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Donnerstag» äen 26. Mai 1Y2? Mer Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirge L»l»-ramm»! Tageblatt flueerzgrbirge Enthaltend -le amtlichen Sekanntmachungen -es Nates -er Staüt UN- -es Amtsgerichts fiue. p»stfth»ck e»nt»r stmt Leipzig U, 1»», Nr. 122 Donnerstag, äen 2S. Mai 1927 22. Jahrgang Baldwin bläst die Kriegsposaune. Ultimatum an das Unterhaus. London, 21. Mat. Vor überfüllten Tribünen und Diplomatenlogen, in denen der deutsche und der japanische Botschafter den Verhandlungen beiwohnten, beantwortet« Baldwin Heute nachmittag! iin Unterhaus di« Anfrage des Stellvertreter« von Macdonald, Chi nes, über die Gründe, die zur Haussuchung! bet der Arko» Anlaß, gegeben hatten, und über dis politischen Schlußfolgerungen, zu denen sich! die Regierung nach dem Ergebnis der Haussuchung genötigt sehe. Nachf- dem er davon gesprochen, was alles bet der ArkoS ge funden, führt er fort: <- Dieses BeweiSmatertal genügt bereits, um das Handelsabkommen zu annullieren und die Beziehungen mit Rußland abzubrechen, denn man könne in Rußland unmöglich zwischen den einzelnen Funktionen de« Staa tes, zwischen seiner Außenpolitik und seiner staatlichen Handelspolitik unterscheiden. Die englische Regierung sei im Besitz ausreichenden Materials, nm! gegen die diplomatische Sowjetmisston in London den Vorwurf der ungesetzlichen Propaganda und der Illoyalität zu richten. Während der Londoner Sowjetvertreter Eng land versichert habe, daß der russische! Berater der Han- lauregterung, Borodin, keinerlei Beziehungen zu Rutz,« land unterhalte und nicht im Dienste per Sowjetregtv- rung siche, habe er Telegramme nach! Rußland geschickt, in denen er gesagt habe, daß es nützlich, sein würde, den Zusammenhang zwischen Borodin und russischer Regio- rung Äußerlich zu dementieren. Der englischen Regto rung seien Telegramme des sowjetrussischen Außenmi nisteriums an den Sowjetgesandten in Peking in die Hände gefallen, in denen das Außenministerium jn Moskau ausdrücklich Borodin zum Vertrauensmann der russischen Politik bei der Kantonregierung bestellt nnd den Chinesen empfehle, ihre Weisungen nur von Boro din entgegenzunchmen. Anläßlich! des Zwischenfalles von Nanking habe der Sowjetvertreter in London tele graphisch seine Regierung ersucht, an das Arbeiterblatt „Daily Herald" und an di« unabhängige Arbeiterpartei Schilderungen über das Bombardement von Nanking zu liefern, die geeignet sein würden, die Erklärungen von Chamberlain im Unterhaus zu widerlegen. Insbeson dere müßte in diesem Bericht gesagt werden, daß viele chinesische Gewerkschaftler bet dem Bombardement das Leben verloren hätten. Aus diesem und anderem Beweismaterial, erklärte Baldwin, )ei di» englische Regierung zu deM Schluß gekommen, daß Rußland trotz wiederholter ernster Warnungen nicht gesonnen sei, die Verpflichtung inne- zuhalten sich! dieser Propaganda gegen England zu enthalten und daß, ' ' ! wenn das Unterhaus am Donnerstag der» Regier- rung seine Zustimmung erteilen würde, das Han delsabkommen von 1921 aufgehoben, der Han delsdelegation alle Privilegien entzogen und alle Beziehungen zur diplomatischen Sowjetmisston abgebrochen werden. > Die ^Regierung werde dem Unterhaus geeignete Bor schläge machen, wie der normale Handel zwischen Eng land und Rußland trotz des! Abbruches! dieser Beziehun gen geregelt werden könne. > Aufruf russischer Gelehrter an -le englischen Gelehrten. Moskau, 24. Mai. Tie Akademie de« Wissen schaften veröffentlicht einen Aufruf an die englischen Gelehrten, in dem sie darauf htnwetst, daß die mit Ver Durchsuchung der SowjethandelSvertretung verknüpften Ereignisse die Gefahr eines neunen Weltkrieges schlaffen, und die englischen Wissenschaftler und die gesamte sen kende Menschheit zu einer Aktion für die, Erhaltung des Friedens auffordert. , peesiesilmmen. Zu den Erklärungen BäldwinS iM Unterhau« neh men bisher nur wenige Berliner Blätter redaktionell Stellung. Tie „Tägliche Rundschau", die erklärt, daß es sich! weniger um einen außenpolitischen Schritt der englischen Regierung als um eine.tnnerpoltttsche Schutz maßnahme handelt, sagt über die Haltung Deutschlands: Wir haben mit Rußland einen NeutralttätSvertrag ab geschlossen und werden von diesem Kurse auch! in Zu kunft nicht abwetchen. Aehnlich äußert sich das „Ber liner Tageblatt", das betont, die Frage der Option könne von dem Deutschland, das entwaffnet ist, das nur im Frieden und nur bet voller Ausnutzung aller wirtschaft lichen Möglichkeiten zu leben und zu gedeihen vermag, nur negativ beantwortet werden. Die Säulen unserer Außenpolitik heißen Locarno und Rapallo-Berlin. vr. Marx über äie politische Entwicklung in veullchlanä. Bonn, 24. Mai. Reichskanzler Tr. Marx führte gestern in einer Sitzung der Bonner ZentrumSpartet über die politische Entwicklung Deutschlands u. a. au», daß das Zentrum moralisch und juristisch richtig han delte, als es nach der Katastrophe des alten Staatswe sens den Weg zur heutigen Reichsverfassung ging. Das Zentrum habe die Einheit des Reiches gerettet und ar beite unaufhörlich an dem Ziele, unser Volks aus der Not zu neuer Größe zu führen. Es sei nicht Schuld des Zentrums..-aß die Sozialdemokratie heute außerhalb der Regierung stche. Wir haben dann, führte der Kanzler weiter aus, versucht, mit der Rechten zusammen zu arbeiten, und heute wird niemand auf einen Punkt Hinweisen können, der ein Verlassen unserer alten Zen trumsgrundsätze bedeuten könnte. Bester Beweis für fortschreitende Einsicht auf Setten der Rechten sei die Verlängerung des Republikschutzgesetze«. An dem Tag, an dem im Kabinett etwa» geschehe, wa» gegen den Wolksstaat und die kulturellen Grundsätze de« Zentrum« gerichtet ist, würde er seine Entlassung aü» dem Amte beantrage«. > ! ' > Vorbereitung neuer Gesetz, entwürfe. Berlin, 24. Mai. Wie den Blättern mitgeteilt wird, sind die Beratungen über die Verlängerung de» Mieterschutz«,setz«» noch nicht abgeschlossen. La» Reich»- kabtnett hat sich! entgegen den Darstellungen iw der Presse deshalb auch, noch! nicht mit dieser Angelegenheit befaßt. Ebenso ist «» nicht richtig, daß dem Kabinett bereit« der Entwurf eine« neuen KapttalertraMeuev- gesetze» vorliegt. Auch! die ministerielle Aufarbeitung der BeamtenbesoldungSreform ist noch nicht abgeschlos sen. Da» Vrojekt befindet sich! noch! in den Händen der zuständigen Sachbearbeiter. E» ist der Wunsch de« Reich»ftnanMinister», g»rad« dies» Frag» so schnell wie «jkalich «tnat RZütluna »MutüLren. macht aber vorläufig u. a. noch! dis Frage der Deckung. Dabei ist keineswegs eine neue Anleihe in Aussicht ge nommen. Demnach! treffen alle Gerüchte, die von Son dierungen einiger Großbanken über eine! Anleihe in Amerika wissen wollen, nicht zu. > Dr. Stzresemann fährt doch nach Oslo. Berlin, 24. Mat. Wie den Blättlern mitgetellt wird, wird der Reichsaußenminister voraussichtlich Ende Juni im Zusammenhang miü dem Nobelpreis in Oslo seinen Vortrag halten. v. Siemens über -ke wlrtfchaftskonferenz. Genf, 24. Mat. Der Präsident de» Reichswtrt- schaftsrates, v. Siemens, äußerte sich, einem Vertreter de» „Journal de Geneve" gegenüber u. a. auch kurz über den jüngsten Stur- der deutschen Jndustrtewerte, die nach seiner Auffassung auch! noch! immer viel zu hoch sichen und vielleicht nach! einer Hausse wieder abstetgen werden. Zum Ergebnis der WeltwtrtschaftSkonferenz erklärte er: Aller Anfang ist schwer. Aber mit jedem Tage haben die Teilnehmer mehr und mohr den Ein druck erhalten, daß di« Zett nicht unnütz vergeudet, son dern gute Arbeit geleistet worden ist, die hoffentlich auch in de« Zukunft ihre Früchte tragen wird. Die» liegt ober nicht in de« Macht der Konferenz, sondern bst den politischen Instanzen, die diese Konferenz .ein berufen haben. Wir können nur wünschen, daß sie die Klugheit und auch den Willen aufbrtngen, die empfohlenen Maßnahmen in die Tat umzusetzen. Gsssnsiv» LsHaugkalsihrk». Schanghai, S4 Ma». Verächtlichem Erfolg» «inen neuen Vorstoß Men die nordchinestschen Streitkräfte unternommen. Rach draht? lo» ring,gangen,n Nachrichten haben zwei feiner Di visionen bet Tschtnkiang den Jangtse überschritten, «W« besonderen widerstand zu finden. Di« Truppen Suw tschuanfang» zogen sich sofort läng» de- Kaiserkanals auist» , i i Innen- uncl aukenpolitiscke fragen. Reichttagsabgearbaster Brodaus in Schwa»»«-«». Schwarzenberg, S4. Mai. Jn einer Versammlung de» demokratischen »e* eins im Ratskeller sprach Heute abend Landgerichts direktor A. Brodaus, M. d, RR» die «Pitz, sei ner Ausführungen stellte er die Ereignisse i« Dezunbwe 1926, die zum Stmye der Mtndecheit-regierung der Mitte geführt haben. Bekanntlich war e» die Red« des.Fraktionsvorsitzenden de, Deutschen »olkspartei, Dr. Scholz, in Königsberg, di« zu dem Mißtrauen»- antrag der Sozialdemokraten gegen da» Kabinett führten. Das. Kabinett trat zurück. Deutschland hatte wieder da» alljährliche Schauspiel einer Re gierungskrise an der Jahreswende. Von deutschnatta. naler Seite wurden Schritte beim Reichspräsidenten ein geleitet, um ein rechtsorientterte» Kabinett zu schaffen. Dr. Curtiu», den der Reichspräsident mit der Regim rungsbildung betraute, Hatte aber keinen Erfolg, da da» Zentrum sich abseits stellte. Sie gingen eine Koalition mit den Teutschnationalen erst ein, nachdem Marx mit der Regierungsbildung betraut worden war. Warum ging dos Zentrum auf einmal mit den Deutschnatio- nalen zusammen? Weil e» seins Wünsch« in Bezug auf das Konkordat und das Reichsschulgesetz nur durch eine Koalition mit den Deutsch nationalen durchsetzen kann. G erade das aber mußte die Demokraten bestimme», sich! nicht an dieser Regierung zu beteiligen, da keiner lei Aussicht bestand, Einfluß in der Regierung zu ge winnen. Sehr gerne hätte man allerdings da« Finanz ministerium den Demokraten übertragen, also Pa» Mi nisterium, das die schwersten Aufgaben! zu erfüllen hat. Die Ausgabe der Demokratischen Partei ist e«, die Brück« zwischen dem Arbeiterstand und dem Bürgertum zu bilden. Hätte die Demokratische Partei sich -ebenfalls aus die Seite der übrigen bürgerlichen Parteien gv stellt, so wäre der Riß! im! deutschen Volks vollendet gs- wesen. !. ! > Die Deutschnational« Fraktion hatte purch Wahl ihre Ministerkandidaten aufgestellt, darunter auch den Völkisch eingestellten Herrn Graef, den da» Zentrum ab- lehnte. Interessant ist es auch!, daß die Deutschnatto- nale Partei, die stets die Sozialdemokratie ängrtff, da diese Minister stelle, die keine Fachminister wären, al» jVerkeHrsminister den Dr. h. Koch, brachte, «inen Mann, der aus dem Handwerkerstand hervorgegangen ist. Sie setzten es durch, daß für ihn der Fachminister der Deutschen Volkspartei, Kröhne, Platz mache» mußte. Also auch die Deutschnationale« stellen Minister, die für ihr Ressort herzlich! "wenig Vorbildung mit bringen und, was außerdem bemerkenswert ist, ft» stellen Minister, die aus dem Handwerkerstand hervor gegangen sind. Wir begrüßen diese Einstellung, müs sen aber fragen, warum die Teutschnationalen den verstorbenen Reichspräsidenten Ebert stets ««griffen, weil er aus dem Handwerkerstand Hervorgegangen ist!! Außenpolitisch Hat sich unter de« neuen! Regierung nichts geändert. Erfolge, die mast sich! versprochen Hat, sind auSgeblteben, und man kann ruhig diesen Rück schritt auf den Eintritt der Deutschnationalen schreiben. Dio Reden der deutschnationalen Minister vor ihren Wählern sind außerdem durchaus nicht in Einklang zu bringen mit der Politik, die sie im Kabinett betreiben. Erinnert sei nur an die Rede HergtS in Oberschlesien, die zu einem Schritt der polnischen Regierung führte, worauf die deutsche Regierung in den sauren Apfel einer Entschuldigung beißen mußte und erklärt«, e» sei nicht so schlimm gemeint gewesen! . Tie Abrüstungskonferenz und die Weltwirtschaft»- konferenz in Genf sind ohne einen greifbare« Erfolg gewesen. Deutscher Vertreter bet der Abrüstungskon ferenz war Graf Bernstorfs (L«m ), -esse» Halt»»» einmütig! anerkannt wurde. ' Jnnerpolitifch ist besonder« di« verlängern»» de« Republikschutzgesetze» Hervorzuhebe«. Li« Verl-»,« rung diese» Gesetze», einschließlich de« Kats,«Paragra phen, sowie die Eidesleistung der deutschnationalen Mi nister hat die Republik gestärkt. Man darf aber nicht glauben, daß der Eid der Teutschnationalen auf dt« Verfassung ein Bekenntnis zur Republik ist. Graf Westarp hat ja erst unlängst betont, daß für die Deutsch nationalen die wtedecherstellung de» Kaisertum» da» Hl" L^deutschnational« Wählerschaft kümmer« sich nicht um di« wtnk«lzüg« ihrer Abgeordneten, die ganz ander» zu ihnen sprechen, al» sie handeln.' Liefe Ding» bleiben unbekannt. Viele wissen auch Iiicht, daß da» tlufwttttmgtgesetz mit de« DrMschmhtMale» wurde. Le« vorläufig» ytnoMU»gletch lft sticht v* sriediaend. Rreuittn uud MaÄm «West L«MM W»