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WMM m RilsSrufi Marandt, Aoßen, Sieöenteßn und die Amgegendm. Amtsblatt No. 6 Donnerstag, den 16. Januar 1962 61. Jahrg ^slitische Rundschau. Der von Kaiser Wilhelm dem Präsidenten RooseveIttelegraphisch an gekündigte Besuchdes Prinzen Heinrich von Preußen in Amerika, welch letzterer von seinem kaiserlichen Bruder beauftragt worden ist, ihn bei dem Ende Februar stattfindenden Stapellauf seiner auf einer amerikanischen Werft gebauten neuen Jacht zu ver treten, stellt zweifellos ein Ereigniß mit bedeutsamen po- litischen Hintergründe dar. Kaiser Wilhelm will, indem er seinen eigenen Bruder über den Atlantischen Ozean zur Theilnahme an der gedachten Schiffsfeier entsendet, hierdurch offenbar die unerschütterliche Fortdauer der aus gezeichneten Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten in besonders markanter Form be kunden, wobei wohl die allerdings erfolglos vorüberge gangene neue Hetze der amerikanischen Chauvinisten gegen Deutschland anläßlich des deutsch-venezuelauischen Conflicts nicht ohne Einfluß gewesen ist. Jedenfalls hat die Kunde von der bevorstehenden Reise des Prinzen Heinrich, des ersten preußischen Prinzen, welcher amerikanischen Boden betritt, in der Bevölkerung der Union einen tiefen Eindruck gemacht und die dort herrschende Genugthuung wegen der Einladung des deutschen Kaisers an Miß Roosevelt, die Taufe seiner neuen Jacht zu vollziehen, noch erhöht. Prinz Heinrich kann sich darum eines ungewöhnlich herzlichen und zugleich glänzenden Empfanges auf amerikanischer Erde für versichert halten, und es wird denn auch schon aus New-Jork gemeldet, Prinz Heinrich werde nicht nur als Gast des Präsidenten Roosevelt, sondern auch als Gast der Station ausgenommen und mit den gewöhnlich nur einem Souverain zukommendcn Ehren empfangen werden. Soviel bis jetzt bekannt, tritt Prinz Heinrich die Ueber- fahrt nach New-Jork Mitte Februar an Bord eines Lloyd- dampfers an. Die Abfahrt der kaiserlichen Jacht „Hohen- zollern", welche bekanntlich auf Befehl des Kaisers an der Feier des Stapellaufes der neuen Jacht theilnimmt, nach Amerika soll bereits am nächsten Sonnabend oder Sonn tag erfolgen. Vermuthlich bewerkstelligt Prinz Heinrich seine Rückfahrt nach Europa mit der „Hoheuzollern". Der Empfang des Prinzen Heinrich von Preußen in Nordamerika verspricht etwas ganz Be sonderes zu werden. Die New-Iorker Behörden rüsten bereits eisrigst, die Bevölkerung ist nach übereinstimmenden Berichten in festlichster Stimmung. Es soll eine Begrüß ung werden, wie sie noch Keinem zu Theil geworden ist. Die vereinigten Sänger von New-Jork haben eine deutsch amerikanische Ovation eingeleitet. Zn Washington herrscht genau dieselbe festliche Stimmung. Der Chicagoer Männerchor „Germania" beschloß, den Prinzen einzu- laden, auch nach Chicago zu kommen. Prinz Heinrich wird in New-Jork die ihm zugedachten Aufmerksamkeiten durch ein Festmahl auf der Jacht „Hoheuzollern" erwidern, zu welchem außer dem Präsidenten die hohen Staats würdenträger Einladungen erhalten werden. Zu diesem Zweck wird auf Befehl des Kaisers aus dem Silberschatz des königl. Hauses kostbares silbernes Tafelgeräth die Reise über den Ozean mitmachen. Der Kaiser hat dieses Tafelgeräth eingehend besichtigt. Die „Hohenzolleru" er hält einen neuen Außenbordanstrich, um sich in voller Schönheit zeigen zu können. — Die New-Iorker Abend- post schreibt, der Besuch des kaiserlichen Bruders werde zweifellos dem Volke und der Regierung Nordamerikas eine freudig begrüßte Gelegenheit geben, zu beweisen, daß jeder Gedanke von Feindseligkeit den Amerikanern fern liegt. Und uns ebenfalls! Im Reichstag wurde am Montag die allgemeine Etatsdebalte noch immer fortgesetzt. Es sprachen aus dem Hause die Abgeordneten Stockmann (Reichspartei), Werner (Antisemit), Stöcker (fraktionslos), Haffe (nat.-lib.), Hahn (Bund d. Landw.), Arendt (Reichsp.), Hermes (fr. Lolksp.) und Fürst Radziwill (Pole), regierungsseitig ließen sich der bayerische Staatsrath v. Stengel, der Staatssekretär des Aeutzern v. Richthofen und der Staats sekretär des Innern Graf Posadowsky vernehmen. Die Diskussion selbst berührte u. A. die deutsche Kolonial politik, den Boerenkrieg, den Fall Chamberlain, die Frage der Reform des Börsengesetzes, die Behandlung Deutscher im Auslande, die Jnvalidenpensionen, die wirthschastliche Krisis und noch andere Themata. — Am Dienstag wurde die Berathung des Etats beendet, nachdem sechs Sitzungen daraus verwendet worden waren. Abg. Sattler (ntl.) vertheidigte sich gegen Vorwürfe des Abg. Fürsten Rad ziwill in der Polenfrage und kam dann auf den Fall Spahn zurück, hierbei gegen den Abg. Bachem sich wendend. Abg. Bachem (Ctr.) zog nun gegen Herrn Sattler zu Felde. Der Streit veranlaßte den Abg. Schlumberger (ntl.) zu der Mittheilung, daß er seinen Freund Sattler abgerathen gehabt, den Fall Spahn im Reichstage zur Sprache zu bringen. In Elsaß-Lothringen habe man gerade sehr schön angefangen, sich zu beruhigen, und da sei es durchaus unklug, konfessionellen Brennstoff wieder in die Reichslande hineinzubringen. Jedenfalls erscheine Beiwerk, mit vornehmer Ruhe umgeben, aber im richtigen Augenblick fällt Alles fort, was verschleiern oder mildern könnte, wir sehen den Kanzler wie er ist! Und wir können sagen, daß wir mit diesem festen und energischen Bülow zufrieden sein können; er weiß vorzubeugen! Die Stimm ung in Europa ist heute zwischen den einzelnen Staaten und Regierungen nicht mehr eine so rosenrothe, denn auch hier heißt es: In Geldsachen hört die Freundschaft auf! Und was ist die Handelspolitik und Machtentfaltung in überseeischen Ländern zum großen Theile anders als eine Geschäftspolitiks Daß bezüglich der Kulturaufgaben nicht selten anders manipulirt wird, ist ja zur Genüge bekannt geworden. Der neue Klang in Graf Bülow's Reden hat bereits den unverkennbaren Nutzen gehabt, der Legende von der übergroßen deutschen Gutmüthigkeil ein Ende zu machen. Und diese Trödelei mußte auch einmal ihre Grenze haben! Die verbindliche deutsche Liebenswürdigkeit wurde schlank weg von unbescheidenen Leuten auf das gefammte Gebiet der Politik ausgedehnt, und wir haben ja in den ver gangenen Monatn bei d en Erörterungen über den neuen Zolltarif zur Genüge gesehen, was man Alles von uns als ganz selbstverständlich beanspruchen zu können meinte. Uns auch eine Höflichkeit zu erweisen und uns etwas an zubieten, das hat man leider vergessen. Es war nicht das erste Mal, daß es so ging! Ein jeder Staat hat heute seine wirthschaftlichen, politischen und sozialen Sorgen, und man kann es keinem verdenken, wenn er bestrebt ist, seine Situation etwas aufzubessern. Gebraucht er dazu anderweitige Hilfe, so soll er diese mit hochtrabenden Worten und allerlei werth- losen Theorien bezahlen, sondern nach ihrem rechten Werth. Es giebt ein Soll und Haben auch für die Be ziehungen der Staaten zu einander. Und beide Conten müssen stimmen. für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsdruff, sowie für das Rgl. ^orstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttannrberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. - Jnscrtionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene Corpuszcile. rm» Berlaa vsn Martin Berqrr in Wi'.Sdrnn. — BcraMwarrlich M die Redaktion Martin Berqer da'rN>Ü. Gin neuer Alang. In den Reden des deutschen Reichskanzlers ist seit Beginn der letzten Parlamemssession ein neuer Klang auf- geraucht, der Charakter seiner Ansprachen ist ein anderer geworden. Nicht, daß e§ früher Graf Bülow an würde voller Vertretung der Reichsinleressen in seinen oratorischen Leistungen hätte fehlen lasten, ein vorzüglicher Redner war er vom ersten Erscheinen im Reichstage an. Aber die Ver bindlichkeit seiner Worte, die es vermied, gegen irgend eine Seite ein stählernes Entweder-Oder auszusprechen, im klaren Ton die unverzuckerte Wahrheit zu sagen, hatte doch in Vielen den Wunsch erweckt, Graf Bülow möge in seinen Reden wenigstens die Bestimmtheit des Fürsten Bismarck annehmen, da die Herbeiführung der historischen Wucht nicht so leicht zu ermöglichen sei. Hinter dem heutigen Kanzler sah man bei mancher Ansprache unwillkürlich den Schatten Kaiser Wilhelm'S II., und es ist ja selbstver ständlich, daß die Politik des Kanzlers nur diejenige des Oberhauptes des Retches sein kann. Aber trotzdem ist es nothwendig, daß der erste und einzig verantwortliche Minister des Reiches als voller und ganzer Mann vom Auslande Nnommen wird, wie vom Jnlande, daß sich in seiner Politik, wie in seinen Worten das Charakteristische seiner Person ausprägt. Diese Nothwendigkeit besteht um des- willen, nm jede Appellation von den Darlegungen des Reichskanzlers an die kaiserliche Majestät auszufchließen. Cs darf kein Zweifel darüber bestehen, daß der erste Rath geber und Diener des Monarchen genau weiß, was er will und soll; solche Anrempelcien, wie sie heute von Eng land gegen den Grafen Bülow versucht werden, weil er angeblich eine andere Politik betreibe, als der Kaiser wolle, dürfen niemals für ernst genommen werden, wenn die Stellung des Kanzlers nicht schweren Schaden in ihrer Autorität erleiden soll. Sticht jeder Reichskanzler kann ein Bismarck sein aber er hat nun einmal Bismarck's Befug nisse und muß unter allen Umständen der historischen Be deutung semes Postens Rechnung tragen; er ist der Ver trauensmann nicht blos Preußen's, sondern aller deutschen Staaten und Stamme. Schwerlich wird so bald ein Nachfolger des Fürsten Bismarck jene furchtbare, aber großartige Härte im Tone linden, die diesem in kritischen Punkten eigen war. Nicht allzuoft ist Bismarck Mit seinen Gedanken hervorgetreten, ^ber er scheute sich nie, Alles zu sagen, wenn es sein mußte. So jene berühmte Stelle in den achtziger Jahren, als die Avanchemänner in Paris gewaltig zum Kriege riefen. Damals sagte Bismarck: „Ich glaube nicht, daß eine französische Regierung es für vortheilhaft hallen wird, mit ans einen Krieg zu beginnen. Sollte das französische Bolk in seiner Leidenschaftlichkeit einen neuen Krieg herbei- mhren, so wird — (hier gebrauchte der Fürst eine wörtlich ^cht zu übersetzende französische Wendung, die etwa be deutete:) Frankreich eine Züchtigung erhalten, von welcher ls sich njx nieder zu seinem gegenwärtigen Chauvinismus ^Ochwingen kann." Bismarck konnte das sagen, er hat ruch England gegenüber bei den Kolonialzwistigkeiten sehr Mrse Worte gebraucht, aber nicht jeder Staatsmann kann Wch so weit gehen. Und das ist auch nicht erforderlich. -'3 genügt, wenn aus seinen Ansprachen die Willensstärke Eiligkeit herausklingt: Entweder-oder, im Guten oder w Ernst. Aber was geschehen muß, wird geschehen, mag Nan sich auf den^kopf stellen! Zu dieser Entschiedenheit ist jetzt Graf Bülow mit Mellen Schritten vorgeschritten; steift mit humoristischem Bekanntmachung. Donnerstag, den 16. Januar dss. Js., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche ^tadtgemeinderathssitzung Die Tagesordnung hängt im Rathhause aus. Wilsdruff, den 15. Januar 1902. D e r V ü r g e r in e i st e r. —Kahlenberger.