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Freitag, äen 27. Juli IS2S 23. Jahrgang /luer Tageblatt LEW /Anzeiger für -as Erzgebirge Z^W «»>,>»»>—! Laaidiali fla.^g,d!rv, ^alhaUeud -I, amtlichen vekanntmachnagrn örs Nate» ter Statt ont te» Amtsgerichts ^lae. p^ych^-s»at»k stmt L-p-s ar.iem Nr. 174 Der Stand der Borbereitungen zur Unterzeichnung des Kellogg-Pattes. AuN. Jm Anschluß, an den gestrigen Empfang de, amerikanischen Botschafters Herrtck bei »rtand macht der „Neuhork Herald" ausführliche Mit teilung«» über den Stand der Vorbereitungen zur I/^bAetchnung de, KriegSächtungSpakteS. So erklärt das Blatt, daß die Von der französischen Regierung an die neun Mächte gesandte Einladung zur Vornahme der Unterzeichnung des KriegSächtungSpakteS in Parts nunmehr von allen mit Ausnahme Polens, dessen Zustimmung dieser Tage erwartet werde, angenommen worden sei. Aus den Aeußerungen der Mächte gehe hervor, daß die Unterzeichnung des Paktes durch, Pie Anwesenheit von mindestens sechs Außenministern eine Bedeutung erlangen werde, die sich nur mit der Unter zeichnung des Versailler Vertrages vergleichen lasse. So gut wie sicher ist, daß, außer Stresemann, Briand und Chamberlain auch die Außenmi nister von Belgien und der Tschechoslowakei nach Pa ris kommen werden. Durch, die,Zusage Dr. Strese- manns sei das letzte Hindernis für Abhaltung der Feierlichkeiten aus dem Wege geräumt. Das Datum der Unterzeichnung, die im 'Uhrensaal des französischen Außenministeriums erfolgen soll, ist vorläufig.auf den 27. August festgelegt. Die Kommunisten fordern Landtasseinbernfung für -en 9. August. Der fällige Mißtrauens- und AuflSsungsantrag. » D reSden, 25. J'.n. Die kommunistische Landtags fraktion bat am Dienstag von dem Landtagsprästdenten Schwarz in folgendem Schreiben die Einberufung des Sächsi- schen Landtages gefordert. „Die sächsische Regierung HM im Retchsrat bet der Ab- stimmung über die Lohnsteuersenkung gegen dieselbe gestimmt. Die Haltung der Regierung veranlaßt die kom munistische Landtagsfraktion zu fordern, daß der Landtag zusammentritt. Wir bitten Sie, für Dienstag, den S. Au- gust eine Vollsitzung mit der Tagesordnung: 1. Mißtrauensantrag gegen die Heldtregierung, 2. Auflösung des Landtages anzuberaumen. Entsprechend diesem Schreiben hat die Landtagsfraktion der KPD. einen Miß rauensantraa gegen das Kabinett und einen Antrag auf Auflösung des Landtages eingebracht. Die ser kommunistische Antrag genügte an sich noch nicht, den Zu sammentritt des Landtages zu erzwingen, da nach der Ver ¬ fassung wenigstens ein Drittel der Zahl der Abgeordneten dazu erforderlich ist, die Kommunisten aber nur über 13 von tnsge- samt 96 Mandaten verfügen. Es ist jedoch nicht ausge schlossen, daß die 31 Mann starke Fraktion der Sozialdemokra ten die Forderung unterstützt. Die Sozialdemokraten sind nun in eine Peinliche Lage geraten. Ihre Presse HM erklärt, daß sie keinen Wert auf die Unterbrechung der Landtagsferien lege, da die Ablehnung eines Mißtrauens- oder Auflösungsantrages' trotz des radikalen Gehabens einiger ltnksdemokranscher Zei tungen doch sicher sei. Beharrt die Sozialdemokratie auf die sem — übrigens ganz vernünftigen — Standpunkt dann wird ihr die kommunistische Konferenz vorwerfen, sie selbst habe kein Interesse am Sturz der Regierung. Unterstützt die Sozialde-, mokratie aber den kommunistischen Einberufungsantrag, dann werden die Kommunisten sagen „Also erst unsere Initiative hat euch aus dem Schlafe geweckt und euch gezwungen, von Worten zu TMen überzugehen." Man darf neugierig sein, wie sich die Sozialdemokraten aus dem Dtlemna heraushelfen werden. Sine vernünftige englische Stimme zur AnschluKbewegung. London, 2ö. Juli. „Manchester Guardian" er klärt zu den Mnschlußdemonstrationen in Wien, daß beide Länder nicht durch, reaktionäre, sondern durch liberale Kräfte zueinander gezogen würden. Die Trä ger der Anschlußbewegung in beiden Ländern seien die republikanischen Mehrheiten. Durch, die neue deutsche demokratisch-sozialistische Regierung sei die Bewegung machtvoll aufgelevt. Die deutschen Konservativen un terstützten die Bewegung nur, weil dem Anschluß, von Frankreich, Italien und ihren Verbündeten Widerstand geleistet werde. GS sei daher falsch, die Bewegung mit PangermantSmuS oder deutschem! Nationalismus zu identifizieren. Der Anschluß bedeute für niemanden eine Gefahr, würde vielmehr nicht nur für beide Län der, sondern ganz Guropa gut sein. Oesterreich und Deutschland gehören zusammen und ihre gemeinsame Zivilisation, ihr erfolgreicher Kampf für die Demokratie und ihre gemeinsamen materiellen Interessen bringen sie zusammen. Der Anschluß werd« ein Schritt auf dem Wege zur Gntbalkantsierung Europas sein und werde die Niederlage der Hetzreaktion und des Nationalismus nördlich de» Brenner» und westlich! der Weichsel voll enden. Die Demonstrationen in Wien seien ein Zei chen dafür, daß die große Ides mehr Vitalität denn jo besitzt. Die formal« Union beider Länder sei phne Zustimmung de» VülkevbundSradeS -richt möglich,, aber die immer enger werdende Kooperation und der Zu sammenschluß der gemeinsamen Interessen sollte von allen denen willkommengeheißen werden, die „die dunklen, argwöhnischen Grundsätze tyrannischen Mitz,- trauen» nicht sanktioniert haben". Der Zusammen- schluh beider Länder sollte schließlich nur eine Forma lität werden, die der VölkerbundSrat aus allgemeiner Höflichkeit nicht ablehnen könnt«. Lord Balfour» 8V. Geburtstag. London, 2b. Juli. Lord Balfour, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, nahm am Vormittag an einem in der Downtngstreet abaehaltenen KabtnettSrat teil. Das Glück- Wunschtelegramm des König» nennt Balfour „einen alten Freund" und „treuen und geschätzten Ratgeber dreier Sou- veräne". Heute nachmittag wurde Lord Balfour al» Geschenk keine» Pttmide in Seid« Häuser'» ein Kraftwagen üb-rgev-u. Vie Entschä-kguttgszahlungen -es amerikanischen TreuhSn-ers. Washington, 25. Juli. Die bisher auf Grund des FretgabegesetzeS erfolgten Zählungen betragen 3 983 903 Dollar. ES wurden 34 Ansprüche erledigt; bei 28 von diesen handelte es sich, um Beträge von we niger als 2000 Dollar, die voll aus,gezählt wurden. Bon den Beträgen, di« zur Erledigung der übrigen sechs Ansprüche zur Auszählung kamen, wurden gemäß, den Bestimmungen des Freigabegesetzes 20 Prozent zur Deckung ^etwaiger Forderungen der Steuerbehörde zu- rückbehalten. Der Gesamtwert des beschlagnahmten ausländischen Privateigentums, da» nunmehr freige geben werden soll, wird auf 350 Millionen Dollar ge schätzt, auf die 40 000 Ausländer, meist Deutsche, Anspruch haben. Der Treuhänder des beschlagnahmten Eigentums, Sutherland, .hofft, diese Ansprüche inner halb von drei Jahren erledigen zu können. Die erste große Zählung, die, wie bereits gemeldet, an die Fa. Aaron Hirsch u. Sohn, Halberstadt-Berlin, geleistet wurde, betrug 2 804 074 Dollar. der völkerbun-sausschuß für internattonale geistige Zusammenarbeit. Genf, 25. Juli. Der VölkerbundSauSschuß für internationale geistige Zusammenarbeit ist Heute zu seiner Tagung zusammengetreten. An Stelle des ver storbenen Präsidenten, de» holländischen Physikers Pro fessor Lorenz, Gourde der Altphilologe Professor Murray-Oxford einstimmig zum Vorsitzenden ge wählt, während zu Vizepräsidenten Frau Professor Curte-PariS und der frühere belgische Unterrichts minister De st ree bestellt wurden. Das deutsche AuS- schußmitglted Professor Einstein ist durch! den General direktor der preußischen Staatsbibliotheken, Professor Krütz, vertreten. Der Eröffnungssitzung wohnte auch der deutsch« Untergeneralsskretär Dufour-Fe ronee bei, zu dessen Ressort der Ausschuß gehört. Bei Ge nehmigung peS Tagesordnung entspann sich eine län- gere Debatte über die Frage, inwieweit sich der Aus- schuß mit den materiellen und moralischen Interessen der geistigen Arbeiter befassen kann, wobei auch auf journalistische Anstellung-Verträge eremvliftztert »vur- de. Schließlich! wurde noch die Gründung verschiedener Gruppen für international« geistige Zusammenarbeit mitgeteilt, darunter einer deutschen unter dem Vorsitz de» Professor» H-rumk und PnMo.rS Planck. veutscblsncl uncl cUe international- Mrtsekaftspolitik. Bon Dr. Külz, RetchSminister a. D- Zur Durchführung der Ergebnisse der Weltwirt schaftskonferenz besteht beim Völkerbund ein beraten der Wirtschaftsausschuß. Vom 14. bi» 19. Mai d. I. hat er seine erst« Sitzung in Genf abgohalten. Zu de« Bericht über diese Tagung hat die Reichsregierung ein Gutachten de» vorläufigen ReichSwirtschaft-rateS her« beigeführt, das sich in bemerkenswerten Ausführungen über das deutsche WirtschaftSproblem im Zusammen hang mit der weltwirtschaftlichen Entwicklung ver breitet. Da» deutsche Wirtschaftsproblem ist ebenso sehr ein Export- wie «in Produktionsproblem. Steigerung der Produktion, der landwirtschaftlichen wie der industriellen, ist mit höchster Anstrengung anzu streben. Aber von der gleichen Wichtigkeit ist e», Ar beit und Kapital, die beide nicht in beliebigem Umfang zur Verfügung stähen, auf di« ökonomisch rentabelste Weise zu verwenden. Das weist die deutsche Produk tion auf die Notwendigkeit hin, immer stärker auf di« Herstellung solcher Erzeugnisse bedacht zu sein, dis der ausländischen Konkurrenz überlegen, zum Mindesten ge wachsen sind, also Qualitätsware zu erzeugen und diele Qualitätsware billig zu erzeugen, und zwar nicht nur für Fertigwaren, sondern insbesondere Luch für Halbzeuge und Zwischenprodukt«, so daß die deutsche Produktion selbst mit niedrigen Gestehungskosten rech nen kann und sie auch den für Deutschland unentbehv- lichen Export zu erreichen vermag. Dabei darf nicht übersähen werden, daß diese not wendige Steigerung durch eine gleichzeitige Stärkung des ZnlandSabsatzeS nicht erschwert, sondern erleichtert wird. Die Möglichkeit besserer Ausnutzung der pro- duktiven Kräfte mittels betrieblicher und Volkswirt- schaftltcher Rationalisierung ist auf der Sette der Gü- tererzeugung vorhanden. Je größer durch Zunahme des Massenverbrauches der Absatz überhaupt ist und je mehr demnach die Produktion ausgedehnt werden kann- desto stärker ist auch der Anreiz zur Rationalisierung, desto geringer werden die Generalunkosten pro Erzen- gungseinheit, desto billiger wird Pie Produktion. Nach der sozialen Struktur der deutschen Bevölkerung sind die Löhne von entscheidender Bedeutung für die all gemeine Kauf- und VervrauchSkrast. Die Lohnpolitik muß auch diesen produktionsfördernden Charakter gu ter Löhne in Rechnung stellen. Neben der Rationalisierung der Produktton bleibt auch die Rationalisierung des VerteilungSprozessest Ztn Erfordernis von hoher Bedeutung, sowohl für die Er haltung und Steigerung der Realeinkommen wie für die Senkung der Produktionskosten und der Preise und damit für die.Steigerung der Exportfähigkett der deut schen Erzeugung. Dem zwangsläufig starken Exportbedürfnt» Deutsch- landS muß auch die deutsche Handelspolitik dienen, ohne dabei den Binnenmarkt zu vernachlässigen. Sie muß mit allen Kräften darauf Hinarbeiten, die freiere Gestaltung deS internationalen Warenaustausch«» zu erreichen, die die Weltwirtschaftskonferenz in den Mit telpunkt ihrer Entschließungen gestellt Hat. Denn un ter den Hemmungen, di« dieser Freiheit Heute ent- gegcnstehen, leidet da» auf großen Export angewiesene Deutschland ganz besonders. Abbau der den.Export erschwerenden oder ganz, unmöglich! machenden fremden HandelShemnmlsse und Abbau der ausländischen Zoll schranken ist darum für Deutschland viel wichtiger al bte Aufrechterhaltung zu hoher eigener Zölle. Da» gilt sonwhl für die industriell« wie für die landwtrtschaft- liche Erzeugung. Die deutsche Handelspolitik muß de-» wegen dähin gerichtet sein, Zollerhöhungen zu vermei den und überall dort, wo er die wirtschaftlichen Zn- teressen irgendwie gestatten, die bestehenden Zölle her abzusetzen. Nur ausnahmsweise können auch handelst- politische Abwehrmaßnahmen dann in Betracht gezogen werden, wenn ausländisch« Produktionen durch Dum- ping oder durch einen Machtkampf UM den Weltmarkt, insbesondere unter Ausnutzung einer Monopolstellung, vorübergehend besondere Kampsverhältntsfe schaffen. Die deutsche Handelspolitik muß weiter bestrebt sein, auf dem Wege von Handelsverträgen Zollherabsetzun- gen und Zollbindungen des Mu-lands- in möglichst großem Umfang gegen entsprechende eigene Konzessiv- nen zu erlangen. Schließlich mutz Deutschland unter Berücksichtigung der Lag« seiner Volkswirtschaft und der Weltwirtschaft auch den Weg autonomer Herab setzung bestehender Zölle beschreiten. Mit der Erkenntnis dieser wirtschaftlichen Not wendigkeiten allein ist nicht- getan, wenn nicht die praktische Händel-Vertrag», und Zollpolitik aller be teiligten Stqat-m dis nAttgen- Konsequenzen zieht. Der