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's>D^ Sonntag» äen 3. März 1929 /luer Tageblatt --E-- Anzeiger M -as Erzgebirge r,ttsrai»»>,! rao'blaa «othallent tk amtlich»- 0»ko--tmachu-g»a »«» Rat»» t« «taüt m>» ües Mm«,,nicht, M»,. ,", Nr. S3 Sonntag, äen S. März 1S2S 24. Jahrgang In der „Germania" (Ztr.) wird auSa-efühvt: „Die beiden der Deutschen Bolkspartei zugehörenden Reichsminister Str esc- mann und Eurtius haben offenbar in der Formulierung des Kanzlers eine ausreichende Garantie erblickt, denn sie haben seinen Vorschlag gebilligt und waren demnach für ihren Toll der Meinung, Laß' ans seiner Grundlage auch für die Deutsche Volkspartei eine Beteiligung an der Koalitionsregierung mög lich wäre. Im Gegensatz zu dieser Auffassung hat der Frak- ti-onsführer Dr. -Scholz auf der Forderung 'bestanden, daß vor der Bildung der Koalition eine völlige Klärung der Etat» und Steuersragen erfolgen müsse. Wenn di« Deutsche Volkspartei wirklich auch gestern noch eine arbeitsfähige Reichsregierung schaffen wollte, dann gab es nur den Wog, den auch der Vor schlag des Kanzlers gehen wollte: erst Koalition und i-nl-erfrak. tioneller Ausschuß und dann Ausgleich der finanzpolitischen indem sie I zuwählen, illusorisch machen st ... sammensetzung und über die sachlichen Entscheidungen Kabinetts in die Parteien verlegen, die zudem teilweise noch nicht einmal darauf -verzichten wollen, die Rechte einer Regie- rungs« und einer Oppositionspartei zugleich zu genießen. Auf diese Weise wird die Verantwortung verschoben, der demokra tische Grundsatz der Führerauslese mißachtet und dem Partei geist zum SisM über -den Staatsgeist verhalfen. Die Fraktion weist deshalb vor aller Oeffentlichkeit eindringlich auf die Notwenndigkeit hin, daß unverzüglich eine Mehrheitsregierung gebildet wird, die sodann in allen wichtigen Fragen das Einvernehmen mit und zwischen den in ihr vertretenen Parteien herstellt und von ihnen in loyaler Weise unterstützt wird. Sie weiß sich in dem Widerwillen gegen die Verzerrung des parlamentarischen Systems durch den Partei- und Fraktionsegoismus ebensck einig mit dem weitaus größten Teil des deutschen Volkes wre in dem Ziele, der Not des Vaterlandes Rechnung zu tragen und «ine Regierung mit fester Autorität nach innen und außen zu schaffen. Die volksnationale Aktion äes Iungäeutschen Vräens Der Hochmeister des Aungdeutschen Orden», Artur Mahraun, gab vor Vertretern der Presse ein« Schilde rung über di« Ziele und Wege der von dem Jung deutschen Orden eingeleiteten Volk-nationalen Aktion. Ihr Ziel sei, den Begrifs „Wir al» Volk dem an deren Begriff ,Lch« der Wirtschaftsinteressen gegenüberzustellen. Der Staat, den die Volks nationale Aktion anstrebt, ist der organische VolkSstaah der erreicht werden soll durch Pt» Fortentwicklung.der Ar-uLlik. A» diese» VoMtaat s-N di» Gliederung k« LLrgesFtzast nicht 1» b« Mutdeo» Interessen, sondern von Gtaatswegen aus regionaler Grundlage erfolgen. Anstelle des interessenmäßig ge- gliederten PartettSmu» soll eine gesunde dezentrali sierte Volksvertretung .eingesetzt werden. Tie Volks nationale Aktion will jede zurzeit mögliche Maßnahme unterstützen, die als Etappe auf dem Wege zum Ziel bezeichnet werden kann. Sie wird auch jede politische Gruppe unterstützen, die daran mitwirkt, ihre An hängerschaft geistig auf das volksnationale Zukunfts ziel einzustellen. Wenn die resormfeindliche Haltung der Parteien es bedingt, wird die Volksnationale Aktion ihre Vertreter als Liquidatoren deS alten Systems in die Parlamente entsenden. Hochmeister Mahraun, der eine ins Einzelne gehende Gliederung des erstrebten BolkSstaateS ent wickelte, bezeichnete als Etappen auf dem Wege zum Ziele der Volksnarionalen Aktion Reform de» Wahlrechts, Verkleinerung der Wahl kreise, Aufstellung von Einzelkandidaten unter Beibehaltung der Listenwahl nur soweit als cs nötig ist, alle Stimmen zu erfassen, Entlastung.des po litischen Parlamentes durch Ausbau des Wirtschafts parlamente», Stabilisierung der Regierung durch Be schränkung pes Einflusses der Parteien auf die Mi nister, Verwaltungsreform und Neugliederung des Rei ches zur Herabminderung der heute unerträglich ge wordenen Lasten. Die Volksnationale Aktion, die nicht gleichzufetzen ist mit dem Jungdeutschen Orden, steht mit einer Reihe von Politikern über Zusammenarbeit in Verhandlung und bereitet einen volksnationalen Ausschuß vor, in in dem die Jdeenklärung erfolgen soll. Mas nun? Reichskanzler Müller -hat alle Möglichkeiten so gründlich ausgeschöpft, daß er selbst jetzt nahezu unmöglich geworden ist. Man spricht daher tn den Wandelhallen des Reichstages von seinem Rücktritt, weiß auch, daß Müller-Franken gerne gehen würde, da er dieses diplomatische Spieles völlig überdrüssig ist, glaubt aber nahezu allgemein, daß Müller bleiben wird. Ange sichts der Verhandlungen des -Völkerbundsrats in Genf und oer zweiten Daweskonferenz -im Paris wird niemand di« Reichsregierung stürzen. Es wird also fort-gewuvstelt. Gin Bild -des Jammers. In den Wandelhallen aber zerbrach man sich die Köpfe darüber, was jetzt geschehen soll. Recht ungeschminkt äußerten sich die Demokraten dahin, daß Reichskanzler Müller hätte längst von seinem Platze verschwinden sollen. Auch die BolkS- -parteiler und Zentrumsleute scheinen überwiegend derselben Auffassung zu fein, wenngleich sie m ihren Aeutzernngen zurückhaltender sind. Die Freunde des Kanzlers dagegen glau ben, daß das Prestige der sozialdemokratischen Partei schwer leiden würde, -wenn er jetzt zurücktreten sollte. Indessen ist auch Dr. Skresemann der Auffassung, daß von einem Rücktritt des Reichskanzlers zur Zeit keine Rede sein darf. Das Kabi nett dürfte demgemäß im Amte bleiben und tunlichst um gehend dem Reichstag einen Notetat für das erste Viertel jahr des neuen Haushaltsjahres vorlogen. Abkehr vom starren Listrnfystem l Angesichts der unerfreulichen Vorgänge bet den Regterungsverhandlungen wird in fast allen bürger lichen Parteien erneut wieder die Frage einer Wahl reform erörtert. In ZentrumSkretsen besteht offenbat starke Neigung, da» gegenwärtig« starre Listensystem durch «La beweglichenM System ä» «-reGen- da» an dea Di« demokratische ReichStagSfvaKtion veröffentlicht fol gende Erklärung: „Die deutsche demokratische Reichstagsfraktion hat seit den Reichstagswahlen vom 20. Mai auf die schnelle Bildung einer aktwnssähigen Regierung hingewirft. Sie hat auch bei -den jetzigen Verhandlungen im Einverständnis mit Koch-Weser keinen Zweifel daran gelassen, daß sie bereit ist, zur Befriedi gung der von anderer Seite erhobenen Ansprüche den Reichs justizminister aus seiner erfolgreichen Arbe t herauszunehmen, obwohl sie es nicht für eine Förderung des parlamentarischen Gedankens hält, wenn der Rücktritt eines bewährten Ministers verlangt wird, damit die Portefeuilles unter den Regierungs parteien nach den Grundsätzen des VerhältniSwahlrechts schematisch verteilt werden. Trotzdem haben die monatlichen Verhandlungen noch zu keinem -Ergebnis geführt, weil sich andere Parteien über ihre hartnäckig festgehaltenen Ansprüche nicht zu verständigen ver mochten. So ist es gekommen, daß während fett dem 9. Februar die ReparationSsachvwstSn- dtgen t« Parts über Deutschland» Schicksal beraten, in Berlin keine von einer Reichstagsmehrheit gestützte Regierung vorhanden ist und die Verabschiedung des Haushalts verzögert wird. Ein solcher Vorgang muß dazu dienen, das Ansehen des Parlamentarismus auf das schwerste zu erschüttern und die Agitation gegen die Weimarer Verfassung zu stärken. Die deutsche -demokratische Reichs-tagsfraktion erhebt gegen Art und Form, in der die Verhandlungen geführt werden, Len entschie densten Widerspruch. Diese Verhandlungen verstoßen gegen den Sinn ter Weimarer Verfassung, das Recht des Reichskanzlers, sein« Mitarbeiter aus illusorisch machen und die Entscheidung über di« Zu- mn-a und über die fachlichen Entscheidungen des Meinungen. Herr Scholz hat die» abgelehnt und -war unter solchen Umständen, die kaum noch einen Zweifel daran lassen, - ß der Deutschen BolkSpartei gegenwärtig der ernste Wille d^ Relchsregierun-g zu fachlicher Arbeit und starker politischer Führung zu befähigen.« Die „Vossis-che Zeitung« (dem3 urteilt: ES muß da» Letzt- Mal gewesen sein, daß in diesen Formen mit den Fraktionen über eine Kabinettsbildung verhandelt worden -ist. Die Ent- schließuna der demokratischen Fraktion, die da fordert, daß mit dem Fraktionssptcl endlich einmal Schluß gemacht wird, s-prickst nur aus, >vaS Millionen von Wählern finden, die nicht wollen, daß zum Schaden der Republik mit dem parlamentarischen System derart Schindluder getrieben wird.« Die „Deutsche All-gemtne Zeitung" (D. Bp.) erklärt: „Der Reichskanzler muß jetzt zeigen, ob er -auch ohne di« koalitions mäßige Stütze, die wir den» Kabinett gern -verschafft hätten, unter ileberwiildung der Partei-gegensähe und der Hemmungen seiner eigenen Fraktion zu führen versteht." Im Gegensatz hierzu ist der „Verl. Lokal-Anzeiger" (Dntl.) -der Meinung, daß die Sozialdemokratie den Anspruch auf di« Führung der Reichsgeschäfte ungesäumt fallen lassen müsse, -denn die Parteien, di« sie brauche, um eine solche Führung -praktisch geltend machen zu können, hätten sich ihr versagt. Aufruf der Demokraten Schluß mll -ei» vrrhan-lungea — Schleunige Sll-ung einer Mehrheitsregkerung l Die Große Koalition gescheitert Amtlich« Mitteilung wer die vesprechung de» Reichskanzler« mit de« FraktionSführern der Regierungsparteien Gestern nachmittag fand unter dem Vorsitz des Reichs- ihr gutes Rocht. Aber sie müssen wissen, daß sie für daS, waS kanzlers di« gestern in Aussicht genommen« zweite Besprechung sie tun, vor dem Volke di« Verantwovtung tragen.« mit den Frakti-onsführern der gegenwärtig in der ReichSregle- rung vertretenen Parteien über die Schaffung fester Regie- rungsverhältuiss-e statt. An dieser Besprechung nahmen auch die Vertreter d-eS Zentrums Abg. Dr. Stegerwald und Abg. Esser teil. Der Reichskanzler unterbreitete den Dcr-trotern der fünf Fraktionen nachstehenden Entwurf zur gemeinsamen Be schlußfassung: 1. Die fünf Fraktionen des Reichstages unterstützen die Regierung der Großen Koalition. 2. Sie gehen dadurch koalitionsmäßig di« Verpflichtung ein, -der Reichsrogterung mit allen Kräften zu helfen, die gegen wärtig schwebenden bedeutsamen politischen Aufgaben in ße° meins-chaftlicher Arbeit zu lösen. Die -koalitionsmäßige Bin dung bedeutet nicht ein Festlogen der einzelnen Fraktionen auf Gesetzentwürfe in der -gegemvärtigen Gestalt. Vielmehr hat jode der fünf Fraktionen das Recht, -ihr« etwa abweichende politische Auffassung im Rahmen -der gemeinschaftli-chen Koa- liti-onsarbcit zur Geltung zu bringen mit dem Ziel, daß dieser Versuch zu einer Einigung führt. 3. Um das in Ziffer 2 umschriebene Ziel zu erreichen, werden zwei Ausschüsse gebildet, einer für allgcm-einpoliti-schc Fragen und ein anderer für die zurzeit -im Vordergrund stehenden Fragen des Reichshaush-alts -und der Steuerpolitik 4. Der erste Ausschuß tritt zusammen, sobald der Reichs kanzler oder einer der Reichsminister -oder eine -der beteiligten Fraktionen es wünscht. Di-e fünf Fraktionen werden -einer solchen -Einladung entsprochen. Der zweite Ausschuß zur Beratung der Fragen des Reichs haushalts und der Gestaltung der -Steuern Witt unter dem Vorsitz des Herrn Meichsminifters der Finanzen sofort zusam men. Den fünf Fraktionen bleibt es unbenommen, sich in die sem Ausschuß neben -den Fr-aktionsvorsitzenden durch Äb-geord- net-s mit -besonderer Sachkenntnis auf fin-anz- und wirtschafts politischem Gebiete vertreten zu lassen. Diesem Ausschuß liegt die Aufgabe oh, den Reichshaushaltplan für das Rechnungs jahr 1929 für -die Abstimmungen i-m Reichstag entscheidungs reif zu machen. Di« fünf Fraktionen sind einig in dem Bestre ben, den Haushaldplan für das Rechnungsjahr 1929 so sparsam als möglich zu gestalten, und -werden zu -diesem Zwecke durch Abstriche neue Steuern nach Möglichkeit zu vermeiden suchen. Diesem Ausschuß werden -auch die Vorschläge des Zentr-alvor- stand-es der Deutschen Volkspartei zur Prüfung überwiesen. -5. Die fünf Fraktionen -sind sich darin einig, daß -im Laufe des März jedenfalls -d-er Nachwagshaushalt 1-928 und oi-n Notodat für die ersten Monate des Etatsjahres 1929 erledigt werden müssen. Ebenso soll nach Erledigung des Reichshaus- haldplancs 1929 durch den Reichsrat- noch die erste Lesung dieses Haushalt-Planes im März im Reichstag stattfi-nden, -da mit -den unter Ziffer 4 Absatz 2 erwähnten Ausschußberatungen die verhandlungStochnische Basis -gegeben -wird. I« der Aussprache erklärten di« Vertreter des Zentrums, Laß ihre Fraktion voraussichtlich bereit sein werde, auf dieser Grundlage wieder in die Regierung einzutreten. Dagegen er klärte der Abgeordnete Dr. Scholz, daß die Deutsche Volks partei zwar mit den in den Ziffern 3 bis 5 dargestellten Zielen einverstanden sei, dagegen vor völliger Klärung der Etat- und Steuerfragen eine Irgendwie geartete festere Bindung im Sinne der Ziffern 1 und 2 nicht zugestohen könne. Nach dieser Erklärung mußte der Reichskanzler am Schluß der Aussprache feststellen, daß der Versuch zur Schaffung der Großen Koalition im Reich zurzeit als gescheitert anzusehen sei und er nun weitere Schritte nach dieser Richtung nichst mehr unternehmen werde. Die Reichsregierung werde wie bisher gegenüber Anträgen der Parteien, die sie nicht verantworten könne, ihre ablehnende Haltung auf alle Konsequenzen hin klar zum Ausdruck bringen. Der Reichskanzler wird dem Reichspräsidenten über den AuSgaug der Verhandlungen Bericht «statte«. Vlr Srrllner presse zum Scheiter« -er Koa!ltlonsverh<m-lu«gen Der „V o r wL v-k s« ssoz.) schreibt: „Di« Verhandlungen -über -die Bildung einer großen Koalition im Reich sind gestern von -der Volksparte-i- gesprengt worden. Der Reichskanzler wird am 13. März vor den Reichstag -treten und -ihm Len tzaushaltsvorfchlag für 1929 Vorlagen. Das -bedeutet «ine Auf forderung zur sachlichen Arbeit. Falls nicht bis zum 13. März noch -irgendeine Wendung eintritt, wird sich ein eigentümlicher Zustand ergeben. Die Regierung Müller-Str-esemann-Eurtms wird einen Etat vertreten, der von der Fraktion Swosemann- Cnrtius bekämpft -wird. Es muß -der Versuch gemacht werden, im Plenum und im Haushaltsausschuß -durchzufetzen, was bei -den langwierigen Verhandlungen hinter den Kulissen nicht er reicht werden konnte: di« Verabschiedung eines Reichshaus haltes iunerhalb einer möglichst kurzen Zeit. Die Reichs regierung wird öfter als -einmal genötigt -sein, Forderungen an den Reichstag zu stellen, mit denen sie steht und fällt. Und dann müssen di« Partien Men, Da» sie «tun haben. Di» ÄzkWns «2 tzLr-vr Md «Ä» E» an W» Gell, zu iß