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WrM Mn, Mtiilehn und die Umgegenden. Imtsölull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadlrach zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags nnd Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma A. L> Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H A. Berger daselbst. No. 28. Donnerstag, de« S. März 18SK. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Artikel II 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesctzblatt Seite 245 fg. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate Januar dies Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Ouartierwirthen innerhalb der Amts hauptmannschaft im Monate Februar dies. Js. an Militärpferde zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt 6 Mk. 64,1 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 07,1 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 07,3 „ „ 50 „ Stroh. Meißen, am 2. März 1896. Königliche Amtshauptmannschaft. abgehslten. Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige Frühjahrsmartt wird Donnerstag, den 12. und Freitag, den 13. März Wilsdruff, am 18. Februar 1896. Der Stadtrat h. Dicker, Brgmstr. Zum Butztage. „Buße!" dies Wort hat einen ernsten Klang. Schon deshalb gehen ihm viele am liebsten aus dem Wege. Und wenn sie es hören müssen; wenn die Bußtagsglocken es ihnen in Ohr und Herz hineinläuten, dann ärgern sie sich, verwünschen die „thörichten" Gedanken und Stimmungen, die sich ihnen aufdrängen, und suchen sie möglichst bald wieder los zu werden. „Die Kopfhängerei überlaß anderen; wir wollen in Frieden bleiben und uns unseres Lebens freuen!" so lautet ihr Wahlspruch. Wie aber, wenn die Buße erst der Weg zum rechten Frieden und zur wahren Freude wäre? Ist es eine thörichte Forderung, die schon über dem Eingang des altberühmten heidnischen Tempels zu Delphi sich fand: „Mensch, erkenne dich selbst!"? Ist der Wanderer thöricht zu schelten, der Klarheit darüber haben will, auf welchem Wege er wandelt, und welchem Ziel er entgegengeht! Die Tagespresse hat an sich freilich nicht den Beruf Bnßpredigerin zu sein; das überläßt sie der Kirche. Aber wohl hat sie die Aufgabe, auf die Zeichen der Zeit zu achten und auf die Ereignisse des Tages, die Stimmungen und Strömungen, den Gang und die Entwickelung des Volkslebens hmzuweisen. Wer nun, der darauf achtet, kann in Abrede stellen, daß unsere Zeit ein sehr deutliches Gepräge der Unzu friedenheit an sich trägt? Immer lauter ertönen bei den verschiedensten Parteien die Klagen über die Unzulänglich keit und Unhaltbarkeit gegenwärtiger Zustände. Immer schroffere Gegensätze stoßen aufeinander. Immer tiefer thut sich die Kluft auf zwischen Besitzenden und Nichtbe sitzenden, zwischen Hoch und Niedrig, Reich und Arm, Mischen Christenthum und Widerchristenthum. Ueberall, auf kirchlichem wie auf staatlichem Gebiet, auf religiösem wie auf sittlichem, aus wirthschaftlichem wie aus industriellem, auf politischem wie auf commerziellem Gebiete stehen sich die Gegner kampfgerüstet gegenüber, bereit, auch das äußerste zu wagen, so daß man wohl fragen mag: Was foll daraus noch werden? Und was wird das Ende sein? Und nicht minder berechtigt erscheint die Frage: Wie ist es dahin gekommen? Ist das eine gesunde Entwickelung unseres Volkslebens? Zeigt nicht vielmehr die Gegenwart das erregte Antlitz eines fiebernden Kranken? Wo aber liebt der Schade. Unsere Zeit steht unter dem Zeichen religiösen unb sittlichen Niedergangs im öffentlichen Leben. Rücksichtloseste Erwerbs- und Genußsucht steht aus der einen, kirchliche Gleichgültigkeit, ja offene Religionsfeind schaft, dazu Ueberhandnahme der Sittenlosigkeit bei Hohen und Niederen bis in die Kreise der Jugend hinein steht auf der anderen Seite. Vertrauensbruch und Meineid, Lug und Trug, Unzucht und Selbstmord sind an der Tages ordnung. Daneben freilich auch die erfreulichsten Bestrebungen im Preß- und Vereinswesen zur Hebung der Religiosität und Sittlichkeit. Und in der That, hier ist der richtige und der einzige Weg zum Heil. Doch wie viele sind es, dir ihn beschreiten? Darum: Der Herr schenke uns unter dem Zeichen des Kreuzes d. h. seines versöhnenden Leidens und Sterbens einen gesegneten Bußtag; er schenke eine ge segnete Ein- und Umkehr dem Volke wie dem Einzelnen! Aus Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rahden. 60. Meder daheim. (Bon dir Occupation bis zum Einzug.) (Fortsetzung.) Am 16. Juni 1871 hielt die Garde mit anderen erlesenen Truppen einen glänzenden Triumpheinzug in das festlich ge schmückte Berlin. Zur Triumphstrahe waren die Königgrätzer- Straße, das Brandenburger Thor und die „Linden" bestimmt. Zu beiden Seiten der letzteren waren 84 Mitrailleusen, 422 Feld- und 8 Festunzögeschütze aufgestellt. Der Platz am Halleschen Thor und der Pariser Platz waren mit Kolossalstand bildern geschmückt. Fahnen, Guirlanden und Kränze zierten in ununterbrochener Reihe die Seiten des Triumphweges; Tribünen waren in großer Zahl errichtet. Um V-IO ritt der Kaiser, von den Prinzen, den anwesenden deutschen Fürsten und dem Fürsten Bismarck begleitet, unter dem brausenden Jubelruf der Zuschauer, durch die Triumphstraße nach dem Tempelhofer Felde, wo die Einzugstrvppen bereit standen. Die Kaiserin, Kronprinzessin und die übrigen Prinzessinnen folgten. Die Truppen waren in drei Treffen geordnet; dem ersten Treffen waren mit Orden geschmückte Unteroffiziere aller Waffengattungen der ganzen deutschen Armee beigesellt, die 83 erbeutete Adler und Fahnen trugen. Generolfeldmarschall Graf Wrangel er öffnete den Zug. Hinter ihm kamen alle nicht mobil gewesenen Generale und Stabsoffiziere; dann folgten die Offiziere deS Kriegsministeriums und des Großen Generalstabs, voran Blumen thal, Podbielski, Stosch und Stiehle, darauf die Adjutanten des höheren Kommandos, die Chirurgen, Acrzte, Krankenpfleger, die Adjutanten der königlichen Prinzen und der anwesenden Fürsten. Hierauf folgten die anwesenden Generale und Stabs offiziere, die Generaladjutanten, Generale ä 1a suits und Flügcl- adjutanten des Kaisers, die Generalgouverneure Herwarth von Littenfeld, Vogel v. Falckenstein, v. Bonin, v. Rosenberg-Groß« czynski, v. Fabrice, die kommandirenden Generale Prinz Georg von Sachsen, v.Hindersin, v. Zastrow, von Manstein, v. Hart mann, v. Kirchbach, v. Werder, v. Kamecke, die Oberbefehls haber Großherzog o. Mecklenburg-Schwerin, der Kronprinz v. Sachsen, v. Steinmetz, v. Manteuffel, sodann Fürst Bismarck, Graf Moltke, Graf v. Roon; nach ihnen Kaiser Wilhelm, hinter ihm der Kronprinz, Prinz Friedrich Carl, die Prinzen und Fürsten, nämlich der Großherzog von Baden, Prinz Luitpold v. Bayern, der Herzog von Sachsen-Meiningen, der Fürst von Schwarz burg Rudolstadt, der Herzog von Anhalt, der Großherzog und der Erbherzog von Oldenburg, Prinz Hermann von Sachsen- Weimar, der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar, der Erbprinz von Hobenzollcrn, der Erbgroßhcrzog von Mecklenburg-Strclitz, Prinz Günther von Schwarzburg, Landgraf Friedrich Wilhelm von Hessen, der Erbprinz von Sachsen-Meiningen und noch andere. Darauf folgten die Truppen. Ihr Einzug wurde von ununterbrochenem Hurrahrufe begleitet; am stärksten erhob es sich stets, wenn der Kaiser mit Bismarck, Moltke, Roon, die französischen Feldzeichen und die kompinirten Truppenabtheilungen vorüberkamen. Um '/2I Uhr ritt der Kaiser durch das Bran denburger Thor, von überwältigendem, ergreifendem Jubelruf empfangen. Hier erfolgte die Begrüßung durch die aufgestellten Ehrenjungfrauen; bei Ueberrcichung des Lorbeerkranzes sa^te der Kaiser: „Ich nehme den Dank an, nicht für mich, sondern für die Armee." Darauf ritt der Kaiser an eine Tribüne, wo ver wundete Offiziere saßen und überreichte ihnen Lorbeerkränze. Am Anfang der „Linden" begrüßte Bürgermeister Hedemann den Kaiser, weiterhin wurden Deputationen, sowie die Mitglieder des Reichstages begrüßt. Zugleich wurde das Denkmal Frie drich Wilhelm III. enthüllt, wodurch die Siegesfeier zugleich zu einer pietätvollen Gedenkfeier der großen Kämpfe von 1813und 1814 wurde. Am 18. Juni wurde auf königlichen Befehl in ganz Preußen das Friedensfest gefeiert. Das von deutschen Truppen noch besetzte Gebiet in Feindes Land maß etwa ein Sechstel von Frankreich, galt den Deutschen als Pfand für die Zahlung der Kriegskosten-Entschädigung und wurde den geleisteten Zahlungen entsprechend allmählich geräumt. Es blieben vorläufig in Frankreich zurück das 1. Corps, die 4., 6., 19., 24., 11., 22. und 2. bayrische Division. Am 20. Juni wurde General von Manteuffel zum Oberbefehlshaber dieser Truppen ernannt. Er nahm sein Hauptquartier in Com- pisgerc. Der Fanatismus der Bevölkerung äußerte sich wieder holt in an deutschen Soldaten begangenen Mordthaten und da die Geschworenen die Mörder fast regelmäßig freisprachen, wurde Manteuffel ermächtigt, nach Umständen den Belagerungszustand zu verhängen. Früher als man erwartet hatte, konnten die OccupationS- truppen aus Frankreich hcimkchren. Die französische Regierung zahlte die erste Halbmillion schon am 20. Juni, die zweite im Juli, die dritte im September. Am 12. Oktober verlegte Man teuffel sein Hauptquartier nach Nancy. Mehrere Male erfolgten nun neue Vereinbarungen bezüglich der Tilgung der Kriegs schuld. Die Franzosen, denen begreiflicherweise viel an der raschen Räumung Frankreichs gelegen war, beschleunigten die Milliardenzahlung, infolgedessen immer mehr deutsche Truppen in die Heimath abrücken konnten. Eine Vereinbarung »om Juni 1872 bestimmte, daß die Zahlung der gelammten fünf Milliarden bis zum 1. März 1875 beendigt sein sollte; aber bereits im März 1873 war die Schuld bis auf 1500 Mill, getilgt und eine neue Konvention bestimmte die Restzahlung bis zum 5. September. Dies geschah. Mit Einschluß der Zinsen hatte Frankreich an Deutschland 8,567,067,277 Franken 49 Centimes bezahlt; davon waren 325 Millionen durch Abtretung der Eisenbahnen getilgt, 125 Millionen in französischen Bank zetteln bezahlt. Am 2. August kehrten alle Truppen mit Aus nahme der Besatzung von Verdun, in die Heimath zurück. Am 13. September räumte auch die Besatzung von Verdun das französische Gebiet und am 16. September 1873 überschritt Manteuffel mit dem letzten deutschen Bataillon die neue Grenze westlich von Metz. Tagesgeschichte. Am Montag, den 2. März, waren es 25 Jahre, seitdem der Friedensschluß zwischen Deutschland und Frank reich ratifizirt wurde. Das darauf bezügliche Telegramm des Kaisers lautet: Versailles, 2. März. Der Kaiserin-Königin in Berlin. Soeben habe Ich den Friedensschlvß ratifizirt, nachdem er schon gestern in Bordeaux von der Nationalver sammlung angenommen worden ist. So «eit ist also daß