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Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 17. Januar 1873. Wie aus dem Inserat in heutiger Nr. zu ersehen, findet das in voriger Nr. vorläufig auf Dienstag angckündigte Extra- Concert im Gasthof zum goldenen Löwen erst Tags darauf, also nächste Mittwoch statt, worauf wir an dieser Stelle äufmersam zu machen nicht unter lassen wollen. —Gleichzeitg sei auch die heute Abend auf der Restau ration stattfindende „Musikalische Abendunterhaltung" nochmals in Eriunernng gebracht. Der „D. A. Z." schreibt man aus Dresden: Gegenüber un genauen Berichten über ein angeblich sehr ungünstiges, keinen Erfolg versprechendes Resultat des Vereinigungsverfahrcns über das Gesetz, die Bchördenorganisatio» betreffend, sei bemerkt, daß im Gegeutheil eine Einigung nicht blos in Betreff jenes Gesetzes, sondern auch der damit im Zusammenhänge stehenden Differenzpunktc in der Landge meinde- und der Städtcordnung innerhalb der Deputation so gut wie erreicht ist und sichern Verhoffen nach auch zwischen den beiden Kam mern erreicht wird, und zwar so, daß von den Grundlagen dieser Gesetze etlvas Wesentliches nirgends anfgegcben wird. Dresden, 11. Januar. Hier eingegangener Privatmittheilung zufolge ist beim Grenzcordon-Cvmmando zu Obcr-Netzschko am 8. ' dieses Monats folgender Fall passirt. Der Sohn des dortigen Ge- mcindevorstandes wollte Ne Grenze passiren, wurde aber vom Wacht posten angchalten. Es entspann sich zwischen Beiden ein Wortwechsel welcher die Drohung der Arretur seitens des Wachtposten herbeiführte. , Die Begleitung des Passanten, ei» großer Hund, nölhigte durch seine drohende Haltung den Soldaten zum Laden und Abfeuern des Gc- , Wehres. Leider wurde durch die Kugel nicht nur der Hund getödtet, sondern durch ein wahrscheinliches Anprallen derselben an irgend welchen harten Gegenständ verletzte sie ein in der Nähe befindliches i Mädchen, die so unglücklich getroffen wurde, daß sie einige Zeit nach her ihren Geist aufgab. Dem „Dr. I." berichtet man aus Löbau: Am 9. Januar d. I., Abends 10 Uhr, brannte in Kotitz bei Weißenberg das der ver ehelichten Schmiedcmeister Hierche gehörige Wohnhaus nebst der Scheune total nieder. Der Brand griff mit so rapider Schnelle um sich, daß der mit im Hause wohnende und bei Ausbruch des Feuers zu Bette liegende, über 70 Jahre alte Ortswächter Johann Mickan sich nicht zu retten vermochte und mit verbrannte. Ueberdies ver brannten zwei Ziegen mit, wie auch das ganze Mobiliar Mickan's und das der verw. Dürrlich, welche ebenfalls ihre Wohnung in dem Hause hatte, vernichtet wurde. Waldheim, 13. Januar. Gerechte Verwunderung erregte hier vor wenigen Tagen das Verschwinden eines Aufsehers an hiesiger Strafanstalt. Derselbe, früher Soldat, der als Feldwebel den Feld zug nach Frankreich mitgcmacht und mit dem eisernen Kreuze ge- f schmückt, glücklich zurückgekehrt war, übrigens im besten Leumunde stehend, beurlaubte sich am 4. d. M., um zu seiner Hochzeit nach Freiberg zu reisen. Er traf jedoch weder bei der harrenden Braut - ein, noch nach abgclaufenem Urlaub in feinem bisherigen Amte. Dagegen ist, wie man hört, am gestrigen Tage ein Brief, datirt aus Bremen, von ihm angelangt, der Kunde bringt von seiner Einschiffung nach Amerika. Die Motive seiner heimlichen Entweichung bleiben in Dnnkel gehüllt; finanzielle Verlegenheiten oder irgendwelche amtliche i Vergehen find cs nicht. —Der böse Gast hiesiger Stadt, dieBlattcrn- krankheit, will noch gar nicht weichen, und hat in den jüngstvergangenen Tagen unter den hiesigen erwachsenen Bewohnern mehrfache Opfer ge fordert. Wie bösartig die Krankheit hier ausgetreten ist, beweist jedenfalls die Angabe der Kirchennachrichten aus der Parochie Wald- heim vom Jahre 1872, nach welchem im genannten Jahre 53 Todes- fälle oder 24 «/„ mehr vorgekommen sind als im Vorjahr; wenn die Zunahme der Bevölkerung auch das Ihre zu dieser Erhöhung bei- getragcn haben mag, so doch gewiß auch jene Epidemie. -- Durch - die Liberalität eines hiesigen Bürgers sind unserer Stadt zwei trans parente Thurmuhr - Zifferblätter und für einige Zeit auch die Mittel, sie mit Gas zu erleuchten, als Weihnachtsgeschenk verehrt worden. In Folge dessen sind wir seit einigen Tagen in der glücklichen Lage, auch in dunkler Nacht nicht vergeblich nach dem öffentlichen Zeitmesser am Rathhause ausschauen zu dürfen, und genießen einen Vorzug, dessen sich viele größere Städte nicht erfreuen. (CH. Tgbl.) Die Zweifel, ob das Münzgesctz, dessen Vorlage für die nächste Session des Bundesraths und Reichstags in Aussicht steht, das definitive Münzgesetz sei, oder nur anolog dem Gesetz über die Aus prägung der Reichsgoldmünzen die Ausprägung der Neichssilber- und Scheidemünze regeln solle, werden, wie man der „A. Allg. Z." schreibt, im Sinne der ersten Alternative gehoben, daß der Gesetzentwurf nicht nur die Prägung der dem neuen Münzsystem entsprechenden Silber- und Scheidemünzen regelt, sondern gleichzeitig auch Bestim mungen über die Einziehung der jetzigen Silber- und Scheidemünzen enthält. Die Gesammtausprägimg der Reichsgoldmünzen stellt sich bis 28. Deccmber 1872 auf 421,474,130 Mark, wovon 339,115,780 Mark in Zwanzigmarkstücken und 82,358,350 Mark in Zchnmarkstücken bestehen. Der Allgemeinen Militär-Zeitung wird von Berlin geschrieben: „Das Jahr 1873 dürfte eine wichtige Veränderung in der Organisa tion des NeichShecres bringen, bez. anbahnen. Es verlautet als ziemlich sicher, daß in dem K. Kriegsministerium der Entwurf eines nenen Neichs-Militärgcsetzcs in der Ausarbeitung begriffen ist, dessen Vorlegung in der nächsten Session des Reichstages beabsichtigt Wäre. Allerdings ist es ja richtig, das die Verfassung deS norddeutschen Bundes vom 16. April 1867 nur bis zum 31. Dccember 1871 die Friedenspräsenzstärke des Reichrheercs regelt. Auch heißt cs aus drücklich am Schluffe deS Art. 61: „Nach gleichmäßiger Durchführung der Bundes-Kriegsorganisation wird das Bundes-Präsidium ein umfassendes Bundes-Militärgesetz dem Reichstage und dem BundeS- rath zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorlegen." Weiler ist es eine notorische Thatsache, daß mit der in Artikel 62 festgesetzten Zahlung von 225 Reichsthalern, welche der Militärverwaltung zur Unterhaltung jedes Kopfes des Fricdensstandes der Armee zur Ver fügung stand, nicht mehr auszukommcn ist und eine Erhöhung dieses Betrages in Aussicht genommen werden muß. Bei der Feststellung des Militär-Ausgaben-Etats wird nun die auf Grundlage der Ver fassung gesetzlich feststehende Organisation des Neichshceres zu Grunde gelegt werden." Bremen, 10. Januar. Die Auswanderung über hier hat im vorigen Jahre 80,212 Köpfe auf 201 Schiffen betragen, von denen 15—16,000 auf Segelschiffen hinübergingcn, der Nest auf Dampf schiffen. 59,709 landeten in Newyork, 16,347 in Baltimore. Im Jahre 1871 waren nur 60,841 Personen über hier auSgewandert; aber es war zum Teil auch noch ein Kriegsjahr, und der Aufent halt, welchen der Krieg in die Auswandcrungspläne zahlreicher Fa milien gebracht haben muß, wird für viele derselben ebenfalls erst 1872 überwunden worden sei». So erklärt sich schon eine gewisse außerordentliche Zunahme, während eine mäßige alljährliche Zunahme bei dem längst eingctretenen chronischen Charactere der Auswanderer durch das stetige Steigen der Bevölkerung und die wachsende Erleich terung des Reisens erklärt wird. Von Hamburg aus sind im vorigen Jahr 52,828 Auswanderer direct nach der neuen Welt gegangen, 21,183 indircct über England. Der Papst und der König von Italien sind plötzlich gute Freunde geworden. Die Bahn dazu hat der König gebrochen. Er hat sich ein Herz gefaßt und dem Papst zum neuen Jahr gratulirt. Das hat dem alten Flucher so wohl gefalle», daß er seine» Fluch in Segen umgewandelt und den König von seinem Bann erlöst hat. Die Franzosen lese» sich oft wie ein Roman, aber der Roman hört mit der Hochzeit auf und bei de» Fraiizosen scheint er mit der Hochzeit erst anzufangem Man liest wenigstens in einem nagelneuen statistischen Buche aus Paris, daß es in Frankreich 30,000 verhei- ^7 5. 1873. Freitag, den 17. Januar Srevenlehn und die Umgegenden Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst.