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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, SLevmlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Königs. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Gerichtsamt nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark. — Jnseratenannahme bis Montag rcsp. Donnerstag Mittag 12 llhr. Dienstag, den 31. Juli 1877. Bekanntmachung an sämmtliche Orts-Steuereinnahmen des Steuerbezirkes Meißen. Zu möglichster Begegnung weiterer Anfragen bezüglich der mit dem im nächsten Monate August fälligen letzten Grundsteuertermine zu bewirkenden Erhebung und Ablieferung der Grundsteuer - Zuschläge zur Deckung des Bedarfs des Landes - CulturratheS in Gemäßheit des Gesetzes vom 15. Juli 1876 (Seite 307 des Gesetzblattes und der Verordnungen des Königlichen Ministerium des Innern vom 19. und 20. Februar d. I. (Seite 185 des Gesetzblattes), sowie der jeder Ortseinnahme bereits ausgehändigten Instruction vom 25. vor. Mts. wird Folgendes bekannt gegeben: 1. daß dieser Zuschlug zwei Zehntheile Pfennige von jeder beitragspflichtigen Steuereinheit beträgt; 2. daß die auf den Gebäuden und Hofräumen ruhenden Steuereinheiten nicht beitragspflichtig sind; und 3. daß diese letzteren, sofern sie nicht bereits im Flurbuche speciell, sondern mit Gärten oder anderen landwirthschaftlichen Grundstücken in einer Summe ausgcworfeu sind, leicht gefunden werden, wenn der im Flurbuche in Thalern angegebene Miethwerth in Reichs mark umgewandelt oder mit der Zahl 3 multiplicirt und die Hofraumfläche mit dem in der vorletzten Spalte des Flurbuchs ange gebenen Reinerträge für einen Acker multiplicirt werden und von dem Facit die letzte Ziffer, welche die Tausendtheilchen einer Steuereinheit angiebt, weggestrichen wird. Z. B. Beträgt der Miethwerth der Gebäude 8,z„» Thaler, so ruhen auf denselben 25,,^ Steuereinheiten (8,z„„ mal 3 — 25,z„n) und beträgt die Fläche des Hofraums 48 (^Ruthen und der Reinertrag für einen Acker oder für 300 (^Ruthen 9,z Thaler, so ist der Hofraum mit 4,.^ Steuereinheiten belegt (48 mal 9,, — 4,.^). Beide Summen addirt geben 30,^», und es ruhen somit, nach Abstreichung der letzten Ziffer, auf Gebäude und Hofraum 30,„g Steuereinheiten. 4. Wer nach Abzug der Steuereinheiten für Gebäude und Hofraum in einer und derselben Ortsflur nicht 120 Steuereinheiten zu entrichten hat, bleibt vom Zuschläge frei; eine Zusammenrechnung der auf Grundstücken in anderen Fluren haftenden und von einem und demselben Besitzer zu entrichtenden Steuereinheiten ist unstatthaft. 5. Von denjenigen Rittergütern, welche ihre Grundsteuern unmittelbar an die Bczirks-Steucreinnahme abliefern, werden Zuschläge von der Orts-Steuereinnahme nicht erhoben, sondern sie sind ebenfalls unmittelbar abzuführcn und erhalten die respectiven Besitzer noch besondere diesfallsige Aufforderungen von hier aus zugcsendet. 6. Die Zuschläge sind bei der Ablieferung streng von den Grundsteuern getrennt zu halten und daher die hinausgegebenen Schematas zu Hcbcrcgistern und Lieferscheinen vorher in allen ihren Theilen vollständig und richtig auszufüllen. Auch sind vorher die Liefer scheine von dem Gemeindevonstande und, ist dieser selbst Einnehmer, von einem Gemeinderathsmitgliede gehörig zu attestiren. 7. Sollten in einer Flur Zuschläge nicht ansfallen, so ist in das Heberegister „Vacat" einzuschreiben und dasselbe vom Einnehmer und von dem Gcmeiudevorstande, beziehcndlich von einem Gemeinderathsmitgliede, zu unterschreiben und anher zurückzugebcn. Im Uebrigen sind 8. . alle übrigen in der eingangsgedachten Instruction noch enthaltenen Bestimmungen von den Orts - Steuereinnahmen genau zu beachten. Meißen, den 27. Juli 1877. Königliche Bezirks - Stenereinuahmc. Härtel. . Fiskalische Obst - Verpachtung. Die diesjährige Obst-Nutzung von den fiskalischen Allecbäumen des hiesigen Jnspectionsbezirkes, und zwar: der Dresden - Tharandt - Freiberger Chaussee, Abth. 8 und 9, , der Dresden - Chemnitzer Chaussee, Abth. 3, soll Mittwoch, den 8. August 3. e., Vormittags 10 Uhr, im Gasthof zum Erblehngericht in Tharandt gegen sofortige Baarzahlung und unter den vor der Licitation bekannt zu machenden Bedingungen an Meistbietende öffentlich verpachtet werden. Dresden, am 23. Juli 1877. Kgl. Chausseeinspectiou. Kgl. Bauverwalterei II. Zimmermann. Thümmler. I II IW !> II! I i IM II Tagesgeschichte. NeichSg es und heil samt wird bald eine der gesundesten Anstalten des Reiches werden. In dem Kampf gegen die Verfälschung der selten und flüssigen Nahrungsmittel wird cS die Führung über- nehmeii und mit Hilse eines strengen Rcichsgcsetzes dem schäm- und gewissenlosen ^reiben der Fälscher ein Ende zu machen. Ein Mittel dazu wird die steigende Besteuerung der Surrogate (Ersatzmittel) z. B. nur zur Herstellung von Bier und Wein sein, eine solche Besteu erung, daß die Fälschung kaum mehr lohnt. Ein großartiges Werk im Verkehrswesen ist am 23. Juli in Mainz vollendet worden. In Gegenwart Kes Generalpostmcistcrs Stephan wurde die 600 Kilomettr lange unterirdische Tclegrnphcn- linie, welche Berlin mit Mainz, Franksurt a. M., Leipzig, Halle und Eassel verbindet, durch Versenkung des Rheinkabel zwischen Cassel u. Mainz beendigt. Diese unterirdische Telcgraphentinie (auch nach Straßburg rc. lausend) umfaßt 7 Leitungen, eine jede von mehr als 80 gcogr. Meilen Länge und ist die erste von dieser Ausdehnung aus der ganzen Erde. Ein Berliner Telegramm des Pester Llohd sagt: „In diplo matischen Kreisen spricht man von Symptomen einer sich vorbereitenden Aenderung der bisherigen Haltung Deutschlands und hält den Zeit- qunct des HeraustrctenS aus der bisherigen Passivität nicht mehr für fern." (?) Gleichfalls aus Berlin aus „außerordentlicher Quelle" wird demselben Blatte gemeldet: „Fürst Gortschakow autorisirte die russischen Vertreter zu der Erklärung, Rußland sei von der Idee di« recten Arrangements mit der Pforte znrückgckommen, indem cs, treu den ausgesprochenen Principien, der orientalischen Frage einen euro päischen Charactcr zuerkcnue." Dem Dresdner Journal berichtet man aus Wien vom 25. Juni: „Die Stimmung in der türkischen Hauptstadt wird als bedenklich ge» schildert. Man fürchtet Aufstände und Christenmassacres. Der Fana tismus der Osmanen ist durch die Nachrichten über die in Bulgarien von den einrückenden russischen Truppen an Wehrlosen begangenen Greuel auf das Höchste aufgestachelt. Leider bestätigen sich diese Nachrichten vollkommen, obwohl russische Blätter, darunter amtliche, sie mit Entrüstung als erfunden bezeichnet haben. Die Zahl der Er mordeten, meistens Weiber und Kinder, beträgt mehrere Tausende. Von ganzen Dörfern, durch welche russische Kolonnen marschtrten, ist außer Trümmern keine Spur vorhanden; die Bevölkerung ist ver schwunden. Die „Cöln. Ztg." stellt in einem Leitartikel „Zur russischen Kriegs- sührung" die Nachrichten über die angeblich russischen Greuel zu sammen und sagt sehr scharf: „Hat das russische Obercommando es etwa für angezeigt gehalten, die Vorschriften der Disciplin für die Kriegsdaucr zu suspensiven?" Wir haben den Klagen der Türken stets Raum gegeben, können uns aber bis jetzt noch nicht überzeugen, daß die möglicherweise vorgckommenen Grausamkeiten wirklich der russischen Armee zur Last zu legen sind. Vieles kommt sicher auf Rechnung der Bulgaren, die alle Haß- und Rachegefühlc „des Sclaven, welcher die Kelle bricht", haben.