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Wochenblatt für WNmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich l Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne t Nummem 10 Pf. Tharandt, Nahen, Menlehn md die UmgeMden. — UmlsbluII Inserate werden Montags und Donnerstags his Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 56. Dienstag, den 14. Juli 1891. Obstver Ma ch t u n g. Die diesjährigen Obftnutzungen auf der Meiffen-Lvilsdrnffer Straffe Abth. 2 (1 Parzelle) und Neffelsdorfer-Nsffner Straffe, Abth. 1—3 (in mehreren Parzellen) sollen Donnerstag, den 23. Juli d. I., von Nachmittags ^2 Uhr an im Gasthofe „zum Adler" iu Wilsdruff an Meistbietende gegen sofortige baare Zahlirng und unter den sonstigen vor Beginn der Verpachtung bekannt zu machenden Bedingungen öffentlich verpachtet werden. Meißen, am 11. Juli 1891. Königl. Straffen- und Wasserbau-Inspektion li König. Bauverwalterei. Neuhaus. Diesel. Auktion wegen Konkurses. Freitag, den sl. Juli von Dorn«. Uhr an gelangen die zum Nachlaßkonkurse des verstorbenen Sattlermeisters Frohne gehörigen Gegenstände als: allerlei Sattlerwaaren, Unmnrete, verschiedene Posten Ceder, Decirnalwage mit Gewichten, Handwerkszeug, Möbel und Uleidungsstucke im Saale des Rathhauses zu Wilsdruff gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Dresden, am 10. Juli 1891. Der Konkursverwalter. Rechtsanwalt Gustav Müller. TagesgeschrchLc. Vom Jubel des Volkes empfangen, weilt das deutsche Kaiserpaar zur Stunde als Gast der englischen Nation in London und die Blicke von ganz Europa wenden sich den be- deulsamcn Kundgebungen .zu, welche auf britischem Boden stalt- finden. Wir verstehen unter britischem Boden nicht nur das Festland des Jnselreiches; das Deck jedes Kriegsschiffes, welches die Meere durchfurcht, ist vaterländischer Boden und in diesem weiteren Sinn hat Englands Volk und Marine in den letzten Wochen in hochpolitischer Weise die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. — In Fiume begrüßte die englische Mittelmeer-Escadre den Kaiser Franz Josef und auf dem Admiralschiff war es, wo herzliche Ansprachen gewechselt, wo aus Kaiserlichem Munde die „Bewunderung und Achtung" der englischen Marine aus gesprochen wurde. Ja, wie die „Times" zu melden wußten, soll der Kaiser auch noch geäußert haben, „er hoffe im Kriegs fälle die englische Marine an unserer (österreichischer) Seite zu sehen." Daö sind Worte von weitreichendem Klange und sie sind auch in jenen Ländern voll gewürdigt worden, welche der mitteleuropäischen Friedensliga grollend gegenüberstehen. Und dieser Tage wurden in Venedig bei einem ähnlichen Anlasse Ansprachen gewechselt, welche sich in glücklichster Weise in den Dreiklang der Festlichkeiten einreihen. Fiume, London und Venedig! Das sind die drei Verbrüdcrungsstationen zwischen England und den mitteleuropäischen Verbündeten, und die Er neuerung des Dreibundes konnte unter keinen glücklicheren An zeichen erfolgen, als gerade in einem Augenblicke, wo es klar und deutlich zu Tage ttttt, daß die Tripel-Allianz eigentlich eine solche zu Vieren geworden, daß Großbritanniens meerbeherrschende Marine an der Seite Oesterreichs, Deutschlands und Italiens zu finden sein wird, wenn die so lange gefesselten Störenfriede die Ruhe brechen, wenn die eisernen Würfel rollen und ein furchtbarer Krieg den Welttheil heirnsuchen sollte. England hat seine Wahl getroffen, und in Paris wurde es bereits offen aus gesprochen, daß das Fnsetteich wohl nicht seine Freiwilligen nach ^a!aw nnd Boulogne, daß es aber seine Panzerschiffe zum Schutze der italienischen Lüsten aussenden würde, nnd die Bestätigung dieser französischen Vermulhung klingt aus dem Trinkspruche des Königs Humbert wieder, welcher an Bord des „Brambow" sein Glas erhob auf das Gedeihen des großen englischen Volkes, des treuen Freundes Italiens in schlechten wie in guten Zeiten. Der englische Kommandant aber entgegnete iu direktem Austrage der Königin Vietoria, daß die intimen und herzlichen Beziehungen zwischen Italien und England in der Zukunft solche bleiben werden, wie sie es in der Vergangenheit waren. Die öffentliche Meinung der verbündeten Länder jubelt diesen Kundgebungen zü, sie begrüßt mit Freuden diese Stärkung der Friedensliga. Die Meldung, wonach dem nächsten Reichstage erhebliche Mehrford er ungen für militärische Zwecke unter breitet werden sollen, ist vorläufig ohne thatsächliche Unterlage. Seit Jahren haben sich kurz vor den illeichstagssessiouen ähnliche Angaben wiederholt, selten sind sic in vollem Umfange später tur Wabrheit geworden. Auch vor Beginn der letzten Tagung ist man ähnlichen Ausstreuungen begegnet, denen dann freilich die Berichtigung auf den, Fuße folgte, was bis jetzt nicht ge- scheben ist. Thatsache ist allerdings, daß von militärischen Kreise» unter Hinweis auf den Vorgang in den Nachbarstaaten seit geraumer Zeit auf die Nothwendigkeit gewisser Ergänzungen in Spezialwaffen hingewiesen wird, ebenso richtig ist eü aber auch, daß diesen Wünschen finanzielle Bedenken entgegentraten, welche es bewirkten, daß die betreffenden Wünsche vertagt wurden. Ob und in wie weit eine weitere Vertagung der Ansprüche durchgesetzt werden wird, läßt sich im Augenblick nicht absehen. Sicher ist, daß diese Angelegenheit in nächster Zeit den Gegenstand ein gehender Erörterungen bilden wird — mit welchem Erfolg, bleibt abzuwarten. Berlin, 8. Juli. Sozialdemokratisches. Von der Zügellosigkeit, die jetzt in der sozialdemokratischen Partei herrscht, zeugt laut und deutlich folgender Vorfall, der der „Posener Zeitung" von einem Ohrenzeugen zugegangen ist und sich in der letzten Versammlung zum Zwecke der Delegirten- wahl abgespielt hat: Während der Discufsion drängte sich ein Trupp Radicaler aufs Podium an Bebel heran und ein halb reifer Bursche rief ihm zu: „Sie verderben uns die ganze Partei." (Statt „verderben" wurde ein Berliner Dialektwort gebraucht von einer Beschaffenheit, daß wir auf seine Wieder gabe verzichten.) Bebel antwortete in erklärlicher Erregung: „Was erfrechen Sie sich, Sie grüner Lümmel!" „Das waren Sie auch einmal", bekam er zur Antwort. Worauf Bebel er widerte: „Aber nicht so einer wie Sie." — Der Abgeordnete v. Vollmar erwiderte in der gestrigen sozialdemokratischen Wählerversammlung auf die Angriffe der Berliner Versammlungen. Er hielt unter lebhaftem Beifall seine früheren Ausführungen aufrecht. Es sei nicht wahr, daß der Dreibund zu rüsten zwinge, deshalb habe er letzthin auch für ihn gesprochen. Nachdem das Sozialistengesetz gefallen, und mit ihm sein Schöpfer sowie das ganze frühere System, sei aus dem Boden der heutigen Ver hältnisse etwas zu erreichen. Aber durch bloßes Demonstriren werde nichts erreicht; ohne zu Flinte und Säbel greifen zu müssen, werde der heutige Classenstaat zu Concessionen gezwungen werden. Die, welche nicht mitthun, mit dem heutigen Staat nicht verhandeln wollten, trieben nicht die Politik von ernsten Männern, sondern Kinderpolitik. Ueber den Begriff von National und International hätten früher Auer, Bebel und Liebknecht genau dasselbe gesagt, wie er (Redner). Jntemationalität be deute die Verbrüderung der Völker, wolle man davon im Aus lände nichts wissen und Hetze man dort gegen uns, so trete der nationale Standpunkt in sein Recht. Die Berliner Hetze gegen ihn verlache er. Die Versammlung brachte Vollmar ein stürmisches Hoch dar. Nach dem Erlaß des Jnvaliditäts- und des Arbeiterschutz- gesetzcs wird man wohl allerseits in gewerblichen Kreisen, bei Arbeitgebern und Arbeitern, wie überhaupt bei allen von diesen Gesetzen Betroffenen das Bedürfniß einer längeren Ruhepause in der sozialpolitischen Gesetzgebung empfinden. Bis zu einem gewissen Grade kann diese Gesetzgebung jetzt als abgeschlossen gelten, womit freilich nicht gesagt sein soll, daß nicht die fortschreitende Entwickelung wieder neue Bedürfnisse erzeuge. Aber große neue Gesetze auf diesem Gebiet werden wir für die nächste Zukunft nicht zu erwarten'haben und sie sind auch nicht zu wünschen. Durch die Unfall-, Kranken- und Jnvaliditätsversorgung sind die Arbeiter jetzt gegen die äußersten wirthschaftlicheu Nothlagen sicher gestellt, durch die neue Schutz gesetzgebung sind alle berechtigten und durchführbaren Anforderungen erfüllt, welche erweiterte Bürgschaften gegen eine übermäßige Ausbeutung der Arbeitskraft, namentlich der schwächeren Elemente, verlangten. In gewissem Sinne ist die „kaiserliche Botschaft" jetzt ausgeführt. Diese in alle gewerblichen Verhältnisse tief eingreifende Gesetzgebung erfordert naturgemäß eine längere Zeit der Einlebung und Eingewöhnung; sie hat unserer Industrie ohne Zweifel schwere Opfer auferlegt, die mit der Zeit verwunden werden müssen. Unsere Industrie hat die Lasten mit aner- kennenswerther Willigkeit in der Hoffnung auf die versöhnende Wirkung auf die Arbeiterwelt auf sich genommen und man darf auch zuversichtlich erwarten, daß sie nicht vergeblich übernommen sein werden. Eine fast widerwillige Anerkennung der Wohl- thaten der Sozialgesetzgebung der letzten Jahre zieht sich selbst durch die sozialdemokratische Agitation hindurch. Die anfangs auch in anderen Kreisen weitverbreitete Abneigung gegen die Jnvaliditätsversicherung mit ihren vielfachen Unklarheiten und Belästigungen beginnt mehr und mehr zu schwinden; die Aus führung des Gesetzes ist, nachdem einmal die ersten Schwierig ketten überwunden waren, ziemlich glatt von statten gegangen. Aber bei alledem ist doch der Wunsch gerechtfertigt, daß jetzt eine längere Zett gewissermaßen zur Verbauung gewährt wird. Das hat auch der jüngste nationalliberale Delegirtentag aner kannt, indem er in seinen Resolutionen u. a. ausdrücklich eine Ruhepause in der sozialpolitischen Gesetzgebung verlangte. Da durch soll es aber keineswegs ausgeschlossen sein, daß im einzelnen Verbesserungen und Ergänzungen vorgenommen werden, wo sie sich in der praktischen Anwendung als wünschenswerth heraus stellen. So liegt dem Reichstag bekanntlich eine umfangreiche Revision des Krankenkassengesetzes vor und auch bei anderen Gesetzen werden Abänderungen und Ergänzungen nicht zu ver meiden sein. Das hindert aber nicht, daß dem Ruhebedürfniß auf diesem Gebiet in nächster Zeit so viel wie möglich Rechnung getragen wird. Die „Berliner Neuesten Nachrichten" schreiben: Sehr pein liche Nachrevisionen von Schienen, Achsen, Rädern und sonstigen Eisen- und Stahltheilen sind dieser Tage durch technische Beantte der zuständigen Betriebsämter im Bereiche der König!. Eisenbahndirectionen Berlin, Erfurt, Bromberg und anderer vor genommen worden. Die Ergebnisse müssen der Staatsanwalt schaft mitgetheilt werden. Welcher Art diese Ergebnisse auf der Anhalter Bahn waren, darüber erfahren wir, daß Schienen in größerer Zahl mit nachgemachtem Stempel vergefunden wurden. Die Stempeltype der echten und gefälschten Stempel war nicht zu unterscheiden, nur die Ausführung der Stempelungen war verschieden: während die echten Staatsstempel unter Anwendung von Oel in die glühenden Schienen eingewalzt sind und eine bläuliche, stahlähnliche und sehr flache — höchstens 3 Millimeter liefe — Narbe hinterließen, haben die nachgemachten Stempel fast sämmtlich eine noch einmal so tiefe Narbe hinterlassen, welche der stahlblauen, durch Oel zu erlangenden Färbung gänzlich ent behrt, weil die Stempelung offenbar nach Fertigstellung jener Schienen vorgenommen worden ist. — Zur Anhalter Bahn gehört auch der Rangir - Bahnhof Tempelhof, welcher außer den über ihn hinwegführenden Personen-Geleisen 45 Rangir-Geleise zählt, auf denen Tag und Nacht, vornehmlich abw Nachts, ein überaus starker Güterverkehr herrscht. Rangir-Bahnhof Tempelhof ist, wie bekannt, durch eine ganze Reihe schwerer Unglücksfälle heim gesucht worden, die man zum Theil auf Mängel oder auch Fehler in der Anlage zurückführen zu müssen glaubte. Von angeblich gut unterrichteter Seite wird uns mitgetheilt, daß auch hinsichtlich des Materials, namentlich der Schienen, Manches zu wünschen wäre, weil dorthin jeweilig das Material gebracht und verwendet worden sei, welches anderswo nicht gut genug erschienen. Da sich aber die Revisoren auch mit dem bereits verlegten Material zu befassen haben, ist anzunehmen, daß Ungehöriges, wenn es überhaupt vorhanden ist, ausgewechselt wird. Für die ungewöhnlich i n t i m e n Beziehungen Eng lands und Italiens sind die Vorgänge, die sich während der Festtage in Venedig abspielten, ungemein bezeichnend. Zwischen dem englischen Geschwader und den mit dem italienischen Königs- Paar in Venedig anwesenden höchsten Kreisen des italienischen Heeres und der Marine fanden wiederholt Austausche freund schaftlicher Höflichkeit statt. Ein neues Glied in der Kette dieser Freundschaftsbezeugungen war das Fest, welches die eng lischen Gäste dem italienischen Königspaar gaben. Das Königs-