Volltext Seite (XML)
24. Jahrgang Kritisterung der Regierungspolitik durch Männer, die keine andere an ihr« Stelle zu setzen hätten. Zwangsmittel gegen sechzig Millionen Deutsche? Da, sei eine Unmöglichkeit, den» dadurch sicher« man den Frieden nicht. Man sichere ihn nur durch eine Entspannung unter den Völkern. Fast alle Vereinigungen ehemaliger Front kämpfer ermutigten ihn. Briand, seine Friedenspolitik fortzusetzen. Im Haag Habe man schwer gekämpft. Er habe eine ständige Kontrollkommission kn Rheinland verlangt; sie sei ihm abgelohnt worden, weil der Frie densvertrag nichts Derartiges vorsehe. Deshalb hab« er die Ausgleichskommission angenommen, um Frank reich nicht, zu isolieren. Schließlich stellte Briand fest, daß. er seine Politik in vollem Einverständnis mit Poincare betrieben habe, und daß das jetzige Kabinett mit seiner Politik solidarisch sei. Weder im Haag noch in London würden die Sicherheit und der Frieden zu einander in Gegensatz gebracht werden. Jeder, der be haupte, daß Frankreich keine Macht besitze, vermindere das Prestige Frankreichs. Vie Politik cker Woche «chwiertgWM — Ist Snowbem M Q«rtnw«r? D« Kamps um bi« FlottmpolW — Hoover, Wirtschastssorgen Das englische Arbetterkabinett Maedonald ist die- ser Lage zum ersten Mal in ernste Schwierigkeiten ge raten. da sowohl die Konservativen als auch die Li- beralen erklärten, daß, sie das Kohle nre formae- setz in der vorliegenden Form nicht annehmen würden. T»e Liberalen machten ihre Zustimmung zur Regie rungsvorlage von fünf Bedingungen abhängig, die sie also formulierten: 1. Aufnahme deS Grundsatzes der zwangsweisen Grubenzusammenlegung in das Gesetz, gegebenenfalls Einbringung eines besonderer: Ge setzes für diesen Zweck, 3. die Bestimmungen für Quo ten und Preise haben einen zeitweiligen Charakter zu tragen . 4. die Zusammenlegung von Gruben hat auf der Basis ihres gegenwärtigen Wertes zu beruhen und nicht eines Phantastewertes nach der Gesetzesannah me, S. eS muß sichergestellt werden, daß die Fest setzungen der Kohlenpreise im öffentlichen Interesse vor sich gehen. Nach dem Bekanntwerden dieses liberalen Ultimatums verloren die Arbeiterparteiler nicht viel Zett für eine Erwiderung. Die ersten drei Bedingun gen wurden sofort erfüllt, die beiden letzten in vor sichtiger Weise ausweichend beantwortet. Noch nie hat der liberale Führer Lloyd George von seiner Schlüssel stellung im Unterhaus in so offenherziger Weise Ge brauch gemacht, wie in diesem Falle. Biel mehr als diese innerenglischen Vorgänge be rührten uns die aus Paris kommenden Meldungen, daß der englische Schatzkanzler Snowden darauf drängt, Sanktionen in den Uoungplan einzubauen. Bekannt lich kennt der Uoungplan keinerlei Sanktionen, selbst verständlich auch keine ReparattonSkommission. Wäh rend der Pariser Verhandlungen wurde vielmehr still schweigend vereinbart, daß die Reparationskommisston mit Annahme deS YoungplanS von der Bildfläche ver- schwindet. Von England her kamen nach diesen auf sehenerregenden Meldungen über diesen neuen und kühnen Umfall Mr. Snowdens alsbald entschiedene De mentis. Paris dagegen bestätigte erneut die ersten Mel dungen über die GanktionSforderungen Snowdens. In Berliner politischen Kreisen traut man dem „Torh- sozialisten" Snowden jeden Umfall zu, man betrachtet jedoch die Lage sehr ruhig, da nicht Snowden, sondern Maedonald und Henderson für die Außenpolitik Groß britanniens verantwortlich zeichnen. Beide Arbeiter führer haben sich bisher als Freunde von Locarno und Genf.bewährt, so daß es undenkbar erscheint, daß sie jetzt zu den Versailler Methoden zurückkehren und den französischen Nationalisten gegen Briand und die Linke Waffen in die Hand geben, ganz abgesehen davon, daß sie mit einer derartigen Forderung den Uoungplan nicht nur gefährden, sondern schlechterdings in Stücke schlu gen würden. Zu sehr bemerkenswerten Auseinandersetzungen über die Flotte »Politik der englischen Regierung! kam es dieser Tage im Oberhaus. Der aus der Ska- kerrak-Schlacht bekannte Admiral Beatth fragte die Arbeiterregierung, ob sie bei ihren Verhandlungen auch die Wünsche und Forderungen der britischen Admira lität berücksichtigt habe. Für das Kabinett antwor- tete Lord.Thomson, Vie Flottenpolitik der Regierung bezweckt die absolute Sicherheit des britischen Reiches in jedem seiner Teile. Wenn irgendein Verdacht be steht, daß die Regierung ohne Beratung mit der Ad miralität gehandelt hat, so ist er völlig unbegründet. Das Ziel der kommenden Konferenz ist die Durchfüh rung der Herabsetzung der Rüstungen. Wenn ihr dks nicht gelingt, müßte sie al» völlig verunglückt ange- sHen werden. ..... Auch der französische Ministerrat befaßte sich in der vergangenen Woche eingehend mit dem Pro blem der Abrüstung zur See. Der französische Stand punkt wurde vom Ministerpräsidenten Tardieu fol gendermaßen zusammengefatztr 1. Abrüstung nur durch Verminderung der Gesamttvnnage, nicht durch Baube- schränkungen in den einzelnen SchtffSkategorten, 2. kein Verbot der Unterseeboote, 8. keine Flottenglei^ beit mit Italien, 4. Festhalten an der Forderung, daß die Londoner Flottenabrüstungskonferenz nur im Rah men der Vvlkerbund-arbeit bleibt und nur zur Vor bereitung der allgemeinen Abrüstungskonferenz deS Völkerbünde» dient. Außerdem wird bekannt, daß die Franzosen beabsichtigen, auf her Londoner Seeabrü- stung-konferenz Fuch die Frage der putschen Flotte aufzuwerfen. Zn den Verhandlungen Frankreich» mit Italien haben e» die Franzosen bereits fertiggAacht. in der deutschen Kriegsflotte ein« Gefahr für die Sicher- Leit Frankreich» zu «blicken. Die Auguren lächeln, denn alle Diplomaten und Politik« der Welt wissen, daß d« franMscha Larstoß Lege» de» deutsche» Pan- Mer Tageblatt WLM Anzeiger für öas Erzgebirge - " 29? Sonntag, äen 22. Dezember 1S2S Der weltbeürohenäe äeulsche Panzerkreuzer Lächerliche Roden im französischen Parlament Die französische Kammer behandelte den Marine-Etat. Der radikale Abgeordnete Herriot erklärte dabei, die lebenswichtige Frage der Freiheit der Meere könne nur in einem internationalen Rahmen, nämlich m Genf, geregelt werden, denn die wirtschaft lichen Probleme, die mit dieser Frage verbunden feien, feien zu wichtig, als daß sie an einem anderen Orte als Genf behandelt werden könnten. Es sei unmöglich, das Problem der maritimen Grenzen zu regeln ohne gleichzeitige Regelung des Problems der Lebensmittel-Versorgung an der Landgrenze. Seit Jahren v*,.- suche man, di« Seeabrüsiung auf Konferenzen, di« keinen En;o.g gehabt batten, zu lösen. Was sei aber inzwischen geschehen? In aller Muhe arbeit« «in Land — nämlich Deutschland — an feiner Flott«. Deutschland fei in seinen Seerüstungen durch die Washingtoner Konferenz nicht ivie Frankreich, dem «in« Kaliber höchstgrenz« - aufgezwungen 'worden sei, beschränkt worden. Deutschland habe ein Kriegsschiff geschaffen, da» heut« der Schrecken aller Kriegsmarinen sei <!!) nämlich den 10000-Tvw- nen-Panzevtreuzer, der mit einem gewaltigen Kaliber bestückt sei. Auf Grund des Versailler Vertrags könne Deutschland nicht nur eine Einheit, sondern sechs, und vielleicht sogar noch zwei Ersatz schiffe nach diesem Muster bauen. Die Konferennz der fünf See mächte könne dieses Problem nicht regeln. Es könne auch nur in Gons gelöst werden und zwar auf ider Grundlage de» Genfer. Protokolls. Der sozialistische Abgeordnete Reynaud trat dieser Ansicht Herrims Lei und erklärt«, der Panzerke'.Mrbau Deutsch lands bekuvde einwandfrei den Wunsch Deutschlands, die Meer« kontrollieren zu können (!!). Der Kellogg-Patt könne kein« Ga rantie für den künftigen Frieden bilden. Der Abg. Eharrier (von der Radikalen Linken) trat für die Schaffung einer gutausgebildet«« und organisierten Derusomarim« em. Zranzösische Enthüllungen Der Plan -Änes Kanal» Bordeaux—Ceti« war der Grunds für die englische Taktik im Haag Die Pariser Leitung „Action Francaise"unternimmi «inen Angriff gegen den englischen Schatzkanzler Snowden und gegen don französischen Außenminister Briand. Snowden wirkt da» Blatt vor, daß er auf der Haager Konferenz «ine Herabsetzung !d«r deutschen Sachiiefevungen verlangt hab«, Briand, daß er diese» Verlangen ohne energische Derteidigu»- hinge»»«»«» HÄ«. Dav Blatt,erMLrt, der Leidtragende in dieser Sach« sei aus schließlich Frankreich, den« Frankreich habe di« Absicht gehabt, mit Hilst der deutschen Sachlieserungsn «inen neu«, sirvßen Schifssweg zu bauen, der den Atlantischen Ly«m mit dem Mittelmeer habe verbinden sollen. Dieser Kan«, der in Bor- deaur begonnen und in Ceti« geendet hätte, sei schon vollkommen vorbereitet .gewesen. Das französische Ministerium für Sff«rt- liche Arbeiten habe di« Baupläne bereit» ausgvarbeitet. Die wirtschaftliche und militärische Bedeutung der mmn W»A würde außerordentlich gewesen sein, denn der Kanal hätte den Weg von Marseille nach Hamburg von 4S40 aus S47S Mld nach And weroen von 3890 auf INI« Ktlometer veckürzt. Die französische Kriegsflotte wäre der Notwendigkeit enthoben worden, stärwig durch das kandinlsche iIvch der von englischen 'Kanonen beherrsch ten Straße von Gibraltar, »u fahr«v Es A Sack>M«runaakonw von Deuriwtanv »u dMstn. . Deutschland zerkreuzer nur erfolgte, um Frankreich einen Grund und Vorwand zu geben, den italienischen Wunsch nach Parität mit der französischen Kriegsflotte glatt ab- -»lehnen. Tie winzige deutsche Flotte muß so zur Verschleierung des französischen Rüstungshunger Eher halten. Zn Washington verfolgt man die Flottenver handlungen zwischen Rom, Pari» und London mit ge spanntester Aufmerksamkeit. Präsident Hoover hat aber auch zu Hause großt Sorgen. Scho» im Zehre 1921 griff er al» Handelssekretär energisch in da» Rä derwerk der amerikanischen Volkswirtschaft ein und be wahrte dadurch sein Land vor größerer Arbeitslosigkeit. Zur Erhaltung der Prosperität wurden damal» fol gende Schutzmaßnahmen getroffen: Sparsamkeit des Volkes und Vermeidung von Luxusausgaben, reine Ueberexpanston und Spekulation de- Geschäftsmannes, keine spekulativen Kredite von Seiten der Banken und gegenseitige» Verständnis und Zusammenarbeit. Jetzt ist Präsident Hoover damit beschäftigt, einen ftändi- aen Wirtschaft» rat au» Vertretern der 30 wich- ttgsten Industrien in Washington in» Leben zu rufen, um durch ihn die gesamte amerikanische Volkswirt schaft zu kontrollieren, zu neuem Leben zu entfachen und dadurch di« Prosperität der Wirtschaft zu er- wes«, bi« mckv«bigtn Maschinen für bst halten. Hoover» große» MrtschaftSProgramm ist zwar GachW«ung»konto von DEjand zu e vorläufig nur «in GxPerim.nt, fall« « aber gelingt. habeauch j»" rjL« wirtschaftlich» Großtat allererste« Gange». 1«t btes« «MalproM -angsa« xu Wal Frankreichs Angst vor Deutschland Das Rheinland unter Dauerkontrolle Im französischen Senat wurde die Entmilitari sierung des Rheinlandes besprochen. Auf verschiedene Angriffe verwahrte sich der Außenminister Briand dagegen, daß er im Traumzustand handele. Wenn man ei» Friedensziel erreichen wolle, dann dürfe man keiM- Angst haben, davon zu sprechen. Frankreich habe nicht das Recht, seine Sicherheit in Frage zu stellen. Er habe schon in Friedenszeiten die Jnjtiattve zur Einführung der dreijährigen Dienstzeit im Interesse der Sicherheit Frankreichs ergriffen. Die Friedens garantien hes Vertrages von Versailles seien aus der Garantie aufgebaut "gewesen, die England und die Ver einigten Staaten zugesagt hätten, die aber nicht Wirk lichkeit geworden sei. Selbst Clemenceau habe eines Tages in der Kammer erklärt, wenn England und die Vereinigten Staaten sich zurückziehen würden, dann bestehe eben nichts mehr. Diesen Mangel habe er, Briand, ausgeglichen durch den Vertrag von Locarno, der die französisch« Ostgrenze zu einer gemeinsamen Grenze Englands, Frankreichs, Belgiens und Italiens mache. Senator Lemerh habe von der Kontrolle im - Rhein land gesprochen. Er habe dabei vergessen, daß der Friedens Vertrag hierfür nichts vorsehe. Nach 1935 hätte Frankreich also im Rheinland keinerlei Kontrollrecht mehr gehabt. Aber er, Briand, habe 1926 erreicht, daß alle Mitglieder des BMerbundsrats darin übereinstimmten, daß auch das Rheinland der Kontrolle des Völkerbundes unterworfen werde. Was die Kontrolle durch die Alliierten anbe treffe, so hätten die Deutschen sie über 1935 hinaus abgelehnt. Jetzt hab« man durch die Ausgleichskommisiion des Locarno- Vertrages eine Kontrolle, solange der Locarno-Vertrag besteh«. Als beunruhigende Arbeiten in der Rheinlandzone auS- geführt wurden, habe er eingegriffen, und ein Einver ständnis sei zwischen französischen und deutschen Sach verständigen erzielt worden. Tie Kontrolle, die die Kontrolloffiziere auSübten, habe zu folgendem Ergeb nis geführt: Als man die erste Besetzungszone räuryte. Habe man plötzlich bemerkt, daß Deutschland Befesti gungen habe aussühren können. Man sehe also daraus daß auch ständige Kontrollelemente in Gestalt von 500 oder 600 Offizieren nicht alles entdecken könnten. Frank reich habe nicht das Recht, die Rolle des Besiegten zu spielen. Der Friedensvertrag von Versailles zwinge übrigens Frankreich die Verpflichtung auf, mit seinen Alliierten solidarisch zu bleiben. Bis jetzt fei in der dritten Zone alles intakt geblieben, und eS stehe dem Parlament frei, die Abkommen vom Haag seinerseits zu verwerfen. Beunruhigend sei für ihn die nutzlose