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Mer Tageblatt «»» fi>r HuiwLr«,» »I, postanstoU» «ne,«,,». — «rfthUnt »»rNSrUch. sernfprrch-flnfihluß 0,. «. Anzeiger für -as Erzgebirge L»l»sramm,r Lag.dk« ftornM-dkg, Enthalte«- -le amtlichen Sekaautmachuugea -es Rates -er Sta-t ua- -es Amtsgerichts Aue. pvstfih.ck.5oat»: «mt L«ips«g n». ree» Nr. Dienstag» äen iS. Zuli iS2S 24. Jahrgang Weltwirtschaft unä Weltpolitik Gefährliche Fiktionen — Das Primat der Wirtschaftspolitik Illusion und Wirklichkeit Die Art der Behandlung der chinesischen Wtrt- schaftssragen vor der Konferenz der Internationalen Handelskammern in Amsterdam ist geeignet, die Auf merksamkeit der Welt auf ein Problem zu lenken, an oem man sich gern vorbeidrücken möchte, weil erst, wenn man sich! von feinem Bestehen volle Rechenschaft gibt, die ganze Problematik der weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Situation klar wird. Cs handelt sich um di« in Amsterdam nicht zuerst in Erscheinung getretene Meinung, daß weltwirtschaftliche Aufgaben in sauberer und einwandfreier Scheidung von welt politischen Fragen behandelt werden könnten., Wir haben erst in Paris erkennen müssen, wie sinnlos und unfruchtbar solch eine Meinung fft. Ter „unpolitische" Lharakter der Sachverständigenkonferenz, der mit so viel Beifall gefordert und festgestellt worden war, ging .bei den ersten ernsthaften Streitfragen verloren und erst als man sich auf allen Seiten mehr oder minder deutlich, aber auf jeden Fall unmißverständ lich eingestanden hatte, daß eine solche Konferenz, wenn sie fruchtbar werden solle, eben nicht unpolitisch sein könne, eröffneten sich überhaupt die ersten Möglich keiten einer Verständigung. Die Ergebnisse der Internationalen Weltwirt schaftskonferenz des Völkerbundes sind deswegen so kümmerlich, weil hinter ihren Beschlüssen keine poli tischen Autoritäten standen, die die Durchführung der Beschlüsse hätten herbeiführen können.. Der Plan Briands, ein zunächst nur wirtschaftliches Paneuropa zu schaffen, .auf .dem sich dann dereinst ein politisch geeintes Europa aufbauen könnte, leidet an genau demselben Irrglauben. An dem eingangs herange zogenen Fall der Beratungen der Internationalen Handelskammern über China klärte sich! das Problem insofern, als seine Auswirkungen sich auf einen in sich geschlossenen, fernab von Europa liegenden Schau platz beschränken, wo die unlösbare Verknüpftheit der wirtschaftlichen Vorgänge mit den politischen Tat sachen so sinnfällig wie nirgends anderswo ist.. Dar über hinaus hat dieser Fall die besondere Bedeutung, daß für jene politischen Tatsachen in erster Linie euro päische Mächte verantwortlich sind, daß ferner diese Mächte mit Leichtigkeit dis Tatsachen aus der Welt schaffen könnten, die der wirtschaftlichen Entwicklung Ch inas im Wege sich en, daß also, wenn dies nicht geschieht, die Probe auf das Exempel, das auch für Europa in Frage steht, als mißglückt anzusehen ist. Das Beispiel, um das sS sich hier handelt, be steht in der Abwägung der Vorteile und Nachteile, die sich entweder aus einer möglichst lange aufrecht erhaltenen imperialistischen Politik oder aber aus einer aus weite Sicht berechneten, die weltwirtschaft lichen Entwicklungen vorausberechnenden Haltung sich ergeben.' In dem besonderen Falle China haben die besonderen Umstände Deutschland zwangsweise in die Lage gebracht, in der das neue, selbstbewußte China alle Fremdmächte sehen möchte. Deutschland bean sprucht keinerlei exterritoriale Rechte mehr, eS ver fügt über keinerlei territoriale oder sonstige Reservate, es erfüllt die Forderungen der Gleichberechtigung, die China auch! an die anderen Mächte stellt, ohne vor läufig mit ihrer vorbehaltlosen Erfüllung rechnen zu können.' Trotz dieser besonderen Lage ist die Stellung Deutschlands und des deutschen Handels in China günstiger, als sie vorher war, ja vielleicht — unter angemessener Berücksichtigung aller Umstände betrach- tet — günstiger als die alle« anderen Staaten.« An statt aus dieser Tatsache die notwendigen und einzig möglichen Folgerungen zu ziehen, verharren dis euro päischen BertragsmÄchte in China auf ihrem alten imperialistischen Standpunkt, geben nur unter dem Truck der Verhältnisse Schritt um Schritt widerwillig nach, so daß selbst die langsame Verminderung des auf China lastenden Druckes der Fremldmächts keine Ver ringerung der chinesischen Abneigung gegen die Fremd. Mächte zeitigt. Nur die Vereinigten Staaten haben in klarer Er kenntnis des gerade für China geltenden Vorrechts der Wirtschaftspolitik ungefähr das Verfahren ange wandt, das man von einer großzügigen und weitsicht igen Politik erwarten mußte. ES wird sich zweifellos lohnen/ Bon diesem Fall China ausgehend, kann man für die Idee Paneuropa nicht Viel erhoffen, solange jedes deutliche Wort der berufenen Sachverständigen und Wirtschasts-olitiker in den Kanzleien der Regie rungen und der Außenämter als unbefugte Einmi schung tu politische «ngelsgnchotten aufgefatzt wird. Es ist klar, daß das, wenn es schon für China gilt, für jeden einzelnen europäischen Staat, ja für jedes einzelne in gesamteuropäischem Rahmen zu lösend« Problem erst recht galten wird. Solange die Dinge so liegen, bleiben alle Kund- gebungen aller internationalen Konferenzen Illusionen. Illusionen sind aber zumeist nicht nur schön, sondern außerdem auch gefährlich, sei eS auch! nur insofern, als sie von der Arbeit im richtigen Sinne und der zum Ziel führenden Richtung ablenken, Enttäuschungen zeitigen und schließlich das Ziel weiter entfernt schei nen lassen, als es in Wirklichkeit ist. Davon wird man sich allmählich in Europa Rechenschaft geben Deutsch-belgisches Die Verhandlungen zwischen den Bevollmächtigten der deutschen und der belgischen Regierung sind zum Abschluß gekommen/ Das Abkomme ist am! Sonn abend vormittag in Brüssel unterzeichnet worden. Der wesentliche Inhalt des Abkommens ist folgender: Zn der Einleitung ist zum Ausdruck gebracht, daß das Abkommen unter Vorbehalt der beiderseitigen grundsätzlichen Auffassung unterzeichnet ist und den Zweck hat, im Rahmen der Gesamtregelung de« aus dem Krieg herrührenden finanziellen Fragen auch die jenigen Fragen zu erledigen, die bisher zwischen Bel gien und Deutschland wegen der im Zusammenhangs mit der Besetzung Belgiens entstandenen besonderen wirtschaftlichen Schäden noch schwebten., ^Deutschland wird an Belgien während 3 7 Jahren fol gende Jahresraten zahlen: Im ersten Jahre 16,2 Millionen RM, im zweiten, dritten und vierten Jahr je 21,5 Millionen RM, vom fünften bis zwölf ten Jahr je 26 Millionen RM, Vom 13. bis 20. Jahr je 20,1 Millionen RM, vom 21. bis 37. Jahr je 9,3 Millionen RM. Die Jahresraten werden in der glei chen Form gezahlt werden, die in dem Sachverständi- genplan vom 7. Juni 1929 für die allgemeinen Re parationszahlungen vorgesehen ist. Die Zahlungen werden durch! die Bank für den internationalen Zah lungsausgleich mitoerwaltet werden. Falls Deutsch land von den in dem Sachverständigenplan vorge sehenen Moratorium Gebrauch macht, werden die Jah- und es sollte keine Parole mehr für irgend welche Art von internationale« Gemeinschaftsarbeit ausgegeben werden, die sich aus Angst vor der Grütze der Aufgabe darauf beschränkt, aus der Gesamtheit, die nur als Ganzes ^bewältigt werden kann, «in« Sonderaufgabe herauszunchmen und als Ziel austzu- stellen. Will man.Paneuropa, will man eine euro päische Zollvereinigung, so muß! man auch die Kühn- hett besitzen, sich für diese großen Ziele ungeteilt! einzusetzen und darf nicht vor den unbändigen Strö mungen und Stromschnellen de« politischen Wirklich keit in die träumerische Bucht wirtschaftspolitischer Theoxien flüchten. Markabkommen resraten in Form von Sachlieferungen entrichtete Für den Fall von Meinungsverschiedenheiten ist ein Schiedsgerichtsverfahren vorgesehen.. Tas Abkommen tritt erst nach Ratifizierung.in Kraft, dis gleichzeitig mit der Ratifizierung de« Staatsvertrügs übe« den Sachverständigenbericht erfolgen soll. Freigabe -es -rutschen Eigentums ta Selgiea Auf Grund von Verhandlungen, die im Reichsfinanzministe- rium von Ministerialrat Fuchs mit dem belgischen Ministerial direktor Deduytschaever und dem Rechrsbeistand der bel gischen Regierung Herrn Marx geführt wurden, ist ein Abkom men über die Freigabe deutschen Vermögens in Belgien beschlos sen worden. In diesem Abkommen verzichtet die belgische Regie rung mit Wirkung vom 7. Juni 1929, dem Tage der Unterzeich nung des Youngplanes ab auf die Liquidation und Einbehaltung des bis dahin noch nicht liquidierten oder in das Eigentum des Staates übergegangenen deutschen Vermögens, ferner auf die weitere Auslieferung deutscher Wertpapiere, auf die im Versailler Vertrag vorgesehene Befugnis zu Eingriffen in die deutschen ge werblichen Schutzrechte und Urheberrechte sowie auf den noch un bezahlten Kaufpreis derjenigen Güter, die von ihren deutschen Eigentümern käuflich zurückerworben waren. Die Frage der Be handlung der Erlöse des bereits liquidierten deutschen Eigentum« ist, ebenso wie die Frage der Beendigung des Ausgleichsverfah rens und verwandte Fragen, späteren Verhandlungen nach In krafttreten des Aoungplanes Vorbehalten worden. Auch dieses Abkommen soll gleichzeitig mit den Verträgen zur Inkraftsetzung des Youngplanes ratifiziert werden und in Kraft steten. Dauernde Rheinlandkontrolle unannehmbar Eine Unterre-uug mit dr. Strefemakm In Liner Unterredung mit dem außenpolitischen Redakteur der „Frankfurter Zeitung" von Dewall führte Reichsaußenminister Dr. Stresemann über die Frage der Feststellungs- und Verzleichskommtssion u. a, aus: ,Dei Pen Regierungen, die an den politischen Be ratungen der bevorstehenden Konferenz beteiligt sein werden, besteht, wie ich wohl fcststcllen kann, keine Meinungsverschiedenheit mehr darüber, daß die seit langem erhobene deutsche Forderung nach Befreiung des Rheinlandes von fremder Besatzung nun endlich ihre Erfüllung finden soll. Die Idee der Einrich tung eines besonderen Kontrollorgans für das Rhein land ist nichts Anderes als ein bedenkliches Ueber- bletbsel aus einer politischen Zeit, die längst über holt ist, und ich kann mir nicht denken, daß sie bei unvoreingenommener Beurteilung der Sache von ir gendeiner Seite verlangt werden könnte. Es gelang, in den Verträgen von Locarno eins Lösung der Sicher- heitsfrags zu finden, welche nicht nur von den un mittelbar beteiligten Ländern, sondern nahezu von der ganzen Welt «gls ein Wendepunkt in der politischen Entwicklung angesehen wird. Wenn der Name Lo carno in den folgenden Jahren hiev und da Manches von seinem ursprünglichen Glanz verloren hat, wenn nicht alle Blütenträume gereift sind, ja wenn es so gar vielfach zu bitteren Mskussionen über den Geist von Locarno gekommen ist, so ist dabei doch eins stets unangetastet geblieben, nämlich! der Standpunkt, daß von einer Sicherheitsfrage zwischen Deutschland und seinen Nachbarn nicht mchr gesprochen werden könnte. ES war deshalb ein« unliebsame lleberraschung, als von französischer Sette plötzlich wieder der Plan der Einrichtung eines SonderorganS für die Behandlung derjenigen Meinungsverschiedenheiten enkgegengebracht wurde, die zwischen Deutschland und 'Frankreich aus den Bestimmungen de- Vertrages von Versailles über die entmilitarisierte Zone entstehen könnten^ Ms sich z-igte. .daß damit an der Einrichtung eine« zeitlich unbeschränkten SonderorganS für da» Rheinland und die angrenzende 50-Kilometerzone gedacht war, hat der Reichskanzler das als Unannehmbar bezeichnet und sich lediglich zur Diskussion über eine bis zum Jahre 1935 dauernde Einrichtung dieser Art bereit erklärt. Alle politischen Parteien in Deutschland, wie noch die letzte ReichstagSdebatte gezeigt hat, haben sich! geschlossen hinter diese Auffassung gestellt, und es darf kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Stel lungnahme als eine endgültige angesehen werden mutz. Die Schaffung einer neuen Kommission ist aber nicht nur überflüssig, sondern sie ist auch! politisch gefähr lich/ Bei Einrichtungen, dis für unbeschränkt« Zeit geschaffen werden sollen, muß man mit allen Mög lichkeiten auch im schlimmsten Falle rechnen, und man darf es uns nicht verübeln, wenn wir daran denken, daß die Sonderkommisston einmal als Werkzeug für alle möglichen Schikanen gebraucht werden Vnnt«, Man sucht uns den französischen Vorschlag mit der Behauptung schmackhaft zu machen, daß er auf den Grundsatz der Gegenseitigkeit aufgebaut sei. Mess angebliche Gegenseitigkeit ist aber illusorisch einfach aus dem Grunde, weil es auf französischer Seite an einem zu kontrollierenden Objekt fehlte So ist es durchaus erklärlich, daß nach dem ganzen Verlauf der öffentlichen Diskussion über dieses Thema dis Ein richtung der neuen Kommission in der deutschen Oeffent. lichkeit als ein neuer Versuch aufgefaßt wird, dem Rheinland ein internationales Sonderstatut aufzuer legen/ Das Ausland sollte verstehen, daß eS genug ist, wenn Deutschland für seine westlichen Grenzgebiet« ohne zeitliche Beschränkung dis einseitige Verpflichtung zu dauernder Entmilitarisierung auf sich nehmen muh und daß diese Verpflichtung in Loearno unter di« Garantie England» und Italien» gestellt worden ist. Was darüber al» dauernde Einrichtung hinauSgeht, ist für Deutschland untragbar.