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Sonnabenä» äen 29. Dezember 1928 23. Jahrgang Mer Tageblatt --MW /lazeiger für öas Erzgebirge WWW ««VI»»» «-V-« r-ühalt««» »I« amlttchkn vrkanntmachungkn Ses Na!-- s-r Statt UN» S-s Mt«,-richt» Nu-. V--W, Nr. Svr Die neue elsaß-lothringische Frage vir Lage in ElfoK-Lothrkngen fernte sich die Sozialdemokratie erneut in Regierung und Parlament au» der Reihe der Regierungsparteien. Neuerdings fangt die Deutsche Volkspartei an, außerhalb der heiligen Hallen der Regierung starke stoatspolitisch« Extratouren -u tanzen und beantragt weittragende Aenderungen der Verfas sung, ohne mit den anderen Regierungsparteien auch nur die leiseste Fühlung genommen zu haben. Auch dieses Vorgehen entfernt sich von den Primitivsten Er fordernissen einer auch nur losen Arbeitsgemeinschaft. So gehen die Dinge natürlich nicht weiter. Wie soll Abhilfe geschehen- Durch parteimäßig« „Untermauerung" der Regierung durch „koalitions mäßige Bindung", durch .stärkere „Festlegung auf Richtlinien"? Der Himmel bewahre uns vor solchen Maßnahmen. „Richtlinien" sind für jede Regierung noch immer viel mehr et» Retz mit Maschen zu viel seitiger Verstrickung gewesen, al» eine sichere Grund- Selbstverständlich fehlt «S 7-kcht an Gegenkund gebungen. Die ganz« Press, der elsässischen Volkspartei befindet sich fest in Ken Händen der Parteiführer Müller und Hägh, des streitbaren Straßburger CanonikerS und de» federgewandtcn Kol- marer Verlegers. Aus ihrer Seite stehen auch die Mas sen des Volkes und di« erdrückende Mehrheit der ka tholischen Geistlichkeit. Schon damit ist der neuen Partei des Unterstaatssekretärs Oberkirch, diesem merk, würdigen „Ehristktvdchen", da» Poincare seinen lieben Elsässern schenkte, La» Urteil gesprochen. Ml» ganz wesentlich kommt aber hinzu, daß die Nichtigkeitserklärung der Kammersttze Dr. RickltnS und Rossee » Neuwahlen bedingt, die in der nächsten Zeit stattfinden müssen und die Volksseele im Elsaß, erneut zum Kochen bringen werden. Der Gouverne- Benott in den wurde. Prozeß Der Mordanschlag de» elsässischen Fleischergesellen George» Benoit auf den früheren französischen Oberstaatsanwalt Fachot, der al» Vertreter der An klage im Kolmarer Autonomistenprvzeß aller Welt be kannt wurde und erst Magst al» Generalstaatsanwalt nach Paris übersiedelte, führte in Elsaß-Lothringen am heiligen Abend zu zahlreichen Haussuchungen. Diese erwecken im ganzen Lande die Erinnerungen wach, au di« politischen Haussuchungen in den WöchtmWsrag«« de» letzten Jahre», die das Material für den Kolma- rer Autonomistenprozeß liefern sollten. Kläglicher noch al» damal», wenn e» möglich wäre, wird in die sem Jahre der Vorstoß der französischen Justiz gegen di« Heimatbewegung der Elsässer zusammenbrechen. Die letzten Wahlen im Elsaß zu der französischen Kammer, dem Senat und den Generalräten Elsaß? Lothringens bedeuten, geschichtlich betrachtet, die Erset zung aller zweifelhaften oder regierungsfreundlichen Abgeordneten und Senatoren durch Heimattreue Män ner und Persönlichkeiten, von denen da» Volk annimmt. daß sie gegenüber den RegierungSverlockungen unzu gänglich bleiben werden. Die Regierungsübermacht in folge der Parteizersplitterung und inneren Parteiver wirrung, die das erste Jahrzehnt französischer Herr schaft im Elsaß kennzeichnet, soll jetzt abgelöst werden durch di« Herrschaft derjenigen Elsässer und Lothrin ger, die treu zur Heimatbewegung stehen. Diese Gefahr für die französische Regierung und Verwaltung im Lande hak Poincare rechtzeitig er kannt. Getreu den uralten Grundsätzen aller Macht haber, durch Teilung und Zersplitterung der Beherrsch ten die Herrschaft aufrecht zu erhalten, entschloß er sich, die elsässische Volkspartei, die mächtigste Politt- lag« für gemeinsame Arbeit. S» gibt nur «in etnzt- - „ .. g«s Mittel, um au» diesen Unmöglichkeiten -erauSzu- ' Anhalten an 100proze«tig«r Verwirklichung sich und kommen r die Stärkung de» staatspolitische« Wartet au» der praktische» Staatspolitik auSzu- B«rantw»rtu»g»gefLhl« der Parteien und Wähler gegenüber parteipolitischer Vngtzerzigkett. Par- teien und Wähler müsse» sich an de« Gedanken ge wöhnen, daß die Minister in «tner au» verschiede« Parteien gebildeten Regierung nicht lOvprozenttg Parteipolittk der eigenen Partei treiben können. Die praktisch« Arbeit jeder Regierung wird immer «ine Synthes« -wischen verschiedenen Strömungen sein müs sen, die zu finden zunächst einmal Aufgabe der Re gierung selbst sein muß. Ist diese Synthese gefunden, so gibt «» natürlich kein Parteimäßige» AuSbrechen einzelner Minister oder Fraktionen. Presse und Wäh ler dürfen dann aber auch nicht, wie da» jetzt di« Regel ist, den Minister al» Dummkopf -instelkn, der ihrer Parteirtchtung In der Regierung nicht restlos ge recht wird. GS gehört für einen Minister »ft mehr KÜgheit dazu, ZS Prozent feiner Politischen Dender» Nennung dir amerikanischen Sachverständigen vorgsnvm- wen soll. ÄllgAivcin ist mau der Ansicht, daß eine? »er amerikanischen Enchoerjtändigr« Owe» Voung sein wird, vielfach verlautet auch, daß Char les ^awes Si.chv-.i-ständtzer in Krag« käme. HsrmmAH wird vw« die KKHl'mgntchrne de» Repa«v lionSagenten mit der amerikanischen Regierung abwar« t«n. «he hinsichtlich, der amerikanischen Sachverständi gen eine endgültig« Entscheidung getroffen wird. Da Parker Gilbert erst nach Neujahr in Washington Unterredungen mit Coolidge und Hoover sowie mit anderen führenden amerikanischen Kreisen haben wird, so glaubt man, daß, die Sachverständigen ihre Arbeit kaum vor Anfang Februar aufnehmen werden. Zum Aufenthalt Tschitscherins in Deutschland. e mitgvteilt wird, wird Tschitscherin, der gegenwärtig Deuychlir.ld üvei!:, in den nücEn Tagen wiederum Hland zurückkchren. Bi» jetzt har er noch nicht der Mann tagen clieSackverstancligen? In gut unterrichteten politischen Berliner Krei sen nimmt man nicht an, daß die Ernennung der deut schen Reparationsfachverständigen noch vor Neujahr ec. folgen wird. Man rechnet vielmehr damit, daß noch einig« Zett vergehen dürft«, «he die Sachverständigen ihre Arbeit aufnehmen können, zumal -wischen A.nESmuS, d. h. die RegterungSfreundltchkeit von ^Mlern gegenüber Paris steht nach den Erlebnissen der E.,äissr in den ersten zehn Jahren französischer Hvrrichafi noch, viel brüchiger da, als in der Vurtriegü- zetr die Regierungsfreundltchkit einiger elsässischer Fa- milim gegenüber Deutschland. Ltzr Oppositionsgeist steck: den Elsässern nun einmal nicht nur in den Kno chen, er si?.t bet ihnen Lief im Mark. . 'Echfießchch ist ds» auch gar nicht verwunderlich, da 0i< Regierung Poincare nicht davor zurück- schreckt«, der Kammer und dem Senat «in Ausnah megesetz gegen Elsaß. Lothringen vorzulegen und dem in den letzten Wahlen siegreichen AutonomtS- mu» auf der ganzen Linie einen rücksichtslosen Kampf anzusagen. Tuß Poincare selbst diese neue Zuchthausvorlage begründete und dabet von sei nen reaktionärsten Kollegen Barthou und Magtnot unterstützt wurde, ist charakteristisch genug. Nur ein einziger Abgeordneter, der Elsässer Reibel, wagte e» in der Kammer, auf die verhängnisvollen Rückwir kungen der Gesetzesvorlage hinzuweisen. „ES gibt kaum eine,: Fehler," erklärte er, „der im Elsaß noch nicht begangen worden wäre und doch bringt es die Regie rung sertig, neue zu erfinden. Tier in Aussicht ge nommene Gesetzentwurf kann nur zu einer Verstär kung der Bewegung führen, die man damit treffen will." , Da» neue französische Regime in Elsaß.Lothrtngen läuft auf eine Verschärfung der bisherigen Regierungs und Verwaltungspraxis hinaus.. ES versucht mit bru taler Gewalt moralische Eroberungen zu machen und die Herzen der Elsässer mit ZuchthauSvorlagen zu er obern. Was dis.Franzosen hier säen, haben sie zum Schrecken der Welt in dem Mordanschlag des Elsässer» Benoit aus den Geueralstaatsanwalt Fachot erlebt. Alle Welt weiß heute, nachdem die Franzosen wieder um zehn Jahre im Lande sind, daß es wieder eine elsaß-lothringische Frage gibt. In Elsaß^Lothringen selbst ist bereits das böse Wort von einem zweiten Irland gefallen. Schuld daran tragen ausschließlich die Franzosen allein. Jetzt kündet dis Pariser Presse, selbst die Linkspresse, neue Gewalt taten im Elsaß an. Die Straßburger Münsterglocken, die das neue Jahr einläuten, verkünden Sturm. Verhö'r George Vcnoits Der Untersuchungsrichter hat gestern George Be noit wegen deS Attentats auf Fachot verhört, erklärte, er Habs durch die Lektüre dessen, waS Zeitungen über den Kolmarer Prozeß berichtet die Ucberzeugung gewonnen, daß der Kolmarer in allen Stücken erfunden und ungerecht sei. Turin fei er noch dadurch bestärkt worden, daß Senator Hclmar Staatsanwalt Fayot in Briefen, die veröffentlicht wurden, als einen unehrlichen Menschen hinstelltc, der in Sequesterschiebungen der elsässischen Kaligruben verwickelt sei. Alles dies habe ihn zu der verrückten Idee bewogen, auf Fachot zu schie ßen. Er habe eine fixe Idee gehabt, "w er nicht habe widerstehen können. Er gehöre zu keiner Gruppe, habe niemals Politik getrieben und nur nach Rückkehr von Ricklin und Rossce nach ihrer Begnadigung Ende Juli oder Anfang August in Straßburg an einer Kund gebung tcilgcnommen. Er habe von seinem Plan mit niemand gesprochen und bedauere seine Tat jetzt sehr. schatte«. Et« Koalition kann ziffernmäßig noch so stark und «tt Richtlinie» «och so sorgfältig und eng gebunden sek», sie wird niemals handlungsfähig blei ben. wenn Ai vsa allen Seiten durch staatSpo- lttisch«» verantwortltchkeitSg efühl „un termauert" wird. Koalitionsregierung »IM DL Külz, ReichSwiniste« a. D< Diejenigen, di« fich über di« grotesken Zustände Hinwegfetzen wollte«, die fich au» der Zerfahrenheit unseres PartetivesenS für di« Aktionsfähigkeit oder die Akttonsmrfähighetj u«s«rer Regierungen ergeben, führ ten bisher sehr gern da» Wort im Münder eine Re- gterungSkoalttion ist ä«t«e Gesinnungs gemeinschaft, fonder« eine ArbeitSge- mLinschaft. ES kann dahingestellt bleiben, ob die ses Wort sehr glücklich ist. Für verantwortungsvolle Politiker und Staatsmänner beruht jede politische Tä- tigkeir auf politische? Gesinnung, und wenn unsere StaatSmäuner tu rtner Regierung zusammenarbeitea, M «utz ihre politische Gesinnung immerhin doch eini ge» Gemeinsame haben. Aber insofern ist das Wort zweifellos richtig, daß ein« Koalitionsregierung, so fern sie kein« GesinnungSgemstnschaft sein kann, doch wenigsten» ein« Arbeitsgemeinschaft fein muß, und zwar nicht nur der Männer, die in der Regierung sitzen, sondern auch der Parteien, die an der Regte- rungsverantwortung .teilnehmen. Tite gegenwärtige Reichsregierung ist diesem MindesterforderntS in viel facher Hinsicht nicht gerecht geworden. D-i« Panzerkreuzerkomödie ist noch in frischer Erinnerung. Die Sozialdemokratie über nimmt in der Regierung mit dem Reichskanzler und! drei weiteren Ministern die Verantwortung für den Bau,' dieselbe Sozialdemokratie bekämpft den Bau im Parlament mit allen Mitteln, und derselbe Herr Reichskanzler, der im Rahmen der von ihm bestimm ten Politik betrieben hat, erhebt sich von seinem Reich »kanzlersitz, geht hinunter in da» Parkett der Ab geordneten und stimmt als Abgeordneter gegen seine eigene Politik al» Reichskanzler? die nichtsoztaldemo-' krattschen Minister stimmen gegenteilig. Gesinnungs gemeinschaft ist da» gewiß nicht, aber bet weitherztg- 'i?? sch« Organisation de- Landes, zu spalten.' Schon bald "ach der letzten Regierungsbildung war es ihm ge- ' lungen, den ehrgeizigen Abgeordneten Oberkirch L» i- L'W! n > -»»st"- >" °p»°- »tt tt.- und Bourgeois schlossen sich ihm an. Aus einer snn-i.ddt-Konferenz zu Straßburg, auf der etwa 30 ehemalige ! Mitglieder der elsässischen Volkspartei anwesend wa- GegensStzenA Srsthetnung treten wiej wurde die Gründung einer neuen Partei, der da- b-im Panzerkreuzer durch WZ» 1» feinem be- ^tton popu^ Am kannten TrauAngertu« besagt wurde, und die Re- DanachtSabend rückte die Partei » ihrem soeben gc- km» schaffen«« neuen Organ, dem „Elsässer Boten", mit «in-r «nndgebnng In der st- sich d-n SIstM-rn .7, al« dt« wahr-, alle, -Istsstlch- V°lI»»°-t-I v-rznstM-n Interpellation über Vie Technische Nothtise ent« ,<>>>,