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Montag, äen ö. November ISIS. Nr. 2S8. 11. Jahrgang. Muer Tageblatt Anzeiger Mr -as Erzgebirge MW mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage r Auer Sonntagsblaü. w°'?n"sir"flusg°L-''s« Sprechstunde -er Nedaktlon mit Ausnahme »er Senutage nachmittag- 4-, «tz». - Lelegramm^i-restei «agebla« ftueeesg^lrge» -ernst»,«cher 5^ kaL« M» n"".-'°'d.W^,°s?Lv unverlangt ^gesandt. Manuskript, kann Smvüh, nicht geleistet »erdm. ^^n"°Äa°üu".^^ Polen zum Königreich proklamiert! Ein Manifest. — feierliche verkünöung -er Selbstänökgkelt Polens in Warschau -urch Geaeralgouveraeur v. Sefeler UN- in Lublin. — Segeisterte Aufnahme -er Unabhänglgkeltserklärung in Polen un- Galizien. — Selbstverwaltung für Galizien. — die presse Veutsch- lan-s un- Gesterrelch-Ungaen über -!e Ge-eutung -er Proklamation. Folgendes Manifest ist gestern durch den Kaiserlichen Generalgouverneur in Warschau, General der Infanterie v. Beseler, verkündigt worden: -ln Sie üewolMr ües «eimalgouverneniem Warschau! Seine Majestät öer Deutsche Kaiser un- Seine Majestät öer Kaiser von Oesterreich unö Apostolischer König von Ungarn, getragen von öem festen vertrauen auf öen enögültigen Sieg ihrer Waffen unö von öem Wunsche geleitet, öie von ihren tapferen Heeren mit schweren Opfern öer russischen Herrschaft entrissenen polnischen Gebiete einer glücklichen Zukunft entgegen- Zufuhren, stnö öahin übereingekommen, aus öiesen Gebieten einen selbstänöigen Staat mit erbliche, Monarchie unö konstitutioneller Verfassung zu bilöen. Oie genauere Sestimmung öer Grenzen -es Königreichs Polen bleibt vorbehalten. Vas neue Kö nigreich wirö im Anschluß an öie beiöen verbünöeten Mächte öie Oürgschaft finücn, öeren es zur freien Ent faltung seiner Kräfte beöarf. In einer eigenen Armee sollen öie ruhmvollen Ncberliefcrungen öer polnischen Heere früherer Zeiten unö öie Erinnerung an öie tapferen polnischen Mitstreiter in öem großen Kriege öer Gegenwart fortleben. Ihre Organisation, Ausbil- öung unö Führung wirö in gemeinsamem Einvernehmen geregelt weröen. Die verbünöeten Monarchen geben sich öer zuversichtlichen Hoffnung hin, -aß flch öle Wünsche nach staatlicher unö nationaler Entwicklung öes Königreichs Polen nunmehr unter gebotener Nück- stchtnahme auf öie allgemeinen politischen Verhältnisse Europas unö auf öie Wohlfahrt unö Sicherheit ihrer eigenen Länüer unö Völker erfüllen weröen. Die großen weltlichen Uachbarmächte öes Königreichs Polen aber weröen an ihrer Gftgrenze einen freien glücklichen unö seines nationalen Lebens frohen Staat mit freuöen neu erstehen unö aufblühen sehen. Auf Allerhöchsten Gcfehl seiner Majestät -es Deut schen Kaisers. Oer Generalgouverneur. Eine Kundgebung gleichen Inhalts wurde van dem K. und K. Militär-Generolgouverueur in Lublin, Feld zeugmeister Kuk, belanntgegeben. Prachtvolles Herbstweiter begünstigte den gestrigen ge schichtlichen Tag Polens. Lebhafte Bewegung der Bevöl kerung in den Straßen und Ansammlungen Tausender auf dem Schlvßptnh und in den Höfen der gewaltigen Gebäude kündigten die neue Epoche an. Um 12 Uhr verlas Gene- ralgouverneur von Beseler im Kvlonnensaal die Prokla mation in deutscher Sprache, worauf Graf Hutten- Czapskisie polnisch wiederholte. Hieran schloß sich eine Ansprache äes generaigouverneurr v. Kettler folgenden Wortlauts: Mitten im Loben eines Weltkrieges führt der Ent schluß der verbündeten Monarchen den langgehegten Wunsch nach einen', selbstch-chgen polnischen Staat der Verwirklichung entgegen. Der trüve Zweifel, was soll aus uns werde::, findet keinen Nauru mehr in den polni schen Herzen. Ein neues großes Ziel ist ihnen gesteckt, es gilt den Aufbau ihres künftigen Staates. Noch blicket das Land aus tausend Wunden, und täglich verlangt auch von ihnen der Kauwf g:gen feinen einstigen Unterdrücker neue Opfer. Ueberull aber kommt neues Leben, überall regt stch das Streben nach tätiger Teilnahme am Befrei ungskampf und an der Arbeit zur Heilung der vom Krie ge geschlagenen Wunden. So treten ste denn vertrauens voll an unsere Seite, so wie auch wir ihnen unser Ver trauen, entgegcnbringen, um den .Kampf zu einem glück lichen Ende zu führen und in gemeinsamer Arbeit den festen Grund zu legen für das polnische Königreich, in dessen Gelmrtsstunde wir heute stehen. Möge eS stch als ein starkes Glied in den Bund der Staaten Europas einstigen, die durch die gleichen .-ftstigen, politischen und wirtschaftlichen Interessen miteinander verbunden und aufeinander angewiesen sind. Das Wort der erhabenen Verbündete Monarchen verbürgt ihnen ihre Zukunft. Der polnische Staat ersteht, und bald wird, so hoffen wir, ein polnisches Heer, das stch aus freiem Willen um seine Fahnen schart, als Symbol staatlicher Selbständig- MMKUWdMWWK (Amtlich). Großes Hauptquartier, 6. Nov. borm. Westlicher Kriegsschauplatz. Front des Generalfeldmarschalls Kronprinzen Rupprecht In der Dauerschlacht an der Somme war der 5. No vember wiederum ein Großkampftag erster Ordnung. Engländer unst Franzosen haben mit sehr bedeutenden Kräften und unter Einsatz der ganzen Feuerkraft ihrer Artillerie einen gewaltigen Stoß gegen die Front des Ge nerals von Below geführt. Die unter den Befehlen der Genierale Freiherr Marschall von Deimling und von Gar« nier stehenden Truppen verschiedener deutscher Stämme haben unerschütterlich Stand gehalten und stem Feind eine schwere Niederlage bereitet. Teile des Straßburger* Korps, des sächsischen und Bqdener Kontingentes, Ber« liner, Hanseaten, sowie das Meininger Infanterie-Regi ment haben sich besonders ausgezeichnet. Auf der ganzen fast zwanzig Kilometer breiten Angriffsfront von Le Sars bis Bouchavesnes haben die verbündeten Gegner größte blutige Verluste erlitten, und, abgesehen von einem ört lichen Gewinn im Nordteile des St. Pierre—Vaast-Wal- stes nichts erreicht. Wo sonst der Feind bis in unsere Li« nie Vordringen konnte, wurde er sofort wieder Hinausgei worfen und ließ 10 Offiziere und 310 Mann und Beute in unserer Hand; nordöstlich von Le Sars wurden allein über 70 Gefangene und 11 Maschinengewehre eingebracht Be!i Souiffon wurde der Angriff einer schwachen franzö sischen Abteilung abgeschlagen. Front des deutschen Kronprinzen. Rechts der MaaS im Abschnitt von Hardaumont hef tige Artillerist und Handgranatenkämpfe. Oestlicher Kriegsschauplatz. Front deS Generals Prinzen Leopold von Bayern. Keine wesentlichen Ereignisse. Front deS Generals der Kavallerie Erzherzog Karl. Dio Kämpfe im DoelgyeS-Abschnitt, sowie zwischen Her Altschaip- und Bodza-Paßstraße dauern ohne we- entliche Aenderung der Lage an. Südwestlich von Pre- >eal gewannen wir die Höhe La Omu und machten südöst lich des Roten-Turm-PasseS Wetter Fortschritte. Bett derseitS der Szurduk-Straße wurden rumänische Angriffe abgeschlagen. Wir nahmen an der Südfront über 450 Mann gefangen. Balkan-KriegSschauplatz. Nichts Neues. Der erste Generalquartieemststek (W. T. B). Ludendorff. I!IIIIIII!!IIIIIIIIII!IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII!!III!IIIIIIIIIIII!II!IIIIII»IIIIIIIIIIIIII»I!IIIII»IIIIII»IIIIIII!II kett zu seinem Schutz bereitstehen. Der glücklichen Zu kunft des Königreichs Polens gilt mein Wunsch. Der Rektor der Universität, Brudzinski dankte. Er sprach den Dank Polens , in folgender Rede rmS: Wir empfangen diese feierliche Kundgebung Ver bei den verbündeten Monarchen, durch welche unsere niemals verjährten Rechte auf eine unabhängige staatliche Existenz anerlannt und bestätigt werden, in der festen Neberzeu- gung, daß deren Inhalt, vor. aufrichtigem Wohlwollen getragen, bald und ztelbewußt verwirklicht wird. Die wesentliche Gewährung dieser Verwirklichung würben wir in der B ernsung eineS Regenten al» des Symbols der polnischen Staatlichkeit sowie eines vor- läufigen Staatsrats serblicken bis zu dem Augenblick, in welchem der König von Polen an die Spitze de» endgültig organisierten und in seinen Grenzen festgelegten polnischen Staate» treten wird. Wir sind davon überzeugt, daß die Gemeinschaft der staat- lichen Interessen, welche die Zentralmächte und da- Kö nigreich Polen verbinden, -wischen ihnen feste freund- nachbarliche Beziehungen begründen und auf diese Weise allen Angehörigen unseres Staates günstige Bedingung gen für die Entwicklung unseres nationalen Lebens schaffen wnd. Euer Exzellenz bitten wir nunmehr, den beiden hochherzigen Monarchen den Ausdruck unseres festen Glaubens an die gedeihliche Verwirklichung ihres Willens zu übermitteln und ihnen unsere tiefgefühlte Dankbarkeit auszudrücken. Es lebe ein freies und unab hängiges Polen! Der Schluß seiner Rede ging unter in dem Jubelruf: Niech Zje! und immer neu wiederholtem Händeklatschen. Viele polnische Festgäste waren zu Tränen gerührt. Die brausenden Demonstrationen setzten sich nach Schluß des feierlichen Aktes auf dem Schloßhof und in den Straßen fort, wo Generalgouvjerneur von Beseler auf der Rückfahrt nach seinem Wohnsitz Schloß Belvedere der Mittelpunkt an dauernder freudiger Kundgebungen wurde. Vie frier <ler gerchlchllicv beileuienaen Tage». Generalgouverneur von Beseler empfing gestern vor mittag auf Schloß Belvedere die Vertreter derdeutschen und polnischen Presse, sowie die zurzeit anwe- senden Mitglieder der neutralen Presse. Er wies in einer längeren, eindrucksvollen Ansprache auf die Bedeu. tung dieses Tages hin. Das Ereignis habe sich aus den ge gebenen Verhältnissen heraus mit einer gewissen Naturnot wendigkeit entwickelt. Die Hauptsache sei, Osteuropa in ein ganz anderes Verhältnis zu den uns vom Osten bedrohenden Mächten zu setzen. Der ganzen Welt soll ein Beispiel dafür geboten werden, daß nicht wir die kleinen Nationen unter drücken, und daß wir auch gewillt sind, beim Frieden die Welt auf einen guten und festen Boden zu stellen. Im Schloß hatten sich inzwischen von 11 Uhr ab die Gäste zu der auf Mittags festgesetzten Feierlichkeit einzufinden begon nen. Mehr als 3000 Studenten waren zusammen mit den in Warschau auf Urlaub befindlichen Angehörigen der polnischen Legion anwesend. Im Kolonnensaal hatten sich inzwischen die Generalität und die höheren Stäbe auf gestellt, ferner Ne Mitglieder der Zivilverwaltung. Dem Platze des Generalgouverneurs gegenüber hatte der Erz bischof von Warschau Aufstellung genommen, zu seiner Rechten den Stadtprästdenten, zu seiner Linken den stellver tretenden Kommandanten der polnischen Legion und den Vertreter der polnischen Generallandschaft. Unter den wei- teren zahlreichen Ehrengästen befanden sich auch drei noch lebende greise Professoren der 1869 aufgehobenen Haupt schule, sowie eine Anzahl von Veteranen aus der Revolu tion von 1863. Punkt 12 Uhr erschien der Generalgouver neur, um die oben veröffentlichte Proklamation zu verlesen, die dann von Oberstleutnant Graf Hutten-Czaposki pol nisch wiederholt wurde. Nachdem Stadtverordnetenvor steher, Universltätsdipektor Dr. von Brudzynski in längerer Rede den Dank Polens ausgesprochen hatte, die »egeisterte Kundgebungen hervorrief, hielt Exzellenz Beseler die oben angeführte Ansprache, worauf die GouvernementS- iapelle die seit der russischen Herrschaft streng verbotene alte polnische Nationalhymne: Gott, der so Polen erhalten hat — spielte. Gleichzeitig wurde auf dem Schlohhof und an allen Ecken des Schlosses die polNi sche F ah n e g e h i ß t. Die vom Schlosse wehenden Fah nen verendeten weithin der harrenden Bevölkerung den denkwürdigen Augenblick der Erfüllung der alten nationa len Wünsche. Exzellenz von Beseler wurde auf der Rück fahrt nach Schloß Belvedere überall mit begeisterten, dank erfüllten Kundgebungen begrüßt. Nachmittags fand eins feierliche Sitzung der Stadtverordneten, abend« estig V0A der Stadt Warschau veranstaltete Gala-Oper statt. Bis zum späten Abend dauerten die freudigen Demonstrationen auf der ganzen Strecke vom Königsschloß durch die Kra kauer Vorstadt bis zur Wohnung oeS Generalgouverneurs von Beseler in Schloß Belvedere fort. Vor dem Rathaus sangen Tausende entblößten Haupte» mit Wachslichtern in den Händen dis Nationalhymne, die als alteSKtrchenlted auf den fremden Zuhörer eine große Wirkung ausübt. Ueberall versammelten sich Gruppen und ließen sich die Prok lamation und di« Gnadenerlasse au» den Zeitungen vor lesen. Deutschland mrd die litauische Frage. Die Kownoer Zeitung schreibt zu dem Manifest über die Errichtung ve» Königreich» Polen: Da» Manifest ent-