehohe Steuerlasten überhaupt werd« tragen können, darüber sprach er sich vorsichtig aus« Wenn die Senkung der Preis« nicht «intr«t«, dann werd« auf die Dauer «in« Finanzierung de» Reich«« unmöglich. Mer die Vorau«- setzung dafür ist schließlich nicht nur di« Steuerreform, von deren geschickter Durchführung natürlich ungeheuer viel abhängt, sond«rn di« Arbeitsleistung des Volke-, di« Gütcrerzeugung. Damit ist der Minister au» dem Gebiet der Zahlen svied«« bei den allgemeinen großen Fragen de» Tage» »«gelangt und schließt sein« Red« l mit d«r Bitt« an di« Parteien, a-ich an bt« Opposition, an d«m großen Werk der ytnanzg«sundung durch kri tisch« Mittel mitzuhelfen, worauf da» Hau« die llhei- torberatuug auf den heutigen Donnerstag vertagt«. Der zweite äeutsche NLIekongrep. B-Atn» 9. April. In der heutig«» Sitzung d«» Rät«koi^r«sfi» teilt, d«v Vorsitzimd« Hauschild vor Eintritt in di« Tag«»« vrdnung mitr Mi- ist so«b«n fvlg«nde» r»l«nvamm zugegangenr Tie Hastentlassung deck Schriftsteller» Georg Ledebour kann nur durch "das Gericht veranlaßt werden. Bon einer Weitergabe de» Antrag» an da» Gericht ist Abstand genommen, weil al» Grund nur di« vermeintlich« Immunität Ledebour» in Frag« komm«. Nach Lag« der Gesetzgebung kann da» nicht anerkannt werden. Der Justt-minister. ^Lebhaft« Zurufe.) Ter Unabhängig« Buck, Magdeburg (Soldaten fraktion) stellt den Antrag, sofort in di« Behandlung, de» gestern gestellt«» Antrag» auf Freilassung dr» ver hafteten Vorsitzenden de» A.» und S.,Rate» in Magde burg, Brande», und -Weier Goldatenvät« einzuiriten. Ter Kongreß beschließt demgemäß. Al« Angelegenheit wird nach kürzer Aussprache einem Ausschuß überge ben, der das gesamte Material über Brande» zu NoSke geben soll. Groß« Tumultszenen entstanden dann bej der BesprechMS de» Lag« im Ruhrgebiet. Von der Unabhängigen Fraktion war jolgendex An trag eingegangenr Heute mittag 12 Uhr wird der Genv-alstretk im Ruhrgebiet in sein entscheidende» Sta dium treten.. Falls die Bergarbeiterforderungen nicht erfüllt werden, sollen aüf Beschluß der Arbeiter schaft di« zur Sicherung der Arbeiterschaft notwen digen Arbeiten eingestellt werden. Der Kongreß for dert von der Regierung eine sofortige Erklärung über dies« äußerst gefährliche Lage. ReichSmintster Schmidt: Gestern abend ist der Arbeitsminister in da» Ruhrgebiet abgefahren, um «in« Verständigung herbeizuführen. Damit Wäre de» Antrag eigentlich erledigt. Ich hon meinem Standpunkt aus al« Ernährungsminister bedauere den ganzen Aus stand auf» höchste. Er bringt uns in Deutschland in eine außerordentlich gefährliche Lage und ist eine groß« Gefahr für die Lebensmittelversorgung. Ich erkenn« nicht an, daß ihm wirtschaftliche Fragen zugrunde lie gen: vielmehr handelt e» sich dabet nur um politische. Vom Zentralrate erklärte Cohen,ReuZ: Wenn wirt lich die Notstandsarbeiten eingestellt werden und di« Schächte zum Ersaufen gebracht werden, so haben,wtr die Pflicht, zu handeln, aber freilich in ganz anderer Weise al» bisher hier besprochen worden ist. Gerade weil wir hier den Streik nicht untersuchen kennen, müssen wir an die gesamte Bevgarbeikrschaft appellieren, Deutschland vor dem unermeßlichen Unglück zu bewah ren, das uns droht. (Stürmische Unterbrechung.) Ter Redner schlägt folgende Erklärung vorr Ter zweit« Rätekvngreß, der mit den unmittel baren Vertretern des gesamten werktätigen deutschen Volke» beschickt ist, appelliert an die streikenden Ruhr bergleute, unter allen Umständen die sogenannten No standsarbetten auszuführen, damit da- deutsche Volk vor dem furchtbaren Unglück verschont wird/ da» mit dem Ersaufen von Schächten unbedingt «intreten muh. (Redner schließt unter stürmischen Beifalls- und Lärmkundgebungen.) von den Unabhängigen liegt folgend« Matzantrqg vorr Ter Kongreß soll sofort die Reich-regterung er suchen, die berechtigten Forderungen zu erfüllen. Ter Antrag Cohen wird einstimmig angenonnnen. der Zusatz der Unabhängigen abgelehnt und dafür folgen der Zusatz der Mehrheitspartei einstimmig angenommen« Bon d«r Regierung wird erwartet. Paß die berechtigten Forderung«» der Pergarbeiter erfüllt werden. deu b mar Der Bergarbeiterstrelk im Erzgebirge. T«r Vergarbettmstveik hat, wie wir in unsere» letz' ten Ausgab« schon drahtlich meldeten, gestern, Ml«, woch, auch auf den Zwickau«« veztrk übergrgrisfen. Abordnungen der Streikend«» zogen von W«rck Pt W«rk und fordert«» di« Bergarbeiter auf, di« Arbeit ntederzulegen. Im Lugau,v«I»nitz«r ist d«r Streik vollständig. Dienstag vormittag 11 Uh» fand auf d«m Mathanevlatz in Oelsnttz «in« MW Kundgebung statt, bei welcher der sächsisch« "KvmnM ntstenführer Rühl« da» Wort «rgriff. Di« Streiken- den beschlossen, Abordnungen nach Dresden und Wei mar zu entsenden. Der Streik in de« Metall» und Hüttenindustri« hält noch an. Di« Sozialdemokra tisch« Partei, da» Gewerkschaftekarwll und,dtzr Arb«i- terrat w«ij«n in ?in«m Aufruf» darauf hin, daß Streikt«- di« schnell« Heranftchruna von vebenSnittÄr verzögere. Die Arbeiterschaft wird aufg«ford«rt, ihr» vag« durch völlig zwecklos« Arbeitseinstellungen nicht selbst zu verschlechtern. Sm Rathau»faal zu veltz- ni tz i. E. versammelt«« sich am Mtwoch di« Arbeit«,