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MLM Anzeiger für -as Erzgebirge 5 ,»u«ch, 2«ll»« r.ligramm» r Lag.blat« ^u,,r,g,b!rg». Enthalte«- -le amtliche« örkanotmachuagrn -r» Nate» -er Sta-1 ua- -es fimtegerlcht» Me. p»stsch«r.«»m» Letpztg «I. reee Nr. 223 Donnerstag» äen 24. September 192S 20. Jahrgang M Plage! Presse zu einem kutsWeWiMWen AtzerheilshM Präs,, 22. Sept. Zur Erklärung der tschechoslowa kischen Verhandlungsbereitschaft über einen Schiedsge- richtsvertrag mit Deutschland schreibt die „Bohemia", die tschechoslowakische Außenpolitik werde niemals burch>- setzen können, das' Deutschland sich selbst, und daß, es die Deutschen im Auslande neuerlich verleugne. Das Blatt ist der Meinung, daß „das Gespenst der zahlrei chen den Sudetendentschen zugefügten Ungerechtigkeiten mit Stresemann und Benesch im Vexhandlnngsziinmcr sein würde". Benesch fordere von Deutschland wehr als eine bloße Formalität, er verlange, daß, Deutsch land die Deutschen in der Tschechoslowakei vertrauens voll und freiwillig diesem Staate überlasse. Dus sei ungeheuer viel i'e-langt. „CeSkoslovenstä republica" erklärt, die Deutschen i» der Tschechoslowakei und die Deutsch eil im Reiche seien gewiß ein Volk, aber der Völkerbundspakt werde Deutschland genügend Gelegenheit geben, auf legale Weise sein Interesse an den Sudetendeutschen zum Aus druck zu bringen. Und davor brauche sich die Tschecho slowakei nicht zu fürchten. , Im „Ceskeslovo" heißt es, der tschechoslowakische Vorschlag nötige Deutschland, die Karten auszudecken. Deutschland könne nicht nein sagen, da es sich sonst kompromittieren würde. Wenn die Tschechoslowakei von Deutschland verlange, daß der Westpakt durch einen Schiedsgerichtsvertrag mit der Tschechoslowakei gestärkt werde, dann handele sie loyal gegenüber ihren Berbün,- delen. Mit diesem Problem gerate man aber bereits in den Komplex der Ostsragen und die tschechoslowakische Außenpolitik habe ausdrücklich erklärt, daß sie ihr Ver hältnis zum Osten ebenso zu regeln wünsche, wie das Verhältnis zum Westen geregelt sei. Diese Angelegen heit müsse vom Standpunkt der Weltpolitik und nicht bloß unter lokalen Gesichtspunkten beurteilt werden. „Narodni Osvobozeni" sieht kein Hindernis, die tschechoslowakisch-deutschen Verhandlungen gleichzeitig mit den Garantiepaktverhandlungen abzuwickeln. Tws tschechoslowakische Angebot ermögliche dies. Wenn die Tschechen auch bereit seien, die Selbständigkeit und Un teilbarkeit ihres Staates mit den Waffen zu verteidigen, so zögen sie doch ein friedliches Zusammenleben dem Kriegszustand vor. Wenn die Politik Deutschlands und die der Tschechoslowakei häufig verschiedene Wege ge gangen seien, so sei das offizielle Verhältnis beider Staaten hierdurch doch nicht betroffen worden. Das Angebot der Tschechoslowakei an Deutschland entkräfte den Vorwurf, daß die französische Orientierung der Tschechoslowakei deutschfeindlich! sei. Deutschland sei seht vor die Notwendigkeit gestellt worden, vor der Welt das wahre Wesen seines GaranttePaktvorschlageS kundzutun. Freilich wisse man nicht, ob das ganze deutsche Volk sich durch die Unterschrift seiner Negie rung gebunden fühlen werde. SS .sei nicht ratsam, den bevorstehenden Vertrag zu überschätzen, aber in seiner Moralischen Bedeutung dürfe man ihn gewiß nicht un terschätzen. „Narodni Politika" stellt zunächst die Fragen: Wird Deutschland, dessen innenpolitische Situation durch den Austritts Wirths au» der Zentrumsfraktion des Reichstages charakterisiert werde, den Garantiepakt auch etnhalten? Wird nach Abschluß des Westpaktes die tschechoslowakisch-französische Allianz aufrecht erhalten werden, und wird Frankreich der Tschechoslowakei im Fall eines deutschen Angriffes über das Rheinland zu Hilfe kommen können? Wenn ein deutsch-tschechoslowa kisches Schiedsgericht die Tschechoslowakei vor einem Angriff Deutschlands sichern soll, dann Müßte, so schließt das Blatt, dieser Vertrag anders aussehen, alS ihn Deutschland anbiete. „Narodni listh" schreibt, eine Wirtschaftskombina- tion zwischen Frankreich, Deutschland, Oesterreich und der Tschechoslowakei und eventuell nock> anderen Staa ten, würde den Beginn einer europäischen Zollunion darstellen. Voraussetzung wäre die Gewährung von Vorzugszöllen im Vertrag zwischen Oesterreich und den Nachfolgestaaten, ähnliche Abmachungen mit Deutschland und Frankreich, Verzicht Englands auf Meistbegünsti gung gegenüber jenen Ländern, welche Oesterreich 'Vor zugszölle gewähren, und Ergänzung dieser Wirtschafts kombinatton durch Garantie- und Schiedsgerichtsverträge mit Deutschland. „Venkov", das esn weiteres Verbleiben der füh renden Mitglieder der französischen Militärmission in der Tschechoslowakei wünscht, meint, es gebe schwerlich zwei Staaten, welche trotz erheblicher geographischer Trennung durch Tradition und gemeinsame Lebensinter essen fester verbunden seien als Frankreich und die Tschechoslowakei. Tie zielbewußte und -opferwillige Freundschaft beider Nationen habe sich bereits so sehr gefestigt, daß sie von der großen oder geringen Fähig keit irgendeiner Regierung oder dem Stimmungswechsel Einzelner nicht abhängig sei. Immer werde man leicht zum Einverständnis in allen Richtungen des gemein samen Interesses gelangen. China vor neuen Unruhen. Newhork, 22. Sept. Die innerpolitische Situation in China verschärft sich scheinbar mit jedem Tage. Die bisher vorliegender: Meldungen stimmen darin über ein, daß sowohl Feng-Hou-Siang als auch Tschang-Tso- Ltn Truppen zusammer^iehen. Beider Ziel soll es sein, Peking noch vor dem Zusammentritt der geplanten Konferenz zu besetz«». Dabei wird festgestellt, daß Feng kürzlich größere Waffensendungcn. einschließlich Tanks Mud Flugzeuge, über Urga von Rußland bezogen hätte. Als dritte Partei erscheint W-Pei-Fu wieder, ohne daß jetzt schon zu erkennen wäre, auf welcher Seite er sich schlagen wird. Kenner der chinesischen Situation erwarten die erster: Zusammenstöße spätestens nächsten Monat. * Genf, 22. Sept. Die Bülkerbundsversaminlung be-, schäftigte sich heilte zunächst Mit der Lage in China. Der chinesische Gesandte in London Chao-Hsin-Chu legte in kurzen Ausführungen die gegenwärtigen Meinungsver schiedenheiten zwischen den chinesischen Behörden und der! chinesischen Bevölkerung einerseits und den Ausländern andererseits dar. Hieraus nahm die Versammlung ohne wettere Diskussion ein« Resolution an, in der dem Wunsch Ausdruck gegeben wurde, daß die demnächst in China zusammentretende Zollkonferenz di« bestehenden Konflikte beseitigen Möge. öelgksch'-rutscher Erenzverkehr. Eupen, 22. Sept. Wie über die Erleichterung de- luxemburgisch-deutschen kleinen Grenzvevkehr» schweben auch Verhandlungen über die Erleichterung de» kleinen Grenzverkehrs zwischen EuPen-^Malmedh und Deutsch land. Die Tatsache, daß die erleichtert« Ausfuhr nach Deutschland, die Supen-Malmedh bi» zum 1. Mai d. I- genossen hat, aufgehört hat und daß der neu« deutsch« Zolltarif am 1. Oktober in Kraft tritt, wird den Han delsverkehr zwischen den neuen belgischen Gebieten und Deutschland erschweren. Behuf- .Erleichterung de- Grenzverkehrs und des BetriebsregimeÄ , der in der Grenzzone liegenden Werke wurde eine Kommission er nannt, in welcher auch Abgeordnete von Eupen-MalmedH tätig sind. Vie SteUnng -er veutschnatlonalen zum Sicherheltspakt. Berlin, 23. Sept. Die „Deutsche Tageszeitung" und die „Tägliche Rundschau" wissen mitzutetlen, daß die Deutschnattonalen bereit seien, ihre Zustimmung zur Teilnahme Deutschlands an einer Mtntsterkonferenz über den Gicherheitspakt zu geben, wenn es sich bet dieser Zusammenkunft nicht um die endgültige Paktkonserenz, sondern lediglich um eine Mtntsterbesprechung handelt, auch der nach der Klärung der rechtlichen Sette in Lon don nun die politische Klärung der Frage durch die Außenminister erfolgen solle. Die eigentliche Entschei dung soll dann erst auf einer Schlußkonfcrenz fallen. Was die Räumung der Kölner Zone anbetrtfft, so er innert d:e „Tägliche Rundschau" an die wiederholten Erklärungen des Reichskanzlers und de« Reichöautzen- Ministers, daß ohne diese Räumung kein Abschluß der Verhandlungen denkbar sei. Zur Kriegsschuldfrage sei bereit» tu dem Völkerbundsmemorandum der deutschen Regierung vom September v. I. das Nötige gesagt wordrn. Marokkokrkrgsberlcht. Parts. SS. Sept. Havas nieldet aus Fe» über die Lage in Marokko: Angesichts der kühlen Temperatur, die seit einigen Tagen herrscht, konnten größer« UmWuP« Pierungen vorgenommen werden. Französisch« Flieger haben verschiedentlich, z. B. bei Tarza, feindliche Trup penansammlungen erfolgreich beschossen. Di« Gerüchte, daß ein feindlicher Versuch, die spanischen Linien zu durchbrechen, vorbereitet werd«, bestätigen sich nicht. Havas berichtet au- Tanger t Abd el Krim soll die Absicht haben, vor Dar en Karich upd Stergier die Offensiv« wieder aufzunehmen. . Der Aampf um äen Reichswirtfchaftsrat. Seitdem der vorläufige ReichSwtrtschastSrat besteht, hat sich immer wieder eine zum Teil recht lebhafte Kritik mit seinem Dasein, seiner Form und seiner Arbeitsmethode beschäf tigt. Als man dieses „Parlament der Wirtschaft" seinerzeit schuf- geschah das unter anderem zu dem Zwecke, die Arbeiter räte mit den Vertretungen der Unternehmer und der andern in Frage kommenden Erwerösschichten zu möglichst positiver Arbeit im Interesse des Volksganzen zusammenzufassen. Dieses Ziel war auch in der RetchSverfassung festgelegt worden und der Reichswirtschaftsrat sollte berufen sein, Wirts chafts- und sozialpolitische Fragen auf Grund von Gesetzentwürfen die von der Reichsregterung ausgearbeitet wurden, begut achtend zu untersuchen. Der RetchswirtschastSrat sollte aber nicht nur befugt sein, Entwürfe der Regierung zu prüfen er sollte auch von sich aus die Möglichkeit haben, Vorlagen zu beantragen.. Nach der grundlegenden Verordnung vom 4. Mai 1920 umfaßte der Reichswirtschaftsrat je 68 Vertreter der Land- und Forstwirtschaft sowie der Industrie, 44 Ver treter des Handels-, Bank- und Versicherungswesens, 36 Ver treter des Handwerks, 34 Vertreter der Verbraucherschast, 16 Vertreter, des staatlichen und privaten Beamtentums und der freien Berufe und schließlich 6 Vertreter der Gärtnerei und Fischerei. Maßgebend war vor allem der Wunsch, Ar beitgeber und Arbeitnehmer gleichwertig heranzuziehen' Außerdem hatten Reichsrat und Reichsregterung noch das Recht zur Ernennung von je 12 Mitgliedern. So kam es, daß der Reichswirtschaftsrat sich in der Tat als ein zahlen- mäßig durchaus vollgültiges Parlament präsentierte, aber seine Gegner vertraten gerade aus diesem Grunde auch wieder den Standpunkt, daß diese große Zahl von Mitgliedern unge rechtfertigt sei und Ausgaben verursache, die sich nicht be gründen ließen. Aber auch von den Freunden des Reichs wirtschaftsrates wurde dauernd nach dem endgültigen Gesetz gerufen, welches aus dem vorläufigen einen endgültigen Reichswirtschaftsrat machen sollte. Die Dinge sind jetzt soweit gediehen, daß über die Um wandlung wenigstens schon ein sogenannter Referentenent- Wurf des Reichswirtschaftsmtnisteriums vorliegt, über den der Reichswirtschaftsrat sich nun zunächst einmal selber gutachtlich zu äußern haben wird. Es werden sehr interessante Ver handlungen werden, denn das Reichsarbeitsministerium schlägt ganz erhebliche Veränderungen vor. So soll vor allem die Mitgliederzahl von 326 auf ins gesamt 126 Mitglieder herabgesetzt werden. Falls es sich aber jeweils um die Behandlung von Spezial-Fragen handelt, dann sollen Sachverständige hinzugezogen und für die Zeit ihrer Mitarbeit „temporäre" Mitglieder des Hauses werden. Bei der Auswahl dieser Kategorie von Mitgliedern soll der Reichswirtschafstrat freie Hand haben. Der Entwurf be stimmt weiter eine Vermehrung der bestehenden drei Abtei lungen auf vier. In den ersten beiden Abteilungen sind die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in der dritten die Genoßen- 'schäften und Gemeinden und in der vierten, je zur Hälfte vom Reichsrat aus den Ländern und Provinzen und von der Reichsregierung auf Grund ihrer bisherigen öfentlichen Tatigöeit berufen, zwei)weites Mitglieder-Gruppeik , Bo« dieser letzten Gruppe abgesehen, werden, die Mitglieder des endgültigen Reichswirtschaftsrates von den großen Wtrt- schaftsgr'lppen und Verbänden, wie der Vereinigung der Ar- betgeber, des Reichsverbandes der deutschen Industrie, des Industrie, und Handelstages und der Gewerkschaften vor geschlagen und von der Reichsregterung nur bestätigt. DaS Mandat dauert sechs Jahre bevor die Mitglieder neu be rufen und vorgeschagen werden. Nach einer Uebergang-zelt scheidet also alle zwei Jahre ein Drittel der Mitglieder au». Es gibt ferner noch etnn Ehrengerichtshof und vor allem al- ständigen Ausschuß einen Enquete-Ausschuß zur Klärung der tatsächlichen Verhältnisse auf den verschiedenen Gebieten. Man sicht, daß dieser vorläufige Entwurf zum MtttÄ» punkt eines recht regen Kampfe» werden wird. Go, wie da» Gesetz jetzt vorliegt, wird es ganz sicher nicht verabschiedet werden. Bereits jetzt meldet sich die krit k mit den verschie densten Einwänden. Man sagt zum Beispiel, daß die vor sage einen offensichtlichen Versuch zur Bürokratisierung de» NeichswIrtschaftSratea darstclle. Man West darauf -in, datz bis letzt die Abteilungen ihre Vorsitzenden selber wählten, während in Zukunft an die Stell« de- gewählten Vorsitze«--« der Beamte treten soll. Der Retch-wtrtschast-rat aber soll sa doch die Selbstverwaltung der einzelnen Stände verkör pern. Wie man aber auch km Einzelnen stehen mag, wird inan zngeben müssen, daß, Wenn wir überhaupt ein Wirt schaft »Parlament haben,lallen, die Selbständigkeit seiner Ur« tetlsgründung gewährleistet sein muß. Sin bloße» Exekutiv« Organ der Reichsregterung ist nicht von Nöten, wir leiden so wie so schon genug an Ueüerorgantsatton. S» darf aber nicht darüber auch nicht verschwiegen werden, daß die jetzt etnsctzende Erörterung de- kommenden Gesetze» über den end gültigen RetchswirtschastSrat auch grundsätzlich di« Frage be handeln wird, ob ein solche- Parlament neben dem Parla ment tatsächlich noch zu reckükrttgen ist. Gegner und Freunde werden einander aus- hestlgste besehden und von den Ge werkschaften lidgl bereit» sine Kampsansage an da- Keich»- arbeitömintsterium und gegen den Entwurf vor.