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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsault und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark. Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag IT Nhk. 70. Dienstag, den 4. September 1877. Verordnun g, Maßregeln zur Verhütung der Wiedereinschleppung der Rinderpest betr., vom 27. August 1877. Nachdem sich herausgestellt hat, daß die erleichterte Controle, unter welcher nach tz 5 der Verordnung vom 19. April d. I. die Einfuhr von Rindvieh der Böhmischen Landrace für den Consumtions- und Wirthschaftsbedarf im Grenzbezirke gestattet gewesen ist, dazu gemißbraucht wird, auch solches Rindvieh, dessen Einfuhr in Sachsen unbedingt verboten oder nur unter strengerer Controle zulässig ist, aus Oesterreich nach Sachsen einzuschwärzen, hat sich das Ministerium des Innern zugleich im Hinblick auf den neuerlichen Ausbruch der Rinder pest in Galizien zu mehrfacher Abänderung der Verordnung vom 19. April d .I. veranlaßt finden müssen. In dessen Verfolg wird die nur gedachte Verordnung hiermit aufgehoben und wird an Stelle derselben und der durch sie aufge hobenen Verordnungen und Bekanntmachungen nunmehr Folgendes verordnet: Z 1. Die Ein- und Durchfuhr u. von Rindern der großen grauen Race (Steppenvieh,) b. von Rindvieh ohne Unterschied der Race, von Schafen, Ziegen und anderen Wiederkäuern aus Rußland und Galizien, o. von thicrischen Theilen jeder Art in frischem Zustande, welche von Wiederkäuern der unter a und d gedachten Thierarten herrühren, ist unbedingt verboten. Dagegen ist der Verkehr mit Butter, Milch, Käse, vollkommen trockenen oder gesalzenen Häuten und Därmen, Wolle, Haaren upd Borsten, geschmolzenem Talg in Fässern und Wannen, sowie mit vollkommen lufttrockenen, von thierischen Weichtheilen befreiten Knochen, Hörnern und Klauen bis auf Weiteres nicht beschränkt. 8 2. Die Ein- und Durchfuhr von Rindern, Schafen, Ziegen und andern Wiederkäuern, die aus Böhmen und anderen Krouländcrn der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie kommen und nicht zu den nach Z 1 unbedingt verbotenen gehören, ist bis auf Weiteres unter der Boraussetzung nachgelassen, a. daß das betr. Vieh an einem außerhalb Galiziens, der Bukowina und der Länder der Ungarischen Krone gelegenen Orte mindestens 30 Tage lang unmittelbar vor dem Abgänge nach Deutschland gestanden hat, l>. daß am Abgangsorte und in einem Umkreise von 35 Kilometern um denselben herum die Rinderpest nicht herrscht und daß der Transport durch seuchenfreie Gegenden stattfindet, m daß der Nachweis über die unter g, und d bemerkten thatfächlichen Vorausfetzungen in zuverläfsiger Weise durch amtliche und oberbehördlich bestätigte Zeugnisse beigebracht wird und ck. daß das Vieh bei seinem Eingänge über die Sächsische Grenze von dem hier- ländifchen Bezirksthierarzte nach Race und Gesundheit untersucht und als unverdächtig befunden wird. 8 3. Der Einlaß des nach H 2 zulässigen Viehes ist zunächst nur über die Eisenbahnstationen Zittau, Tetschen-Bodenbach und Wetpert und zwar au letzterem Orte nur an jedem Donnerstage gestattet. Die Errichtung noch weiterer Einbruchstationen und deren Veröffentlichung bleibt Vorbehalten. Das einzuführende Vieh ist Zum Zwecke der velerinärpoUzeilichcn Untersuchung desselben rechtzeitig bei der Polizeistation des betr. Grenzüberganges anzumelden. Sobald sich unter einem Viehtransporte auch nur ein an Rinderpest krankes oder derselben verdächtiges Stück vorfindet, ist der ganze Transport zurückzuweisen. 8 4. Der Verkehr mit Gespannen von Rindvieh Böhmischer Landrace zwischen Böhmischen und Sächsischen Grenzortcn, sowie der Weidetrieb von Wiederkäuern auf den Fluren dieser Grenzorte bleibt bis auf Weiteres gestattet. 8 5. Uebertretungen der Vorschriften dieser Verordnung werden nach Z 328 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und unter Umständen bis zu Zwei Jahren bestraft. Dresden, am 27. August l877. Ministerium des Innern. v. Nostitz Wallwitz. Pfeiffer. Bekanntmachung, den Kartoffel (Colorado) Käfer betr. Das Königliche Ministerium des Innern hat, damit durch allgemeine Verbreitung der Kenntnis; des der Kartoffelpflanze äußerst schädlichen Coloradokäfers wirkliche Gefahren schnell erkannt und bei eingebildeten Gefahren unnöthige Besorgnisse schnell zerstreut werden können, Nachbildungen des Käfers mit seiner Larve mit der Anweisung hierher gelangen lassen, dieselben unter die Gemeindevorstände be hufs der Verbreitung der Kenntniß in der Gemeinde und insbesondere auch in der Schule nach Maßgabe der Größe der Gemeinde derart zu verthcilen, daß mindestens an jede Gemeinde ohne Schule ein Exemplar, an jede Gemeinde mit Schule aber zwei Exemplare gelangen. Indem dies den Herren Gemeindevorständen des hiesigen Bezirks zur Nachachtung hierdurch eröffnet wird, erhalten dieselben zugleich Veranlassung, die obengedachten Nachbildungen im Laufe der nächsten 14 Tage hier in Empfang zu nehmen oder abholen zu lassen. Meißen, am 28. August 1877. Königliche Amtshauptmannschaft. In Vertretung: v. Mayer. Tagesgeschichte. „Nichts Neues vom Schipkapaß!" So können wir auch heute wieder unsere Berichte vom Kriegsschauplatz beginnen, und auch gleich hinzusügen: „Nichts Neues vor Kars!" Die Telegramme ans Schumla, daß die Türken am Montag alle oder fast alle russischen Positionen genommen, haben sich nicht bewahrheitet; selbst am Donnerstag voriger Woche, wo es für die Russen vor dem Eintreffen ihrer Verstärkungen am bedenklichsten stand, haben sie doch keine ihrer Verschanzungen verloren, höchstens kann von günstigen Positionen die Rede sein, welche die Türken auf beiden Flanken der russischen Ausstellung ein genommen haben mögen. Ob das Einstellen des Feuers am Montag (27. v.) Abend und am Dienstag Morgen eine Erschlaffung der türkischen Angriffsbewegungen bedeute, wie mau in Petersburg glaubt, werden die nächsten Tage lehren. In Asien mögen die Kämpfe vor Kars sehr blutig gewesen; aber positive Erfolge hat keiner der beiden Theile aufzuwcisen. Zu den vielen Ueberraschungen, welche dieser Krieg gebracht hat, gehört auch die Leistungsfähigkeit der Pforte in Ausstellung neuer Truppen. Mau hat nirgends genügende Transportmittel, nm die Massen, die sich allerorten stellen, auf den Kriegsschauplatz zu be fördern. Russischer Seils hat die Beförderung der Garden auf den Kriegsschauplatz begonnen und weitere Mobilmachungen der Landwehr sollen die großen Lücken ausfüllen, welche neben den feindlichen Kugeln auch bereits Krankheiten in die russischen Reihen reißen. Serbien scheint seine neuen Kricgsgelüste nicht länger bezähmen zu können. Was sagt Oesterreich dazu? „Eine Cooperation Serbiens mit Rußland wie eine russische Invasion in Serbien werden wir nicht dulden und mit einem Einmärsche in Serbien beantworten. Ein ein seitiger Krieg Serbiens mit der Türke berührt unsere Interesse nicht." Darauf versichert Rußland: „Serbien betreten wir nicht, eine russisch- serbische Convention cxistirl nicht; was Serbien thut, thut's auf eigene Faust." Sagt Oesterreich: „Gut, dann brauchen wir uns die Finger nicht zu verbrennen." So wenigstens, versichert ein Wiener Corre- spondent der kölnischen Zeitung, fasse die österreichische Regierung ihre wegen Serbien eingcgangen Verpflichtungen auf. Neber Griechenlands Vorbereitungen zum Kriege schreibt man neuerdings der „Pol. Corr." aus Athen, 23. August: „Die Rüstungen sind im vollsten Gange. Waffen, Munition und Schiffe sind bestellt, und Alles dies geschieht mit einer geräuschlosen Energie, welche mit Gewißheit gewärtigen läßt, daß Griechenland bis Ende Oktober fertig dastehen wird. Die Küsten des Königreichs werden bis dahin vor einer feindlichen Invasion gesichert fein. Gleichen Schritt mit diesen Vorbereitungen hält die Einstellung der Mannschaften in die Armee, deren numerische Stärke auf 27,700 Mann gebracht wird. Durch den zahlreichen Eintritt von Freiwilligen in die gebildeten Bataillone, wird sich der Effektivstand der Armee weit höher gestalten. Selbst Engländer, Franzosen und Deutsche melden sich zum Eintritte in die Armee. Aus Triest trafen 200, aus Alexandrien 250, aus Mytilene 33, aus Samos 29, aus Smyrna 52 Freiwillige ein, die meistens angesehenen Familien angehörcn und sich selbst eqnipircn. Gleichzeitig strömen aber auch Flüchtlinge von allen Seiten herbei, die sich hier ansässig machen und die Wobnungsnoth erböhen. Das größte Flüchtlingskonlingent lieferte bisher Mazedonien, Constautinopcl und Kleinasien."