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'1 !» i 1 "I fluer Tageblatt WW-- /lnzeiger für öas Erzgebirge IS««»«, «qMa« ft»»»«»«»«. Enthalte«- -le amtliche« -ekauutmachuugeu -es Rates -er Sta-t ua- -es Amtsgerichts -lue. p»stjch»«.«-at» r MM e»chzig lese Ar. NZ Sonntag, äen 17. Mai 1S31 2S. Jahrgang PSiWMNNLS »I«k ü öf«>ü^, »-««- 1 Xttchä««^, «MUch, s«t t, K Europa - Tagung in Geni eröffnet !-I Genf, 15. Mai. Unter starkem Andrang von Dele- ,Merten, Pressevertretern und Publikum wurde heute vor- -Mittag nach einer ganz kurzen vertraulichen Beratung die l-Mitte Tagung des Europa-Ausschusses mit einer öffeiit- eDchen Sitzung in der Glasveranda des Völkerbundshauses i Durch den französischen - D Außenminister Briand >DlS Vorsitzenden des Ausschusses eröffnet. In einer schuft- lDch ausgearbeiteten Ansprache, die in Inholt und Vortrag 'Auch bei Erwähnung des deutschen Antrages völlig leiden, l D(hastsloS klingt, gab Briand einen Ueberblick über die bis- Unrigen Arbeiten des Europa-Ausschusses, insbesondere auf Gebiet der Getreidewirtschaft und deS internationalen D, reditwescns. Er betonte, daß die Wi^tschastssragen nicht Ii^e einige Beraiungsgcgenstand des Ausscbusscs seien, daß DR aber gegenwärtig einen Grund zur Zwietracht darstcll- Inu, den zu beseitigen eine wichtige Ausgabe sei. Briand lucllle fest, daß die Arbeiten des Ausschusses bisher einen l arinalen Verlauf genommen hätten, und baß die sestgcseh. len Fristen eingehalten werden konnten. Es ergebe sich eine positive Bilanz, die, wenn nicht zur Befriedigung, so doch zur Zuversicht berechtige. Der Ausschuß habe jetzt ciiie neue schwierige Etappe zurückzulegen. Er habe sich auf tzlntrag von Dr. Curtius mit der Frage der Zollbeziehun- gen in Europa zu beschäftigen. Dabei werde jede Regie- Ning ihren Standpunkt freimütig darlegen, aber die Ge- mtintecessen zu berücksichtigen haben, so daß eil! Merk der Solidarität und der allgemeinen Wohlfahrt mstande komme. Briand charakterisierte schließlich die Be gehungen des Europa-AusschusseS zum Bölkerbundsrat oahin, daß der Bölkerbundsrat für die Achtung des Rech ts zu sorgen habe, während es die Aufgabe des Europa- Ausschusses sei, auf dem Wege der Erfüllung der wirtschaft- - chen Bedürfnisse rüstig vorwärts zu schreiten. Nach Briand hielt Henderson eine wiederholt von großem Beifall unterbrochene kurze Rede, in der er seine Befriedigung darüber ausdrücktc, daß Briand wieder zu der Genfer Tagung gekommen sei und ii der er mit einer bei Henderson ungewöhnlichen Leiden schaft BriandS Rolle im Dienste des Weltfriedens feierte. Auf die Präsidentenwahl in Frankreich anspielend meinte ?r, er spreche im Namen der ganzen Versammlung, wenn cr dem Wunsche Ausdruck gebe, daß es Briand vergönnt sein möge, welche Entwickelung die politische Lage auch immer in Frankreich nehme, seine bisherigen Aufgaben in Genf fortzusetzen. Was aber auch immer geschehen möge, der Europa-AuSschuß werde sich stets der guten Zusam menarbeit mit Briand erinnern. Briand erwiderte kurz, indem er Henderson und der Versammlung für die freund- sichen Begrüßungsworte dankte und betonte, daß der Völ kerbund und der Europa-Ausschuß Einrichtungen des Frie dens seien, die über alle Erwägungen nationaler oder innenpolitischer Art gestellt werden sollten. Die Politik Frankreichs in Genf werde durch irgendwelche Veränderun gen in der Innenpolitik nicht beeinflußt werden. Nach der Rede Briands erläuterte der schweizerische Bundesrat Motta seinen Bericht über die organisatorischen Fragen des Europa-AusschusseS, wobei er das rechtliche Verhältnis zum Völkerbund zu den nichteuropäischen Völ- kerbundsmitgliedern und zu den europäischen Staaten, die nicht Mitglieder des Völkerbundes sind, darstellte. Der Bericht wurde nach einigen Bemerkungen Briands, der eine kühnere Konzeption des Europa-Gedankens gewünscht hätte, sich im ganzen jedoch mit den Ausführungen Mottas einverstanden erklärte, angenommen, um der nächsten Völ kerbundsversammlung vorgelegt zu werden. Schließlich wurde ohne Aussprache der Antrag des Organisationsausschusses angenommen, die Freie Stadt Danzig, „soweit ihr besonderer Status und ihre Abkommen mit Polen es gestatten, und in der in diesen Abkommen vorgesehenen Form" zu den Arbeiten des Europa-Aus- schusses hinzuzuziehen. , Die nächste Sitzung des Ausschusses, in der in An wesenheit der russischen, türkischen und isländischen Vcr- treten die Aussprache über die wirtschaftlichen Fragen er öffnet werden soll, findet morgen vormittag statt. Die Genfer Autzenminifterbefprechung Genf, 15. Mat. Die Besprechung zwischen Tr. Curtius, Henderson, Briand und Grandt dauerte von 4 bis kurz vor 7 Uhr. Tns Ergebnis der Besprechung ist, daß am Sonnabend im Europa-Ausschuß die Gene raldiskussion über die wirtschaftlichen Punkte der Ta gesordnung, zu denen bekanntlich das deutsch-österrei chische Zollprojekt gehört, beginnt. Bei dieser Gelegen heit dürfte der deutsche Außenminister die angekündig ten Ausführungen über die handelspolitischen Ziele, die Deutschland und Oesterreich mit ihrem Zollprojekt verfolgen, machen. Die Beratung des deutsch-österrei chischen Zollprojektcs auf Grund des bekannten engli schen Antrages im Bölkerbundsrat dürfte voraussicht lich am Montag erfolgen. Ruhigere Beurteilung des ZollunionöprojektcS Genf, 15. Mai. Die heutige Beratung der vier Außenminister der europäischen Großmächte über die Ge staltung des weiteren Programms der gegenwärtigen Tagungen war langwierig und mühsam. Obwohl von beteiligter Seite strenges Stillschweigen bewahrt wird, hat man den Eindruck, daß in dem wichtigsten Punkt des Pro gramms, nämlich der deutsch-österreichischen Zollunion, eine Einigung wenigstens über die weitere formelle Behandlung erzielt worden ist. Es scheint, daß der Schwerpunkt der Angelegenheit in den Völkerbundsrat verlegt werden soll, wo lediglich die juristische Seite der Frage zur Debatte steht. Dem deutschen Außenminister ist es entgegen den seit Tagen hinter den Kulissen spielenden Manövern ge- lungen, bereits für Montag die Behandlung in öffentlicher Aussprache im Rat herbeizusühren. Man hat am Schluß des ersten Verhandlungstages den Eindruck, daß die seit Monaten angekündigte politische Gencraloffensive gegen das deutsch-österreichische Projekt sich nicht oder jedenfalls nicht in der erwarteten Stärke wird entwickeln können, sondern daß vielmehr die Diskussion in ruhige Bahnen einlenken und mit der Ueberweisung der Angelegenheit zur juristischen Begutachtung an den Haager Gerichtshof enden wird. Da» ChequerS-London-Programm für Brüning und CurtiuS London, 15. Mai. Das Programm für den De- such des deutschen Reichskanzlers und des Reichsaußen- Ministers in Chequers ist jetzt so gut wie fertiggestellt, wenn auch vielleicht noch einige Punkte einer Abänderung unter- morsen werden. Die beiden deutschen Staatsmänner wer- den am 5. Juni in London eintreffen. Noch am Abend des gleichen Tages findet ihnen zu Ehren ein Bankett im Foreign Office statt, und am folgenden Tage begeben sie sich im Kraftwagen nach ChequerS, wo sie zum Frühstück eintreffen werden. Der Reichskanzler und der Reichs- außenmtnister verlassen Chequers wieder am Sonntag nachmittag. Am Montag gibt die englisch - deutsche Ver einigung den deutschen Staatsmännern ein Frühstück, am Nachmittag findet ein Tee und Empfang im Institut für auswärtige Angelegenheiten statt. Am Abend gibt der deutsche Botschafter ein offizielles Bankett auf der Botschaft, zu dem die Mitglieder der britischen Regierung, die Führer der Oppositionsparteien und die höchsten Beamten des Foreign Office mit ihren Damen geladen sind. An daS Bankett schließt sich ein großer Empfang an. Dienstag, den 9. Juni, fahren der Reichskanzler und der Reichs- außenminisrer über Southampton nach Deutschland zurück. Neue Deutschen-Ausrveisung in Litauen Kowno, 15. Mai. Dem juristischen Berater der deutschen Gesandtschaft, Rechtsanwalt Baumgärtei, ist jetzt vom Ministerium mitgeteilt worden, daß er inner halb eines Monat», also bis zum 15. Juni, Litauen zu verlassen habe. BraunS-Kommisfion wieder an der Arbeit Berlin, 15. Mai. Wie das Nachrichtenbüro des VDZ. meldet, ist am Freitag die vom früheren Reichs- arbeitSminister Brauns geführte Sachverständigenkommis sion für die Ausarbeitung von Maßnahmen gegen die Er werbslosigkeit zu einem bis zum Dienstag kommender Woche dauernden Sitzungsabschnitt zusammengelrelen. Das ArbettSprogramm umfaßt peitere Teilfragen aus dem Arbeitslosenproblem. Besonders will man sich mit der Zusammenlegung der Wohlfahrtserwerbslosen und Krisen fürsorge beschäftigen, ferner die Eingliederung oder Aus- schaltung der Saisonarbeiter aus der generellen Regelung erörtern und die Stellung der verheirateten erwerbstätigen Frauen in der Arbeitslosenversicherung prüfen. Nach In- ormationen aus unterrichteten Kreisen ist eS der Kommis- ion bisher unmöglich, einen Termin für den Abschluß ihrer Arbeiten bekanntzugeben. Dies ist deshalb von Be deutung, weil die Reichsregicrung den Wunsch hat, even- tuest erforderlich werdende neue Notverordnungen noch vor der geplanten Englandrrise des Reichskanzlers zu er lassen. Anerkennung des deutschen Standpunktes in der oberschlesischen Schulfrage Haag, 15. Mai. In einer heute vormittag im Haager Friedenspalast .abgehaltenen öffentlichen Sit zung, der u. a. zahlreiche Mitglieder deS Haager di plomatischen Korps, darunter auch der deutsch« Ge sandte im Haag beiwohnten, hat der ständige Inter nationale Gerichtshof seine gutachtliche Entscheidung im deutsch-polnischen Streitfall wegen des Besuche» der deutschen Minderheltenschulen in Polnisch-Oberschlesien bekanntgegeben. Ter Gerichtshof hat sich in dieser Entscheidung völlig auf den deutschen Standpunkt ge stellt und die ihm durch die Völkerbundsentschließung vom 24. Januar d. I. vorgelegte Frage, ob denjenigen Kindern, die auf Grund der im Jahre 1927 in Polnisch« Oberschlesien abgehaltenen Sprachprüsungen von den deutschen Mindcrheitenschulcn ausgeschlossen worden sind, auch jetzt noch im Hinblick auf diese Tatsache der Zugang zu den Minderheitenschulen verweigert wer den könne, gemäß dem deutschen Antrag in negativem Sinne beantwortet. Diese Entscheidung wurde mit elf Stimmen gegen die eine Stimme de- polnischen Beisitzers des Gerichtshofes abgegeben. Ter polnisch« Beisitzer hat seine abweichende Stellungnahme in einer abweichenden Stellungnahme in einer der Entscheidung beigcfügten besonderen Begründung niedergelegt. Neue Kundgebung des Pauste; „Entproletarisierung des Proletariers" Köln, 15. Mai. Die .Kölnische Volkszeitung" veröffentlicht in ihrer Freitag-AbendauSgabe eine aus führliche Ueberslcht über den Inhalt des neuen Rund schreibens des Papstes „Gesellschaftsordnung und Ar beiterfrage", das zur 4l)-Jahrfeier der Enzyklika rerum nooarum erscheint. Die Enzyklika besteht aus drei Hauptteilen. Im ersten Teil greift der Papst aus der großen Zahl der Segnungen, die die Enzyklika rerum novarum gebracht habe, die wichtigste heraus. Im zweiten Teil unter zieht der Papst die Gegenstände, die im Vordergrund der Erörterung stehen oder ihm einer autoritativen Klarstellung bedürftig erscheinen, einer prüfenden Be trachtung unter besonderer Berücksichtigung der ver änderten Zeitverhältnisse. Ausführlich bespricht er das Verhältnis von Kapital und Arbeit und stellt da» Ziel der Entproletarisierung der Proletarier auf. Er schreibt: „Dieses Ziel ist in der bestehenden Ordnung der Dinge nur erreichbar im Wege gerechter und an gemessener Löhne. Dem rechtschaffenen Arbeiter muß die Lohnhöhe nicht allein die Bestreitung seiner eigenen Lebenshaltung, sondern auch seiner Familienllasten er möglichen und ihm überdies gestatten, seine Lage in der bezeichneten Weise mit Erfolg zu verbessern." Im dritten Teil gibt der Papst einen Gesamtüber blick über die Gegenwartslage der herrschenden Wirt schaftsweise und verurteilt die maßlose Zusammenbal lung wirtschaftlicher Macht und wirklicher Weltmacht in den Händen ganz weniger Menschen, die zur rück sichtslosen Willkürherrschaft entartete. Er bespricht daraufhin den Sozialismus, der sich seit der Zeit Leos XIII. in den Kommunismus und einen Sozialismus gespalten habe, der vielfach.starke '.bstriche an seinem Programm vorgenommen habe. Gegenüber diesem Sozialismus erklärt der Papst: „Auch nach dieser weitgehenden Abschwächung und ob wohl viele seiner Forderungen durchaus der Gerechtig keit entsprechen und auch von der Kirch« vertreten wer den, liegt dem Sozialismus, solange er wirklicher So zialismus bleibt, eine Gesellschaftsauffassung zugrunde, die so völlig der wahren Auffassung von der mensch lichen Gesellschaft, wie die Welt sie aus der Froh» botschaft kennt, widerspricht, daß jede grundsätzlich« Einigung mit ihm immer und immer unter allen Umständen ausgeschlossen ist; man kann nicht gleicht- zeitig guter Katholik und wirklicher Sozialist sein.!" Die Enzyklika schließt mit dem Hinweis darauf, daß die Ursache der ganzen Berkchrung der Verhält nisse auf wirtschaftlichem Gebiete darin liege, daß so wohl die Wirtschaft von heute wie der Sozialismus ihren Blick ausschließlich auf da» Diesseits richteten, Gott und die Ewigkeit vergäßen, und nicht der Er mahnung nachkämen, auf der Grundlage der Frohbot schaft und der christlichen Liebe für eine Erneuerung der Gesellschaft zu arbeiten.