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Nr. 20l Donnerstag, äen 2S. August 192S «knthaltcuö tk amtUchea Sekooiitmachllllgrn öes Not« öer Slaüt IM- -es Amtsgerichts n>>«. Psittchkit-Kvn!»: ttml e^pztg M.I«, 24. Jahrgang 6555 972 Rechnen wir selbst dazu — um gan^ vbjektiv zu sein - esne Mlllioa Stimmen von Splitterparteien und Gefuhlspoltttkera Oie A?ussieiNen cles k)ugenbergttcben Volksbegekrens Von offizieller dsutschwolksparteilicher Seils geb«, uns fol gende Darlegungen zu: „Der Hugeubergsch« Reichsausschuß für ein Volksbegehren -ar Ablehnung des Äoungplanes ober zur Bekämpfung der Knegsschuldlüge veröffentlicht Aufruf über Ausruf und entfaltet eine grosze Propaganda. Sie richtet sich im Augenblick gegen den Youngplan, aber schon die Tatsache, datz als Zweites der Kampf gegen die Kriegsschuldlüg« vorgesehen ist, zeigt deutlich, dab innerpolitische Absichten hinter der ganzen Aktion stehen. In'olgedess-n wird der Kampf gegen die Kriegsschuldlüge zurück- .esiellt, bis die Propaganda gegen den Uoungplan nicht mehr ehr. Vorläufig stellt man allerdings diesen in den Vorder- nd, schon deshalb, weil Hugenberg zunächst noch glaubt, unter >ser Flagge Anhänger gewinnen zu können, die sonst ihm und .en Zielen fern oder ablehnend gegenüberstehen. 'lun ist es im Augenblick völlig unmöglich, zum Youngplan userhaupt Stellung zu nehmen. Die Entscheidung über eine so wichtige Frage kann auch nicht durch überspitzte Demokratie ent- anedcn, sondern wird schließlich nur von den berufenen Instan zen, d, h. Reichsregierung, Reichsrat und Reichstag, gefällt wer den können. Eie ist auch erst dann möglich, wenn die Ergebnisse der politischen Verhandlungen vorliegen, die bisher im Haag geführt wurden. Denn das ist klar, über den Uoüngplan allein wird nicht entschieden. Nur wenn über die politischen Verhandlungen Klar beit herrscht und die Frage etwa so lautet: Annahme des Young- "laues in Verbindung mit der Wiederherstellung der deutschen -ouveränität nnd der endgültigen Liquidierung des Krieges, wird eine endgültige Stellungnahme möglich sein. Für den Hugenberg-Ausschuh sind aber auf Grund des bereits eingangs Gesagten solche Ueberlegungen nicht vorhanden. Für ihn ist es viel wichtiger, ein möglichst umfangreiches Organi sationsgebilde aufzubauen, um dann je nach Lage der Entwicklung neue politische Maßnahmen treffen zu können. Fragt sich nur, ob und wie weit sich Hugenberg und seine Freunde über die ihnen zur Verfügung stehende Macht täuschen. Man wird diesen Din gen näherkommen, wenn man einmal die Ersolgmöglichkeit des Hugenbergscheu Volksbegehrens nach der heutigen Lage an statistischen Zahlen nachprüft. Poli tische Arithmetik ist zwar in Deutschland nicht beliebt. Sie wird auch dadurch erschwert, daß wir eine Vielheit von Parteien und Parteigruppen haben. Würde es bei uns wie in England nur drei Parteien geben, dann würde das politische Denken in Zah len wahrscheinlich heute schon zur Selbstverständlichkeit geworden sein. Vorläufig ist das noch nicht der Fall. Dazu kommt, daß in der deutschen Politik der Wunsch sehr oft das politisch Mög liche übersieht, wobei man sich nachher eigentümlicherweise noch wundert, wenn keine politischen Erfolge erzielt werden. Das trifft ebenso für den von mancher Seite so beliebten grundsätz lichen Kampf gegen die Sozialdemokratie zu, wie für den Kampf gegen die Außenpolitik. Ueberblickt man die Stellungnahme der einzelnen politischen Parteien, dann kann man damit rechnen, daß das Bestreben des Hugenbergschen Reichsausschusses von der Sozialdemokratie und bei den bürgerlichen Parteien von Zentrum, Demokraten und Deutscher Volkspartei grundsätzlich abgelehnt wird. Auch das offizielle Organ der Wirtschastspartei und die Parteikorrespon- dcnz der Bayerischen Volkspartei haben die Bestrebungen des Hugenbergschen Reichsausschusses abgelehnt. Nun glaubt aller dings Hugenberg, durch Zusammenfassung vieler Organisationen und Organisatiönchen neue Mitläufer zu bekommen. Dieser Auf fassung liegt ein großer Irrtum zugrunde. Gewiß, der Einfluß solcher Organisationen darf und soll nicht unterschätzt werden, aber man muß doch daran erinnern, daß die gleichen Organisa tionen schon bei den letzten Reichstagswahlen im Lager derjeni gen Parteien gestanden haben, die heute dem Reichsausschuß angehören. Dazu kommt, daß bei diesen Organisationen sehr oft Doppelmitgliedschaft, wenn nicht noch mehr vorhanden ist, und schließlich ist es eine allgemeine politische Erfahrung, daß bei der Entscheidung über große politische Probleme für den einzelnen zuletzt doch die grundsätzliche politische Einstellung maßgebend ist. Es mag Hugenberg gelingen, da oder dort ein paar gefühlsmäßig Eingestellte zu gewinnen. Entscheidend wird die Zahl nicht sein, um so weniger, als unter Berücksichtigung politisch statistischer Zahlen das von Hugenberg beabsichtigte Volksbegehren von vornherein zur Aussichtslosigkeit verurteilt ist. Denn Zweck hat ein solches Volksbegehren nur, wenn ein Volksentscheid möglich ist. Nun sind bei der letzten Reichstagswahl 41 295102 Stimm berechtigte vorhanden gewesen. Für einen erfolgreichen Volks entscheid ist erforderlich, daß mehr als die Hälfte der vorhande nen Stimmberechtigten ihre Stimme abgebcn, das müßten also 2N 647 557 sein. Für Hugenberg kommen aber nach den Stimm zahlen der letzten Reichstagswahl in Frage: Deutschnationale Volkspariei 4 376 173 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 809 541 Völkisch-Nationaler Block 266 386 Landbund 199 517 Christlich-Nationale Bauern- und Landvolks- Partei (Sächsisches Landvolk) 904355 oungplanes oder zur Bekämpfung der entlicht Aufruf über Ausruf und entfaltet Sie richtet sich im Augenblick gegen Einigung im Haag fiuf veutschlan-s Kosten Die Delegierten der sechs einladenden Mächte sind am Dienstag um 5 Uhr nachmittags unter dsm Boy sitz Jaspars zusammengetreten, um die gegenwärtige Lage der Konferenz zu prüfen.. Nachdem sie ohne Unterbrechung bis U/° Uhr nachts getagt hüben, sind die Delegierten der Hauptgläubigermächte- zu einem Uebereinkomvren gelangt, das daS Ergebnis ihrer ge meinsamen Bemühungen darstellt. Daraufhin ist die ses Ergebnis der deutschen Delegation mitgeteilt wor den, um deren Zustimmung zu erlangen. Die Erörte rung wird mit der deutschen Delegation Mittwoch um 11 Uhr in einer Zusammenkunft der sechs einladenden Mächte wieder ausgenommen.. Sobald ein endgültiges Uebereinkommen abgeschlossen sein wird, wird die Kon ferenz in der Lage fein, die Prüfung der notwendi gen Maßnahmen zur Inkraftsetzung des Young-Planes fortzufetzen. Nach Mitteilungen aus Kreisen der Delegierten ergibt die zwischen den Gläubigermächten erzielte Ver einbarung eine Quote von rund 78,5 Prozent der von England beanspruchten Beträge, Die Jahressumme, die dabei auf die ungeschützten Annuitäten entfällt, soll aus 96 Millionen gegenüber 88,5 des vorigen An ¬ gebotes erhöht worden sein. Tie übrigen Gläubiger mächte sollen gemeinsam England einen jährliche« Mchrantsil von 40 Millionen RM garantieren^ Gin endgültiges Abkommen soll erst heute, vermutlich nach der angestrebten Einigung mit Deutschland, festgelegt werden« Die beiden wichtigsten Punkte hierbei sind die .Frage des Verhältnisses der geschützten zu den ungeschützten Teilen der Annuitäten und die Frage des Ueberfchusses äus den letzten fünf Monaten des DawesplaneS in Verbindung mit der Frage der Be satzungskosten. Die deutsche Delegation ist in dieser Frage in keiner Weiss festgelegt und haü freie Hand für ihre Entschließungen. Eins Behandlung dieser Fragen noch in der heutigen Nacht wurds von der deutschen Delegation abgelehnt, weil Dr. Stresemann, der sich wegen Uebermüdung durch! die anstrengende« Verhandlungen zurückgezogen hatte, daran nicht hätte teilnehmen können. Gelangen diese Verhandlungen zu einem Ergebnis, so ist für Donnerstag eine Vollsitzung vorgesehen, der am heutigen Nachmittag um 4 Uhr eine Sitzung der vier Rheinlandmächte und um 5 Uhr eine Politische Konferenz vorangchen soll. aus anderen Parteien, bann kommen wir auf bie Summe von 7 555 872. Damit kann man aber keinen Volksentscheid bestreiten. Vielleicht rechnet Herr Hugenberg damit, baß ihm bie Kom munisten helfen. Nehmen wir einmal an, sämtliche Kommunisten würden ihm den Gefallen tun und seine Aktion unterstützen, ' bann würde er nach den Stimmen bei der letzten Reichstagswahl einen Zuwachs von 3 262 584 bekommen. In diesem Fall wäre bie Aussichtslosigkeit bes Volksbegehrens und damit des Volks entscheids bestimmt. Sollten die Väter dieses Gedankens solche politischen Er wägungen nicht schon selbst angestellt haben? Wenn das ber Fall wäre, müßten wir sie für politisch dumm halten. Wir trauen ihnen aber allerhand politische Klugheit und Taktik zu. Dann wißen aber auch bie Führer bes Reichsausschusses genau, baß ihr Volksbegehren von vornherein zum Scheitern bestimmt ist. Bleibt nur die Folgerung, baß auch diese Bewegung ebenso wie seinerzeit die sozialdemokratische bei der Fürstenabfindung j nur um bes innerpolitischen Kampfes willen eingeleitet wird. > Man hofft, eine Front aller Unzufriedenen zusammen zu bekam- j men, um. sie für bestimmte innerpolitische Zwecke zu gegebener Zeit einsetzen zu können. Deshalb ist die ganze Propaganda für das Volksbegehren unehrliche Politik. Allerdings würde sie ehr lich sein, müßte sie auch von vornherein die Hoffnung aufgeben, unter falscher Flagge allerhand Anhänger zu gewinnen. So läßt man lieber den falschen Wimpel am Mast. Dabei haben wir völlig außer acht gelassen, baß selbst von Kreisen, die Hugenberg allgemein-politisch nicht fern stehen, be tont wird, im Auslande werde ein abgelchnter Volksentscheid für Deutschland geradezu katastrophal wirken. So wird in Nr. 33 der vvlkskonservativen „Politischen Wochenschrift" ausgeführt, man werbe dort „in der Ablehnung des Volksentscheides ein unzweifelhaftes Bekenntnis ber Mehr- > heit des deutschen Volkes für den Joungplan erblicken." Was aber kümmert es Politiker, die doch nur der Verneinung ihre Stellung verdanken, ob dieser zum Scheitern verurteilte Volks- enffcheid außenpolitisch schwere Schaden zur Folge hat. Für, Herrn Hugenberg und seinen Freund Seldte kommt es daraus nicht an. Das zeigt am allerbesten das Telegramm, das sie beide an den Reichsaußenminister Dr. Stresemann nach dem Haag gesandt haben und besten Inhalt klar und deutlich zeigt, daß es den Absendern lediglich auf Veröffentlichung und auf die damit verbunden« innerpolitische Agitation ankam. ! Auslandsreise der deutschen Flotte Die deutsche Flotte hat gestern von Kiel aus ihre -weite diesjährige Ausbildungsreise nach dem Ausland angetreten. Für die Linienschiffe ist das Reiseziel Schweben, während ein großer Teil der Torpedoboote verschiedenen Häfen der baltischen Rand staaten einen Besuch abstatten wird. Dis Rückkehr der Flotte er folgt am 6. September. Der Skandinavienreise schließen sich die Herbstübungsn der Flotte in der Ostsee an, die vom 7. bis 20. September dauern werden. Prolangation der Reichsschatzanweisungen Die im Februar von dem Bänkenkonsortium übernommenen > 145 Millionen RM Reichsschatzanweisungen, die am 30. Sep tember fällig werden, sind nunmehr zum Lombardsatz der Reichs bank (814 Prozent) für vier Monate prolongiert worden. Wie die „Deutsche Allgemeine Zeitung" hört, enthält die Abmachung auch die Klausel, daß sich dieser Zinssatz im Falle einer während der Prolongationszeit eintretenlden Veränderung des Diskont- kyw Lombarbsatzes der Reichsdank entsprechend ändert. Vie Erryerbslosenversicberung Sozialpolitischer Ausschuß des Reichstages Im sozialpolitischen Ausschuß des Reichstages wurde 'die Einzelberatung der Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz gestern fortgesetzt beim Artikel 1 Ziffer 46. Sie schafft eine ge setzliche Rechtsgrundlage, um zur wirksamen Kontrolle der Ar beitslosen auf Nebenarbeit (Heimarbeit) die Wohnungen der Ar beitslosen zu betreten. 8 171 wurde mit den vorgeschlagenen Aenderungen genehmigt. Die vorgeschlagenen Aenderungen der Paragraphen 173 Absatz b und 174 zur Verschärfung der Sperrfrist und der Kontrolle der Meldepflicht der Arbeitslosen (88 90—93) beantragten die Abg. Aufhäuser (Soz.) und Ge nossen, zu streichen. Abg. Schröter - Merseburg (Komm.) beaa- tragte eine andere Fassung. Ministerialdirektor Dr. Weigert begründete die Vorschläge auf Aenderung, die eine Folge der bisherigen Boschlüste über die Schwarzarbeit pp. seien. Die Streichung der Zffser 47 wird ab gelohnt. Die Fassung der Regierungsvorlage wird mit 14 gegen 13 Stimmen angenommen. Weitere Aenderungen beziehen sich auf das Derufungsverfahren und die Verwaltung. Angenom men wurde folgende Ergäirzungsbestimmung: „Unbeschadet ber besonderen Bestimmungen, die nach diesem Gesetze für Hausge werbetreibende und Heimarbeiter bestehen, gelten Hausgewerbe treibende und Heimarbeiter im Sinne dieses Gesetzes als Arbeit nehmer." Im weiteren Verlauf der Sitzung beschloß der Ausschuß, hinter 8 218 folgenden 8 218--. einzufügen: „1. Arbeitgeber, die vorsätzlich oder fahrlässig in einer Bescheinigung, zu deren Aus stellung sie nach 8 170 Msatz 2 verpflichtet sind, falsche oder un vollständige Angaben machen, sind der Reichsanstalt zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. 2. Besteht der Schaden in Aufwendungen für Krisonfürsorge, so geht der Ersatz anspruch in Höhe dessen, was nach 8 162 das Reich von diesen Aufwendungen zu tragen hat, auf die Gemeinde über. Die Reichsanstalt ist bis zu einer entgegenstehenden Erklärung des Reiches oder der Gemeinde berechtigt und verpflichtet, den Er satzanspruch für Reich und Gemeinde geltend zu machen." Hinter 8 259 wurde folgender 8 259a eingefügt: 1. Arbeit geber, die vorsätzlich in einer Anzeige, zu der sie nach 8 170 Ab satz 2 verpflichtet sind, falsche ober unvollständige Angaben machen, werden mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Mo naten bestraft. 2. Wer dir Tat fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe bestraft." Am Mittwoch sollen die bisher zurückgestellten Hauptpunkte der Reform der Aroeitslosenversicherung vom Ausschuß bearbei tet werden und damit die erste Lesung beschlossen werben. Eine Erklärung äer Arbeitgeber verbau äe zur Reform ber Arbeitslosenversicherung. Die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände veröffentlicht eine Erklärung, in der es u. a. heißt: „Die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberver bände hat bereits im Mat dieses Jahres ein Pro gramm zu der dringend notwendigen Reform deS ArbeitslofenversicherungSgesetzeS unterbreitet, das un ter voller Wahrung des Versicherungscharakter» der Arbeitslosenversicherung und unter voller Anerkennung der Notwendigkeit diese» VerficheLungSWveige» eine