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Donnerstag» üen 2S. November 1929 L,i»a»amm,: Las'dla« SalhaUeaö -k amtlichen vrkaaatmachua-ea -es Nates -er Eta-t UN- -es Amtsgerichts sirre. Postfl),ck.K,NI» r 5ml Lip^g a, 1^, Nr. 27S - Donnerstag» äen 2S. November 1929 " 24. Jahrgang Llemeneeaa in Versailles Tallry««- m»d Tlemenceau — Da« französisch« Programm — Tlemenceau» Leitmotiv — Tlemenceau «nb Lackstu Georg« Tlemenceau, der ,Water des Sieges", stack am Sonntag 1 Uhr LS Min. In Paris und mucke am Montag nach mittag in seiner gelickten VendeS beigesetzt. Einsam wie es in den letzten Jahren nm ihn Mar, wollte er auch begraben «ecken. Nur wenige Freund« dursten ihm di« letzte Ehre erweisen. Ein nationales Begräbnis verdat er sich ckenso entschieden, wie die Beteiligung der französischen Regierung. Dagegen verordnet« er, daß sem Sarg stehend in die Grude versenkt «ick. Er wollte auch in» Tod« aufrecht bleiben. So endete der „Tiger". Mr bas deutsche Volk der Gegenwart und di« kommenden Geschlechter ist ungleich wichtiger als der Hingang und die letzte Ruhestätte Elemenceaus sein« hochpolitische Tätigkeit während der Friedensverhandlungen in Versailles. Tlemenceau war der Vorsitzende der Versailler Friedenskonferenz und in der Diplomatie ein weit bedeutenderer Stratege als Foch im Kriege. 6n dieser Kunst stehen die Franzosen wohl allen Völkern voran, schreibt Präsident Wilson in seinen Memoiren. So erzielte Talleyrand in Wien, — obwohl er eine be siegte Nation vertrat, einen gefährlichen diplomatischen Triumph. Auch in Paris zeigten die düsteren Tage der Frickensverhand- lungm die gesamte alte diplomatische Technik in höchster Voll endung. Bereits lange vor'Kriegsende lag das französische Programm fertig durchdacht bereit. Wesentliche Teile waren sorgfältig in dem Gewebe zahlreicher geheimer Verträge verstrickt. Lange bevor es der Welt bewußt wurde, daß ber beispiellos« Waffenstillstand einen Teil des Friedens darstellte, waren schon gewisse Elemente des französischen Programms schlau in den Wasfenstillstandsbckingungen untergebracht worden. Es. war daraus berechnet, Frankreich allein zur gesichertsten und mächtig sten Nation auf dem europäischen Festland« zu machen. 8n der französischen Diplomatie gab es in Versailles ein« gemäßigtere Strömung, die von L 6 on Bourgois vertreten wurde und «ine radikalere, für die PoincarL, Pichvn und Tar d i e u zeichneten. Tlemenceau nahm als kluger poli tischer Führer eine Mittelstellung zwischen diesen beiden diploma tischen Richtungen ein, benutzte aber, wo es nötig schien, beide. So ost diese reaktionären Diplomaten in Mittel- und Osteuropa in eine Intrigue verstrickt waren, desavouierte er sie — falls es herauskam. Er besaß höhere Klugheit und ein feineres Gefühl für dir Realitäten als die Mhrer irgend einer anderen Partei. Sein politisches Leitmotiv war sehr praktisch: durch dick und dllnn fest an dem Bündnis mit Amerika und Großbritannien zu halten. Er versuchte so weit wie irgend möglich, ihnen eine Unterstützung des französischen Pro gramms abzuringen, aber am wichtigsten erschien ihm stets, die Entente aufrecht zu erhalten. Tlemenceaus Diplomatie war es, die Frankreich leitete und seinen Kurs während der Friebensverhandlungen bestimmte. Auf sein Betreiben hin kam es zur gewaltsamen Abtren nung deutscher Gebietsteile und ihrer Annek tion durch Frankreich und seine Freunde. Auch das genügte ihm nicht, denn sein Endziel war die „Zerschmetterung des deutschen BIo ck s", die Auflösung des deutschen Reiches in seine Teile. Wörtlich heißt es in dem französischen Programm vom November ISIS: „Wir sind daran interessiert, den Föderalismus zu begünstigen." g Sicherheit stand stets an der Spitze des französischen Programms, sogar vor den Reparationen! Auch wenn der ge samte wirtschaftliche Organismus Deutschlands zerstört worben wär«, in dm Augen Elemenceaus war das umso bester, denn umso größer würde dadurch die Sicherheit Frankreichs. Eine von Tlemenceaus rechter Hand, dem gegenwärtigen Ministerpräsiden ten Tardieu, aufgesetzte fürchterliche Denkschrift, gewährt heute noch einen tiefen Einblick ni die französischen Pläne. Der Verlust des linken Rheinufers, führt Tardieu aus, zusammen mit dem von Elsaß-Lvthringen, raubt Deutschland 8 Prozent sei nes Gebietes und bedingt einen Verlust von 1'1 Prozent seiner, Bevölkerung, 16 Prozent seiner Eisenbahnen und seines Luftver-, kehrs, 67 Prozent seine» Weinbaues, 12 Prozent seiner Kohlen mengen, SO Prozent seiner Eisenerz«, wenigstens SS Prozent s«i-> ner Hütten und SO Prozent feiner TeMndustrie. Elemenceaus ursprüngliche Absicht war das lknkeRhekn- ufer dauernd zu besetzen und nicht nur die Ausführung de» FrickenUvertrag» zu sichern. Dl« Hauptmerkmale des Programm» der Sicherheit waren folgende: 1. Französische Militärkontrolle de» Rhein,. 2. Ein« ständig« Allianz brr Großmächte, um Frankreich in feinem Besitz zu hal ten. S. Schaffung einer Anzahl kleinerer Staaten, um Deutsch land von Osten her -u bedrohen. 4. Gebietsverkleinenmg des Deutschen Reiches. 6. Verkrüppelung der deutschen politischen Organisation. 6. Entwaffnung Deutschland», aber nicht der Alliierten. 7. Schadenersatz bi» zur Vernichtung. 8. Raub wirtschaftlicher Hilfsquellen. 9. Ein« Reih« geschäftlicher Ab- kommen »um Vorteile Frankreich, und zum Nachteile Deutsch lands. Das ist wörtlich zu finden in den Memoiren und Doku menten über den Vertrag ^u Dersatlle, de» amerikanischen PrMenten Wvvdrow Wilson. Gin Vergleich mit dem, was Tlemenceau in Versailles erstrebte, mit dem, was « sodann in zähem Rln^n mit dm» Präsidenten Wilson tatsächlich erreichte, «nb schließlich mit uns«, rer heutigen Lage, zeigt, wie tief wir durch dm ßuf<unmendruch de» Weltkriege, nationalpolitisch gesunken waren, und wie «eit wir um» in den letzten elf vahrm bereitz mw drr Versenkung herau»ackeit«ren. Der «ater de, fraEschen Siege,,Georg« Tl,«eae.au, «roße «eaMenverächk«, A Na» s«i««« V»A« geLa», kei«f Da»L «st «i» Vahr» Regierrmgsbeschlüffe zur Agrarzollvorlage In der letzten Woche sind in der TageSpresfs wi dersprechende Mitteilungen über den agrarpolttischen Inhalt der neuen Zollvorlage erschienen. Zur Besei tigung dadurch entstandener Zweifel wird nachstehend über den endgültigen Inhalt der Regierungsvorlage von zuständiger Stelle mitgeteiltr Auf dem Getreibegckiet: Lite Preise für die Hauptgetreidearten sind zurzeit ungenügend. Tier Erzeuger bekommt nicht die seinen Gestehungskosten entsprechenden Preise gezahlt, während andererseits der Verbraucher von den niedrigeren Prei sen keinen Vorteil gehabt hat. Lite Reichsregierung beabsichtigt durch eine Reihe von Maßnahmen für die einzelnen Getretdearten die Stabilisierung der Preise auf einem angemessenen Ni veau zu erreichen. ES sollen deshalb für die Hauptgetreidearten und für die Erzeugnisse daraus bewegliche Zölle eingeführt werden. AIS Normalzölle für Getreide sollen die ge genwärtigen autonomen Zölle gelten. Eine Verände rung dieser Zölle soll eintreten, wenn jsveils für die Zeitdauer zweier Monate die für die einzelnen Ge treidearten festgesetzten Normalpreise überschritten oder unterschritten werden. Zn diesen Fällen werden bei Unterschreitung der Preise der gegenwärtigen autono men Zölle um je zwei RM erhöht, während sie bei Ueberschreiten der Normalpreise um je zwei RM er mäßigt werden. Als Normalpreise werden bet Wei zen und Braugerste Preise zwischen 250 und 270 RM und für Hafer und Roggen zwischen 220 und 240 RM jje Tonne angesehen. Der Mehlzoll soll in Zukunft aus das IVrfache des jeweils geltenden Weizenzolles zuzüglich einer Schutz spanne von 3,75 RM festgesetzt werden. Eine Stützung des Weizenpreises wird außerdem durch die Beibehaltung des BermahlungSzwanges für Jnlandsweizen in der bisherigen Form auch für die zwei nächsten Monate erreicht werden. Tie Absicht, den VermahlungSzwang für Weizen nach Ablauf dieser Mo ¬ do« Suttergerste zu dem bisherigen niedrigen Zollsatz c>o möglich sein. Im übrigen wird der Zollsatz von Suttergerste auf fünf RM festgesetzt wer- N Diese ganze Regelung .soll aber nur für da» Jahr 1930 gelten. « ..6* ist zunächst daran gedacht, de« Zollsatz für Suttergerste von zwei RM an die Bedingung zu knüpfen, daß für sieben Zentner Gerste drei Zent«« gekennzeichneter Roggen abgenommen werden müssen. Tie ReichSregterung soll die Möglichkeit haben, dieses Verhältnis zu ändern, wenn die Entwicklung de» Schweine- oder des RoggenPretseS die» erforderlich macht. Hand in Hand mit der vermehrten Berfütterung von Roggen soll die Einlagerung einer größeren Menge Roggen gehen. Tie Neuregelung der Getretdezölle macht e» er forderlich. auch die Einfuhrscheine neu zu regeln, wenn in Zukunft bewegliche Zölle in Kraft gesetzt werden sollen, besteht die Gefahr, datz da» System der Einfuhr scheine zu Spekulationen auf Kosten der ReichSkasfe auSgenuht wird. E» ist deshalb notwendig, den Wert de» Einsuhrscheine» nach dem niedrigsten für di« Zu kunft vorgesehenen Zollsatz zu bemessen. Da» bedeutet, daß der Wert der Einfuhrscheine bei Roggen und Hafer von 6 auf 5 RM und bet Weizen von 6,ö0 auf 5,50 RM herabgesetzt wird. Entsprechende» gilt für die Einsuhrscheine für Müllereierzeugnisse. Nachdem für da» Zahr 1930 zwei Futtergersten- zölle gelten sollen, wird e» möglich sein, den Ein fuhrschein für Braugerste, dessen Wertbestimmung bi» her der Zollsatz für Futtergerste von je 2 RM zu« gründe gelegt wurde, aus 3,50 RM je Doppelzentner zu bewerten. Dadurch wird bi» zu einem gewissen Grave dem seit langem geäußerten Wunsch der Brau' gerste bauenden Landwirtschaft auf Erhöhung de» Wes tes der Einfuhrscheine Rechnung getragen werden. Dkh «ck Fletsch nate ohne weiteres herabzusetzen, — wie die» eine Tageszeitung berichtet hat —, besteht nicht, vielmehr ist vorgesehen, den VrmcchlungSzwang solange betzube halten, als die Preisentwicklung für Jnlandsweizen und die Vorräte dies angezeigt erscheinen lassen. Um eine wcltere Handhabung für die Stützung der Roggenpreise zu bekommen, soll «in verstärkter An reiz zur Versütterung von Roggen gegeben werden. Es soll Roggen, für dessen Verbilligung, bis zu 20 Mil lionen RM berettgestellt werden sollen, aus den Er- zeugergebiete» des Ostens nach den Hauptverbrauchs gebieten. namentlich im Westen, gebracht und dort an Schweinemäster geliefert werden. Nur solchen Schweine- mästern, 'die derartigen verbilligten und gekennzeichj- neten Roggen beziehen soll in Zukunft die Einfuhr Entsprechend den Beschlüssen de» Handelspoliti schen Ausschusses de» Reichstage» sollen di« Zölle für Rindvieh auf 27 RM und für Schafe auf 22,50 RM je Doppelzentner, die Mindestzölle auf 24,50 und 22,50 RM festgesetzt werden. Hinsichtlich de» Schweine zolles wird davon ausgegangen, daß bei einem Preis stande von 70 bi» 85 RM je Zentner Lebendgewicht der gegenwärtige Zoll je Doppelzentner ausreicht. Wird der Preis von 70 RM unterschritten, so wird der Zoll um 50 v. H. erhöht, wird der Preis von 85 RM Überschritten, so wird der Zoll um 50. v. H, ermäßigt. Entsprechendes gilt 'für die Regelung de» MindestzolleS für lebende Schweine. — Der g^emvär- tige autonome Zoll für Fletsch (45 MM je Doppeb- zentner) wird beibehalten. 1920 ins Elysee einzicken wollte, fiel er bei den Wahlen durch. Er verachtete di« Menschen, alle Menschen, auch sem eigenes Volk. Vie Deutsche Volkspartei forciert einen Zparciiktaior Gin bereits am 26. November gestellter und gestern dem Reichshaushattsauufchuß zugegangener vol-ksparteillcher Antrag fordert die Einsetzung eines Soardiktators. Der Antrag verlangt im wesentlichen, daß der Reichsispurkommissar ein« dck Reichs regierung gegenüber selbständige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Reichsbehörde ist: der Kommissar nimmt an den Sitzungen der Reichsregieruna Mit beratender Stimme teil und kann in allen organisatorischen, finanziellen oder sonstigen mit seinen Aufgaben in Verbindung stehenden Angelegenheiten Anträge stellen. Er ist auch befugt, sich an den Sitzungen de» Reichstag», des Reichsrats und des Reichswirtschaftskate» sowie ihrer Aus schüsse zu beteiligen ober Beauftragte in dies« zu entsenden. Gut achten kann er ohne Aufforderung von sich au» abgcken. Der Reichssparkommissar Muß oom Reichssinanzminlster vor ber Ge nehmigung von Hauvhaltsüberschreitungen und außerplanmäßigen Ausgaben gehört wecken. WM der Reichsfinanzmlnister ent gegen dem Gutachten de» Reichskommiffar» entscheiden, so hat er dem Rckchssparkommissar hiervon Mitteilung zu machen. Der Kommissar kann dann die Entscheidung der Reichsregierung an rufen. Entscheidet dies« gegen ihn, st muß auf Verlangen des Reichesparkommissar» «Ine erneute Abstimmung erfolgen. In dieser Abstimmung ist eine Entscheidung gegen da» Gutachten des Reichskommissar» nur möglich, wenn sie von der Mehrhckt sämt licher Mitalicker beschlossen wirb und der Reichskanzler mit der Mehret stimmt. Dm Reich^parkommlsiar ist berechtigt, in alle« Vcrwaltungsxvet-en der Reichckehöcken Prüfungen vortzunehmen und such »Mch« Besichtigungen. Er kann Prüfungen und Vs- sthkisMW« auch bWch bMqtragtti HschsmstLckkg» «naechaw» lassen. Ebenso kann er jede Auskunft verlangen. Die Behörde« sind verpflichtet, diese Auskunft zu erteilen. Mit Zustimmung der Landesregierungen kann der Reichskommissar auch in den Landes- und Gemeindebehörden Prüfungen und örtliche Besich tigungen vornehmen. Seine Stellung soll in allem tatsächlich die einer selbständigen obersten Reichsbehöcke sein. Bei der Besprechung des Antrages im HaushaftsauAchuß erklärte sich Adg. Dr. Tremer mit einer Aufschiebung ber Bera tung einverstanden. Clsaß-Lothringen ist äeutsch Lke französisch« Kammer hat gestern da» Budget für Elsatz-Lothringen verabschiedet. Dabei karrt e» zu einer Debatte über die Eprachenfrage. Der Enten» staatSsekretär bet der Mtntsterpräsidentschaft, dem die elsaß-lothringischen Angelegenheiten mrterstchen, Mar cel Heraud, gab über die Frage folgende Erklärung abr ,Zch wiederhole, daß die deutsche Sprach« int Er satz alle Bürger lernen müssen, damit alle hie, die elsaß-lothringischer Abstammung ftnd> untereinmrder di« Sprach« verstehen, unter der sie aufgewachsen find. Ich wiederhole aber auch, daß alle französischen Vürgev die französisch« Sprach« lernen müssen. Ich werde da für sorgen, datz di« elsaß-lochringische verwaltung, na- menttich die Justiz, der deutschen Sprache mächtig A well ich als Rechtsanwalt von Beruf» wegen schon den Wunsch 'habe, datz die VerteidtgungMckgltchkeit Gericht vollständig gewahrt wird. Sch^bepeinllch« Zwischenfälle erlebt, wenn jentand dar Gericht stch nichts dem «erichtchof verständigen U will dies» Schwierigkeiten in »eitest« D»«n»aß» v»