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1b. Jahrgang. Nr. roi. vl««n «»»Illach« VniE« avitli-ida»«-»»-' u. v«e!„-,»f>llI*«ftn>.»L. H«,. «mm « »«, »>«» ftu»,«»,«»>«« l.rnspr.» - Nr.li Muer Tageblatt LSS ,,«» «In». »>I »« V» »«sl'UI >«.- m«n. M«N««I» A^m in.kk. «ifthUnI II,II« In «IN a«»m II«,M m pst.. °u.»«k«st, B«»,Ia,n - PI«., e«II°m.piiII>.II» r.- m-'k. I'I»"«« »,».»« »ü p»ft«nI>«II.» ».s.st.I,.. n.lm.n »in.uu«,., j slni.I,. »u.« »iknsp..«.' «.'»!,> »»»' Manulkrip' »>-ni "U"'" Montag, brn 2-. August 1-21. Das Wichtigste vom Lage. Unter dem Vorsitz de» Reichspräsidenten tritt am heutigen Montag «in Ministerrat zu sammen, der sich.mit der innenpolitischen Lage de» Reiche» d « fasse Tie M0rder Erzberaer» sind noch nicht er» mirtelt? in Oppenau sand gestern di« Einseg nung der Leiche statt, die am Mittwoch in Bi berach beigesetzt werden wird. « Ter Generaldirektor der Hamburg-Amertka-Ltnie Geheimrat Cuno erklärt«, daß er weder den Po sten des Retch'sfinanzmtnisterS noch den des deutschen Botschafter» in Washinglpn an- zunehmen gedenke. « Nachrichten au» dem französischen Außenministerium zufolge soll im FallderZahlungSuniähtgkeit Deutschlands sofort eine andere Art der Be friedigung Frankreichs festgelegt werden Der frühere ungarische Ministerpräsident Wekerle ist gestorben. Eine äeutsche Note gegen äie Sanktionen. Di« vtrtragswidrigrn Kontrollorgan«. Der deutsche Geschäftsträger in Parts Botschafts rat v. Hvt'sch hat dem französischen Ministervräsi- denten Br Land als Vorsitzendem des Obersten Rates am Freitag folgende Note übergeben: Eure Erhellen? !e.lten mir mit Schreiben Nom 14. August im Namen 1 er im Obersten Rat vertretenen alliierten Mächte den Beschluß des Obersten Rates vom 13. August über die teilweise Aufhebung der Sanktionen zum 15. September mit. Im Name« meiner Regierung be ehre ich mich, Euer Exzellenz als Vorsitzenden des Obersten Rates während feiner letzten Tagung hierauf Folgende» zu erwidern: Die deutsche Regierung hat seinerzeit gegen die. Ver hängung der Sanktionen als eine mitdem Vertrag von Versailles und dem Völkerrecht un vereinbare Maßnahme Verwahrung eingelegt Naivem deutscherseits das Ultimatum angenommen und a ie bischerigen Zahlungsfristen pünktlich eingehalten Norden sind, glaubt« sich .die deutsche Regierung zu der bestimmten Erwartung berechtigt, daß die Sank tionen alsbald restlos aufgehoben würden Sie bedauert aufs tiefste, daß sich die alliierten Regie rungen hierzu nicht haben entschließen können. Die deutsche Regierung sieht sich gxirütigt, den ihr gemachten Vorlvurf zurückzuweisen , daß sie bei der Hand habung des deutschen Ein- und AuSfUhrshstemS unter Verstoß gegen die Vorschriften der Artikel 264—267 des Vertrages von Versailles Angehörige oder Waren ir gendeiner der alliierten Mächte schlechter behandelt habe als diejenigen eine» anderen Landes. Dieser Be hauptung können nur gelegentliche Mißgriffe Nachge ordneter Stellen zugrunde liegen.. Tie deutsche Regie rung ist durchaus entschlossen. Pie in den Artikeln 264 bis 267 übernommenen Verpflichtungen sowohl im be setzten wie im unbesetzten Gebiet Deutschlands zu er füllen. Sie sicht sich aber genötigt, darauf.hinzuweisen, daß weder der Vertrag von Versailles, noch das RhetnlandSabtommen den alliierten Mächten oder den au der Besetzung doS RheinlandeS beteiligten Staa- ren ein Kontrollrecht über di« Einhaltung dieser Bestimmungen in bezug auf da» be setzt« Gebiet gibt. Um indessen den alliierten Regierungen die Ueber- zeugung von der loyalen Handhabung der deutschen Gin- und Ausfuhrbestimmungen zu verschaffen, will sich die, deutsche Regierung mit der Schaffung der unter Ziffer 2a der Not« Euer Exzellenz vorgesehenen Organe einverstanden erklären. Sie knüpft aber dies Zu geständnis an die Voraussetzung, daß sich da» alliierte Organ bet seiner auf da» besetzte Ge biet beschränkten Tätigkeit jeder, Einmischung in die deutsche Exekutive enthalten wird. Tie deutsche Regierung glaubt, daß die Frage nur in Form einer wechselseitigen Verständigung zwischen der deutschen Regierung und den Negierungen der beteiligten alliierten Mächte geregelt werden kann. Demnach würde also auch die Einführung der zu ver einbarenden Regelung im besetzten Gebiet der deutschen Negierung zufallen, so daß eine Verordnung-der interalliierten Rhein land »kommt 1 s.t o n nicht in Frage käme. Tie interalliierte Rheinlands- kommisston wär« hierzu auch nicht befugt, da ihr ein Verordnungsrecht gemäß Artikel 3 de» RhetnlandSab tommen» nur zusteht, soweit die» für di« Gewährlei stung pe» Unterhalte», der Sicherheit und der Bedürf nisse der Streitkräfte der alliierten und assoziierten Mächte nötig ist. Eine Erweiterung dieser Befugnisse durch dinen einseitigen Beschluß pe» Obersten Rate» ist weder im RHStnlandSabkommen noch im FrtedenSver» trag.vorgesehen.. Die deutsche Regierung steht die we sentliche Aufgabe de» interalliierten Organ» darin. .Be schwerben von Angehörigen der Alliierten über di« Handhabung der Autz- und Einfuhrgeneh ¬ migungen durch di« deutschen Behörden in bezug auf da- besetzte Gebiet möglichst schnell aufklären bzw. beilegen zu können. Ti« gibt sich der Hoffnung hin, daß es den beiderseitigen Bevollmächtigten bet den ist Aussicht stehenden Verhandlungen in Koblenz gelingen wird für da» alliiert« Organ «ine Form zu finden, die für sie annehmbar ist. Ti« deutsch« Regierung könnte sich leichter mit der in Aussicht genommenen Einrichtung abftnden, wenn deren Tätigkeit Von vorn herein ein feste», zeitliche» Ziel gesetzt werden würde. Unter grundsätzlicher Währung ihre» Standpunktes über die rechtlich« Unzulässigkeit drr Sanktionen vbrrhaopt will die deutsche Regierung gegen die Gültigkeit Mer Handlungen, die während der Tauer der Sanktionen nach Maßgabe der von der interalliierten Rheinlands kommission in Ausführung der Beschlüsse der Londo ner Konferenz Pom März 1921 erlassenen Verordnun gen vorgenommen worden sind.keine Einwendungen er-' heben und auch von allen gerichtlichen und verwal- > tungsmäßtgen Maßnahmen gegen die Urheber solcher Handlungen absehen. Sie erwartet aber, das'^in der UebergangSzeit bi» zum 15. September keine das augen blickliche Bedürfnis der besetzten Gebiete überschreitende Ein- und Ausfuhrbewilligungen für da>S Ausland er teilt werden, und daß auch bet Erlaß der in Ziffer P der Note Euer Exzellenz vorgesehenen Uebergangsbe- stimmungen auf den Schutz des deutschen Wirtschafts lebens und der deutschen Finanzen größtmögliche Rückst ch t genommen wird, womit die alliierten Mächte zugleich der Reparattonsfähigkeit Deutsch lands und damit ihren eigenen Interessen dienen wür den. Indem die deutsch« Regierung die Ehre hat, mit- zufeilen, daß mit der Führung der Verhandlungen aus deutscher Seite der Gesandte von Mutius beauftragt ist, spricht sie nochmals die fetze Erwartung Ms, daß auch die militärischen Sanktionen als bald aufgehoben und die neubesetzten Gebiete von der drückenden Last per Besetzung und des militärischen Regimes befreit werden. Die Crmoräung Crzbergers. Die Ermordung ErzbergerS hat in allen demokra tisch Md republikanisch gesinnten Kreisen eine unge heure Erregung geweckt, die sich nicht auf allgemeinen Protest beschränken will. Ter Vorwärts erfährt-daß Verhandlungen im Gange sind, um einen einheitlichen Schritt sämtlicher Gewerkschaften und Arbeiter organisationen bet der Regierung Lu erwirken damit sie alle staatlichen Mittel anwende, um der rechtsbols.chewistifchen Hetze den Boden zu ent ziehen, woraus die politischen Morde der jüngsten Zeit und auch die Ermordung Erzbergers entsprossen seien. Einen ähnlichen gemeinsamen Schritt werden, dem Blatte zufolge, auch die beiden sozialdemokrati schen Parteien unternehmen. Wetter kündigt das Blatt eine großerepublikanischeKundgrbung an.,die in dieser Woche durch ganz Deutschland veran staltet werden soll. Wie in parlamentarischen Kreisen Berlins verlautet, wird die Reichsregierung nach Fühlungnahme mit den Fraktionen der Regierungspar teien und den Gewerkschaften in den nächsten Tagen Verordnungen erlassen, die bestimmt sind, der zunehmenden nationalistischen Propaganda entgegenzuwirken. Tie endgültige Entscheidung über di« zu treffenden Maßnahmen der Reichsregierung erfolgt nach d«r Rückkehr Leö Reichskanzler» au» Frank furt a' M- ' D«r vesmip drr Vrricht,kommisston. Im Amtsgericht Oberkirch fand Sonnabend vormittag eine eingehende Beratung der in Frage kommenden gerichtlichen und polizeilichen Organe in Sachen des Mordanschlages auf Erzberger statt. Nach den gerichtlichen Feststellungen wurde Erzber ger erst purch einen Schutz in die Stirn getroffen. Tie Täter glaubten« daß Diez .der bewußtlos zusammen brach« tödlich getroffen sei, .da sie nur den schwerver letzten Abgeordneten Erzberger verfolgten. Eine große Blutspur führte sie durch den Hang der Böschung Hin unter, wo sie ihr Opfer unter einer Rottanne sanden. Dort gaben sie dem Schwerverletzten offenbar noch zwei Fangschüsse. Die Ausschußstellen weisen große Löcher mit herausgerissener Gehirnmasse auf. Die beiden Patronenhülsen lagen anderthalb Meter von einander entfernt. Die Leiche ist unberührt geblieben. Diez ist am Sonnabend in seine Heimat am Bodensee zurückgekehrt. irv VS» Mark sllr dt« Ermittel«»« de« Mörder. Reichskanzler Wirth richtete namen» der Reichs regierung folgendes Telegramm an das badische Staats- ministertum r Die Reichsregierung Hat mit Rücksicht dar auf, .daß bei der Ermordung ErzbergerS die Möglich keit eine» Politischen Mordes gegeben ist, «ine Beloh nung pon 100 000 Mark für die Ermittelung.der Täter oder der Anstifter auSgesetzt. Für die Verteilung ist die badisch« LandeSpoltzet Karlsruhe zuständig, (Bon dsr Staatsanwaltschaft Stuttgart sind wettere 20 000 Mark ausgesetzt worden. Die Red.) ru L*ichnj«i« st« Sqb«g«a Zu der für Sonntag vormittag anberaumten Ein ¬ segnung der Leiche de» Abgeordneten Erzberger in der Kirche zu Oppenau hatten sich u. a. «tngefundenr der badische Staatspräsident Trunk, Reich-Minister Gies- bertS, die Mitglieder der badischen Regierung, sowie säst alle Abgeordnete der Zentrumsfraktion de» badi schen Landtage». Tie Bevölkerung pe- Hinteren Reuchtäle» war in großen Scharen her beige« tlt, um dem Ermordeten durch Teilnahme an der Etnseg- nungsfeier die letzte Ehre zu erweisen. Zahl- reiche katholische Vereine au» der engeren und weiteren Umgebung hatten Abgeordneten mit Fahnen entsandt. In feierlichem Zuge und unter großem Borantriti wurde der Sarg vom Krankenhaus in di« Kirche, .die feierlich geschmückt war, übergeführt. Eine unüberseh bare Menge von Kränzen bedeckte den Sarg und füllt« die Räume der Kirche. Die Einsegnungszeremonie nahm Domkapitular Weber vor, der dem Verblichenen einen herzlichen Nachruf widmet« und ein Lebensbild des Verstorbenen entwarf. Nach der kirchlichen Feier wur de der Sarg vor die Kirche getragen. Dort hielten Staatspräsident Trunk, Retchsminister Giesberts, Geist licher Rat Schofer, der Führer der badischen Zentrums partei, sowie zahlreiche andere Trauergäste warm» Nach- rufe, di« das Leben und Wirken des Tahingei chiedanen würdigten. Alsdann wurde die Leiche wieder im Oppe nauer Krankenhaus aufgebahrt -Von wo sie in di« Hei mat des Ermordeten nach Biberach in Württem berg .übergeführt wird. Pressestimmen zur Ermordung Erzbergers. Das Deutsche Tageblatt plädiert in seinem Aussatz für mildernde Umstände für die Täter und be zeichne: Erzberger als Agent Habsburgs und Gehilfen des Verrat- Kaiser Karls. — Tie Kreuztet tust? meint, daß gegen einen Mord aus Parteigrünven vor allem die Schüsse auf den Abg. Tietz zu sprechen schei nen. — Tie Deutsche Zeitung verdammt die Tat, hält aber für nicht minder verabscheuunaSwürdtg Herr Versuch, ein Verbrechen, dessen Ursachen noch! niemand kenne, als Parteiagitation auszunutzen. — Ter Lokal anzeiger hält es für sehr wahrscheinlich, daß eS Parteigegnerschast gewesen ist. die diesen Schlag geführt hat, um einer neuen Auflage des Erzberger-RegtmeS vorzubeugen. — Aehnlich urteilt die Deutsche Ta geszeitung, die hinzufügt, daß der Meuchelmord neue Konflikte schaffen wird, di« verhängnisvoll werden können. — Tie Deutsche Allgemeine Zeitung warnt - unverantwortlich am gesamten Volke zu handeln und diese Tat wahnsinniger Fanatiker zur Verschärfung der Partetgegensätze auszunutzen, denn da» tragisch« Schicksal ErzbergerS wird auch von denen tief bedauert werden, Pie politisch feine Gegner waren. — Tie Ger mania überschreibt ihren Artikel: TaS Opfer deutsch nationaler Hetze — und behauptet, daß Mzbeiger seit langem wußte, daß ihm aus dem Lager seiner politi schen Gegner nach dem Leben getrachtet wurde. — Di« Vos.sische Zeitung glaubt daß dieser politische Mord von langer Hand vorbereitet war und meint, daß das Werk des Ausbaues und der Beruhigung schwerer bedroht ist als je. — TaS Berliner Tageb latt be spricht in einem Artikel: Tie Schuldigen — die schwüle innerpolttische Lage und fragte ob dieser Meuchelmord das Signal zu anderen Dingen ist und ob Deutschland am Vorabend neuer Wirren steht. Fünf Minuten vor zwölf propagiert e» eine geschlossene moralisch« Front der Mittelparteten von der Deutschen Volkspartei bi» zur Sozialdemokratie,, um dem verantwortungslosen Treiben der Rechten entgegenzuarbeiten. — Ter Vor wärts feiert da» unvergängliche geschichtlich« Verdienst ErzbergerS al- Konkursverwalter und kündigt de» scho nungslosesten erbittertsten Kampf der Arbeiterschaft ge gen die gesamten Rechtsparteien an, auf deren Agsta- tionsboden die Mordtat erwachsen ist. — Tie Freiheit bringt fast zwei Seiten über den Mord mit großen Neber» schrtflen: Erzberger von der Reaktion gemeuchelt I Tie Blutschuld der Deutsch nationalen und Militaristen und fordert von der Negierung ein sorgsames Programm zur ^Bekämpfung der reaktionären Gefahr. — Tie Rot» Fäh^ne bezeichnet die Hakenkreuzler, aufgepeitscht von den Rechtsparteien, al» Mörder und betrauert in Erz berger die Verkörperung der Illusion de» Ausgleiche» der Gegensätze zwischen Kapital und Proletariat. — Die Volkszeitung fordert die Regierung Mf. diese furchtbarste Warnung an die Republik, Demokratie und den Staat nicht leicht zu nehmen und sofort zu han deln und, ehe es zu spät ist, die gewissenlos« Verhetzung und Auspeitschung zu unterdrücken. Frankreich beklagt Trzberger» Ende. Neber die Ermordung ErzbergerS schreibt die Action francaise: Erzberger ist jn den Augen der deutschen Patrioten insofern schuldig.gewesen, al» er der erste Unterzeichner der deutschen Niederlage gewesen ist und weil er den Deutschen den Verzicht anempfphlen hat. Wetter le schreibt im Eclair r ErzbergerS Verschwin den wird, hauptsächlich von ixnen bedauert werden, die das Deutsche Reich den Weg per Demokratie etnsthla- gen zu sehen hofften. Libre Parole schreibtr Har den fühlt sich.nicht mehr sicher,, ier stellt die HerautzgaL» der Zukunft «in und chegibt sich noch Amerika unter dem Vorwande, dort Vorträge halten zu wollen. Erz berger wird ermordet. To» ist der Zustand in Deutsch land, zu dem Lloyd George rät, vertrauen zu haben.