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MMntt kiir MlÄruff Tharandt, Mähen, Siebenlehn und die Mmgegenden. Amtsblatt für die Agl. 2lmtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzosgwalde mit Landberg, Huhndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu« tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rshrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. TnM unt. Verlag von Marlin Berqer in Wüsdmn. — BerantworUich für die Redaktion Martin Berqer daselbst. No 14» Dienstag, de« 27. November 1»»0 58. Jahrg. Auf Blatt 70 des Handelsregisters für das unterzeichnete Amtsgericht ist heute die Firma Wilsdruffer Dachziegel- und Klinkerfabrik Paul Nötzold und als deren Inhaber der Kailsmann Herr Paul Richard Nötzold in Wilsdruff einge tragen worden. Wilsdruff, den 23. November 1900. ASnigliches Amtsgericht. Schubert. Bekanntmachung. Es wird hiermit zur öffentlichen Kcnntuisz gebracht, daß die Königliche Amts- hauptmannschaft Meißen für die letzten 4 Sonntage vor Weihnachten eine zehnstündige Verkaufszeit im Handelsgewerbe einschließlich d.s Barbiergewerbes von Vormittags 1(?/.z Uhr bis Abends 8^2 Uhr genehmigt hat. Wilsdruff, den 22. November 1900. Dev Bürgermeister. Kahleuberger. Politische Rundschau. Der Kaiser besichtigte am Sonnabend Nachmittag im weiteren Verlaufe seines Kieler Aufenthaltes den durch Umbau verlängerten Küstenpanzer „Hagen" und folgte später einer Einladung des Prinzen Heinrich zum Diner an Bord des Linienschiffes „Kaiser Wilhelm UI." Im Reichstage hat die Chinadebatte nach vier tägiger Dauer am Freitag ihren Abschluß gefunden. Der Nachtrags-Etat wurde der Budget-Kommission überwiesen. Die Reichsregierung erfreut sich eines vollständigen Sieges. Selten hat die Sozialdemokratie eine so vernichtende Paria- mentarische Niederlage erlitten, wie diesmal, und die glänzende Abfertigung, die sich Bebel noch am letzten Tage von dem Reichskanzler zuzog, wird der sozialdemokratische Zopfträger oder „freiwillige Chinese" wohl so bald nicht vergessen. Abgesehen von dem Triumphe, den die Politik der Regierung feierte, liegt der bleibende Gewinn dieser Debatte darin, daß die Sozialdemokratie so scharf wie kaum jemals in ihrer vaterlandslosen Gesinnung wie in ihrer völligen Jsolirtheit vor dem Lande bloßgclegt wurde. Der Reichstag erörterte am Sonnabend die An gelegenheit der 12000 Mark, weiche dem Reichsamte des Innern auf dessen Anregung vom Centralverein deutscher Industrieller mit einem Schreiben des Herrn Bueck zur Verfügung gestellt worden sind, auf Grund der sozial demokratischerseits eingebrachten Interpellation. Letztere wurde vom Abgeordneten Auer begründet. Derselbe sprach im Allgemeinen ziemlich maßvoll, schweifte aber in seinen Ausführungen häufig über das eigentliche Diskussiousthema hinaus. Auer betonte in seiner Erörterung der 12000- Mark-Affaire, daß es sich in derselben allerdings nicht um eine persönliche Bestechung, aber um etwas weit Schlimmeres handele, wosür die gesammte Regierung ver antwortlich sei und kritisirte er es im klebrigen sehr ab fällig, daß in Deutschland die Interessenvertretung der Industriellen einen nach seiner Behauptung so ungeheuren Einfluß ausübe. Der Reichskanzler Graf Bülow erkannte in seiner Antwort an, daß der betreffende Beamte des Reichsamtes des Inneren mit seinem an den Central verband deutscher Industrieller gerichteten Ersuchen einen bedenklichen Mißgriff begangen habe und fügte er die Ver sicherung hinzu, daß er als Reichskanzler etwas Aehnliches nicht dulden würde. Mit Bestimmtheit lehnte er jedoch weitere Maßnahmen in dieser Angelegenheit ab, hervor hebend, daß dieselbe von der sozialdemokratischen Presse ganz gewaltig aufgebauscht worden seif er schloß mit der Versicherung, daß er vor unlauteren Machenschaften nicht zurückweiche und denselben keinerlei Einfluß auf s/iue amt- lrchen Entschließungen und Handlungen gestatte. In der "st" Besprechung der Interpellation stimmten sammmche Redner ohne Unterschied der Parteistellung in Mißbilligung des Vorganges mit den 12000 Mark uberem, dagegen trennten sie sich in der Auf fassung der Erklärung des Reichskanzlers, daß er der An gelegenheit weitere Folgen nicht zu geben beabsichtige. Während in letzterer Beziehung die Abgeordneten Büsing (nat.-lib.), V. Levetzow (kons.), Dr. Lieber (Centr.) und v. Kardorff (sreikons.) ihre volle Zustimmung zu der Stellung nahme des Grafen Bulow zu erkennen gaben, erklärten sich die Abgeordneten Munckel (freff. Volksp.), Dr. Pachnicke (fr. Verein.) und Dr. Schönlank (sozialdem.) als durchaus unbefriedigt von den Aeußerungen des Kanzlers. Nach dem Abg. Schönlank gesprochen, erklärte der Präsident die Besprechung der Interpellation für geschlossen. Der Staats sekretär des Reichsamtes des Inneren Graf Posadowsky war zwar anwesend, griff jedoch nicht iu die Debatte ein. Für Montag stand zunächst die Interpellation Onola wegen des Jnvalidenpensionsgesetzes auf der Tagesordnung. Berlin. 23. Nov. Die „Germania" meldet: Die Centrumsfraktion des Reichstags beschloß die Wiederein- bringung des Jesuitenantrages sowie die Einbringung eines Antrages auf Errichtung eines Staatsgerichtshofes für das Deutsche Reich. Präsident Krüger hat im Privatgespräch seinen dringenden Wunsch geäußert, mit dem deutschen Kaiser eine Unterredung zu haben, um diesem die Wahrheit über die englische Politik gegen die Boeren mitzutheilen. Da der Kaiser Cecil Rhodes empfangen hat, so meint Krüger, werde der Kaiser auch ihn empfangen, zumal er dock 1896 das herz liche Telegramm nach Pretoria sandte. — Seitdem beobachtet aber die deutsche Reichsregierung den Boeren gegenüber eine andere Politik, und darum wird aus der Unterredung sicher nichts werden, so lange der Krieg dauert. Krüger wird überhaupt wohl nicht nach Deutschland kommen, wenigstens nicht nach Preußen. Präsident Krüger ist in Paris, wo er das Band des Ordens der Ehrenlegion trägt, kaum weniger gefeiert, als s. Z. der Czar. Die Pariser sind rein aus dem Häus chen und selig, ihrer seit der Faschoda-Affaire hochgradigen Abneigung gegen England gründlich Luft machen zu können. Diese Abneigung hat ja nicht einmal während der Aus stellung völlig geschlummert, wie dieMederholten Prügeleien zwischen Franzosen und Briten betMen. Am Sonnabend zogen Studenten- und Arbeiterschaaren die Boulevards hinab, die neu komponirte Krügerhymne singend und da mit Schmährufe auf die Engländer und den „Mörder Chamberlain" verbindend. Die Polizei bewachte englische Geschäfte, sogar die englische Botschaft sehr streng, doch ist gegen dieselben nichts unternommen. Das Publikum, Damen wie Herren, trug vielfach Schleifen in den Farben Transvaals; den Straßennamen der Avenue Viktoria hatte man mit Avenue Krüger überklebt. Engländer waren nur sehr vereinzelt in Paris, wo sie sich sehen ließen, wurden sie ausgezischt. Da hier keine Provokationen Vor lagen, wie iu Marseille, so war das allerdings nicht passend, und mau kann es den Londoner Zeitungen nicht verargen, wenn sie hierüber aufgebracht sind. So oft der Präsident sich auf dem Balkon des Hotels Scribe, wo er abgestiegen ist, zeigte, brauste ihm ein Jubel entgegen, daß ihm die Thränen in die Augen kamen. Von Seiten der franzö sischen Republik sind ihm die Ehren eines Staatsober hauptes in jeder Beziehung erwiesen. Unter Geleit einer Schwadron Kürassiere und unter sorgfältiger Vermeidung der naheliegenden englischen Botschaft durch einen Umweg, fuhr Präsident Krüger zum Präsidenten Loubet nach dem Elyseepalast, wo als Ehrenwache -ein Bataillon Infanterie mit Fahne und Musik aufgestellt war. Loubet kam seinem Besucher entgegen und hatte mit ihm eine viertelstündige Unterredung. Dann kehrte Krüger in sein Hotel zurück, wo er eine Stunde später den Präsidenten Loubet empfing. Am Sonntag hatte Krüger eine Aussprache mit dem Minister des Auswärtigen, Delcasss, aus welcher er jedoch die Gewißheit gewonnen haben dürfte, daß Frankreich praktisch nicht für die Boeren interveniren wird. Bis in die Sonntag-Nacht hinein wurden dem greisen Boerenführer Ovationen dargebracht, auch am Sonntag wiederholten sich dieselben. Krüger lehnt alle weiteren eingehenden politischen Aeußerungen ab, ebenso seine Begleiter. Ende der Woche wird voraussichtlich via Brüssel die Reise nach Holland erfolgen. Trotz der mannigfachen Aufregung, welche ihm die Tage in Frankreich gebracht haben, befindet sich der alte Herr — Krüger ist übrigens seiner Körper größe nach nur klein — wohlauf. Einiges Ausruhen dürfte ihm aber diese Woche doch willkommen sein. Zur Krankheit des Zaren geht der „Frkf. Ztg." aus der allernächsten Umgebung des Herrschers ein Bericht zu, dem wir Folgendes entnehmen: Die Krankheit nimmt augenblicklich einen normalen Verlauf. Bei sehr vielen Fällen von Unterleibstyphus pflegt jedoch eiu Rückfall ein zutreten, der zumeist schlimmer, wie die erste Erkrankung ist. Dieses Rückfalles wegen ist die Umgebung iu Kummer und Sorge, doch glauben die Acrzte, soweit es in mensch lichem Ermessen liegt, daß bei der Folgsamkeit, mit welcher der Czar sich allen Anordnungen der Aerzte fügt, ein Rück fall nicht eintreten wird. — Rührend und großartig ist die Pflege, welche die Czarin ihrem Gemahl angedeihen läßt. Mit zwei Lieblingskammerdienern des Czaren weicht sie weder Tags noch Nachts von seinem Krankenlager, wie sehr ihr auch die Aerzte wegen ihres Zustandes Schonung empfehlen. Der Czar war trotz der ernsten Erkrankung stets bei klarem Bewußtsein und verlangte wiederholt die Vorlage von besonders China betreffenden Akten, was aber die Aerzte entschieden verboten. Erst in den letzten Tagen wurden ihm einfachere Angelegenheiten vorgelegt, und er diktirt der Kaiserin seine Bemerkungen, welche dieselbe an dem Rand der Akten niederschreibt. Die täglich ein laufenden Anfragen von Souveränen und hochstehenden Personen erledigt die Kaiserin persönlich. Der Aries mit China. Im Reichsamt des Auswärtigen in Berlin hat eine Unterredung zwischen dem nordamerikanischen Botschafter- White und dem Staatssekretär von Richthofen über die Bestrafung der Boxerführer und die von China zu zahlende Entschädigung stattgefunden, die ein sehr befriedigendes Ergebniß gehabt haben soll. Aber in der diplomatischen Lage sieht es gar nicht befriedigend aus. Rußland zieht bis auf 2000 Mann, die in Peking, Tientsin und Taku garuisonirt bleiben sollen, seine Truppen aus Tschili zu rück, beweist also den Chinesen, daß es nichts auf die Spitze treiben will. Rußland ist aber satt, es hat die Mandschurei und wird sie trotz aller Redensarten faktisch behalten. Die Amerikaner wollen auch den Chinesen entgegen kommen und von der Bestrafung für die Rädels führer absehen —, ebenso Japan, das schon einen Sonder vertrag mit China in der Tasche zu haben scheint; Ruß land und Frankreich meinen ebenfalls, es sei besser, auf die Hinrichtung der Häupter der Boxer zu verzichten, da man sie ja doch nicht bekommen könne. Das ist die Einigkeit der Mächte, die alle an sich selbst denken, blos nicht an die Deutschland zu gewährende Genugthuung. Gerüchtweise heißt es, eine deutsche Expedition solle auf dem Wasserwege den chinesischen Kaiserhof in Singanfu zu erreichen suchen, aber das ist wenig wahrscheinlich, und unsicher. Jedenfalls muß unsere Reichsregierung angesichts der fremden Jntriguen einen festen Entschluß fassen: ent weder führt sie die Bestrafung mit aller äußerster Energie herbei oder sie sagt sofort: Ich verzichte! denn Abwarten