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«MM»W Tharandt, Mossen, Siebenen und die Awgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bet Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufback, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberhermSdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. No. St. Druck »nd Berlaq »vn Marlin Berger in WWbmfi. — VerautwoMick kür die Redaktion Marlin Berqer daieltit. Sonnabend, den 1b. Mai 1902. 61. Jahrs. OessentliAe Zustellung. Der Borschutzverein zu Wilsdruff, e. G. m. b. H. in Wilsdruff — Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Bursian in Wilsdruff — klagt gegen Marie Kantine ve w Gast, geb. Thomas, unbekannten Aufenthalts, früher in Genf, aus einem Solawechsel — mit dem Anträge — auf Zahlung von 200 Mk. Pfa. nebst 6"/^ Zinsen seit dem 17. November 1900 und 10 Mk. 70 Pfg. Kosten eines Arrestverfahrens. Der Kläger ladet die Beklagte zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor das Königliche Amtsgericht zu Wilsdruff auf den 17. )nni 1902, Vormittags 9 Uhr. Der Gerichtsschreiber des Ksuiglichen Amtsgerichts Wilsdruff, am 5. Mai 1902. mal an der Seite der Regierung befindet, gern noch vor Pfingsten verabschiedet hätte, während die Rechte jeder Durchpeitschung widerstrebte und eine sorgsame Prüfung forderte. Da schließlich die Rechte, die sich ja auch in der Majorität befindet, mit ihren Willen durchdrang, so be haupten freisinnige Blätter, der Reichskanzler Graf Bülow habe eine Niederlage erlitten. In Wirklichkeit ist es mit dieser Niederlage nicht so schlimm, ebenso wie der Sieg der Konservativen kein so bedeutender ist. In der Zucker steuerfrage läuft offenbar die Entwickelung der Dinge auf einen Kompromiß hinaus. Die Wünsche der Regierung, die Vorlage noch vor Pfingsten verabschiedet zu sehen, sind zwar unerfüllt geblieben. Dafür tritt der Reichstag aber am 3. Juni noch einmal auf kurze Zeit zusammen, und dann wird die Rechte, wenn die Regierung die nöthige Entschlossenheit beweist, der Vorlage kein weiteres Hinder niß bereiten. Am Entgegenkommen gegen die Wünsche der Laudwirthe läßt es die Regierung ja auch nicht fehlen; eS ist auch nie ihr Wille gewesen, die Erledigung der Branntweinsteuernovelle erst nach Verabschiedung der Zucker vorlage zuzulassen, und davon sind die Mehrheitsparteien auch rechtzeitig und ausdrücklich benachrichtigt worden. Den Vorsitz in der Zuckerkommission wird der Hospident des CcntrumS Goetz von Obenhusen führen. Auf Antrag des neuen Regenten von Reuß ä. L. hat nach einem Leipziger Blatt die Reichsregierung sich bereit erklärt, zum 1. April 1903 in das Fürstenthum eine Garnison zu legen. Der Ausschuß des Vereins der deutschen Zucker- induftrie hat in einer Resolution vor jeder überstürzten Beschlußfassung über die Brüsseler Convention gewarnt und die Annahme dieser Convention als ein unberechen bares Unglück für die deutsche Landwirthschaft und die Zuckerindustrie bezeichnet, falls es nicht gelingt, Rußland zum Beitritt zu bewegen, den Ueberzoll auf 8 M. zu er höhe», die Verbrauchssteuer um mindestens 10 herab- zusetzen und den Verkehr mit künstliche» Süßstoffen auf die Apotheken unter Rccepturzwang zu beschränken. Deutschland und Venezuela. Die Ansicht, daß Deutschland seine Schiffe aus den venezuelanischen Ge wässern zurückgezogen habe, um nach dem Vorbilde Frank reichs seinen Rechtsstreit mit der Regierung in Caracas durch einen Schiedsspruch erledigen zu lassen, ist nach der „Post" unbegründet. Die Forderung deutscherseits an Venezuela ist eine so bestimmte und feststehende, daß auf einen Schiedsspruch nicht eingegangcn werden kann. Sollte von Caracas ein solcher Vorschlag gemacht werden, so würde er sicher in Berlin auf Ablehnung stoßen. Anscheinend wird nichts anderes übrig bleiben, als daß die Regierung von Venezuela durch einen äußeren Druck zur Anerkennung der deutschen Ansprüche und zur Zahlung genöthigt wird. Schloß Loo, 7. Mai. Die heutigen Nachrichten, die andauernd eine Besserung im Befinden der Königin erkennen lassen, haben große Freude hervorgerufen und die Besorgniß, die seit Sonntag herrschte, zum großen Theil beseitigt. Prinz Heinrich hat heute zum ersten Mal seit Sonntag das Palais auf kurze Zeit verlassen. Ein Besuch König Viktor Emanuel's von Italien war für den Rosen-Monat in Wien und Berlin angekündigt; da diesen Sommer schon zwei Jahre seit dem Tode seines Vaters verflossen siud, würde es mit diesen „Antrittsvisiten" nun doch eigentlich Zeit. Aber der König kommt noch immer nicht, und es kann nun wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Ursache für den Aufschub allein darin zu suchen ist, daß Kaiser Franz Joseph es bis heute noch ablehnt, aus Rücksicht auf den Papst, einen Gegen besuch in Rom abzustatten. Die Beziehungen unter den Die Unruhen in Portugal. Seit einigen Tagen herrschen «n verschiedenen Stellen in Portugal bedenkliche Ruhestörungen, welche den Cha- rakter einer allgemeinen Revolurion anzunehmen drohen. Die Veranlassung dazu bietet das von der Regierung geplante Abkommen milden ausländischen Staatsgläubigern, den Inhabern der auswärtigen Schuld. Nach diesem Abkommen verpflichtet sich die portugiesische Negierung, die Coupons alle 14 Tage zu bezahlen; als Garantie verpfändet sie sämmtliche Staatseinnahmen und räumt den Vertretern der Staatsgläubiger eine Intervention in der Verwaltung der Zölle ein; endlich ermächtigt fie die ausländischen Regierungen zu energischen Maßregeln, falls die Coupons nicht pünkllich bezahlt werden sollten. Die zweite Kammer hat dieses Abkommen angenommen und damit nach Ansicht der Protestler das Vaterland entehrt. Man erwartet, daß tue erste Kammer aus den gegenwärtigen Unruhen den Schluß ziehen wird, das Ab kommen abzulehnen oder es so zu modifiziren, daß das Entehrende für ein „unabhängiges" Land wegfällt. Auch wenn die Arbeiterschaft mit dem Generalstreik drohte, so habe» an den bisherigen Unruhen in Oporto, Lissabon und Coimbra nur Studenten theilgenommen. Am be deutendsten war der Studcntenaufstand in Coimbra. Da die Soldaten sich weigerten, aut die Studenten zu schießen, sah die Regierung sich genöthigt, die Universität zu schließen und den nicht ortSberechtigten Studenten zu befehlen, die Stadt binnen 24 Stunden zu verlassen. Ob in Lissabon und Oporto dieselben Maßregeln ergriffen wurden, weiß man zur Stunde nicht, da die Depeschen- und Preßzensur in äußerst rücksichtsloser Weise gehand habt wird. Weit bedenklicher als die Studentenunruhen ist das Verhalten des Heeres, besonders der Offiziere. Das Frücht, daß in Oporto ein Regiment, welches unter dem Verdacht stand, sich zu empören, entwaffnet worden ist, hat sich nicht bestätigt. Dagegen ist es eine Thatsacbe, daß die Offiziere des Heeres und der Marine eine Denkschrift an den König gerichtet haben, in welcher sie die Beseitigung des genannten Finanzabkommens und die Entlassung der gegenwärtigen Regierung fordern. Ein Theil der Offiziere fordert den König sogar auf, eine Diktatur zu proklannren und 8 bis 10 Jahre lang ohne Parlament zu regieren. Der König lehnt es natürlich ab, diese Denkschrift m Empfang zu nehmen. Aber da durch lassen die Offiziere sich nicht abschrecken, dem König ihren Willen aufzuzwingen; aber auch die Drohungen mit Gefängniß und Verbannung haben Nichts genutzt. Die Denkschrift trägt die Namen von ungefähr 200 höheren Offizieren, darunter 54 Obersten und Generale. Man macht sich darum mit dem Gedanken vertraut, daß es in Portugal in allernächster Zeit zu einem Pronun- ciamiento kommen kann, besonders wenn die erste Kammer den Beschluß der zweiten bestätigen sollte. Auch die spanische Regierung verfolgt die Vorgänge in Portugal mit größter Aufmerksamkeit^ auch wenn sie bisher leugnete, daß sie die Absicht habe, Truppen an die Grenze zu senden. Telegraphisch wird noch gemeldet: Das „Diario de noticias" kündigt an, daß das Ministerium sofort nach der Bewilligung der Conversionsvorlage durch die Pairs- kammer seine Demission überreichen werde. Hintze Ri beiro würde dann das Präsidium und das Auswärtige, Teixeira de Susa Finanzen, Vieira Justiz, Moncada Marine und Possollo öffentliche Arbeiten übernehmen. Sslitrsche Rnndschan. Pfingstzeit und Parlamentsferien! Zwei schöne Dinge kommen also zusammen, und sie würden sich noch an genehmer machen, wenn der Lenz in all' die Maienwonue eine stärkere Dosis Sonnenwärme hineingethan, der deutsche Reichstag aber dafür gesorgt hätte, daß wenigstens die Möglichkeit einer Aussicht auf eine befriedigende Erledigung der noch ihm obliegenden großen Aufgaben zu erblicken wäre. Damit war es noch nichts. Indessen, man thut gut, in dieser lachenden Jahreszeit, freilich kam bisher bei dem Säuseln des „Mailüfterls" das Lachen etwas ge zwungen heraus, die Dinge nicht gar zu schlimm zu nehmen; „politisch Lied ein garstig Lied," so kann man es in der Pfingstzeit schon immer mal gelten lassen, wenn eS auch nach dem lieblichen Fest wieder angestimmt werden muß. Es ist ja richtig, vielen Leuten will die echte, rechte Früh lingsstimmung noch gar nicht gedeihen, das Geschäftslebcn streckt seine Fühler vorsichtig hierhin und dahin aus, da und dort gicbt es wohl auch einen Ruck nach vorwärts, aber der große Impuls sehlt, das allgemeine Vertrauen schläft noch immer seine» Dornröschen-Schlaf, und noch ist der Prinz nicht zu sehen, der mit seinem Kusse die schlafende Maid erweckt. Wenn aus den in den Geldipindeu aufgespeichertcn Summen mal ein tüchtiger Posten auf den Boden deutscher Unternehmungslust und eifriger Thätigkeit ausgesät würoe, vielleicht, daß dann das Wachsthüm käme, aber wer Geld sicher hat, der behält es auch sicher.- So ist leider damit zu rechnen, daß die geschäftliche Ein tönigkeit sich auch im Verlaufe des Sommers nicht groß ändern wird. Selbst in den Vereinigte» Staaten von Nord-Amerika, in denen man bisher noch einen ziemlichen Grad von Zuversicht behauptete, ist man kleinlauter ge worben, eS knackt nicht allein, es krachte auch schon drüben, und die Hauptsache folgt lisch. Es ist anzuerkennen, daß man drüben sich viele Mühe giebt, um das wirthschaftliche Gleichgewicht festzuhalten, aber was sich in Europa zeigte, das ist auch drüben Thatsache: Es ist so viel Geld in gewaltigen Unternehmungen angelegt, daß bei sinkenden Preisen die normale Verzinsung aufhört. Und bei dem Sinken der Preise war man bereits angelangt. Der Kaiser, der Abends vorher, nachdem er noch einen Vortrag des Reichskanzlers entgegengenommen, Berlin verlassen hatte, traf Mittwoch Nachmittag in Straßburg im Elsaß ein, wo er vom Statthalter Fürsten Hohenlohe empfangen wurde. Am Himmelfahrtstag be suchte der Monarch den Gottesdienst in der Garnison kirche und heute, Freitag, die Hohkönigsburg bei Schlett- stadt. — Die Kaiserin kam wohlbehalten in Baden weiler an, um dort mit ihren jüngsten Kindern einige Zeit zu verleben. Mit dem deutschen Reichstag, der vor seiner Ver tagung nock das Zuckersteuergesetz einer Kommission über wies, erfreut sich auch der preußische Landtag der Ruhe der Pfingstferien. Rechte Pfingstfrende herrscht bei den Herrn Volksvertretern gleichwohl nicht. Die Mitglieder des preußischen Landtages sind mit ihren Arbeiten bisher so stark im Rückstände geblieben, daß sie nach Ablauf der Ferien bis weit in den Sommer hinein in Berlin werden versammelt bleiben müssen. Und was die Mit glieder des anderen Hauses betrifft, so haben sie sich von dem Eindruck noch nicht befreien rönnen, den die grelle Differenz des letzten Verhandlungstages vor den Pfingst- ferien. auf sie ausgeübt hat. Der Reichstag ging aus einander, nachdem sich die Parteien mit der schweren Waffe der Obstruktion einander bekämpft hatten. Daran war die Zuckersteuervorlage schuld, die die Linke, die sich dies