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Sonntag» äen 1. Juli 1S2S 23. Jahrgang Bom neuen und alten Reichstag tartscher Arbeit erworbenen Erfahrungen zurrt Wohle des Reiches nutzbar gemacht.* Der bisherige Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, Schiele, erhielt ein Schreiben, in dem gesagt wird: ,Hn einer Zeit schwerer wirtschaftlicher Krisis der.Landwirtschaft Haben Erg Ihr Ministerium niit tatkräftiger Hand geführt und es verstanden, die Notlage der deutschen Landwirtschaft im Rahmen des Möglichen zu erleichtern und Wege M Hgnr hoffentlich dauernden Besserung zu finden. Das soll Ihnen rm- vergessen bleiben." Zu dem Schreiben an den Reich,SürHettSminiskw Branns heißt es: „Gerade vor acht Jahren staben Sie dieses verantwortungsvolle Ministerium übernom men und es seither durch einen Zeitabschnitt schwerer wirtschaftlicher und sozialer Erschütterungen hindurch geführt. Daß es trotz aller Krisen gelungen ist, den wirtschaftlichen Frieden zu schalten und zu festigen, daß es rnögltch gemacht wurde, die Lage der arbei tenden Klassen, der Sozialrentner und der Kriegsbeschä digten zu bessern, ist in erster Linie Ihr Werk, für das Ihnen namens des Reiches wie eigenen NamenS zu danken mir in dieser Stunde, aufrichtige» Bedürfnis ist. Meine besten Wünsche für Ihr persönliche» Wohl ergehen begleiten Sie in den Ruhestand, per — wie ich Hoffs — kein dauernder sein wird." Ebenso hat der Reichspräsident auch den scheiden den NeichLministern Dr. Koch, Dr. Kühler .und von Keudell in persönlichen Schreiben seinen herz lichen Dank für die geleisteten Dienste ausgesprochen. ausländischen Presse. Der Vatikan gegen öte Lktvener Unlverfitätsinschrlft. London, 29. Juni. Der römische Berichterstatter „Morning Post" erfährt auf Anfrage de» Rektor- Univ ersirät Löwen an den Vatikan, wegen v«r In- Berlin, 29. Juni. Nach den anstrmrgenden Krisenlagen haben die meisten Abgeordneten schon am Donnerstag Berlin verlassen. Nur wenige Politiker fanden sich am Freitag noch, im Reichstag ein. Der neue Reichsarbeitsminister Wissel! hatte eins Konferenz mit seinem Staatssekretär Geib, von dem er sich über die dringendsten Geschäfte seines Ministeriums unter richten liest. Die Fraktionen kommen erst in der nächsten Woche wieder zusammen, und zwar dis Deutschnationalen am Montag vormittag, da» Zentrum am Dienstag .vor mittag, die Sozialdemokraten am! Dienstag.imchnrit- tag und die Demokraten nach Schluß der ersten Plenar sitzung deS Reichstages. Am DienStag um 1 Uhr tritt auch der Reichsamnestieausschuß im Reichstag zusam men. Die RetchStagSsitzung, in der Reichskanzler Mül ler seins Regierungserklärung abgibt, beginnt Diens tag um 3 Uhr. ' wiener Stimmen zur öilSung Ser Negierung. Wien, 29. Juni. Bisher nehmen nur einzelne Blätter zur Kabinettsbildung im Reiche Steilung. Da bei wird daraus hingewiesen, daß daS Kabinett Mül ler nicht eine Negierung der Großen Koalition ist, die aller Welt als dis selbstverständliche Folge des Wahl ergebnisses erscheint. Es ist die tragisch« Folge der Spaltung der deutschen Arbeiterklasse, so sagt die „Arbeiterzeitung", daß sie die industrieretche Republik nicht allein zu regieren vermag. DaS Blatt betont, di« deutsche Sozialdemokratie Habe die bedeutendsten Män ner in diese Regierung entsandt, aber so stark und be deutend auch die Partei in der neuen Regierung ver treten ist, so groß, und schwer werden die Hindernisse sein, mit denen die Partei in dieser Regierung zu ringen haben wird. Die „Neue Freie Presse" bringt in ihrem Leit artikel eine Skizzierung der Persönlichkeit Hermann Müllers und schließt: Wir sind überzeugt, daß Herrnimn Müller sich bewähren wird als Vermittler zwischen den Gruppen, die eine sichere Grundlage, die eine Koalition so sehr brauchen, damit dis Gegensätze sich Mhern und daß Mißtrauen nicht zum Hasse werde. Wenn Hermann Müller dis guten Helfer bewahren wird, die er Heute besitzt, wenn es ihm gelingen wird, das Ministerium !m Herbst zu einem endgültigen zu gestaltet:, bann wird er vielleicht dereinst von neuem einen Friedensvertrag unterzeichnen des wahren und wirklichen Friedens. Das wünschen wir dem Manne der Wahrhaftigkeit, dem Sozialisten der Vernunft an diesem Tags, Times zur Nrgieruugsbtl-ung, London, 29. Juni. Zur Bildung de» Reichs- kabinetts bemerkt der Berliner Vertreter der „Times" t Die Mehrheit dec Deutschen hat seit einiger Zett er- kannt, wie wichtig es ist. -aß Dr. Stresemann da» Mi nisterium de» Neuster en behält. Er hat stet» di« Unter- Nützung der Parteien der Großen Koalition bei feiner auswärtigen Politik g-habt, selbst, iormr st« nicht in dsv KsaiMMS -ÄrAsbrN wävsÄ- Krsk «s w-sv seit MV«' der schrifr an der Üniversitätsbibliothek Habe Kardinal- Staatssekretär Gaspari sein Einverständnis mir denen bekunder, die der Meinung sind, daß der geplant« Wort laut Leidenschaften wieder beleben würde, die bereits L-loschen sind. Gr habe hinzugefügt, baß «r selbst «in Motto für dtc wirdevhsrgsstellöe Bibliothek verfassen werde. Erfolg -er preußischen Staatsanleihrzelchnrmg. Bvrltn, 29. Junt. Auf Anfrage erfährt der WTB.-HondelSdienst von maßgebender Seite, daß.der ZrichnungSeingang auf die s^sprozentige mwkMbar« preußische Staatsanleihe von 1923 auch in den Letzten Tagen recht gut gewesen ist. Der übernommen« Betrag von 60 Millionen RM dürfte daher voll Mg«setzt wer den. ^Die Zeichnung geht bekanntlich morgen zu End«. Slllkgung -er Politik poiaearLs. Paris, 29. Juni. In der Kammer tzmrds W der Rede Poineares die von dem Aibg. ' gelegte Tagesordnung, di« der Regierung lttA der Kamm« ausspricht, Wit 4LÜ gBgW Eingabe an öle Reichstagsfraktkooea. Berlin, 29. Juni. Dio Arbeitsgemeinschaft für den Ersatz von Kriegs- und Perdrängungsschäden hat den Fraktionen des Reichstages eine Eingab« überreicht, in der s io um umgehende Einberufung Line» KriegS- schädenausschusses bittet. Die Arbeitsgerneinschaft for dert, daß der Kreis der int Verfahren zeitlich z« b«- vorzuoenden Geschädigten angemessen erweitert wird. Ferner wird die Errichtung von DarlehnSkassen zur Gewährmrg von Lwischenkrediten auS Seichsmitteln vorgeschlagen. dr. Zilchner als Gast -es Reichsprrssechrfs. Berlin, 39. b- ' Der bekannte Libetforscher Dr. Filchner folgte heute nachmittag einer Einladung des Reich LP ressochess zu dein AreitagKlee der auslän dischen Presse in den, Räumen der Presseabteilung der Reichsregierung. Aus Vm» lebhafteste von den anwesen- den Pressevertretern bd rüstt, berichtete Professor Vr. Filchner in längeren Ausführungen über sein« For schungsreise und verweilte schließlich noch längere Zeit in angeregter Unterhaltung im Kreise der Vertreter der des Wechsel -er Reichsregierung. Wm Donnerstag nachmittag trat ünter Vorsitz des Reichskanzler» Marx daS alte ReichAkabinett letztmals zusammen. Reichskanzler Mar« sprach den Mitgliedern des Kabinett», insbesondere auch Pem infolge Krank heit abwesenden MeichSminister Dr. Stcesemann, für ihre Mitarbeit seinen wärmsten Denk au», der vom Neichsminister Hergt. dem Stellvertreter des Reichs kanzlers, zugleich! im Namen der übrigen Reichsmind Ker herzlich erwidert wurde. Am Freitag vormittag übernahm Reichskanzler Müller die Dienstgeschäfte im Reichskanzlerhause, wo ihn der Staatssekretär in der Reichskanzlei, Dr. Pün- dee, begrüßte und ihm die Beamten, Angestellter! und HciuSarbeiter der Reichskanzlei vorstellte. Um 11 Uhr vormittag fand sodann im Reichskanzlerhause die erste Sitzung des neuen Reichskabinetts statt. Nach der Ver eidigung der neu hinzutretsndcn Mitglieder des Retchs- kabmettS durch den Reichskanzler trat das Kabinett in die erste Beratung der Regierungserklärung ein. An den abwesenden RetchSminister Dr. Stresemann wurde seitens.der Reichskanzlei mit Zustimmung des NeichS- kabinetts ei« BegrüßungStelegrarnm gerichtet. Erste Sitzung -es neuen Kabinetts. Die erste Sitzung des neuen Kabinetts ging in der dritten NachmittagSstunde zu Ende. Laut „Täglicher Rundschau" ist zu erwarten, daß heute und in den fol genden Tagen das Kabinett sich weiter mit dem Ne- < gierungSprogramm beschäftigt wird. Wie eS dem Blatt zufolge scheint, hat das Kabinett sich! auch nrit der Frage beschäftigt, ob es ein Vertrauensvotum for dern oder sich mit der Ablehnung von Mißtrauens anträgen zufriedengeben soll. Man kann annehmen. daß der neue Reichskanzler die Annahme eines Ner- trauenSantrageS als die Voraussetzung.für die wettere RegierungStätigkeit betrachtet. Vie Vorbereitung -er Regierungserklärung. Neber die Vorbereitung der Regierungserklärung !schreibt die.„Tägliche Rundschau": Es handelt sich zu nächst einmal daruu^ daß das Kabinett sich über dis allgemeinen Richtlinien der Erklärung einig wird. Im Anschluß daran werden dann die Ressorts die Aus arbeitung der einzelnen Teile übernehmen, und ,es werden dann in einer neuen Sitzung diese einzelnen Teile zu einer einheitlichen Erklärung zusammengefaßt werden. Ma» kann annehmen,, daß das Kabinett Mül ler eS vermeidet, in der Regierungserklärung vorhan dene Differenzpunkte zu berühren, über die bet den interfraktionellen Besprechungen scharf« gegensätzliche Meinungen herrschten. Die Frag« des PanzerschifsbaueS wird nicht behandelt werde», sondern im Weg« der Exe kutive ihre Erledigung finden. In der Frage der Am nestie wird man vermutlich eine Form wählen, die dem Reichstag selbst die Entscheidung, über die Einzelheiten der Ausgestaltung überläßt. Schwierig ist die Frag« der Proklamierung des 11. August zum Nationalfeier tag. In diesem Punkt wird weder eine Einigung tm Kabinett herbetzusühren sein noch unter den Fraktio nen,. die tm Kabinett vertreten sind. Aeutzerlich wird sich diese Frage so gestalte«, daA di« ReichSratSvorlag« an den Reichstag Wetter geleitet wttd. Di« Entschei dung wird dann tm! Plenum gesucht werden müssen, wer Rrichspräst-trat an Marx ua- ö!« fcheköenüeu I Reichsmlnlster. Berlin, 29. Juni. Reichspräsident von Hin- wenbnrg hat dem Reichskanzler Dr. Marx und den gleichfalls aus dem Amte scheidende« Reichsministern U« herzlichen Schreiben seinen Dank für ih'« Dienste puSgesprocherr. I» dem «Schreiben an Dr. Marx heißt »sr ,,Ät>' i und i« allen Stelle«, die Sie inne hatten, al« Riä< -r, als Abgeordneter, al» RetchSminister und AS Rsie konzler verschiedener Kabinette, 'Hakon Sie sich bei Ih. Amtsführung nur letten lassen von dem sine« G». chtspunkt der Arbeit am Wohle de» ganzen Volkes. Wa» Sie insbesondere aw Verantwortlicher Letter der deutschen Politik in schwer«» Zeit«» Poll ernster wirtschaftlicher und politischer Krisen für Deutschlands Wohl und Wiederaufstieg in unermüdlicher pflichttreuer Arbeit geleistet hoben, wird Ihnen stet» unvergessen bleiben." « « An den gleichfalls ausscheidenden Vizekanzler und RetchSminister der Justiz Hergt schrieb der Reichs präsident u. a.: „Mit Umsicht und Tatkraft haben Sie stets Ihr verantwortungsvolle» Amt al» Chef der Aeichsjustizverwaltung und Vertreter dr» Reich-kans- und dabei Ihr« reichen, in früherer bs- MEsrHWgzrtt «v LrissMigss pavlErr- ger Zeit vor den Reich-tagLwahlen ein offen«» Ge heimnis, daß er von der mühselige« Zusammenarbeit mit den Deutschnationalen genug hatte und Hoffte, di« Wahlergebnisse würden Mn «abinettSkollege» au» d«n Parteien geben, die seiner Politik mehr Wohlwollen -eigen. Vie pariser presse über -as Kabinett Müll«. Paris. 29, Ittni. Soweit bis Press« zur Kadi- Eisbildung iu Deutschland Stellung nimmt, drückt st« sich mit Zurückhaltung aus. ,L'Oeuvre" schreibt, bah sich im Lause der Bevhaudlungen manches Seltsame gezeigt habe, jedoch vürse man da« wesentliche nicht vergessen, nämlich, daß dieses von Stresemann ge wollte Kabinett unter der Präsidentschaft von Her mann Müller in der Lage sei, wenn es trotz seine» son derbaren Aussehen» am Veden bleide, di« Politik von Locarno weiter zu verfolgen. „Quotidien" Hebt in seiner Betrachtung die schwa che Verbindung mit dem Zentrum hervor und folgert daraus, daß, di« Lage dieses Kabinett», da» sich uvchr um Persönlichkeiten als um Parteien grufchieve, Wow- rtg erschein«. Der „Figaro" schreibt, dis Ernennung Hermann Müllers zum Kanzler verhindere nicht Aufrufe zu« Hatz, Aufreizung zur Bewaffnung und den ganzen Re- vanchefeldzug, der in Locarno nicht vorgesehen gewe sen sei. Die Sozialdemokratie bleib« tm Dienst de» deutschen Imperialismus. , Der „Gaulois" schreibt, daS Kabinett sei viellicht nur ein UebergangSministerium. Die deutschen politi schen Kreise erwarteten von ihm nur eine günstig« Lö sung der Nhetnlandfrage, .eine Gesamtliquidation der Kriegsschulden und eine entscheidende Etappe auf d«n Wege zur allgemeinen Abrüstung. Alsdann werd« e» noch immer Zett sein, sich! mit der Innenpolitik beschäftigen, über die sich die parlamentarischen Kreis« und ihre Führer nicht hätten einigen können. . /luer Tageblat -MM Anzeiger für -as Erzgebirge r««-- ««halt«» »I- amlllchra L^aaa<macha-g«a»-, Na,-» »er Statt -a» »-» Hmts^rlch,» fta«. - Nr. 1S2