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Oll lo- ;ro Ür für Wilsdruff, Tharandt, Reffen, Siebenlehn und die Umgegenden. MmtsölaLt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 5. Freitag, den 16. Januar 1874. 0s Auetivu. Künftigen Montaq, den 1S. dieses Monats, von Vormittags 10 Uhr an, sollen in der sogenannten Neudeckmühle zu Klipphausen ca. 46 Schock Stroh, 2 Stück Jungvieh, 1 Kalbe, 3 tragende Schweine und 1 Hauer meistbietend gegen sofortige baare Zahlung öffentlich versteigert werden. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 8. Januar 1874. ..... Leonhardi. Tagesgcfchichte. . Wilsdruff,, 15. Januar 1874. Nach der am gestrigen Tage in Tharandt stattgefundenen Aus zählung der Stimmen, steht eS nunmehr fest, daß in unserm dem 6. Wahlkreis zum Deutschen Reichstag Herr Finanzprocurator Hofrath Ackermann in Dresden mit bedeutend überwiegen der Stimmenzahl den Sieg über den Socialdemokrat Eckstein davongrtragen hat. ........ Zwickau, 10. Januar. Neben ernstem Eifer und ausdauernder Energie stell! sich hier auch der Humor in origineller Weise in den Dienst der Wahlagitation. Gestern und heute sah man in langsam feierlicher Fahrt den Eiswagen des hiesigen Condilors St. durch die Straßen ziehen. Derselbe war mit einer Leinwand überzogen, auf welcher in großen Buchstaben die Worte zu lesen waren: „Wähler, wählt alle für Herrn Bürgermeister Streit!" — Trotz der ancr- kcnnenSwerthen Anstrengung der lieberalen Partei haben doch in un serem Wahlbezirke die Social-Demokraten den Sieg mit bedeutender Majorität davongetragcn. Aus Dresden, 13. Januar, schreibt daS „Dr. I.": Die Expe dition des „Patriot" macht heute bekannt, daß „infolge des plötzlich und ohne jeden genügenden Grund erfolgten Rücktritts des Hrn. Adv. Kuntzsch von der Rcdaction" das fernere Erscheinen des „Patriot" bis zum 1. April d. I. sistirt werden muß. Vom 1. April d. I. ab werde, wie bereits bekannt gemacht, das Blatt als ein „tägli her" er scheinen und seien zu diesem Bchnse — falls Hr. Adv. Kuntzsch die Nedaclion nicht wieder übernehmen sollte — bereits andere redactio- ncllc Kräfte gewonnen. Aus Leipzig berichtet die „R. Ztg." Der Schaden, welcher bei den Augusttumullcn durch die theilwcijc Demolirung der Häuser der Plcißengasse und durch Zerstörung und Plünderung der Sachen den Eigcuchümern und Bewohnern dieser Hausgrundstücke zugefügt worden, ist auf mehr als 3000 Thlr. geschützt. Nach einer dem Buudesrathc vorgelegten statistischen Berechnung hat das sächsische Armeecorps im Friedcusstande jetzt 1159 Offiziere, 100 Aerzte, II Auditeure, II Geistliche, 239 Vcrwallungsbcamte, 38 Roßärzte, 20 Civillehrer. Aus Bautzen wird uutcrm II. Jgnuar der „Dr. Pr." geschrie ben: Die Unsicherheit »nd Lebensgefahr ist auch bei uns sichtlich im Zunchmen. Seit vorgestern geht die betrübende Kunde von Mund zu Munde, daß in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag ein Mann, welcher von Auswärts hierher gekommen war, nm Arbeit zu suchen, in den Anlagen der Stadt von zwei Personen eingefallen worden wäre, daß ihm ein exptvdircnder Körper gewaltsam in den Mund gesteckt worden sei und dieser Körper sich sofort entzündet hätte und den Mund des Unglücklichen in einer Weise verletzt, so daß an seinem Auskommen gezweifelt werden müsse. Der Manu hatte sich noch bis unter das Schloß begeben dort Hülfe in einem Hause ge sucht und in soweit auch gefunden, als mau einen Arzt herbeigcholt und Anzeige erstattet hat. Nach zuverlässigen Mittheilnngen ist der Mann gestern gestorben, ohne das näherer Aufschluß über die Thätcr hat ermittelt werden können. — In den Morgenstunden des gest rigen Tages ist hier ein Mädchen von 7 Jahren, Namens Kmoch, auf schreckliche Welse umgekommen. Es hat dieses Kind in einem Gartenhause wahrscheinlich mit Streichhölzchen gespielt, sich dabei die Kleider angezündet und dermaßen verbrannt, daß, als es aufgcfuuden wurde, die Haut sich bereits vom Lörper löste. Der herbeigerufene Arzt mutzte sogleich erklären, daß Hülfe nicht mehr möglich sei und es ist das Kinv auch bald darauf gestorben. Die Novelle zur Gewerbeordnung soll dem Reichstage mit der Abänderung vorgelegt werden, daß Arbeitgeber, welche Arbeiter unter Zusicherung oder Gewährung von Vortheilcn zum Contractbruch ver leiten, straffällig sind. Die „Mühlhausener Zeitungen" vom 8. Januar veröffentlichen einen Wahlaufruf des Herrn Haeffelh, Gutsbesitzers und Fabrikanten auf Schlotz Pfaffstadt, aus dem wir folgende Sätze anführen wollen: „Wir müssen vor allen Dingen verlangen, daß Elsaß und Lothringen über die Annexion befragt werde; unsere Ebre, unsere Würde als freie Männer und die Zukunft unseres Vaterlandes erfordern es. Unsere gerechten Ansprüche müssen auf friedliche, aber energische Weise so lange geltend gemacht werden, bis Deutschland zu der Erkenutniß kommen wird, daß die heiligsten Principien des Rechts und der mo dernen Civilisation verkannt worden sind, und eS das uns zugefügte Unrecht wieder gut macht. Wähler! Wenn ihr mich mit eurer Wahl beehrt, so soll das mir anvertraute Mandat sich dahin beschränken: Ich werde auf legalem Wege und auf die entschiedenste Weise gegen die gewaltsame Annexion protcstircn. Und werde für uns alle das absolute Recht verlangen, unser Vaterland zu wählen." Die kürzeste und beste Antwort gab den Wühlern bei den Neichs- tagswahlen ein öffentlicher Anschlag in Braunschweig. Er lautete: Ein Schurke ist der, der Euch weiß macht, daß Ihr anders zur Wohl habenheit gelangen könnt als durch Arbeit. Mau schreibt aus Berlin vom 13. Januar: Die bis jetzt hier her gelangten Mittheilnngen über die Ergebnisse der Neichs- tagswahlen lassen ersehen, daß die Socialdcmokratic in der näch sten Legislaturperiode in einer Anzahl vertreten sein wird, die in den früheren Legislaturperioden nicht erreicht worden. So weit sich bis jetzt schon übersehen läßt, hat diese Partei etwa zehn Candidaten durchgesetzt und die nothwcndig gewordenen Stichwahlen dürsten wohl zu dieser beträchtlichen Anzahl noch mehrere social-demokratische Can didaten hinzufügcn. Johann Jacoby, der von der Eisenacher social- demokratischen Partei an vielen Orten ausgestellt worden, ist nirgends dnrchgekommen, im Landkreise Leipzig hat er die meisten Stimmen erhalten, ohne jedoch die absolute Majorität zu erreichen. Sehr zu beklagen wäre, wenn schließlich Jacoby doch in den Reichstag käme, denn wenn einer der social-demokratischen Candidaten sich im Reichs tage eine achtungsvolle Stellung erringen kann, so ist es jener Mann, dessen politische Vergangenheit eine moralisch fleckenlose und ihm so von dem Liberalismus überhaupt zur Ehre gereichte. Die nächste Session des Reichstages wird interessanter werden, als die letzte war, aber sie kann auch unseren nationalen Verhältnissen Verwirrung be reiten, die wahrhaft Besorgniß erregend sind. Zu den social-demo kratischen Deputieren treten die in verstärktem Maße vertretenen