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MMWM Marandt, Aossen, Sießenlehn und die Hlmgegenden. Amtsblatt für die Rgl. 2lmtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alltanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufback, Kesielsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberhermSdorf, Pobrsborf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesielsdorf, Steinbach bei Mohorn, ' Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. __ Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. -- Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. unk Beriac, von Marlin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Reduktion Marlin Berqer IsaleM. -io. SS. Dienstag, Vs« IS. Mai 1802. «1. Jahrg. politisch« Rund schau. Der Kaiser hat am Sonnabend seinen jüngsten Be such auf zreichsländischem Boden, im Elsaß, wieder beendet. Derselbe war hauptsächlich einem mehrtägigen Aufenthalte in Straßburg, sowie einer Besichtigung der Fortschritte in den Aufräumungs- und Sicherungsarbciten auf der Hohlönigsburg gewidmet. Bei letzterem Ausfluge -assirte der Monarch Schlettstadt, wo ihm von der aus der gesammteu Umgebung herbeigeströmlen Bevölkerung lebhafte Ovationen bereitet wurden. Auch seitens der Be- völkerung Straßburgs ist dem erhabenen Oberhaupte des Reichs eine herzliche Ausnahme zu Theil geworden. Ein bedeutsames politisches Geschenk ist den Elsaß - Lothringern vom Kaiser gelegentlich seines jüngsten Besuches in den Reichslanden gemacht worden, welches sich in Gestalt der von dem kaiserlichen Herrn ver fügten Aufhebung des sogenannten Dictaturpara- graphen darstellt. In dem betreffenden Erlaß an den Statthalter Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg betont der Kaiser, wie er sich im Vertrauen auf die wachsende reichs- lreue und loyale Gesinnung der Elsaß-Lothringer, die ihm bei seinen wiederholten Besuchen im Reichslanbe in un zweideutiger Weise entgegengelreten sei, und um deren Be völkerung einen besonderen Beweis seines Wohlwollens zu geben, zu diesem Schritt entschlossen habe. Der kaiserliche Erlaß ermächtigt den Statthalter, wegen Aufhebung des 8 10 des Gesetzes vom 30. Dezember 1871, betr. die Ein richtung und Verwaltung Elsaß-Lothringens, mit dem Reichskanzler in Verbindung zu treten, der seinerseits die kaiserliche Ermächtigung erhalten wird, dem Bundesrathe einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Die dem nach bevorstehende Beseitigung des Dictaturparagraphen beseitigt den bisher in Elsaß-Lothringen noch geltend ge wesenen Ausnahmezustand, der vielfach von der Bevölker ung des Reichslandes peinlich empfunden wurde, konnte doch der oberste Beamte des Landes — also früher der Oberpräsident, dann der Statthalter — auf Grund jener Bestimmung alle Maßnahmen ungesäumt ergreifen, die ihm in dringenden Fällen im Interesse der öffentlichen Sicher heit als nothwendig dünkten. Nunmehchfallen diese außer ordentlichen Vollmachten und man kann nur wünschen und hoffen, daß sich die reichsländische Bevölkerung des ihr hier mit entgegengebrachlen Vertrauens des Kaisers und der Reichsregierung würdig erweisen werde. Das neue deutsche Schaumweinsteuergesetz tritt am ersten Juli in Kraft: Wer nicht mehr als dreißig Flaschen im Keller hat, ist von der Nachsteuer von 50 Pfg pro Flasche befreit. Alles Mehr ist zu versteuern. Die Wiedergenesung der Königin Wilhelmina der Niederlande von ihrer schweren Krankheit macht stetige Fortschritte, ^hr Befinden wird in den offiziellen Krankheitsberichten aus Schloß Loo fortgesetzt als ein günstiges, befriedigendes bezeichnet. Am Freitag vermochte die Königin sogar wieder Regierungsaele zu unterzeichnen. Ein kriegerischer Eonflrct soll zwischen den beiden centralamerikanischen Republiken Haiti und San Domingo drohen, der daraus hervorzugehen scheint, daß der neue Präsident von Sau Domingo eine Vereinigung der weißen und der schwarzen Republik anstrebt. Vielleicht kommt da für Onkel Sam eine neue, freudig begrüßte Jnterventions - Angelegenheit. Die vulkanischen Ausbruche auf Martinique. 25—4VVVV Menschen verbrannt und begraben. Wir berichteten schon in letzter Nr. kurz über das schwere Unglück, das die westindische Insel Martinique und besonders die im Nordwesten der Insel gelegene Hafen stadt St. Pierre durch den Ausbruch des Vulkans Mont Pelöe betroffen hat. Bevor wir heute die neu einge gangenen Meldungen anfügen, wollen wir unsere Leser über die Insel und die schwer heimgesuchte Stadt des Näheren unterrichten. In der Mitte der Kleinen Antillen, die sich von der Nordostküste Venezuelas nördlich in schwachem Bogen bis zu den großen Antillen — St. Thomas, Portorico ec. -- hinziehen, liegt Martinique. Martinique ist nächst Guadeloupe die wichtigste der französischen Antillen in Vestindieu, zwischen St. Lucia und Dominika, hat 988 Quadratkilometer, längliche Gestalt mit zackigem Umrisse, durchaus gebirgigen Charakter, zahlreiche, meist trachytische Vulkane, wie den schon genannten, 1350 Meter hohen Mont Pelse mit großem Krater und Solfataren, und den basaltischen Piton du Carbet (1225 Meter), sowie den Piton du Vauclin. Kegelförmige Berge nennt man Pitons, Ke minder hohen, sanfter sich abdachenden, Mornes. Die Vorgebirge bilden sichere, aber wegen der Corallenbänke meist nur schwer zugängliche Baien und Häfen. Kleine Flüsse, Gießbäche und heiße Mineralquellen sind zahlreich auf der Insel vertreten. Das Klims ist trotz der Hitze und des Witterungswechsels der Tropengegend gesund, doch kommt das Gelbe Fieber vor. Heftige Cyklone richten auf Martinique bisweilen große Verwüstungen an; 1845 und 1891 war die Insel der Schauplatz einer furchtbaren Verheerung, bei der auch viele Menschen umkamen. Erd beben sind seltener. Der Boden ist sehr ergiebig. Das wichtigste Produkt ist Zuckerrohr, dessen Anbaufläche bis auf 50000 Hektar gestiegen ist, daneben Maniok, süße Kartoffeln, Bauauen, Nahrungspflanzen (13500 Hektar), Kaffee, Kakao, auch Baumwolle. Tabak war im 17. Jahr hundert wichtig. Bau- und Nutzhölzer wachsen in dichten Waldungen, Campecheholz wird ausgeführt; die Viehzucht ist ansehnlich. In den Bergregionen gedeihen europäische Getreidearten. Die Einwohner, insgesammt (1888) 175863, sind meist Neger und Mulatten (131000); die Zahl der Weißen betrug 1886 etwa 10000, die der Kuli undChinesen 27000. In Frankreich geboren waren nur 652. Haupt industrie ist die Zuckergewinnung. Bis zur Revolution war der Handel auf Martinique erst Monopol einer fran zösischen Gesellschaft, dann der Regierung. Der Werth der Einfuhr (Reis und Manufacmren) betrug (1890) 30,26, der der Ausfuhr eigener Erzeugnisse (fast nur nach Frankreich) 20,71 Millionen Francs. Eisenbahnen sind 194 Kilometer im Betrieb. Martinique ist in zwei Ar rondissements getheilt. Hauptort ist Fort de France. Der wichtigste Handelsplatz ist Saint Pierre, das jetzt durch den vulkanischen Ausbruch gänzlich verwüstet worden ist. Daneben sind zu nennen: La Trinitä, Handelsstadt an der gleichnamigen Bucht mit 7890 Einwohnern, La meutin und La Macouba mit einst berühmten Tabak pflanzungen und 2482 Einwohnern. La Martinique wurde 1493 von Columbus ent deckt, aber nicht in Besitz genommen. Erst 1635 ließen sich etwa 150 französische Kolonisten im südwestlichen Theile der Insel nieder. Colbert kaufte 1664 die Insel den Colonisten für 60000 Livres ab. Admiral Ruyter griff sie vergebens mit einer holländischen Flotte an. Auch die Engländer versuchten 1693 umsonst, sie zu nehmen. Nachdem sie 1761 glücklicher gewesen, gaben sie La Mar tinique im Frieden von 1763 zurück, eroberten die Insel jedoch 1794 aufs Neue. Die Franzosen erhielten sie 1802 durch den Frieden von Amiens zurück, verloren sie 1809 abermals und erhielten sie 1814 dürch den Pariser Frieden wieder. Die Negersklaven wurden 1848 freige- gcben. . Heute wird La Martinique von einem Gouverneur regiert, dem ein geheimer Rath und zwölf vom Gouverneur und zwölf von den Gemeinderäthen ernannten Mitgliedern zur Seite steht. Die Gerichtsbarkeit üben ein Appellhof, zwei Tribunale zweiter Instanz und neun Friedensgerichte aus. Das Militär zählt 30 Offiziere und 700 Mann. Die unglückliche Stadt Saint Pierre selbst war mit ihren 25383 Einwohnern die volkreichste Stadt der Kleinen Antillen und hatte ein stark kommerzielles Leben, wenn auch ihr Hafen weniger gut ist, als der von Fort de France derselben Insel. Die öffentlichen Gebäude der Stadt sind: Rathhaus, Lyceum, Theater, Justizpalast, Kathedrale, Militärspital und die bischöfliche Residenz. Wir fügen die neu eingangenen telegraphischen Nach richten hier an. New-Nork, 10. Mai. Außer der Stadt St. Pierre scheint die ganze Umgebung des Vulkans weithin zerstört zu sein und die Opfer an Menschenleben sollen die Anzahl der Einwohner der Stadt (25000) bedeutend übersteigen. Die ganze vulkanische Kette scheint in Thätigkeit bis nach der Nachbarinsel Dominica hinüber. Von Puertorico und St. Thomas, sowie Ste. Lucie sind Hilfsexpeditionen aufgeboten. Die Panik hat die anliegenden Inseln gleich falls erfaßt. Ueberall flüchten die Bewohner auf die Sckiffe, die den Hafen verlassen mußten, weil die Lava- maffen sich ins Meer ergossen, und der Ascheregen die Schiffe in Brand zu setzen drohte. Die vulkanischen Aus brüche begannen in der Nacht zum vorigen Montag mit einem riesigen Aschenregen, welcher im alten Krater des Mont Pelöe entstand. Die Bewohner der nächsten Dörfer und Faktoreien flohen nach St. Pierre. Die große Faktorei der französischen Firma Guerien wurde zuerst vernichtet, sie versank mit über 100 Menschen in den sich öffnenden Kraterschlunde. Dann ergoß sich die Lava in dem Bette des weißen Flusses seewärts. Der Gouverneur von Martinique eilte auf die Meldung von dem Beginn der Katastrophe von Fort de France nach St. Pierre, das zur Zeit ganz im Banne der Eruption liegt und in einer- Aschenregen völlig eingehüllt ist. Die Kabel sind unten brochen. Der Mont Pel^e galt als erloschen. Seit dem Orkan, welcher Fort de France verwüstete und über 500 Menschenleben vernichtete, zeigte der Vulkan keinerlei Thätigkeits-Symptome. St. Pierre war weit bedeutender als die Hauptstadt Fort de France und ist die älteste Kolonie der Insel. Paris, 10 Mai. Das französische Ministerium der Kolonien flaggt Halbmast zum Zeichen der Trauer. Der Platz vor dem Ministerium ist von Leidtragenden gefüllt. Rian befürchtet, daß viele der im Hafen befindlichen Schiffe gleichfalls Opfer der Katastrophe geworden sind. Den zu Hilfe gesandten Schiffen war es unmöglich, sich dem Hafen zu nähern. Die auf der Rhede liegen gebliebenen 15 Schiffe sind sämmtlich verbrannt. Der letzte Dampfer, der sich retten konnte, der Roddam, brannte fast gänzlich aus. 17 Mann der Besatzung wurden durch Aschenregen und glühende Steine getödtet, der Kapitän schwer verwundet, nur durch schleuniges Kappen der Ankerkette und sofortige Flucht auf hohe See konnte der Kapitän das Schiff retten. Unter den umgekommcnen Einwohnern dürften sich nur 500—600 Europäer befinden; der größte Theil der Be wohner von St. Pierre bestand aus Negern und Mulatten. Paris, 9. Mai. Sämmtliche Blätter besprechen die Katastrophe von St. Pierre und führen aus, dieselbe müsse in der ganzen zivilisirten Welt einen erschütternden Eindruck Hervorrufen. Das Unglück lasse sich nur mit dem Unter gang von Pompeji und Herculanu» vergleichen. New-Aork, 9. Mai. Eine Depesche aus Saint Thomas meldet, der Kreuzer „Suchet" kam Morgens in Pointe L Pitre au. Der Kommandant berichtet, daß am Donnerstag um 1 Uhr Nachmittags St. Pierre vollständig in Flammen stand. Er rettete von den Wracks im Hafen gefähr 30 mehr oder weniger Verbrannte. Eine Abtheil- ung wurde in Booten ausgesandt, uni nach Ueberlebenden zu suchen; sie konnte nicht in die Stadt eindringen, sahen aber auf den Quais Leichen liegen. Man befürchtet, daß Niemand, der sich wirklich im Augenblick der Katastrophe in der Stadt aushielt, entkommen sei. Der Gouverneur, der vor dem Unglück in St. Pierre angekommen war, ist wahrscheinlich mit dem Obersten des Generalstabs und dessen Frau umqekommen. Loudon, 9. Mai. Dem „ReuterschenBureau" wird heute Nachmittag durch ein Telegramm aus St. Lucia gemeldet: Der Dampfer „Roddam" traf dort ohne Anker und Kette ein. Seine Persennings sind verbrannt. Un gefähr 12 Mavn von der Besatzung sind todt. Dies zeigt die entsetzliche Schnelligkeit, mit der das Unglück über St. Pierre hereinbrach, denn der „Roddam" konnte, ob gleich er die Ankerkette kappte und mit äußerster Schnellig keit in See ging, den Flamuien nicht entgehen.