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Lielienlelm und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^mtchährlichcr Prämimerationspreis 10 Ngr. — JnsertionSgebühren für den Naum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf.— Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag.— Etwaige Beiträge, welche der Tender» des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 60. Ireitag, den 18. September 1868. Usdruff, Tharandt, N offen, (Eingesandt.) dehuss der Klagen über die Dienstboten, wie jüngst in einem dieser Blatter (No. 50) verlautete. Es ist wahr, es gehen derlei Klagen viel nnd wiederholt, auch 'n diesem Blatte die erste nicht. Schon srüher einmal in diesem Mrzehnt, habe ich einen ähnlichen klagbaren Aufsatz wider die Dienst boten nur selbigem Blatte gelesen, und nach dem Willen meines da maligen Dienstherrn auch meinen Untergebenen müssen vorlesen. Man klagt in oben erwähntem Aufsatz (No. 50 d. Bl.), daß das Gelinde, und zwar vorzugsweise das landwirtschaftliche Gesinde, W im großen Theile seine Obliegenheiten — kurz Dienstpflichten— "»r sehr lau vollbringe, der Dienstherrschaft gar nicht ergeben sei, "ad bei der geringfügigsten Veranlassung den Dienst kündige. . Worin liegt zunächst der Grund dieser traurigen Verhältnisse? 'M man und spricht' sich einigermaßen darüber aus. Und es 'M auch wirklich noth, ein Wort darüber'zu sprechen. Es mag Wohl sein, daß daZ unzeitige Miethcn und Vermiethen !Mal im wechselseitigen Verbältniß, noch ehe das Gesinde mit der Beit im Hause für das gegenwärtige Jahr recht betraut ist, we- Mlich dazu beiträgt, daß die obliegenden Pflichten für dasselbe Ms lau verrichtet "werden. Auch giebt man die Schuld demNicht- ^ttautscin mit' der Gesindeordnung, welche landwirtschaftlichen (Mwerhälmiflen vorschrcibt: Erst drei Monate vor Ablauf der ^hresfrist zu miethen — und zu vermiethen. . Es dürfte überhaupt erwünscht sein, wenn unsere landesgcsetz- Gesindeordnung für Herren und Dienende besser gehandhabt ^"rbe, als cs eben geschieht. Unsere vaterländische Gesindeordnung, ? ivir sic jetzt noch haben, von anno 1835 ist gut. Wie will der Dienstbote damit vertraut werden, wenn er ein ganzes lang nichts davon hört und sieht? oder in bleibenden Dienst- ^Mnissen sein Dienstbuch I, 3, 5, wohl 10 Jahre lang nicht in Hände bekommt? — Es wurde einmal davon geschrieben, daß ä erwünscht sei, von Seiten des Dienstherr» doch jährlich einmal 'M Dienstboten die Gesindeordnung vorzulesen, das wäre auch gut. § Aber ihr lieben Dienstboten? Warum bei der geringfügigsten MMassung gleich den Dienst kündigen? was man uns Schuld M Man 'kann sich Wohl aussprcchen, was Niemand verwehrt , ' auch einem Dienstboten gegen seine Herrschaft nicht; doch vor- Äffetzt bei gutem Recht und gebührlichem Maaße. Ohne Wwdcr- ^"'gkeiten gehts nicht ab in der Welt, auch das Verhältniß zwi- x?" Herrschaften und Dienstboten nicht. Warum aber bei der ge- A"en Veranlassung, Widerwärtigkeit und Zurechtweisung den Dienst , Mgen.— Ist denn das Dienen eine Schande? O nein! Hat nicht k> lieber Herrgott, der himmlische Vater, auch unser Vater und li>^ aller Herren, einst sein liebes Kind Jesum in die Welt gesandt, ^Dienste für die ganze Welt? — Ich, der ich dieß schreibe, diene auch, und bin der Ueber- zeugung fest: — Dienen ist keine Schande. — Und: Das Einer herrscht, der Andere dienet, Ist Gottes väterlicher Schluß. Wer den zu tadeln sich erkühnet, Schafft sich vergeblichen Verdruß. Um aber ein weiteres Urtheil nach oben erwähnten Klagen ans Licht zu stellen und nicht auf mein Ich zu gründen, wollen wir ein mal zur Hand nehmen einen Anzeiger — Stadt und Amt Nossen. — Da schreibt man untcrm 13. Juli anno 1866 in einem Aufsatz also: Ueber die Dienstboten der Jetztzeit sind schon mannichfache Klagen laut geworden und im gewöhnlichen Leben hört man sie fast täglich widerholen. Will man aber einen Schaden heilen, so muß man ihn zuerst in seinem Grunde erkannt haben. In dieser Hinsicht will uns bedünken, als würde mit Unrecht zumeist die Schuld viel zu einseitig auf die Dienstboten geschoben. Denn auch die Herr schaften trifft ste in nicht geringem Maaße. — Die dienenden Perso nen sind der großen Mehrzahl nach beim Eintritt in den Dienst nichts weniger als zur Selbstständigkeit gereist. Das natürliche Verhältniß wäre also: daß sie zu der Herrschaft in ein Verhältniß treten, in welchem die Erziehung und sittliche Ausbildung, die das Elternhaus ihnen nicht mehr gewähren kann, fortgesetzt und dem Abschluß ent gegengeführt würde. Dazu ist unumgänglich nöthig, daß sie als Glieder der Familie angesehen werden, wenn auch mit Vorbehalt alles billigen Standesunterschiedes. So war es in unserm Vater lande in der alten Zeit, die, mögen wir sie in tausendfacher Bezieh ung überflügelt haben, in einigen Stücken unsere Zustände bedeutend übertraf. Jetzt stehen sie vereinzelt da. Von einem Anschluß an vie Glieder der Familie, von einem innigen Verhältniß ist gar nicht die Rede. Die Herrschaft findet Grund hier und da zu klagen; aber die Vorwürfe, meist in ärgerlichem, zankendem Ton, sind keine Zurecht weisungen, aus denen väterliche und mütterliche Liebe spräche, und darum fruchten sie nichts, tragen vielmehr nur dazu bei, das Herz des Dienstboten der Herrschaft zu entfremden. Im Hause glaubt solche Person nur noch die ewige Arbeit und Verdruß dazu zu finden. Da rum lebt sie mit ihrem Dichten und Trachten mehr außer demselben. Daran schließt sich die Putzsucht, gegen die zumeist das Vorbild der Hausfrau und der erwachsenen Töchter kein Heilmittel bilden kann. Es würde zu weit gehen, wollten wir hier ausführen, was alles aus dieser getrennten Stellung der Dienstboten zur Familie entsteht. Man versuche es einmal aufrichtig, und die meisten Uebelstände, die wir jetzt beklagen, lassen sich aus derselben erklären. Der Verfasser dieses Aufsatzes hat recht und wer sollte ihm sein Recht vermeinen. Er schließt mit den Worten: — Soll es besser werden, so müssen die Dienstboten sich im Hause, in der Familie wohl fühlen lernen. Es muß ein anderes Band da sein, als der Lohn, der, wenn er auch noch so hoch gesteigert würde, doch nie ein inniges Verhältniß bewirken kann. Bekanntmachung. Das 19. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868 — letzte Absendung am 7. >er d. I. — enthält: No. 124. Gesetz, die allgemeine Einführung einer Hundesteuer betreffend; vom 18. Äugust 1868. No. 125. Verordnung zu Ausführung des Gesetzes, die allgemeine Einführung einer Hundesteuer betreffend; vom 18. August 1868. No. 126. Bekanntmachung, die Vereinbarung der Königlich Sächsischen und Kaiserlich Königlich Oesterreichischcn Regierung wegen Wegfalls der Vergütung der sogenannten Fangprämie betreffend; vom 27. Juli 1868. No. 127. Decret wegen Bestätigung der Statuten der bei der Corporation der Kaufmannschaft zu Dresden bestehenden Casse zur Unterstützung unverschuldet verarmter Kaufleute und deren Angebörigen, sowie der Collenbuscbeassc; vom 5. August 1868. No. 128. Verordnung, die ärztlichen Hausapotheken betreffend; vom 18. August 1868. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt 14 Tage lang in hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, am 15. September 1868. Der Stadtrath. Kretzschmar,