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Mer Tageblatt Dienstag, äen 24. Mai 1927 22. Jahrgang AWM Anzeiger für öas Erzgebirae RMZmZ- tzernsprech.flnsHluß Nr. sr. L VV M RM^ «»'>»7 M«« > N-lch.m-ik, amtttch. A,g« Pf«nni,,. r«i^ram«.i rag«bi.a.»«rzgibirg« Enthalten- -le amtlichen Bekanntmachungen -es Kates -ee Sta-t UN- -es Amtsgerichts Kue pogsch,» Svn,o flm, Ll , n 14», Nr. iro Den Ozean mit dem Flugzeug überflogen. Begeisterungstaumel in Frankreich und Amerika. Parts, 21. Mat. Der amerikanische Flieger Lindbergh ist um 10.22 Uhr abends aus dem Flugplatz Lo Bourget gelandet. Ueber dte Landung meldet Havas n. a.: Im Augen- blick der Landung durchbrach die auf 100 000 Personen geschützte Menge die Polizetkette und suchte, nach dem Teil des Flugplatzes zu gelangen, wo das Flugzeug utedergegangen war. Lindbcrgh» wurde aus dem Flug zeug gehoben und iM Triumph! in eines der Verwal tungsgebäude getragen. Er erklärte, er habe den Wunsch, der Mutter des vermißten französischen Ozean fliegers Nungesser einen Besuch nbzustatten. Lindbcrgh war übermüdet, und ein amerikanischer Arzt brachte ihn unbeobachtet in einem Auto nach Parts. Nach dem „Neuhork Herold" brachte Lindbcrgh seine Verwunde rung darüber zum Ausdruck, daß, es ihm gelungen ist, in so kurzer Zeit den Ozean zu überfliegen. Er hätte noch 500 oder 1000 Meilen weiterfliegen können. Ein einziges Mal habe er in der Nacht dte Lichter eines Schiffes auf hoher See gesichtet. Am Tage habe er kein Schiff bemerkt. Tie französische Morgenpresse widmet der Ankunft Lindberghs ausführliche Betrach tungen. Am Sonntag früh glich der Flugplatz einem Schlachtfeld. Kleidungsstücke, Stöcke, Hüte lagen über all zerstreut. Tie Fensterscheiben der verschiedenen Pa villons und die Türen waren zertrümmert. Erst im Laufe des Vormittags wurde bekannt, daß. zehn Per sonen Verletzungen erlitten haben und ins Hospital geschafft werden mutzten. Der Zustand von zwei Ver letzten soll ernst sein. Um den Flieger in der Nacht nach Parts zu befördern, war es notwendig, kilometerweit nach der entgegengesetzten Richtung zu fahren, damit man auf Umwegen die Stadt erreichen konnte. Erst ge gen 2 Uhr nachts traf Ltndbergh in Paris ein, wo man in der amerikanischen Botschaft rasch ein Nachtlager improvisiert hatte. Paris, 22. Mai. Lindbergh Hatz heute nachmit tag in der amerikanischen Botschaft! zwei Briese über reicht, den einen von Charles Lawrence, dem Fabri kanten seines Flugzeuges, den anderen von dem SohNe Theodore Roosevelts. Außrror-entliche Ehrung Lin-berghs in Paris. Paris, 22. Mai. Minister des Aeußeren Briand hat angeordnet, daß. aus dem Quai d'Orsay das Sternen banner anläßlich, der Ankunft Lindberghs gehißt werde, während sonst nur beim Eintreffen von Staatsober häuptern in Frankreich die betreffende fremde Natio nalflagge gehißt wird. Ter amerikanische Botschafter Hcrrick will veranlassen, daß Ltndbergh, sobald sein Flugezng überholt sein wird, über Paris und Umgebung einen Schauflug ausführen soll. Im Laufe des Nach mittags ist auf dem Flugplatz Le Bourget der englische Flieger Allan Cobham im Flugzeug angekommen, um dem amerikanischen Flieger Lindbergh die Glückwünsche der englischen Flieger zu überbringen.. Glückwünsche. Washington, 22. Mai. Präsident Cooltdge hat an den Flieger Lindbergh ein Glückwunschtelegramm gesandt, jn dem es heißt: Tas amerikanische Volk ver einigt sich mit mir in der Freude über den glänzenden Abschluß Ihres heldenhaften Fluges. Der erste uiv- unterbrochene Flug eines einzelnen Fliegers über den Ozean ist ein Rekord der amerikanischen Luftfahrt. Arr- dem Sie Frankreich die Grüße des amerikanischen Vol kes überbringen, übermitteln Sie ihm gleichzeitig die Versicherung unserer Bewunderung für die unerschrok- kenen Franzosen Nungesser und Coli. * Tie Vereinigung der ehemaligen deutschen Kriegs- flieger sandte dem erfolgreichen Piloten Ltndbergh fol genden Gruß: In aufrichtiger Freude über das Gelin gen Ihrer kühnen Tat beglückwünscht Sie der .Ring deutscher Flieger. ' Jubel in Neupork. Neuhork, 22. Mai. Ungeheure Menschenmen gen auf dem Broadway tanzten, sangen und sauchzten vor Freude, als die Meldung übe» die Ankunft Lind berghs eintraf. Tausende sammelten sich! vor den Nach richtenbüros und lasen die Telegramme aus den anderen Städten, wo eine gleiche ungebändigte Freude zum Ausdruck kam. Tie Kirchenglocken läuteten, und die Fabrik», Lokomotiv- und Schiffssirenen Pfiffen und heulten. Außer am Waffenstillstandstag waren ähnliche Kundgebungen noch nicht erfolgt. Vie Madien l in Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 22. Mat. Bet den Heutigen Wahlen zum Landtag war dte Zahl der Wahlbezirke von 1500 bet den letzten Wahlen aus etwa 1000 herabgemindert. Das Wetter war im allgemeinen günstig, doch setzten in einigen Gegenden nachmittags Regenschauer ein, dte auf dte Wahlbeteiligung nicht ohne Einfluß gewesen sein mögen. Allem Anschein nach war die Wahlbetei ligung, namentlich, in den Städten, von bürgerlicher Sette größer als bet den letzten Landtagswahlen am 6. Juni v. I., bet der nur 70 Prozent der Wahlberech tigten zum Wahllokal gekommen waren. Gegen 4 Uhr war in Schwerin schon eine Wahlbeteiligung von über 70 Prozent erreicht. Das vorläufige Gesamtergebnis um 22.30 Uhr aus 050 Stimmbezirken von insgesamt 985 (ohne Rostock): Sozialdemokraten 59 995, Deutschnattonale 36 579, Völkische 3549, Deutsche Volks)) artet 8874, Kommu nisten 6897, Wirtschaft-Partei 12 773, Demokraten 3899, Bolkswohlfahrt 2586, Nationalsozialisten 2988. Vom veurscktum in frutittar lSüSchttej. lieber da» Deiitschtmu in Frultllar (Llniiqukhiie-See) entnehmen wir Ker „Deuischen Zeilung fiir Chile" folgendes: Fruiillar ist entschieden der deutscheste Ort an: ganzen Llanguthue-See. Die Leute sind hier gute Chilenen und treue Untertanen des Lande-, aber sie schöpfen ihre Kraft da zu aus dem Deutschtum. Tie bekennen sich mit Stolz al» Deutsch-Chilenen, als Chilenen deutscher Abstammung. Sie beherrschen wohl dte spanische Frage und Üben sie au», wo dte» am Platze ist, aber darüber vernachlässigen sie nicht ihre schöne Muttersprache und damit die ererbten guten deutschen EIaenschaf'>m. Das ist ein Segen für sie selbst und für unser liebes "hi>" '' -n, die für die Erhaltung de» Deutsch- tum» l:. e ^esen sind, waren die wackeren Ansied ¬ ler, di» sich in dt-irr Hegend vor vielen Fahren nt-dttgelasier» hahen, wie z. B. die Familien: Richter, Winkler, Klocker, Schmidt, Kuschel, Hornig, Weil, Snnkel und viele andere. Alle diese Leute, im Verein mit dem langjährigen deutschen Lehrer A. Iunginger, haben sich ganz besondere Verdienste um die deutsche Sache erworben. Faktoren, dte gegenwärtig in demselben Sinne wetterarbeiten, sind: die deutsche Kirche (Frutillar ist Sitz des Pfarrers der Scegemeiude, welche in neun Distrikte zerfällt, die regelmäßig von Pfarrer August Alborn besucht werden), der Deutsche Verein, gegründet 10. Mai 188H erster und ältester Verein am See, der zur Erhal tung und Förderung des Deutschtums In großem .Maße bei trägt. Ferner die deuischen Oiesangvereine: Doppel^Ouartett und Gemischter Chor unter Leitung von Karl Hesse und nicht zuletzt die Deutsche Schule, die letzthin in der Person des Herrn Hermann Schmidt einen neuen, zu den besten Hoff nungen berechtigenden Direktor crihallen hat. Die Schule ist gegenwärtig vicrklassig und die Zöglinge erhalten eine A»s- b ldnng, die sie zur Aufnahme in das zweite Humanitätsjahr berechtigt. Dem Lehrplan sind die neuesten pädagogischen Anschauungen, Erfahrungen und Bestimmungen zugrunde gelegt, und da der Schule vier tüchtige und pflichtgetrene Lehrkräfte zur Verfügung stchen, so kann sic sich getrost allen ähnlichen zur Seite stellen. Das Prinzip der Schulleitung ist von scher, eine gute und billige Schule zu erhalten, um vor allen: den Wenigerbemittelten Gelcgmchett zu geben, ihren Kindern eine gute deutsch« Erziehung angebeihen zu lassen, so daß nicht nur Kinder aus der näheren Umgebung, son dern auch von weit her die Schule besuchen. Mit der Schule ist ein Kinderheim für Knaben und Mädchen verbunden, das gegen M—70 Kinder aufuchmen kann unk, unter Oberaus- sicht Ke« Leiter« Ker Schule, der vorzüglichen Leitung von Fran Lina Hagdorn untersteht. Scheitern de» englischen Fndien-Fluge». London, 22. Mat. Die Leiden englischen Flieger Larr und Dillman, dte am Freitag zu einem ununterbrochen nen Fluge nach Indien gestartet waren, sind gezwungen wor den, auf der See 45 Meilen südöstlich Bepder Abbas tm Per- fischen Golf gestern 8,15 Uhr Grecnwich-Zett nioderzugehen. Beide Off ziere wurden von einem Schilf ausgenommen unk befinden sich wohl. Dte Maschine ist vollkommen zertrüm- mnt. Stvesemann-Reäe in Freiberg. Freiberg, 22. Mai. Anläßlich einer Kundge bung der Deutschen Volkspartet tm „Tivoli" führte der Reichsaußenminister Tr. Stresemann u. a. aus: Die tetr er auch im Ausland verbreitete Meinung, als wenn unsere Wirtschaftslage eine außerordentlich glänzende sei, müsse zurückgewiesen werden. Wir ständen gegen wärtig noch immer in einer wirtschaftlichen Krisenzeit. Taran ändere auch die Tatsache nichts, daß augenblick- lrch einige hunderttausend Arbeitslose weniger seien. Teutschla'nds geographische Lage lasse nicht die Frage stellung Weltwirtschaft oder Eigenproduktion zu, soiv- dern nur das Verhältnis beider zueinander. Wir wür den niemals atmen können, ohne den Hauch des Welt meeres in uns anfzunehmen. Aber ebenso sei es selbst verständlich, daß die Deutsche Volkspartei mit großer Entschiedenheit alles unterstützt, was zu einer Steige rung der Produktivität der Landwirtschaft führen könne, ebenso alles, was dazu führen könne, gerade tm Osten durch deutsche Siedlung die Zahl der Menschen auf eige ner Hcholle soweit als möglich zu vermehren und da durch §ine deutsche Menschcninauer an unsere Grenze zu legen. Wir dürften auch vor großen Mitteln nicht zurückschrecken, die notwendig sind, um den Ertrag der deutschen Landwirtschaft zu steigern. Wir hätten den Wunsch, mit unseren Nachbarn zu guten handelsvertrag lichen Abmachungen zu gelangen. In dieser positiven Einstellung sei dus Kabinett völlig einig. Voraussetzung dafür sei aber ebenso die Möglichkeit der Niederlas sung der Reichsdeutschen wie die Vertragstreue Behand lung aller Pi en sch en deutschen Blutes, mit denen uns natürliche Zusammenhänge verbinden, auch wenn .sie Bürger eines anderen Staates geworden sind. In einer Betrachtung der Außenpolitik wandte sich der Minister mit besonderer Schärfe gegen verschiedene Versuche, die außenpolitische Linie der Reichsregierung dadurch zu stören und Unruhe in die Bevölkerung zu tragen, daß man gewisse Meldungen in deutschen Blät tern als feststehende Tatsachen wiedergebe und die ent- gegensiehenden Erklärungen der Meichsregierung in Zweifel ziehe. Dies sei beispielsweise mit einer Mel dung über angebliche Versuche zur Privatisierung» der Neichspvst, sowie mit der Meldung über angebliche eng- lisch^sranzösische Aufmarschpläne gegen Deutschland ge schehen. Besonders verwerflich» sei es, daß man in die sem Zusammenhang durchblicken ließ, daß, wenn auch nicht die Regierung, so doch gewisse Politiker das bie- trcffende Dokument in Händen hätten. Der Minister verurteilte ferner auf das nachdrücklichste die von eini gen Blättern betriebene Hetze gegen den deutschen Bot schafter in Amerika, Herrn von Maltzan, der wieder holt au^ Grund von Berichten, die, wie amtlich fest gestellt worden ist, völlig entstellt waren, Gegenstand von Pre.sfeangrtfsen gewesen ist. Lu-en-orss über Veutschlanös Nie-erlage. Neuhork, 21. Mai. An der HearschZettung „Neuhork American" beginnt Ludendorff mit der Ver öffentlichung einer Artikelserie, in der er nachzuwetsen versucht daß. für dte Niederlage Deutschlands tm Welt krieg die Unfähigkeit der deutschen Diplomaten schuld sei. Einigung mit clen Russen in Genf. Gens, 22. Mat. Nach den privaten Besprechmp- gen des Sonntags hatte Osstnskt gegen Mitternacht eine Besprechung mit TyeuniS, dem Präsidenten der Welt- wirtschastSkonserenz, bet der nach einer Mitteilung von unterrichteter russischer Sette dte Schwierigkeiten bei gelegt werden konnten, dte durch dte gestrige Abstim mung der russischen Telegatton gegen da» Entschliv- ßungswerk der drei Hauptausschüsse entstanden waren. 'Aus Grund dieser Regelung wird, so verlautet von russi scher Seile, die sowjetrusstsche Delegation sich bei der eu bloe.Abstimiinmg über das gesamte Entschließung»- werk der Stimme enthalten, während andererseits dte Konferenz der am Sonnabend vom sogenannten Berbin- duugSauSschuß einstimmig angenommenen Einigungs formel in Bezug auf den bekannten sowjetrusstschen An trag -usttmmen wird. Die auf Montag vormittag angesetzte Vollsitzung der Konferenz wurde auf den Nachmittag verlegt. Der Montagvormtttag bleibt den Beratungen des verbtn- dungsau-schusses Vorbehalten. Mit der Nachmittags sitzung wird dte Meltwirtschaftskonseren» wahrscheinlich 'aLgeschlsssen werden.