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Wilsdrnf-Tharauder Wochenblatt. Fr-itag, den 12. März 1841. 0. Mit König!. Sachs. Concession. Verantwortlicher Nedactenr und Verleger: Albert Reinhold. Don dieser Wochenschrift erscheint Otte Freitngc Nachmittags -in- Rnmmer. D-r Preis für Len Dierteliahrgang beträgt Itt Ngr. (n Er.) Btkanntinachnngen aller Art werden ausgenommen; die gespaltene Zeile oder deren Raum wird mit v Ps. in Anrechnung gebracht. Aussätze di- im nächsten Stuck erscheinen sollen, werden in Tharaud bis Sonntag Nachmittags 3 Uhr und in Wilsdruf bis Sonntag Abends 6 Uhr angenommen. Später eingehende Zusendungen müssen bis zur folgenden Woche liegen bleiben. Wir erbitten uns dieselben unter den Adressen: „an die Rcdaction des Wilsdruf-Tharander Wochenblattes zu Wilsdruf (Dresde ner Gaffe im Haus- des Herrn StadtrichterS Tamm-, 1 Treppe,) oder: „an die Agentur des Wilsdruf-Tharander Wochenblat tes zu Tharaud," di- Herr Buchbinder Tauscher übernommen hat, Etwaig- Beiträge, welche d-r Tendrnz d-s Blatt-s entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. DieRedaction, Der Jahrmarkt zu Lorenzkirchen. Romantisches Gemälde von Albert Reinhold. (Fortsetzung.) Dieser aber gab die Hand nicht hin, viel mehr war derselbe schon lange auf seinem Sitze unruhig umhergerutscht, hatte das Kapplein bald rechts, bald links geschoben, auch den Mund mehrmals geöffnet, selbigcn aber, des Verbotes nicht zu sprechen eingedenk, immer wieder ge schloffen. Jetzt aber rückte er sich zurecht, wischte sich mit dem blauen, etwas ausgewaschenen Taschentuche den Schweiß vom runzelvollcn An gesichte, stärkte sich mit einem frischen Trank, und begann sodann also: „Verchrtcster, erlauben Sic, daß der Haus freund mit einigen Scrupeln und Zweifeln sich herauslaßt, die ihm fast wider Willen in den Schädel gestiegen und sich daraus nicht vertrei ben lassen wollen. Ich meine nämlich die beab sichtigte Verbindung Dero Mamsell Tochter mit dem Sohne Ihres Intimus. Es will mich be- dünken, als ob die fragliche Mariage für beider seitige Theile nicht von den ersprießlichsten Fol gen sein dürfte. Genehmigen Sie, in aller Ruhe meine Meinung darüber zu hören," fuhr er fort, als Grohmann, der Widerspruch nicht gern ertrug, heftig aufsprang. „Hören Sie erst, dann urthest len Sie." Der Roßhändler nahm murrend seinen Platz wsteder ein, und jener ließ sich also weiter vernehmen: „Sie sind Vater, und das Wohl oder Wehe Ihres Kindes liegt in Ihren Händen. Die Vereinigung zweier Menschen für das Leben ist aber eine hochwichtige Sache, die wohl bedacht sein will. Sie haben Ihrer Tochter eine Erzie hung geben lassen, wie sie den höher» Ständen zukommt. Das Mädchen ist eine feine, zarte Dame geworden, die stickt und malt, musicirt und singt, daß cS nur so sein must, und wohl ani Ende zur Noth auch Dücher schreiben könnte, Wie manche sentimentale Frauenzimmer, die nicht wissen, was sie weiter anfangcn sollen. Das mag alles recht gut sein, und ich habe auch ganz und gar nichts dagegen. Aber was versteht denn Mamsell Wilhclminchen von der Wirth- schafl? Nichts, gar nichts. Es müßte einen hübschen Anblick gewähren, wenn die Neuver mählte im zierlichen Morgenneglige den Kuhstall revidirte oder auf dem Heuboden nach dem Rech ten sähe. Sie würde sich vielleicht überall thätig zeigen wollen und alles verkehrt anfangcn. Un ter solchen Umständen müßte der eheliche Zwist über kurz oder lang, gleich einem Ungewitter hcrcinbrechen, und Niemand könnte cs beschwören. Daher noch einmal bitte ich Sic, opfern Sie das Wohl ihres Kindes nicht einem Scheinglücke auf. Sie bcrcucn vielleicht einmal zu spät, was nicht mehr zu ändern ist. Ich aber wasche meine Hände." „Larifari, was faselt der Herr Gevatter wieder einmal?" rief der Roßhändler, während eine immer dunklere Glutröthe gleich einer Wet terwolke in seinem Gesichte aufsticg. „Glauben Sie, ich habe meine Tochter zu einer Hofdame oder Theatcrprinzessin erzogen? Dünkt Sie Ihnen zu gut zum Nährsiande, von dem wir alle zehren? Das wäre mir eine schöne Geschichte! Mein Mädchen ist eine schlichte Bürgcrstochtcr, eines Roßkamms, der mit alten Mähren, die ihm oft der Abdecker abkaufte, zu handeln anfing, eines Roßkamms sage ich, chcleiblichcs Kind, und wird einen schlichten Landmann bestachen, wie cs sich für sie schickt und ihr zustcht, so wahr ich Groh- mann heiße und heißen werde bis an mein seliger