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Mer Tageblatt Zreitag» äen 3. August 192S 23. Jahrgang AnMitlLL ^äk üas I.l^ia««.: Ca.iblati A««MU V Enthalt, aA AI. amtllchtt ök^almtmüchungen ö,s Haies -es Waüt uaA Ars Amtsgerichts Alle postiH». s I t> l Lrtp-I a Nr. 1S0 Amerika misckl sied nickt in europäiscke Angelegenketten. Im englischen Unterhaus« hatte der britische Mi nister de» Aeutzeren Chamberlain die Hoffnung ausge sprochen, die Vereinigten Staaten würden im Notfall den AntikrtegSpalt aktiv unterstützen. Aus eine Frage an den amerikanischen Staatssekretär Kellogg antwor tete dieser, daß der Vertrag in keiner Weise die Ver einigten Staaten in europäische Angelegenheiten hin- einziche und-daß für di« Vereinigten Staaten keinerlei Verpflichtung bestehe, sich krte- «Srtsch zu beteiligen. Staatssekretär Kellogg kündigte an, daß er am 18 d». Mts. an Vord dcS Dampfers „Ile de France" nach Paris abreisen werd«, um an der Unterzeichnung pes KrtegSächtungspakte« ^«ilzunehMen. Der Staats sekretär beabsichtigt nicht, sich in Paris auf irgendwelche Besprechungen über an derweitige internationale Fragen einzu- lassen. 'Frankreich beabsichtigt nämlich, bei dieser Gelegenheit die Schulden- und Reparationsfrage an- zuichnetden. Di« Wiederaufrollung facher Fragen wäre am.Vorabend der PräsidentschaftSwahien das letzte, waS die gegenwärtige amerikanische Regierung wünschen lbunte; sie befürchtet, daß Kellogg von den europäischen Staatsmännern, denen es gleichgültig ist, ob sie die Wah feldzugspläne Hoovers stören oder nicht, in eine ., ompromittiercnde Lage" hinein manövriert werden würde. Anläßlich der Unterzeichnung des KrtegsächtungS- paktes soll zwischen den Vertretern der Großmächte auch der Plan einer neuen Flottenkonferenz besprochen wer den. Auf clem Mege zui- Abrüstung. DaS zwischen England und Frankreich abgeschlossene See-AbrüstungSabkommen wurde den Regierungen in Washington, Rom und Tokio mitgeteilt; dies Flotten kompromiß erstreckt sich, abgesehen von der Einschrän kung der Gesamttonnage und der Einzeltonnage der verschiedenen KriqgSschiffSarten, in einigen Fällen auch auf Einschränkung der Geschütz- und Torpedo-Stärke. Die französischen Blätter bringen in ihren Be- sprechungen zu dem französisch-englischen Kompromiß über die Seerüstung weitere, einander zum Teil wider sprechende Einzelheiten über die getroffenen Abmachun gen. Der Außenpolitiker de» „Matin" glaubt Mitteilen zu können, daß das neue Abkommen, das bestimmt seh an die Stelle des Washingtoner Abkommens zu treten, nicht mehr die Rechte der Mächte einschränkenden Dik tate enthalten werde. Der in Washington festgesetzte Schlüssel für die Verteilung der Flottenbauten nuf Amerika, England, Japan, Frankreich und Italien werde aufgegeben werden. Jede Macht werde ihr Flotten bauprogramm bekanntgeben, und es werde sich auf eine bestimmte Zeitdauer unter gegenseitiger Kontrolle ein bestimmtes Verhältnis Herstellen. DaS Werde dis Rü- stungSeinschvänkung durch gegenseitige« Einverständnis sein. Dieses Abkommen, so fährt der Außenpolitiker des „Matin" fort, muß, wenn es in Genf zwischen Leu ten ehrlichen Willens erörtert wird, zu einer Ein schränkung der Flottenrüstungen führen, der die Ein schränkung der Rüstungen zu Lande folgen Mrd. E S wäre gewiß "für die Mächte vorteilhaft, wenn sie ihr Bers.prechen, da»fieabgegeben haben, al» sie ihren Gegnern die Sntwaff- nung auferlegten, erfüllten. Alber auch wenn dieses Abkommen nicht al» Ausgangspunkt einer all. gemeinen Regelung der Abrüstungsfrage wirken sollte, würde es doch! im Frieden und mehr noch; im Falle einer Spannung oder «ine» Konflikte» die englisch-fran zösischen Beziehungen fördern. „Petit Partsten" und auch „Excelsior" wollen erfahren haben, daß beide Re gierungen anerkannt hätten, daß gewisse SchisfSkate- gorten trotz ihrer geringen Tonnage in ihrer Bestük. kung einen großen Offensivwert haben könnten und hätten sich deShalb bemüht, diese in einer Weise zu beschränken, daß der Offenftvwert dieser Schiffe ohne Beeinträchtigung ihre» Lefensivwerte» herabgesetzt werde. Verschiedene Blätter sprechen davon, daß da» neue Abkommen Frankreich die Möglichkeit gibt, nicht nur sein Flottenprogramm so durchzuführen, daß seine See verbindungen, besonders im Mtttelmeer, gesichert wer den, sondern auch seine Rüstungen zu Lande so zu re geln, wie e» seinen Bedürfnissen entspreche. In diesem Zusammenhang Wird teilweise darauf hingewtesen, daß England seinen Widerstand in der Frage der ausgebildeten Reserven, der einer Bedrohung de» französischen System» der allgemeinen »«hrpflicht gleichgekvmmen Ist, hab» ßstts« laUs»- Endlich energische Mahnahmen Parlamentarische Konferenz beim Reichsverkehrsminister Anläßlich per letzten Eisenbahnunfälle, die ins besondere da» süddeutsche Netz der Deutschen Reichs- bahn betroffen haben, fand am Mittwoch unter dem Vorsitz des Reichsverkehrsminister» v. Guerard und unter Beteiligung de» Generaldirektor» der Deutschen Reichsbahngesellschaft Dr. Dorpmüller eine ein- I gehende Aussprache mit Mitgliedern der Fraktionen de» Reichstages statt. Die Vertreter der Bayerischen Volk». Partei waren nicht erschienen. Der Reichsverkehrsminister erläuterte den Zweck der Besprechung und betonte, daß, um die höchste Be triebssicherheit zu erzielen, die Kosten frage feine Rolle spielen dürfe. Dieser Auffassung stimmte der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahngesellschaft bei. ^Ursachen und Folgen jedes einzelnen Unglücks wurden ausführlich durchgeprüft. Die in einer Besprechung am 26. Julip. I. zwischen dem Reichsverkehrsminister und dem Generaldirektor vereinbarten Maßnahmen zur ^Sicherung des Betriebes wurden allseitig gebilligt. Diese Maßnahmen betreffen insbesondere folgendes: Im Hauptbahnhof München werden die bestchen- den Blockeinrichtungen sofort durch; zwischenzeitliche Verbesserungen vervollkommnet. Die Fertigstellung der im Gange befindlichen endgültigen Zentralisierung der Sicherungsanlagen des Bahnhöfe»! wird mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf die Kosten beschleu nigt. Die übrigen, noch nicht mit zentralisierten Si cherungsanlagen ausgerüsteten Bahnhöfe werden unver züglich darauf.nachgeprüft, welche Maßnahmen getrof fen werden müssen, um bis zur Fertigstellung solcher Anlagen Vie Sicherheit des Betriebs» zu erhöhen; die Durchführung dieser Maßnahmen wird beschleunigt. Darüber hinaus bestand Uebereinstimmung, daß die Di ensteint«ilungen bei der ganzen Reichsbahn einheitlich sein müssen. Die Dienstsinteilung per t norddeutschen Bahnen ist auf die süddeutschen Bahnen auszudehnen, da sie für die Betriebsführung und die i Erhaltung der Spannkraft des Personals zweckentspre- !chender .ist. Mit Bezug auf das Münchener Unglück i wurde hervorgehoben, daß an Tagen besonderer In- I anspruchnahme des Personals, z. B. bei starkem Ver mehr oder bei großer Hitze, Verstavkungspersonal mehr als bisher vorzuse!hen ist. Billigung sand auch die frühere Feststellung, daß zur Ueberwachung der Oberbauarbeiten weitere Kontrollen notwendig und daß die Unterbauten tunlichst zu beschleunigen sind. Außerdem wurden eine Reihe weiterer Maßnah men erörtert, so die Fragen der Vereinfachung der Dienstvorschriften, einer Nachprüfung der Tienstdauer- bestimmungen, die Fragen der Zuggeschwindigkeiten, der Verstärkung des technischen Dienstes und der eventuellen Verminderung des Verwaltungsdienste«. ES wurde von den anwesenden Vertretern des Reichstage» besonders «betont, daß die Verhältnisse in Süddeutschland Seiner scharfen Nachprüfung bedürfen. Unbeschadet der unverzüglichen Durchführung der ! zwischen Reichsverkehrsminister und Generaldirektor ! schon vereinbarten Maßnahmen wurde beschlossen, einen besonderen Arbeitsausschuß etnzusetzen, dessen Aufgabe es ist, die gesamte Sicher- hettSfrage der Reichsbahn eingehend durchzuprüfen. Die Zusammensetzung dieses Ausschuss«», der nicht zu groß en" ReichSverkchrSministtr überlas ¬ sen, der Ausschuß soll seine Arbeiten tunlichst bald ausnehmen und über da» Ergebnis berichten. Die Frage der Zusammensetzung .de» Arbeitsausschüsse» ist seitens des Reichsverkehrsminister» unverzüglich in An- griff genommen. » » , »3m Anschluß an die Tätigkeit de» Ausschusses! die Deutsch« Reichsbahngesellschaft eine ausführ, liche Denkschrift auSarb«iten, die die einzelnen Unglücke und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen darstellt. An -er Nnglücksstätte bei Augsburg. Die von der Berliner Hauptverwaltung der Reichsbahn zur Untersuchung der Dinkelscherbener Eisenbahnkatastrophe entsandte Kommission, bestehend aus Retchsbahndirektor Kilo und zwei Ministerialräten vom Reichsverkehrsministerium be- gab sich sofort in Begleitung des Reichsbahnpräsidenten und einiger Dezernenten vom Direktionsbeztrk Augsburg im Auto nach Dinkelscherben. Nach eingehenden Feststellungen und Untersuchungen kehrten die Herren mittags nach Augsburg zuruck, von wo sie bald darauf nach kurzer Besprechung in Be gleitung des Oberstaatsanwalts und des Münchener Eisen- bahnsachverständigen Professor Halter erneut an die Unfall- stelle fuhren. Die im vollen Gang befindlichen Aufräumungs- arbeiten hofft man bis heute Abend beenden zu können. Nach den letzten Meldungen beträgt die Zahl der Toten bei der Eisenbahnkatastrophe, die infolge irrtümlicher Doppel- Meldungen höher bezeichnet wurde, unverändert 18. Antrag auf Einberufung -es Reichstages. Der nationalsozialistische Abgeordnete Dr. Fr'ck hat im Namen seiner Fraktion den RetchStagSpräsi- denten,im Zusammenhang mit den Eisenbahnkatastrv- phen um sofortige Einberufung de» Reichstage« .ersucht. Immer neue Elfenbahnunfälle. Eisenbahnunfall auf dem Hauptbahnhos von Köslin. Dienstag abend gegen 7,15 Uhr fuhren beim Haupt- bahn Hof Köslin zwei Rangterabteilungen in einer Weiche zusammen. Vier Güterwagen und ein fahrbarer Kran wurden aus den Schienen geworfen. Der Kran stürzte die Böschung hinab und zerriß die elektrische Lichtleitung, sodaß der größte Teil des Bahnhofs für eine Stunde ohne Licht war. Der angerichtete Materialschaden ist nicht erheblich. Die Ur- fache des Unfalles ist noch nicht geklärt. Verkehrsunfall aus der Strecke Wiesbaden—Biebrich. Dienstag mittag fuhr ein Triebwagen von Wiesbaden— Biebrich kommend im Hauptbahnhof Mainz aus noch nicht festgestelltcr Ursache auf den Prellbock auf. Hierbei erlitten zwölf Reisen de Hautabschürfungen, Prellungen und leich- tere Verletzungen. Der Materialschaden ist gering. Auch in Frankreich. Mittwoch früh zwischen 5 und 6 Uhr ist in der Nähe von Chalons sur Marne ein Personenzug der Strecke Calais- Basel mit einem aus entgegengesetzter Richtung kommenden Truppentransportzug zusammengestoßen, wobei ein Wagen des Transportzuges entgleiste. Bon den Reisenden erlitten neun Personen erhebliche Verletzungen, während 20 Soldaten aus dem Militärzüge leicht verletzt wurden. Auf dem Bahnhof in Le Mans entgleiste ein Schnellzug. 8 Personen, meist Postbeamte, wurden getötet und mehrere Personen verletzt, davon einige schwer. Für die amerikanische Auffassung; charakteristisch scheint eine in der „Chicago Tribüne" veröffent lichte Meldung zu s«in, in der eS heißt: „Da das Ab kommen am Vorabend der Unterzeichnung pes Antt- krtegSpäkteS angekündigt wird, wird befürchtet, daß da durch die Ratifizierung de» Pakte» durch! Pen Senat der Vereinigten Staaten ernstlich behindert wird. Trotz des Berichte» des 'Ministeriums de» Auswärtigen in Parts wird setzt Hartnäckig behauptet, das von Cham berlain angekündigt« Kompromiß stelle eine feste Einheitsfront Frankreichs und England» in der gesamten Abrüstungsfrage gegenüber der Hal tung der Vereinigten Staaten dar. Auf seine einfachste Formel gebracht, ?ann daS Abkommen so ausgelogt werden, daß Frankreich künftig auf seine ursprüngliche Haltung.in der JlottenabrüstungSfrage, die sich mit dem »amerikanischen Standpunkt — Einschränkung der Gesamttonnage — dpckt, verzichten mutz." kein» Aussperrung in -er englischen Saumwollin-uslrle. Die drohende Aussperrung von einer halben Million Spinnern in der Lanrashirer Bammoollintmftrle ist dmch die BeUegmrg de» Streiks in Oldham vermieden worden. Ver unruhige Gsleu. Das Organ der radikalen Pilsudskt-Anhänger, „GloS Prawdy," bringt auch heute mehrere aus Wilna stammende Alarmmeldungen über litauische Truppenverschiebungen längs der polnischen Grenze. So seien im Abschnitt von Druskeniki litauische Pioniere emgetroffen, um dort längs der Grenze Unterstände und Stacheldrahthtndernisse zu errichten. Bei Niemenezyna sollen die Litauer angeblich auf einer längeren Strecke während der Nacht polnische Grenzzeichen verrückt haben, um einen längs der Grenze auf polnischem Gebiet laufenden Weg benutzen zu können. Zeitpunkt und Ort der kommenden polnisch-litauischen Konferenz ist noch nicht festgesetzt. Es ist wahrscheinlich, daß in einer polnischen Note der Vorschlag gemacht werden wird, die polnisch-litauische Konferenz knapp vor der Ratstagung in Genf abzuhalten. Ein deutscher Schritt. Der deutsche Gesandte in Kowno hat im Auftrag der Reichsregierung in mehreren Unterhaltungen mit Wowemarcck einen Gedankenaustausch über den gegenwärtigen Stand d« polnisch-litauischen Verhandlungen gehabt, und ein ähnlicher Schritt ist am Dienstag tn Berlin gegenWer Po^n e^olgü in dem Bestreben, den litauisch-polnischen Konflikt nicht zu einer ernsten Angelegenheit auswachsen -u lassen.