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Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruffs sowie für das Rgl. ^orstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruao bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühudorf, .Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lamversdorf, Limbach, Logen, Moborn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdori, Schmied-walde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeliastadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistrovp, Wildberg. .Erscheint wöchentlich dreimal uno zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis viertelfährlich IM. 3t) Pf., durch die Post bezogen IM. 54 Pf. Inserat ererben Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionsvreis 15 Pfg. pro viergespaltesk Lorpuszeile, No 144. »Nk j-maa von Marrin Berger m WUsdvin. — 4t«amwoMa> für die N-dakiton Marrin Berqer daielbsr. Dienstag, den S. Dezember 1W2. 61. Jahrg. Bekanntmachung. Voiu 1. Januar 1903 an ist der Kraftstrompreis auf 25 Pfennige per Rilswattftunde, Der Lichtstrompreis dagegen auf 55 Pfennige per TMswattftunde festgesetzt worden, was anourch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, den 4. Dezember 1902. Der Ktadtrath. Kahlenberger. Lslitifche Rundschau. Das leichte Augenleiden, von welchem unser Kaiser Gefallen w ir, scheint in der Hauptsache wieder beseitigt zu sein, doch ist wohl noch etwas Borsicht geboten, da die rauhe Witterung unverändert andauert. Die Uebersiedelung des Hofes von Potsdam nach Berlin erfolgt, wie in den letzten Jahren stets, erst nach Neujahr. Als einen ergänzenden Nachklang der bekannten bedeutsamen Worte, welche Kaiser Wilhelm in Essen am Begräbmßtage Krupps an die Vertreter der Arbeiterschaft des Heimgegangenen großen Industriellen ge richtet hatte, kann man die Rede betrachten, welche der erlauchte Monarch in Breslau bei Entgegennahme einer ihm gewidmeten Huldigungs- und Ergebenheitsadresse Dortiger Arbeiter gehalten hat: Er empfing die be treffende Arbeilerdeputation auf dem Oberschlesischen Bahn hof in Breslau gelegentlich seiner Heimreise aus Ober schlesien nach Potsdam. Nachdem der Sprecher der Deputation Die von den Arbeitern der Breslauer Waggonfabriken und Maschinenbauanstalten gewidmete Adresse dem kaiserlichen Herrn mit einer kurzen loyalen Ansprache überreicht hatte, Drückte der Kaiser in längerer Erwiderung zunächst seine innige Genugthuung über diese Kundgebung der Breslauer Arbeiter aus, betonend, wie dieselben hierdurch seinen in Essen geäußerten Erwartungen entsprochen und zugleich das Andenken seines verewigten Freundes Krupp hätten wahren Helfen. Im weiteren Verlaufe der Rede erinnerte dann Der Monarch besonders daran, wie er dem deutschen Arbeiterstande stets sein lebhaftes Interesse zugewendet -und die von Kaiser Weilhelm I. eingeleitete soziale Gesetz, zebung fottgeführt habe. Hieran knüpfte der erlauchte Redner Worte ernster Mahnung nicht nur an die Breslauer Arbeiter, sondern auch an die deutsche Arbeiterschaft über haupt, sich nicht länger von den sozialdemokratischen Agi tatoren au der Nase herumführen zu lassen, sondern sich pon denselben zu emancipiren und aus ihren Reihen wirkliche Vertreter des deutschen Arbeiterstandes in das Reichsparlameut zu entsenden. Nochmals berührte hierbei der Kaiser die sozialdemokratischerseits gegen Krupp ge schleuderten Verdächtigungen und Verleumdungen unter schärfster Verurtheilnng derselben. Er schloß mit der Ver sicherung, daß die Regierung und die bürgerlichen Parteien mit solchen eigentlichen Arbeitervertretein, und wenn es ihrer noch so viele sein würden, im Reichstage gern für das allgemeine Wohl zusammenarbeiten würden, wobei der Kaiser die Königstreue solcher Abgeordneten der Arbeiter als eine natürliche Voraussetzung hinstellte. — Inwiefern dieser erneute Appell des Kaisers an die deutsche Arbeiter schaft, sich von der Sozialdemokratie endlich loszulagen, etwa Erfolg haben wird, das wird sich ja zweifellos bei Den nächsten Reichstagswahlen zeigen; indessen wäre es freilich sehr optimistisch, auf eine größere Fahnenflucht der Arbeiter aus dem sozialdemokratischen Lager zu rechnen! Der Reichstag hat sich am Schluffe seiner Sitzung Dom 5. Dezember anläßlich des katholischen Feiertages abermals auf ein paar Tage vertagt, er setzt erst an diesem Dienstag seine Arbeiten fort. Demnach wird auch die Entscheidung über den von der Linken so heiß bestrittenen Antrag Kardorff, betr. die en dioc-Annahme des Zolltarifs in zweiter Lesung, frühestens erst im Laufe der neubegon- menen Woche fallen, was indessen einstweilen noch immer nicht ganz feststeht. Auch die Sitzung vom 5. Dezember wurde im Wesentlichen wiederum durch Geschäftsordnungs debatten und hiermit zusammenhängende Abstimmungen ausgefüllt, indessen verlief sie verhältnißmäßig weit ruhiger, als die vorangegaugenen letzten Sitzungen. In sachlicher Beziehung wurde die Berichterstattung über die einzelnen Abschnitte der Tarifposttionen bis Pos. 388 gefördert, und zwar hatte der Sozialdemokrat Antrick das letzte Referat vom Tage, detr. die Positionen 368 bis 388. Absichtlich dehnte er seinen Bericht hin, um möglichst viel Zeit zu „vertrödeln". Im klebrigen wurden die wiederum gemachten Versuche der äußersten Lucken, den Gang der Debatte durch die von ihr beantragte Verweisung einer Reihe von Positionen an die Kommission behufs nochmaliger Prüf ung zu verschleppen, auch diesmal von der Mehrheit ver eitelt, welche regelmäßig Uebergang zur Tagesordnung über derartige Verschleppuugsanträge beschloß. Im letzten Theile der Freitagssitzung gab es anläßlich des Vorschlages des Präsidenten Grafen BaUestrem, die nächste Sitzung wegen des auf den 8. Dezember fallenden katholischen Feiertages erst am Dienstag, den 9. Dezember, abzuhalten, abermals eine Geschäftsordnungsdedakte, in welcher die Redner der Linken dem Vorschläge des Präsidenten wider sprachen, doch verblieb es bei demselben. Am Dienstag kommt zunächst der Antrag der Mehrheit auf fernere Ab änderung der Geschäftsordnung des Hauses zur Verhand lung; der Antrag schlägt vor, es dem freien Ermessen des Präsidenten anheinizustellen, ob er einem Abg. das Wort zur Geschäftsordnung ertheilen will oder nicht, doch soll eine Rede zur Geschäftsordnung künftig niemals länger als fünf Minuten dauern. Neue Anträge zur Verschärfung der Ge schäftsordnung des Reichstages werden in der heutigen Dienstagssitzung gestellt werden. Der Abg. Lieber mann von Sonnenberg will die Befugnisse des Präsidenten auf die Ausschließung und Ausweisung von renitenten Volksvertretern aus dem Sitzungssaale erweitern. Heute wird es im Reichstag voraussichtlich überhaupt mehr wie flott zugehen. Charakteristisch ist die Meldung, daß bei der letzten Sitzung der Geschäftsordnungskommission deren Vorsitzender, der Abg. Singer, ganz allein anwesend ge wesen sein soll. (!) Breslau, 6. Dez. Die Breslauer Freisinnigen be absichtigen, den Führer der gestrigen Arbeiterdeputation beim Kaiser, Federschmied Karl Klammt, entsprechend dem ausdrücklichen Vorschlag des Kaisers, nichtsozialistische Ar beitervertreter zu wählen, bei den nächsten Reichstags- und Landtagswahlen als Candidaten aufzustellen, in Erwartung, daß auch die Conservativen auf Grund der Kaiserlichen Rede diese Candidatur unterstützen müssen. Klammt ist, der Breslauer Zeitung zufolge, seit Jahren ein rühriger Anhänger der freisinnigen Volkspartei in Breslau. Eine Meldung, die kaum erwartet werden konnte, kommt aus Wien. In der heiklen Sprachenfrage in Böhmen, die den Stein allen Anstoßes in dem harten Naiionalitätenkampfe zwischen Eichen und Deutschen bildet, wollen beide Theile etwas nachgeben, so daß endlich auf ein Begraben der Streitaxt und auf eine gedeihliche par lamentarische Arbeit im Wiener Reichsrath gerechnet werden kann. Freilich die aufgetauchte Friedenshoffnung ist noch kein vollendetes Friedenswerk, und es will zu dem scheinen, als ob das Friedenschließen fast noch leichter ist, wie das Friedenhalten. Großer Skandal in der französischen Volks vertretung. Das französische Parlament ist bis nach Neujahr vertagt, aber zuvor hat es noch einen gewaltigen Skandal gegeben, bei dem es zu Thätlichkeiten kam. Die Anti-Republikaner warfen dem Justizminister Vallä vor, die Verhaftung der Humbertschen Schwindler nicht ernstlich verfolgt zu haben. Als der Minister schroff antwortete, kam es zu einer Prügelei. Der Abg. Lylveton schlug nach dem Minister mit den Fäusten, der Letztere stieß nach seinem Gegner mit den Füßen- Darüber kam es zu einem allgemeinen Handgemenge, so daß der Präsident Bourgeois schließlich seinen Hut aufsetzte und die Sitzung zeitweise vertagte. AIS nach der Wiedereröffnung der Abg. Coutant neue heftige Anklagen gegen den Minister erhob, beschloß das Haus die Entfernung des Ersteren. Die im Parlamentshaus stets anwesende Militärwache wurde herbeigerufen und Coutant von den Soldaten aus dem Saal gebracht. Er leistete keinen Widerstand, doch mußte das Militär seine ihn umgebenden Freunde bei Seite schieben. Während dieser Szene wurde die Verhandlung nochmals vertagt, und nach deren Wieder beginn entstand abermaliger Krawall, nach welchem der Abg. Lylveton wegen Beleidigung der Regierung an die frische Luft geführt wurde. — Im deutschen Reichstage kann man nun sehen, wie es anderswo mit Skandal machern gemacht wird. Wir wünschen allerdings nicht, daß jemals die Herbeizitirung von Militär oder Polizei in unseren Reichstag erforderlich wird. In Madrid ist das nefle konservative Ministerium Silvela an Stelle des bisherigen liberalen Sagasta gebildet worden. Daß es einen langen Bestand haben wird, ist nicht zu erwarten. Die politische Lage im Lande der Kastanien ist unglaublich verworren, man spricht auch von allerlei Jntriguen aus höfischen Kreisen, die sich geltend machen. Constantine, 6. Dez. Nach Meldungen hiesiger Blätter kämpfen 100 icm südlich von Biskra vier Stämme der Uargla mit den Beni Mzab wegen des Besitzes von Palmbäumen, welche den letzteren gehören. Aurze Lhrsnik. Doppelselbstmord im Eisenbahncoups. Lud wigshafen a. Rh-, 6. Dezember. Ein Bahnarbeiter fand gestern früh ^6 Uhr beim Reinigen der für den Personen zug nach Mannheim bestimmten Wagen in einem Abtheil erster Klasse zwei erschossene Personen — einen jungen Mann von ungefähr 26 Jahren und ein Mädchen von ca. 20 Jahren. Die Wagen standen über Nacht auf einem Seitengleis. Die That muß während der Nacht geschehen sein, denn beim Auffinden der Leiche war schon voll ständige Starre eingetreten. In der Tasche des Mädchens fanden sich ein Posteinzahlungsabschnitt und 45 Pfg. vor. Die Namen der Erschossenen konnten bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Russische Spitzbuben. An Gogols „Revisor" erinnert folgender Spitzbuben-Streich, der russischen Blättern zufolge vor Kurzem im Dorfe Werchstogulnewo bei Tomsk verübt wurde. Dort erschienen eines Tages zwei unbe kannte Herren, von denen einer sich als Untersuchungsrichter für besondere wichtige Angelegenheiten bezeichnete, während der andere in der Uniform eines höheren Polizeibeamten auftrat. Die beiden Herren stiegen im Hause der Land schaft ab, beschieden den Gemeindeältesten zu sich und er klärten, bet dem Bauer Aschenlow, der unter dem Verdacht der Falschmünzerei stehe, eine Haussuchung vornehmen zu müssen. Den Worten folgte sofort die That. Der vermeintliche Untersuchungsrichter confiscirte bei Aschenlow nicht nur alles Vorgefundene Geld, sondern nahm auch noch dem aus Tomsk zurückgekehrten Sohne des Bauern den Erlös aus dem Verkauf von Vieh ab; das Geld, es waren insgesammt 3718 Rbl., versiegelte der „Unter suchungsrichter", deponirte es dann auf der Gemeindever waltung, verhaftete Aschenlow und befahl, ihn nach der Kreisstadt Kusnezk zu schicken. Nachdem die Gauner unter irgend einem Vorwande das Geld vom Gemeinde ältesten zurückerhalten hatten, verließen sie das Dorf und begaben sich nach Barnaul. Unterdessen war in dem Aeltesten des Dorfes der Verdacht aufgestiegen, er habe es mit Schwindlern zu thun gehabt. Er theilte seinen Verdacht dem Friedensrichter mit und dessen Nachforschungen bestätigten nur zu bald die Richtigkeit desselben. Es wurden nun Maßnahmen zur Verhaftung der Gauner