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Nr. 273 Donnerstag» äen 24. November 1927 22. Jahrgang Mer Tageblatt für Ütt6 VDWWS r»l»gramm,: Lag,blatt fiu.^rgrdlrg, Enthalten- -k amtlichen vekanntmachungen -es Rates -er Sta-t UN- -es "verlas /iue. Poftschrck-Kontar Nmt L^pzlg n». Itzg, Abschluk der deutsch-polnischen Berhandlnngen. Berlin, 23. Nov. Die Vorbesprechungen -wi schen dem Reich Smtnister des Reicheren Dr. Strese« mann urü) dem Sonderbeauftragten der polnischen Re- Nterung Jockowskt über die Wiederaufnahme der deutsch polnischen HandelSoertragSverhvndlungen sind zu sst em Mbschlvß gekommen. Es, ist im Lause der Be sprechungen eine Einigung über; die Grundlinien er zielt wvrden, die für die nunmehr wieder auszunehmen- den DelegationSverhandlungen gelten sollen. Das Ziel der DelegationSverhandlungen wird sein, so schnell wie möglich zu einer Aufhebung der beiderseitigen Wirtschaftskarnpfmaßnahmen zu kommen und dabei gleichzeitig Vereinbarungen !zu treffen auf den Teil gebieten, die auf Grund der früheren Verhandlungen abschlrchreif.sind. Darüber, wer auf deutscher Sette die Verhandlungen leiten soll, wird das Rcichskabtnett heute eine Entscheidung treffen. An diese ersten Ver handlungen werden sich daun die Verhandlungen über einen endgültigen Handelsvertrag ausch!testen. Gleich zeitig mit Beendigung dieser Besprechungen sind auch die Verhandlungen über ein Holzabkommen, -um por- ILufigen Abschluß gebracht worden. Deutschland wird an Polen einige Kontingente für, Schnittholz bewilli gen insoweit sollen also die bestehenden Einfuhrver bote ausgehoben werden. Polen wird zugestehen, daß die Erhöhung des Ausfuhrzolles für Rundhölzer un terbleibt. Außerdem sollen auf verschiedenen Gebieten die Einfuhrzölle fallen, so für Autos, Fahrräder.und Uhren. Durch dieses Abkommen wird also schon ein Anfang mit dem Abbau der beiderseitigen Kampfmast- nahmen gemacht. Der Gesandte Rauscher reist noch heute nach Warschau. Es ist damit zu rechnen, daß der Vertrag noch diese. Woche unterzeichnet wird. vte Regelung Ser polnischen Holzausfuhr nach deutschlan-, Warschau. 2!!. Nov. Ta« gestern in Berlin paraphierte Abkommen über die polnische, Holzausfuhr nach Deutschland wird Von der hiesigen Presse mit gro ßer Befriedigung ausgenommen. In sämtlichen Berli ner Korrespondenzmeldungen wird dev Hoffnung Aus- druck gegeben, daß dieses Abkommen als Auftakt zu einer deutsch-polnischen WirtschafiSversläudtgung ange sehen werden könne. Wieder ein schweres Strabenblchlmngiiiü in Kassel. Kassel, 23. November. Hier hat sich wieder ein schwe res Straßenbahnunalück ereignet. Wie wir erfahren, ist das Unglück dadurch verursacht worden, daß ein talwärts fahren der Straßenbahnwagen der HerkulesLahu auf der stark abschüs sigen Strecke infolge der Glätte in eine sä rasende Fahrt ge riet. daß er trotz aller Bremsversuche in einen auf der Halte ¬ stelle Neuholland haltenden, bergwärts bestimmten Wagen hlaeinfuhr. Beide Wagen wurden schwer beschädigt. Von den in den: haltenden Wagen befindlichen Kindern erlitten, soweit bis iekt bekannt, neun Verletzungen leichter Natur. Auch das Faürversonal beider Wagen trug Verletzungen davon. Besolduirgsrefornr und Pensionäre. Es werden drei Nach den Beratungen über die Besoldungsreform wird im Haushaltausschuß des Reichstages auch die Be sprechung über die Ausbesserung der Bezüge der Pen sionäre erfolgen. Trotz der Versprechungen, die die Regierungsparteien den Pensionären noch his vor kur zem gemacht haben, werden sie, wie verlautet, dis.in der Regierungsvorlage borgesehene Neuregelung an nehmen. Danach sollen die schon im Ruhestand be findlichen Beamten nur mit prozentualen Zuschlägen auf ihre bisherigen Pensionen bedacht werden, die aber an die Bezüge der Beamten, die nach dem Inkrafttre ten der Vorlage pensioniert werden, lange nicht heran reichen. > i ! I Durch die Vorlage werden jetzt drei verschiedene Gruppen von Pensionären geschaffen. Die erste Gruppe besteht aus den Pensionären, die schon vor 1920 bei der Annahme der letzten Besoldungsreform pensioniert waren und damals nicht in die neue Ordnung mit ein gruppiert worden sind. Tis zweite Gruppe fetzt sich dann aus denjenigen ehemaligen Beamten zusammen, Klassen gebildet. dis nach dem Gesetz von 1920 pensioniert wurden, und dis dritte Gruppe bilden schließlich die nach dem In krafttreten der jetzigen Vorlage pensionierten Beamten. Tie Regierung steht auf dem Standpunkt, daß, wenn einmal der Beamte aus dem aktiven Dienst aus geschieden ist, alle Rechte und Pflichten des Staaten über die damals gesetzlich erworbenen Pensionen ent fallen. Sie hatte sich aber 1920 „aus Billigkeits gründen" entschlossen, die damaligen Altpeusionäre restlos in die veue Besoldung etnzugliedern, und sie Mill auch jetzt die Billigkeit durch die erwähnten pro zentualen Zuschläge nicht völlig entfallen-lassen. Die Pensionäre sind aber damit nicht einverstan den. Sie glauben einen Anspruch darauf zu haben, daß ihre Pensionen den wirtschaftlichen Verhältnissen, nach denen sich ja die Bezüge der Beamten richten, auch einigermaßen angcpaßt werden .müssen und for dern bet der fortschreitenden Geldentwertung und Teuerung die Gleichstellung mit den Neupensionären. Kleine Mel-ungen. Berlin, 23. Nov. Der Reichspräsident hat heute den Keichsmtnister für Ernährung und Land wirtschaft Schiele zum Vortrag empfangen. Brüssel, 22. Nov. Im Zusammenhang mit der Kabinettskrise hat sich de Brouckere entschlossen, Bel gien auf der Vorbereitenden Abrüstungskonferenz! in Genf nicht zu vertreten. , * Mexiko, 22. Nov. Die Abgeordnetenkammer hat der Ausdehnung der Amtszeit des Präsidenten von vier aus sechs Jahre ihre Zustimmung erteilt. völkerbun- — Wirtschaftslage — Europa. London, 23. Nüv. In einem Aufsatz in der „Ftnanzial Times" schreibt Dr. Kurt Sorge (Mitglied des Deutschen Reichstages und ehemaliger Präsident des Reichsverbandes der deutschen Industrie), die wirt schaftliche Lage der Welt und besonder- Europas und Deutschland» sei sehr ernst. Ausgatz, des Völkerbün de» müsse er sein, durch. Herstellung, sreundschafMiev Leziehunaen ein enge» wirtschaftlich«» Zusammenarbei ten Aschen den ^«oMschen Hindern zu ermöglichen. Sauaussiellung in öerlin 1930. Berlin, 23. November. Der Vertrag zwischen der StM Berlin und dem die 1930 beginnenden Dauerbauaus- stellung durchführenden Verein ist heute zwischen Vertretern des Magistrates und Verein zum Abschluß gebracht worden, nachdem über die noch offenen Fragen der Abgrenzung der Ausstellunasgebiets eine Einigung erzielt worden ist. Damit ist bas Ausstellungsprosekt für Berlin gesichert. kablnrttositzuttg. Berlin, 23. Nov. Da« Kabinett wird sich, wie die Blätter erfahren, heute nachmittag mit laufenden Angelegenheiten beschäftigen. Tie in verschiedenen Blättern gebrachten Meldungen, wonach der Kabinett ausschuß zur Vorbereitung der Verwaltungsreform am Montag Beschlüsse gefaßt haben soll, sind falsch. Dieser Ausschuß tritt erst morgen zusammen. Vas Ta-elsvotum -er englischen Arbeiterpartei. London, SS. NSv, Im Unterhaus.teilte Bald- wln mit, daZ, de? ArLriterparLsi am LS., d. M. Ge legenheit zur 'Mussprache Üü-r da» von Ge in Verbin dung mit der Lage in de« Kshlentndustri« beantragte Lo>eiSvotum gegen die Negierung gegeben wird^ Ein Zusammentreffen Chamberlain-Litwinow in Genf? London, 22. Noo. Die Tatsache, daß die Aw wesenhett der russischen Delegation für die Beratungen des Vorbereitenden Abrüstungsausschusses in Genf zett- ich mit der Anwesenheit Chamberlains in Genf -u- sammensallen könnte, hat in einem Teil der Presse zu Mutmaßungen über die Möglichkeit eines Zusammen treffens zwischen Chamberlain und Litwinow zur Er örterung der englisch,russtschcn Lage im Sinns .eine« Wtederanrnüpsuim diplomatischer Beziehungen geführt. In zuständigen Kreisen hält mau es für wenig wahr- scheinltch, daß die Lago sich bereit« genügend entwtk- N'lt hat, MN zu der Hoffnung zu berechtige»!, daß brtz- ttsch.russtsche Erörterungen zu einen» erfolgreichen Er gebnis geführt werden können. Daher scheint die Mög lichkeit eines Zusammentreffen» zwischen Chamberlain und Mitgliedern der russischen Delegation zum minde sten für sehr Problematisch angesehen zu werden. Die englische Negierung erhebt allerdings keine grundsätz- Uchen Einwendungen gegen Verhandlungen mit Sow- jrtrnßland und ist jederzeit bereit, .russische Vorschläge zu brachten, die den Bedingungen entsprechen, dis die britische Regierung von jeher als Grundlage eine» er sprießlichen Verhältnisse» zur Sowjetregterung erklärt hat, und unter denen dis Frage dev Propaganda nichit die letzte Stelle einnimmt. Moskau, 22. Nvo. Die russische Delegation, di» an den Tagungen der Vorbereitenden Abrüstungskon ferenz in Genf teilnimmt, ist heute unter Führung von Litwinow nach! Genf abgereist. Vie -rutsche Delegation. Berlin, 22. Noo. Der Beginn der Beratungen der Vorbereitenden Abrüstung-kommtssion in Genf ist für Mitte nächster Woche angesetzt worden. Deutsch land wird auf dieser Konferenz wieder durch den Bot schafter Grafen Bernstorff vertreten sein. Die deutsch« Delegation, die Graf Bernstorff führt, besteht au« Ge heimrat Weizsäcker als Vertreter des Auswärtigen Amtes, Oberst von Bötticher als Vertreter de- Reich-- wehrministeriums und Admiral Freiherrn von Frei berg als Vertreter der NeichSmarinelettung. Keine Unruhen in -er Ukraine. Moskau, 22. Nov. Die im Zusammenhang mit den» Ausschluß Trotzkis und anderer aus der Kommu nistischen Partei erschienenen Meldungen au» rumäni schen Quellen über angebliche sowjetfeindliche Unruhen in der Ukraine sind, wie die TelegraphemAgentur der Sowjetunion mitteilt, böswillige Erfindungen, welche jeglicher Grundlage entbehren. Weder in der Ukraine noch sonst irgendwo in der Sowjetunion sind irgend welche Unruhen vorgekommen. 0,b Prozent für -le Opposition. Moskau, 22. Nov. „Prawda" meldet, daß feit dem 30. Oktober, dem Beginn der VorkongrehdiSkusston, bis zum 22. November in den Verschiedenen Orten der Sowjetunion abgehaltenen Parteiversammlungen sich! für die Linie des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der USSN. 555 520 Parteimitglieder ausgespro chen hätten, dagegen 3264 oder 0,6 Prozent. Kerenski isi unbeliebt. Parts, 22. Nov. Der ehemalige russische Mini sterpräsident Kerenski hielt gestern in Lyon eine öffent liche Versammlung russischer Emigranten ab. Der überwiegende Teil der Versammlung bestand aber au- überzeugten Monarchisten. Wenn schon die Ausfüh rungen Kerenskis von den Versammlung mit wilden Protesten ausgenommen wurden, so stieg der Sturw auf seinen Höhepunkt, al« ein ehemaliger Gardeoberst, der jetzt in einer Lyoner Fabrik als Arbeite« tätig ist, ^renski in den schärfsten Ausdrücken de« Vaterlands verrates bezichtigte. Nur mit Mühe gelang eS der Polizei, Kerenski vor Prügeln durch die wütende Ber-, sammlung zu schützen. Soro-in soll nach Kanton zurückkehren. Peking, 22. Nov. Die Abwesenheit der Kanton politiker, die bekanntlich in Schanghai an der Konfe renz mit Tschangkaischck teilnchmen, benutzten die Kom munisten dazu, um einen Sturz, herbeizuführen. ES hat sich ein kommunistisches Komitee gebildet, dem Kumingjues vorsteht. Kumingjues, «in Freund Bo rodin», war früher Politischer Berater der Regierung In Lankau In den chinesischen Städten war heute Gerücht von der Rückkehr Borodin» verörettet. Die Hankausr KonLessisnkbshvrde Hot daraufhin eine» Haftbefehl gegen Borodin -«lassen.