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Nr. 270 Mittwoch» äen 20. November 1929 24. Jahrgang ««halt«» Sl. «Milch«, V.k<m°Im<>chu°^>»,« «a,<« »« «,»«»»» ZMM /lnzeiger für -as Erzgebirge Oie berliner blätter zu äen Maklen Am allgemeinen sind die Berliner Blätter bei der Beurteilung der Wahlergebnisse sehr zurückhaltend, da die örtlichen Verhältnisse einen sehr starken Einsluk ausgeübt haben. Bon der. Mchrzahl der Blätter wird betont, daß es außerordentlich schwierig ist, politische Lehren aus dem Wahlsonntag zu ziehen. L!ie „Vosstsche Zeitung" (Dem.) erklärt: Im großen und ganzen scheint es, als hätten die Parteien der großen Koalition sich gut behauptet" und teilweise Fortschritte gemacht. In einer Anzahl preußischer Pro vinzen, die bisher eine Mehrheit der Rechtsparteien hat» ^n, besteht die Möglichkeit einer Umgruppierung im 6inne der großen Koalition. Nur das Berliner Er- :.dnis wird anders beurteilt: Tüe Kommunisten und Nationalsozialisten, also die Parteien, die unter keinen Umständen gewillt sein werden, agitationsfrete sachliche Arbeit zu tun, haben reichlich 3l) v. H. der Gesamö- sitze erreicht. - Tas „Berliner Tageblatt" Dem.) führt die Schwächung der Mitte in Berlin vor allem auf zwei Gründe zurück: die Zersplitterung der Mittelparteien, die ihnen die Anziehungskraft nimmt, und die Schar der Nichtwähler, die zum großen Teil den Kreisen der Mittelparteien zuzuzählen sind. Die allgemeine Lehre aus dieser Wahl sei die Einsicht in eine doppelte Notwendigkeit: Erneuerung des veralte ten Parteienshstems und Reform des Wahlrechts, das dieses veraltete System erhält. Tie „Germania" (Ztr.) schreibt: „Tie fort-i schreitende Radikalisierung auch in der KommunalPoli-8 rik kommt Mit besonderer Deutlichkeit in dem Ber liner Wahlergebnis zum Ausdruck. Tie Zentrumspartei hat in Berlin die Stimmenzahl der letzten Reichstags wahl erreicht, obwohl bedauerlicherweise in einem Wahlkreise die Zentrumsliste auSfiel. Tie Abendausgabe des „Vorwärts" (Soz.) be zeichnet als Ergebnis des Wahltages: Die Stellung der Sozialdemokratie in den Gemeinden und den Preu ßischen Prodinziallandtagen ist beträchtlich verstärkt. Zu dem Berliner Ergebnis sagt das sozialdemokratische Blatt: In Berlin ist die nominelle Mehrheit aus Sozialdemokraten und 'Kommunisten verstärkt worden. Eine praktische Arbeit mit dieser Mehrheit war nicht möglich. Die bisherige Etatsmehrheit existiert nicht mehr. Tie Zunahme der extremen Parteien auf der äußersten Rechten und Linken erschwert die künftige Arbeit der Berliner Stadtverwaltung. In der „Deutschen Allgemeinen Zei tung" (D. Bp.) heißt eS: Der Radikalismus rechts und links ist gestärkt worden, die Deutschnationalen haben verloren, die Sozialdemokratie hat gleichfalls Zitze eingebüßt, aber noch lange nicht genug, die Demo kraten sind in Berlin zusammengebrochen, die Deutsche Volkspartei hat aufgeholt. Die Nation befindet sich in einer geistigen Krise. Tie Gesundung ist noch weit. Oer?ag cles Volkseittlekeiäs Eine Reihe von EtnzelhvndelSverbänden hat bei dem Reichsminister des Innern Einwendungen gegen den auf den 22. Dezember festgelegten Termin für den Volksentscheid vorgebracht, da von ihnen erhebliche wirt» schaftltche Schädigungen de« Einzelhandel» befürchtet werden. Diesen Einwendungen gegenüber muß der Reichsminister des Innern zum wiederholten Male darauf perweisen, daß der Termin für den Volksent scheid einerseits durch außenpolitische, zum anderen durch technische Gründe zwangsläufig bestimmt ist. Weiterhin Haben auch gewerkschaftliche Angestell tenverbände sich mit Eingaben an den Reichsminister des Innern gewandt, die sich mit dem Termin des Volksentscheides beschäftigen. Tiefe Verbände teilen die wirtschaftlichen Befürchtungen, die die Organisationen des Einzelhandels ausgesprochen haben, keineswegs, son dern halten sie, wie z. B. der Deutschnationale Hand lungsgehilfenverband, für „durchaus abwegig". In dessen wird zum Ausdruck gebracht, daß der Hinweis des Ministers auf die Möglichkeit eines weiteres für den Verkauf freien Sonntags unliebsame Folgen für die Angestelltenschaft haben könnte. Dazu bemerkt per Reichsminister des Innern, daß sein Hinweis auf die genannte Möglichkeit lediglich au» ZuständtgkeitSgrün« den notwendig gewesen war, daß er aber keine Maß? nahmen befürwortet habe, die die berechtigten sozialen Wünsche der Angestelltenschaft irgendwie beeinträchtigen. Der umstrittene 8 4 — Die Abstimmung den Deutschnationalen sreigegeben Mehreren Mattem zufolge hat Hugenberg in der gestrigen Sitzung der deutschnationalen Reichstagsfraktion die Abstimmung zum § 4 des Volksbegehrens im Reichstag sreigegeben. der Segln» -er Saaroerhan-lungen un- -er Zweiten Haager Konferenz Tie französische Regierung hat nunmehr offiziell bei der deutschen Regierung angefragt, ob es ihr an genehm sei, daß die deutsch-französische Saarkommis sion ihre Arbeiten am 21. d. M. beginne. In be jahendem Falle schlage sie vor, die Eröffnungssitzung am kommenden Donnerstag um 11 Uhr vormittags im Gebäude des Ministeriums für auswärtige Ange legenheiten stattfinden zu lassen. Eine offizielle Benachrichtigung, daß die franzö sische Regierung den beteiligten Regierungen Vorschläge, die zweite Haager Konferenz am 3. Januar zu be ginnen, ist bis jetzt nicht erfolgt. Die Agentur Radio glaubt sogar zu wissen, daß dis offiziöse Mitteilung, wonach die französische Regierung als Zeitpunkt des Zusammentritts der Konferenz den 3. Januar vorge- schlagcn habe, nicht den Tatsachen entspricht. Tie Feststellung der BolkSstimmung in diesem! Augen blick hat für die wirklichen Entscheidungen keine große Bedeutung. Der „Berliner Lokalanzeiger" (Tjntl.) steht in den Nichtwählern, die fast ausnahmslos den Bürgerkreisen angehörfen, den Grund für den Aus gang der Wahl in Berlin zugunsten der Linksparteien. - Tie „Deutsche Tageszeitung" (Dntl.) be-^ zeichnet es als erfreulich, daß die Polnische VolkSpartet sowohl in Ostpreußen wie in Oberschlesien noch weiter j znrückgegangen ist und sagt: Einige tausend Seelen in! einem Volk von mehr als 60 Millionen bedeuten eben' nicht mehr das, was nach allgemeinem Sprachgebrauchs als Minderheit gilt. — Tie „Kreuzz eitung" (Dntl.), verzeichnet daS Wachsen des Radikalismus, insbeson-j oere den „unbestreitbaren parteipolitischen Erfolg" der Nationalsozialisten. Tie Deutschnationalen haben sich durchschnittlich gehalten, aber im ganzen hvt sich ge zeigt, daß die Parole gegen den Marxismus nicht aus- retcht, um da» Bürgertum zusammen zu schließen und politisch gegen Sozialdemokratie und Kommunismus zu aktivieren. Denn e» fehlt dieser Parole ein genügen des positiv erkennbares Ziel und defensiv läßt sich der Kampf allein nicht mehr führen. Da» wird be sonder» zu beachten sein bet künftigen Erwägungen und wird auch für die Deutschnattonale VolkSpartet auf ihrem Parteitag in Kassel eine große Rolle spielen. - Me „Deutsche Zeitung" (Dntl.) propagiert eine „Nationale Front gegen ultra,rote» Berlin" und sagt: Tie neue Note im Rathau« wird neben dem BerniH? tuneSkamPf der Kommunisten gegen die Sozialdemo kraten der Kampf de» nationalen Block» gegen die ge schwächte Sozialdemokratie sein. Die „Welt am Abend" (Komm.) triumphiert: Kommunistischer Wahlsieg in Berlin und kündigt al» nächste Hauptaufgaben der revolutionären Organisation »en „die Aufrüttelung de» flachen Laude»" an. Die Wahrheit über Afghanistan Ein geschichtlicher Rechenschaftsbericht Als am 18. Januar d. I. de: Sohn des Wasserträgers sei nen Einzug in Kabul hielt, befand sich der zurückgetretene König Aman Allah in Kandahar und sein Bruder, der Dreitag«, lönig Inayat Allah, war auf dem Wege zu ihm. Ueber Nacht war das ganze Gebäude der königlichen Reformen Aman Allahs zusammengebrochen. Die königliche Armee hatte größtenteils ausgehört zu «Mieren. Was von ihr übriggebfteben war, geigte sich gleich in Djallalabad, wo der letzte Innenminister Aman Ullchs, Ali Ahmad Nm sich häuslich «inrichtete und mm König der östlichen "Provinzen ausrufen ließ. Seine Herrlichkeit war jedoch von kurzer Dauer, denn die östlichen Stämme erkannten ihn nicht an, gingen am i>. Februar zum offenen Angriff gegen ihn über und schlugen ihn so schwer aufs Haupt, daß er froh war, mit dem Leben davon-ukommen und nach Kandahar fliehen zu können. Djallaläbad wurde von den östlichen Stämmen am 10. FÄbruar im Sturme genommen und geplündert. Was von der Stadt noch übrig blieb, zerstört« die «Mosim des Pulver- Magazins. Die Stämme des Ostens beschäftigten sich in der nächsten Zeit mit ihren eigenen inneren Ange egenheckon. Sie ließen Bacha-i-Saquao in Kabul Ruhe, w,e dieser auch die östli chen Stämme frei schalten ließ. Der Sohn des Wasserträgers nannte sich nach seiner Thron besteigung Habib Atta- GH asi. Er begmn a sbald mü Truppenaudhebungen in Koh-i-Daman und Kvhistrn. Sein« Arm«in Kabul soll sich im März aus 10 000 Mann belaufen Tn. Er sandte alsbald Streitkräfte gegen den Stamm Hazara, der Aman Allah treu blieb und gegen die Stamme der Tagavis und Wardüks, die ihn nicht anerkannten. Sm April standen nicht weniger als drei verschiedene Truppen gegen />abib Ullah Masi im Feld«, nämlich Aman Allah 'n Kandahar, die Hazara« in Maldan und Nadir Khan in den südöstlichen Provinzen. Dmeral Nadir Khan »ar aus Südfrankreich am LS. «Februar in Peschawar (BriM-Indlen) an-^ommen. Nachdem «r hier an der indisch-afghanischen Grenz» di« Zustände verek-igung ürs KrkchswkrtsHaftsmlnkstrrs Maßnahmen zur Betreuung der russisch«, «olouffteu Dor Eintritt in die Tagesordnung der gestrigen Minister-«. sprechuaa lecktet« der neuernannte Reichüwirtschaftsminlskr Prof. Dr. Moldenhauer den Eid aus di« Verfassung. Das Neich-kadinett beschloß, entsprechend den Verein- baningen der Parteiführerbesprechung, Reich,mitwl zu« Ab transport und vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland der in Moskau angesammelten beutschstämmigen Kolonisten derettzn- stellen. Zum Reichskommissar zur Betreuung der Kolonisten wurde der Reichstags abgeordnete Stückle« bestellt, der ähnlich« Ans- gaben bereits mit Erfolg gelöst hat. Maßregelung Sucharlns Verwarnung der übrigen Rechtskommunisten Neber die vom 10. bi» 17. November abgehaltene Plenarversammlung de» Zentralkomitee» der Kommu nistischen Partei der Sowjetunion wurde gestern ein Bericht veröffentlicht, in dem es heißt: „Da» Plenum des Zentralkomitees hat u. a. die Frage der Rechts gerichteten geprüft. Im Hinblick darauf, daß die Füh rer dieser Gruppe Bucharin, Rhkow und TomSkt sich von ihren Fehlern bisher nicht losgesagt haben, be schloß da» Plenum. Bucharin au» dem politischen Büro des Zentralkomitee» der kommunistischen Partei der Sowjetunion zu entfernen < Ten übrigen wird die Warnung erteilt, daß im Falle de» geringsten Versuche» Ihrerseits, den Kampf gegen die Linie oder die Beschlüsse der Partei fortzusetzen^ die Partei ungesäumt gegen sie entsprechende organisatorische Maßnahmen ergreifen wird. Uglanow und mehrere andere Rechtsgerichtete teilten ihren Bruch mit der Rechten mit. Da» Ple num beschloß, den nächsten Parteitag im Mat 1S30 einzuberufen." Auslieferung Dessedowrki»? Eine Unterredung, die der französische Minister präsident Tardieu vorgestern mit dem Sowjetbotschaf ter Dowgalewski hatte, bezog sich nach dem „Echo de Paris" auf den Fall des ehemaligen Botschaftsrates Bessedowski der Pariser Sowjetbotschaft, dessen Aus lieferung die Moskauer Regierung zu beantragen be absichtigen soll. Protestkundgebungen gegen die Reparationszahlungen in Sofia Auf Veranlassung der Verbände und Geschäftsleute in So fia (Bulgarien) schlossen geistern sämtliche Derkaufsläden und Lo kale für zwei Stünden als Protest gegen die Reparationslasten. Sm Königlichen Theater sand eine öffentlich« Versammlung statt, in der Reden über die Reparativnchrage gehalten wurden. in feiner Heimat studiert hatte, entschloß er sich weder -u Aman Allah nach Kandahar noch zu Habib Allah nach Kabul'zu gehen. Er zog durch den Kurran-Paß nach Khost, wo fein Ein fluß unter den Stämmen groß war. Er kam hier am 8. März an und fand sofort die 'Unterstützung seiner drei Brüder Shah- Mali, G-ah Mahmud und Mahomed Hasham Khan. Auf dies« Nachricht hin zog Habib Allah das ihm erreichbar« Vermögen des Generals ein und setzte seine Familienangehörigen als Geisel test. Der erste Vorstoß Nadir Khans gegen Gard eg scheiterte an dein Verrat des Ghaus-ud-Din, eines Gilzai-Führers, der von dem General zu spät entdeckt wurde, sodaß der Verräter sich noch rechtzeitig der Rach« des Generals durch fein« Flucht auf briti sch«« Hoheitsgebiet entziehen konnte. Am 22. April, S Tage nach der Eroberung von Garbe,, fand hier eine große Versammlung von 6000 Achmadzais Md Mangals statt, die damit endete, daß beide Stämme Nadir Khan ihre Unterstützung im Kampf« gegen den Sohn des Wasserträger, zusagten. Nadir Khan mußt« jedoch den Stämmen da, eidlich» Versprechen abgeben, daß er nicht für di« Wiedereinsetzung Kö nig Aman Allahs kämpft. Sn der Zwischenzeit hatte sich auch Aman Allah auf den Marsch gegen Kabul gemacht. Sein« Trup pen wurden aber Mich von Gagni infolge d«, Derrat, der Milzais geschlagen. Am SS. Mai verließ Anian Allah mft sei nem Brüder Inayat Allah da» Land. Sein letzter Snnemcknistrt Mi Ahmed Han glaubte erneut an «ine günstige Gelegenheit und rief sich jetzt -um König von Kandahar au». Aber di« TH'lM» und die Truppen Habib Allahs eroberten sehr schnell Kandahar und führten den königMsternen Innenminister al» Gefangenen nach Kabul. - Sm Mai erschien in den nördlich« n Provinzen Ascha- nlstans von Sowjetrußlünd her GeneralGhula m Na bi, ein Anhänger Aman Allah», mit turkomanischen Mb uchekischen Trugen imd eroberte Mazar-I-Shari», wo Hch«b Allah »wen Gouverneur eingesetzt hatte. General NM dr^ Heg- reich gegen den Süden vor, er -wang auch Hab» Allah Ghasi ein, namhaft« Streitmacht ihm entgegen -u »"fen, doch der ganze Vormatsch in sich Ä<MMM,al^G«nml öi.Na^ richt von der Flucht W»aa Allah« »ach Sadtea «hielt. Anfang