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24. Jahrgang Irettag» äen 13. Dezember 1929 Nr. 2SS .. . L. das Mitglied sich weigert, der Anordnung Folge zu leisten, di» zu 60 SttzungStagen auSschließen. Für Zeit bi» -um Ablauf der AuSschlußfrist ruht die Be rechtigung zum Bezug der Wüten und zur Benützung de« Areifcchrttarte. In namentlicher Mbsttntmung wurde di« Bestim mung über verlängert« Gntztetzung der Diäten und der Freifahrttarte mit 304 gegen 81 Stimmen bei 49 Enthaltungen angenommen. Die übrigen Bestimmung gen wurden gleichfalls angenommen. Der dritten Be ratung der Vorlage wurde von den Kommunisten wi dersprochen, so daß sie erst später stattfinden kann. ES folgte die zweite Beratung de» Gesetzentwurf» zur Regelung älterer staatlicher Renten. Die Vorlage wurde in zweiter Beratung angenommen. Nach kur zer dritter Beratung folgte die namentliche Schlußab- stimmung, in der die Vorlage mit 302 gegen 106 Stim men bet neun Enthaltungen, also mit der für ver fassungsändernde Gesetze erforderlichen Zweidrittelmehr heit angenommen wurde. UM 6»/, Uhr vertagte sich da» Hau» auf Don nerstag S Uhr. Aus der Tagesordnung sttht al» ein. -iger Punkt „Entgegennahme einer Erklärung der Retchsswgteruag". Verschärfung -er Geschäftsordnung im Reichstag Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung de» Reichstage» stand al» erster Pun» die vom Geschäft»!- ordnungSauSschutz dorgeschlagene Novelle zum Diäten gesetz, die dem Präsidenten stärkere Machtmittel gegen ördnungSstärer geben will. Der Präsident kann da nach et» MUgü« D» »>t Eü LtPmMase» und, faw l ober ist, bah fft. On mg und Metern, at Man als mit wmmen ständig r Dach, n durch s hohen Wesen als <n a. Die tragen. ! Lampe e er sa li Acht le. «r en Ker- hnachts- ie HM. »er war Zavillas Korn- ! wollte isperten. ren in» ungläu- nb doch Er sah 'Lnnlein Haaren f einem leichholz . jubelt« neu konnte damit rechnen, daA da» Finanz- und Steuerprogramm der ReichSregterung von den Koalitionsparteien innerhalb 24 Stunden angenommen ist. Lite Schwierigkeiten, die sich jetzt aber herausge stellt haben, haben eine Verschärfung der Lage her beigeführt, die sehr leicht in eine schwere innerpoli,» tische Krisis hineinführen kann. Man wird nicht sagen können, daß die Parteien ahnungslos in diese Krise hineinschlittern, denn nach, Lage der Dinge kann es keinen Parteiführer geben, der nicht weiß, was auf dem Spiele steht. Von sämtlichen Reichstagsfrakttonen fand die Bayerische Volkspartei als erste den Mut, zu den Finanzvorschlägen der Reichsregierung Stellung zu nehmen. Tlie Fraktion unterscheidet in ihren Beschlüs-! sen scharf das Sofortprogramm des Kabinetts! von dem Späterprogr amm. DaS Sofortprogramm der Regierung, das eine Erhöhung der Tabaksteuer und die Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenver sicherung um ein halbes Prozent vorsieht, wird von der Bayerischen BolkSpartei gutgeheißen und durch ein Vertrauensvotum sanktioniert. Das Späterprogramm. vornehmlich die Biersteuer, lehnt die Bayerische BolkS partei jedoch ab. Auch das Zentrum kam zu einer vielsagenden Entscheidung. Die Fraktion billigte da» Finanz- und Steuerprogramm des Kabinetts, verlangte jedoch, daß sämtliche Koalitionsparteien des Reiches die gleiche Haltung einnehmen. Nur hinsichtlich der Ausführungs gesetze äußerte das Zentrum einige Sonderwünsche. Die Deutsche BolkSpartei konnte am Dienstag abend zu keiner Stellungnahme kommen. Rach ihrer Frah- tionssitzung vom Mittwoch früh! wurde ein 'Beschluß bekannt, nach dem die Fraktion keine Möglichkeit Mo, dem Finanzprogramm in seiner vorliegenden Form zu zustimmen. Diese angeblich parteiamtliche Mitteilung wurde abpr schon sehr bald wieder parteiamtlich in Abrede gestellt. In Wirklichkeit ist die Deutsche BolkS partei dagegen, daß in dem Sofortprogramm auf ihre Kosten Vorleistungen geschaffen werden, wenn nicht das Späterprogramm mit dem Sofortprogramm verbunden wird. Die Deutsche BolkSpartei verspürt also keine Lust, der Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbei träge beizupflichten, wenn sie nicht die Sicherheit da für hat, daß auch die übrigen Teile des Finanzpro gramms, vornehmlich die Senkung der Realsteuern, durchgeführt wurden. I Tie größten Schwierigkeiten machte die sozial demokratische Reichstagsfcäktion. Obwohl Reichs kanzler Müller und Reichsfinanzminister Dr. Hilfer- ding der Fraktionssitzung am Dienstag abend beiwohn ten und sich sehr energisch für das Finanzprogralmm einsetzten, konnten sie nicht durchdringen. Ohne Beschluß ging die Fraktion in später Abendstunde auseinander. Auch die JraktionSsitzung am Mittwoch früh verlief ergebnislos. Wenn somit auch keine Beschlüsse vor liegen, so wissen die sozialistischen Reichsminister, daß die sozialdemokratische ReichstagSfraktion da» Finanz programm ihres Kanzlers und ihres ReichSfinaNzmi- nisters ablehnt. Lakonisch schreibt der „Vorwärts" am Mittwoch abend: „Der wahrscheinliche weitere Gang kleinen, rauchte, genau. t. Das chöichoit t. Sch chönheit mschen- nte au« n Reue tzavilla ne, baß >rn Sie lang »u >e mein Lungen Hauptvereln -er konservativen gegen -le Mustrittsbewegung Am Dienstag, fand im Landwehrkasino tu Berti» bi» dtw- jährige Mtgliederversmttmilumg de* Hauptveretn» »er Kmstwa- tiven statt. Auf Vorschlag tze, Vorstand« Mutze »m Wage »er Absplitterung vom der DN.VP. sÄamde En-chtt-ßmm *u»e- nömmen: „Der Laupttxrein tzer Konservative» verurteilt «ach. drückltch den Austritt einer Anzahl deutschnatiomäler Abgeordneter au» "der Fraktion al» ^konservativ, well sie tzotzurch »in» ver bereiche Schaukelpolitit unterstützm und ein« wichtige Machtposi tion schwächen. Der Hauptverein ve-rwcchrt sich -ageo«, daß dies« Herren die BezeichnMg ^konservativ für sich st» Zlnspruch nehmen." Eine Erklärung ber Hamburger bentschrmOonal« Aagestellteuschast Da» Hamburger Fremdenblatt veröffentlicht «sine Erklärung des Ängestelltenausschuffe» der Deuchbnotionulem BolkSpartei, st» der es u. a. heißt, die AngestMenjschaft stn Lanbevveydanb Ham burg der deutschnaÄvnalen Vvlkspartri sieh« «lmnsttig und sie- schlossen hinter ihrem Führer, dem Reichstagsabgevrdmetem Lam bach. Sie fordere in dieser SchtcksalMund« mit allem Erttst den Rücktritt de« Parteiführer« Hugenderg, cha nur", st heißt «, weiter, «durch fest»« EinMHM und fein Hm^chsmchMrtzä« Äes« ««st» SÜj» «wstehm Loaatt." LE lWALMP schtstPr M« Der Neichswirtschaftsmimster zur Neichsstnanzreform Ln der öffentlichen MitglieberversamaMmg de» Ntichsver- brndes der deutischea Industrie, zu ider mehr al» 3000 Deitzützmer erschienen waren, Hielt der RetchUwirffchoffUmimister Proßesfvr Dr. Moldenhauer eine Rede, in der er u. a. sein« llederzeugüng ausdrückte, daß die 'große und ungeahnte Entwicklung der deut schen und europäischen Wirtschaft im vergangen«« Jahrhundert der rkapitalMchm Wirtschaft, der privaten Initiativ« und Dren» Gewimistreden zu danken sei. Das kapitalistische Wirtschafts system .neige sich nicht dem Untergang zu, um einem «dem System Platz -u machen, sondern gerade di« kapitalistisch« System sei es, durch das man nicht nur die Schwierigkeiten Deutschlands, sondern auch >ker anderen Länder bekämpfen und beseitigen könne. Diesen Eindruck habe er besonder» auch aus seiner Amerika«! se gewonnen. Di« .kapitalistisch« Wirtschaftsord nung könne sich freilich .nur halte«, wenn Arbeitgeber uttd Ar- beittrehmer sich die Hände reichen. Zur Finanz- wiw Steuerpolitik sagte der Minister, die Wirtschaft müsse di« Schwierigkeiten der Durchführung der Reichsfinanzreform berücksichtigen. .Das R<- sormprogramiin der Regierung ist auf heftigen Widerstand ge stoßen, aber «s dürfe nicht durch di« Kritik getötet werb«», sodaß die in ihm enthaltenen Bestrebungen restlos erstickten. Ls sei der ernste Wille der Reichsregierung, die große Reform nicht durch ein Sofortprogramm, sondern gleich ganz und gar durchzuführen. Vie »Tarifs kict of 1S2S- — Amerikas Zollpolitik Ast« Hm»«« Dtlhttm Reuß, Berlin E» ist «im seltsam« Fügung, daß gerade jetzt dl« Tollpolitik b«r Bereinigten Staaten in den Brennpunkt der Erörterung ge treten ist. Mitten in dem Muß der Diskussionen Über die Ver schuldung Europa« an Amerika traf bi« Nachricht, daß dem ame rikanischen Repräsentantenhaus di« „Tarifs Act vf 1929" zu gegangen ist, die eine Erhöhung der amerikanischen Zollsätze um 20 bis 30 Prozent bedeutet. Diese vereinsstaatliche Zollnoveil« ist weltwirtschaftlich von größter Bedeutung, besonders bedeutungsvoll ist sie aber für Europa, weil ihre ganze Tendenz gerade aus eine Abwehr euro päischer Industrieprodukte vom amerikanischen Markte abzielt. Die «Tarifs Act os 1929" wird in Amerika selbst lebhaft umkämpst; ihre Zollsätze scheinen den einen zu hoch, während die andern sogar noch ein« Erhöhung fordern. Zu den gemäßigten Hollpolitikern zählen namentlich die Demokraten, während die industriell orientierten Republikaner eifrige Vertreter dieses Hochgeschraubten Protektionismus sind. Das Repräsentantenhaus hat die Zvllnvvelle inzwischen mit 264 gegen 147 Stimmen angenommen, so daß nunmehr das Schicksal der „Tarifs Act" bei dem amerikanischen Senate liegt. Hier werden die einzelnen Positionen der Novelle sicher noch in langwierigen Kämpfen heftig umstritten werden, aber es besteht keine Hoff nung, daß der e u r o p a f e i n d li ch e W i r ts ch ast s eg v i s- mus auch nur in leisen Spuren aus der Novelle getilgt wird. American markets for the American people, Amerika den Ameri kanern, das ist auch in wirtschaftlichen Dingen die Parole! Die /^Tarifs Act of >1929" ist gewissermaßen der Schlußstein der jetzt fast hundertjährigen amerikanischen Zollpolitik. Immer verfolgte diese, nur selten in ihrer unerbittlichen Folgerichtigkeit etwas adgeschwächt, die Linie des Protektionismus. Die erste beachtliche, zollp'olitische Maßnahme Amerikas reicht in die Jahre nach den napoleonischen Kriegen zurück. Diese hatten den europäischen Export unterbunden und in den Vereinigten Staaten eine K onj u n ktur - Ind ust ri« herausgezüchtet, die nach Beendigung der napoleonischen Kriege mit der europäischen Industrie nicht ebenbürtig konkurrieren konnte. Man schützte sie daher durch den ausgesprochen schutzzöllnerischen Tarif von 1816, der nur kurzfristig Geltung haben sollte, bis die Industrie Ameri kas zur Konkurrenzfähigkeit „erzogen" sei. Aber diese Er ziehung" währte länger als di« eines normalen Kindes und scheint heute immer noch nicht zu dem erstrebten Resultate geführt zu haben. Der Protektionismus ist noch immer die maßgebende zollpolitische Haltung Amerikas, wenn man heute auch nicht mehr von „Erziehungszöllen" redet, sondern auf andere Weis« argu mentiert. Eines der interessantesten und zugkräftigsten Argumente be steht darin, daß man di« Zoll Politik Amerikas als «in« wirksame Sozialpolitik mundgerecht zu machen weiß. Richt um der hohen und unangefochtenen Profite der amerikani sche» Industrie willen legt man dem armen expoitbedlirftigen Europa di« Daumenschraube unübersteigbarer Zölle an — o nein! — sondern -um Schutze des hohen Lohnstandes des amerikani schen Arbeiters! Das ist übrigens keineswegs bloßer heuchleri scher Puritanismus, sondern beleuchtet sehr treffend, daß für den Amerikaner soziale Probleme nichts mit dem Gedanken transzen denter Gerechtigkeit zu tun haben, sondern ausschließlich „Magen frage" sind. Wenn das Volt nm „panem et oirsenses", Brot und Doxmatch, in genügender Menge hat, „dann überläßt es bas Regieren gern denen, die es als Beruf ober als Geschäft be treiben rvi« irgend «in anderes Geschäft auch." Das Volk ist eben jene „indifferente Masi«, die im Grunde an nichts Interesse hat, außer an persönlichem Wohlleben, und die, wenn sie ihr Kino, ihren Sport hat, wenn sie nicht hungert, nicht friert, nicht so leicht aus der geistigen Gleichgewichtslage herauszubringen ist, zum mindesten nicht in den Dienst einer Idee oder eines Ge dankens zu stellen ist, di« die Preisgabe all dieser Behaglichkeit bedingen: das ist die politische Philosophie Amerikas! (Aus Tolin-Roß „Die Welt auf der Waage", Verlag Drockhaus, Leip zig). Diese sozialpolitische Motivierung der Zollpolitik Amerikas ist sehr bemerkenswert. Man verweist aus Setten der Freunde hochschutzzöllnerischer Bestrebungen auf die Arbeitslöhne in Europa, die bedeutend geringer sinh als die Löhn« der amerika nischen Arbeiter. Diese geringen europäischen Arbeitslöhne, so argumentiert mm, versetzten die europäische Industri« in die Lage, ihr« Waren Alliger aus den Marn zu bringen al» ber amerikanisch« Fabrikant, der mit seinen hohe« Arbeitslöhne» auch de« Arbeiter einen hohen „stmdarb os life", «ine hohe Lebens haltung ermögliche. Mm stehe nun vor der Alternative, ent weder durch hohe Aölst di« villige Konkurrenz Europa» zu unter binden oder aber durch Senkung der amerikanische« Arbettslöhn« die Gestehungskosten der InlanbprodUkt« auf die Höhe der euro päischen herabzudrücken. Das aber wollen weder die Arbeiter, noch auch dl« Industriellen selbst, da ihnen bas „Huhn im Topf" d«s Arbeiter» lieber ist al» die Bedrohung durch da» bolschewisti sche Gespenst, da» nach der oben bargelegten politisch«« „Philo sophie" nm durch "Magenpolitik", also durch ausreichend« Löhn« zu bannen ist. /Wer Tageblatt /lnzeiger für -as Erzgebirge Lelegmmmer Lag,statt Enthalten- öle amtlichen Bekanntmachungen -es Nate» -er Elta-t UN- -es Amtsgerichts -ine. p»ssM«k-s»at*r Verschärfung der Lage ver Kampf um -le Kelchsfinanzreform Kein Kenner des Reichstage» und feiner Fraktto- der Tinge ist der, daß di« ReichSregterung mit einsim ' " - ' starken Vertrauensvotum au» den Verhandlungen her» vorgehen und daß man sich über di« Einzelheiten der Fnanzreform erst nachher ausetnandersetzen wird." Mo ser Gang der Tinge scheint un» durchaus unwahrschein lich. Zur Bereinigung der Meinungsverschiedenheiten traten die Führer der Koalition-Parteien am Mittwoch um 11 Mr zu einer Führerbesprechung zusamt- men. Dabet wurden auch di« Folgen eines Scheitern des FinanzProgrammS eingehend erörtert. U!mj 12 Uhr sanden sich die Fraktionsführer beim Reichst an K- ler ein, um ihm die Auffassungen ihrer Fraktionen über das Finanzprogranntt zu unterbreiten. Auch die Frage einer gemeinsamen BertrauenSerklärung der fünf Regierungsparteien für den Aoung-Plan, Mr die Haager Verhandlungen und gegen das Memorandum Dir. Schacht» wurde erörtert. Die Besprechung -etm Reichskanzler war gegen 2 Uhr zu Ende. Am Nach mittag befaßte sich eine Kabinettssitzung mit der kritischen Lage. Hierauf wurden die Besprechungen de» Reichskanzlers mit den Parteiführern erneut ausgenom men. Für bi« Verschärfung der politische« Lage ist charakteristisch, was die « r mani <^" am Mittwoch-Abend fchrelbt: „.Wenn bi« Parteien zu keiner geeigneten Lösung kommen — und die Vor aussetzung ist natürlich die, baß die Lösung geeignet U — so steht Müder einmal in einem schwierigen Augenblick die Gefahr ««er inneren ernsten Verwicklung bevor. Können sich Regierung und Parteien nicht verständigen, so ist die Krisis da. Wa» um» aber bei der Kasienlage des Reiches und wa» uns vor der -weiten Haager Konferenz droht, wenn «vir zur Einigung nicht imstanb« sind, draucht nicht «vst gezeigt zu werde«. D4« Fi« »«-- reform ist notwendig umh j«d« Schwächung unserer außenpolitisch«« Aktivität ist «i» große» Llnhell." Gam, unstr« Auffassung.