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Zweites Vlatt. WchMatt für Wils dlE Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — AbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. WiraM, Mn, Siebenlehn md die Umsesenden. Imlsblatt ' Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsrrtionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen^ für das Rgl. Amtsgericht und den Htadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 99. Freitag, Sen 11. Dezember 1891. Vaterländisches. — Aus dem uns vorliegenden Bericht über die hierorts bestehende höhere Leh ran st alt entnehmen wir Folgendes: Die am 1. Mai 1889 errichtete, von dem hiesigen Schul vorstande und der Kgl. Bezirksschulinspektion zu Meißen ge nehmigte höhere Lehranstalt (gewöhnlich Postschule genannt) gliedert sich in 8 Abteilungen, als: Abt. /i. für das Verkehrswesen (Post und Eisenbahnl, sür Gemeindebeamten und gewerbl. Fächer, Abt. U. für Kaufleute, Abt. 0. für Landwirte. Die Anstalt wurde mit 3 Schülern, von denen zwei dem Postsache, einer dem kaufm. Fache sich zuwandten, am I.Mai 1891 eröffnet. — Abt. L. (für Landwirte) konnte wegen Mangel an Schülern bis heute noch nicht eröffnet werden. Alle Abtheilungen werden gleichzeitig von einem Lehrer in folgenden Unterrichtsgegenständen unterrichtet: 6 Stunden Deutsch (als 3 St. Aufsatzlehre, 1 St. Grammatik, 1 St. Orthographie, 1 St. Litteratur,) 3 Stunden Rechnen, 2 „ Geographie, 1 Stunde Geschichte, 1 „ Geometrie, 1 „ Physik, I „ Stenographie, 1 „ Zeichnen, 1 „ Turnen, 1 „ Vortrag, 2 Stunden FranMch s Nur für Abt. und IN 1 Stunde Englisch I I „ postalisch Französisch, I „ „ Geographie, s Nur für Abt. ä. 1 „ Postdienstanweisung, l (Post ^d Eisenbahn.) 1 „ Telegraphie, 1 I „ Handclslehrc, 1 „ kaufm. Buchführung, 1 „ Korrespondenz u. Warenkunde, 1 „ Handelsgeographie, 1 „ landwirtsch. Buchführung, 2 Stunden Naturgeschichte, (als Pflanzen-, Tier-, Mineralienkunde, Chemie und Bodenkunde rc. w.) 1 Stunde Volkswirtschafts-, Betriebs- und Verwaltungslehre). Die Schüler der Abt. haben wöchentlich 25 Stunden, desgl. die aus Abt. 8. Die Schüler der Abt. <l. haben wöchentlich nur 22 Stunden, da der fremdsprachliche Unterricht für diese Abteilung fehlt. Von einzelnen Unterrichtsfächern können Schüler dispensiert werden, so z. B. Kaufleute von Physik oder Geometrie u. s. w., wiederum steht es frei, Fächer anderer Abteilungen mit zu besuchen. Während z. B. die Schüler der Abt. in den postalischen Fächern unterrichtet werden, erhalten die Schüler der Abt. 8. Unterricht in den kaufmännischen, die der Abt. 0. in den landwirtschaftl. Fächern. Der Unterricht wird privatim von den Lehrern der Bürgerschulen (durchschnittlich 2—3 Stunden wöchentlich pro Person) und dem Herrn Postvcrwalter a. D. Weiß (in Postdienst und Telegraphie) erteilt, und zwar nur nach Beendigung des Unterrichts an den Bürgerschulen. (Es kann darum, wie man fälschlich vernimmt, von einer Abstrapazierung der Lehrer für ihre Berufspflichten als Büigerschullehrer ebensowenig die Rede sein, als von einer Beeinträchtigung oder schädlichen Einwirkung seitens dieser Anstalt auf die Bürgerschulen). Bis zum 1. Dezember dss. Js. verließen 26 Schüler die Anstalt. Davon bestanden 15 Schüler der Abt. die Prüfung vor der Kaiser!. Oberpostdirektion und wurden sofort in Dienst gestellt, 3 Schüler traten nach vorher bestandenem Examen als Balmdietisten in den Eiscnbabndienst ein, l Schüler steht vor der Postgehilfenprüfung, 1 Schüler mußte von der Kaiserlichen Oberpostdirektion wegen Mindermaßes einstweilen zurückgestellt werden und 2 Schüler gingen freiwillig ab. 4 Schüler aus Abt. 8. vollendeten den einjährigen kaufmännischen Cursus. Abt. 0. war, wie bereits bemerkt, bis jetzt unbesetzt, wird aber von Ostern 1892 eröffnet werden. Gegenwärtig besuchen 16 Schüler die Abt. ä., 2 Schüler die Abt. 8.; in Sa. also 18 Schüler die Anstalt. Die Vorteile, welche diese Anstalt unserer Stadt bringt, sind ganz erhebliche, und wenn man gegenwärtig ernstlich mit Recht die Frage erwägt: Auf welche Weise kann unsere Stadt Wilsdruff sich heben? so trägt gewiß auch das Bestehen und die Weiterentwickelung dieser Anstalt ganz beträchtlich dazu bei. Wünschen wir ihr daher ein ferneres Gedeihen und weitere gute Erfolge! — Bezahlt die Rechnungen an die Hand werker! Diese Mahnung richten wir jetzt wieder, da es in den Weihnachtsmonat hinsingeht, an alle Diejenigen, die ledig lich aus Nachlässigkeit ihre Rechnungen anstehen lassen. Manch ein Handwerksmann ist dadurch schon ungemein geschädigt worden, )>aß seine Kunden aus Vergeßlichkeit oder Bequemlich keit ihre Rechnungen unbezahlt ließen. Nicht allein, daß der Gläubiger dadurch womöglich selbst Zahlungsschwierigkeiten hat, wird ihm auch oft das ganze Geschäft vor Weihnachten, das ihn für die ganze Geschäftsstille im Jahr entschädigen soll, ver dorben. Er wagt es nicht, seine Kunden zu mahnen, weil er fürchtet, sie gar zu beleidigen und dann wohl ihre Kundschaft zu verlieren. Die Rücksicht hierauf zwingt ihn dann, manches Geschäft, zu dem er flüssiges Geld braucht von der Hand zu weisen. Dem kleinen Handwerker wird ja nur selten Credit geboten. Aber um so weniger soll man auch von ihm Creoit verlangen. Dem Handwerker den Lohn schuldig bleiben, heißt in vielen Fällen, ihn um den Lohn seiner Arbeit bringen. Also: Bezahlen wir vor dem Beginn des Weihnachtsgeschäfts die Handwerkerrechnungen! — Man wird die Finanzwirthschaft des Sächsischen Staates nur reckt beurtheilen können, wenn man einmal in Vergleich zieht, wieviel in den letzten Jahren für produktive Zwecke (besonders Eisenbahnen) ausgegeben worden ist und wie sich demgegenüber die Staatsschuld erhöht hat. Es mögen hierbei nur runde Summen genannt werden, da ein Hundert tausend bei solchen Vergleichen keine Rolle spielt. Vom Ende der Finanzperiode 1884,-85 bis zu derjenigen 1886/87 sind für produktive Zwecke 24,5 Millionen Mark (darunter 21,1 Mill, für Eisenbahnen) verausgabt worden. Dem gegenüber hat sich die Staatsschuld nur um etwa 6 Millionen Mark vermehrt. Zur Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld waren in der Finanzperiode 1886,87 60,9 Millionen Mark nöthig, während die Ueberschüsse des werbenden Staatsvermögens 89,3 Mill, (darunter 58,8 Mill, von den Staatsbahnen, 14,7 Mill, von den Forsten) betrugen. In der Finanzperiode 1888/89 wurden 27,7 Millionen für neue Eisenbahnlinien und bez. Erwerbung von alten rc. verausgabt, während die Staatsschuld sich um 14,3 Mill, verringerte. Zur Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld waren 61,9 Millionen Mark nöthig, während die Ueberschüsse aus den Staatseisenbahnen allein 69,3 Mill., aus den Forsten 16,1 Mill, und im Ganzen 102,1 Mill, betrugen. In den vier Jahren von 1886 bis 1889 sind hiernach 52 Mill. Mark für werbende Zwecke verausgabt und gleichzeitig über 8 Millionen von der Staatsschuld abgestoßen worden. Es sind also in diesen 4 Jahren thatsächlich 60 Mill. Mark dem Staatsvermögen zugewachsen, welche aus Ueberschüssen herrühren. — Der den Ständekammern zugegangene Bericht über die Verwaltung der Landes-Brandversicherungsanstalt in den Jahren 1889 und 1890 ist im Druck erschienen. Die Ver waltung der genannten Anstalt hat in diesen beiden Jahren die vorgeschriebenen Geleise innegehalten und ihren ordnungs mäßigen Gang genommen. Ueber besondere Vorkommnisse ist so wenig wie über bemerkenswerthe Verwaltungsmaßregeln zu berichten. Der Bericht enthält u. A. eine Zusammenstellung der in den Jahren 1881 bis mit 1890 vorgekommenen Brände (ausschließlich der durch ' Blitzschlag entstandenen). Die Ge- sammtsummc beträgt 9328; davon entfallen 3619 auf die Städte, 5763 auf die Dörfer. Vorsätzliche Brandstiftungen sind in 324 Fällen erwiesen. Muthmaßlich vorsätzliche Brand stiftung wird in 3096 Fällen angenommen. Die Zahl der durch fahrlässiges Gebühren mit Streichhölzern entstandenen Brände betrug 793. Blitzschläge sind in dem genannten Zeit räume 3402 zu verzeichnen gewesen ; davon entfallen 2862 auf die Dörfer, 540 auf die Städte, 2519 Blitzschläge waren kalte, 883 zündende, 318 Blitzschläge waren nicht zu vergüten. — Für die sächsischen Bahnhöfe soll, nach einer dem Landtage demnächst zugehendm Vorlage, die Perronsperre ein geführt werden. Der Perron darf dann nur von Denjenigen betreten werden, die eine Fahrkarte oder eine Perronkarte ge löst haben. Die Karten werden beim Betreten des Perrons coupiert. — Dresden, 5. Dezember. Seit Monaten besteht bereits in Dresden die Bewegung betreffs Aufschlags des Milchpreises von 12 auf 13 bez. auf 14 Pf. für das Liter. Die Bewegung ging von den Milchproduzenten (Landwirthen und Gutsbesitzern) aus, welche den Dresdner Milchhändlern dieses „Mehr" abzufordern sich berechtigt hielten. Bisher fehlte es jedoch noch an einem einheitlichen Vorgehen. Gestern Nachmittag nun hat sich im großen Saale der „Drei Raben" ein Verein Dresdner Milchproduzenten gebildet. Gegen 60 anwesende Produzenten aus engerer und weiterer Umgegend konstituirten sich zu einem Jnteressenverein und erklärten, nach Ablauf je ihrer Vertragszeiten in den Milchaufschlag einzutreten und in ihren Kreisen für Verallgemeinerung dieser Angelegen heiten zu wirken. Man bildete einen Ausschuß, welcher unter sich die Vereinsbeamten zu wählen und den Verfolg der Milch aufschlags-Angelegenheit aufzunehmen hat. Man berücksichtigte thunlichst alle Lieferungsgegenden. Diese wichtigen Beschlüsse wurden mit allen gegen eine Stimme gefaßt. Angeblich haben sich die Dresdner Milchhändler entschlossen, in den Preisauf schlag nicht zu willigen. Man darf gespannt sein, ob sie ihren Beschlüssen werden Nachdruck zu verleihen vermögen. — Ernstliches Heirathsgesuch! Ein tüchtiger, solider Kaufmann mit gutem Auskommen, von angenehmen Aeußeren, evangel., 26 Jahre alt, wünscht sich zu verheirathen, und zwar mit einer jungen Dame oder Wittwe, welche über ein Vermögen von mindestens 1800 Mk. verfügt. Das Geld soll zur Er weiterung des Geschäfts dienen. Auf diesem nicht mehr unge wöhnlichen Wege suchte der Kaufmann Heinrich Herrmann Müller in Görlitz in der „Schief. Ztg." eine Lebensgefährtin. Derselbe besaß zwar gar kein Geschäft, welches erweitert werden konnte, sondern fristete sein Leben als Agent. Das konnten natürlich auswärtige heirathslustige Damen nicht wissen, und so traf denn auch bald auf jenes Gesuch u. A. eine Offerte von einem Fräulein Helene K. zu Breslau ein. Beide Kon trahenten verabredeten schriftlich ein Rendezvous in Liegnitz, bei dem Müller mit dem ehrlichsten Gesicht von der Welt der Dame vorschwindelte, daß er ein Sohn des verstorbenen Königs Ludwig von Bayern sei, daß seine Mutter am Münchner Hofe gedient habe, und daß er, Müller, nach drei Jahren eine ihm testamentarisch gesicherte jährliche Rente aus der König!. Pri vatschatulle erhalte. Diese und noch andere Vorspiegelungen veranlaßten die K., in die Ehe einzuwilligen. Das Paar ver legte seinen Wohnsitz nach Dresden. Doch bald sollte die junge Frau gewahr werden, daß sie das Opfer eines raffi nierten HeirathsschwindlerS geworden war. Müller hatte keine Spur von einem Geschäft, sondern lebte von der Mitgift seiner Frau. Als das Vermögen aufgezehrt war, strengte Müller die Ehescheidungsklage an, die ihm aber selbst gefährlich werden sollte. In der jüngsten Sitzung der Görlitzer Strafkammer, die vor überfülltem Zuschauerraum stattfand, wurde er als ehrloser Heirathsschwindler entlarvt und zu einem Jahr Gefängniß ver- urtheilt. Die Erbin von Wallersbrunn. Originalroman von Marie Romany. (Nachdruck verboten ) (Fortsetzung.) „Sie würden überhaupt die Angelegenheit nicht mehr be rühren?" forschte er eifrig. „Es ist nicht meine Pflicht, nachdem ich die Ueberzeugung habe, daß Herr von Ludwig Ihnen durch meinen Vater anver traut wurde, das laufende Halbjahr zu bezahlen. —" „Und weiter?" „Für weitere Bestimmungen steht mir heute die Verfüg ung zu. Da überhaupt das halbe Jahr erst in drei Monaten abgelaufen ist, wird es nicht nöthig sein, sich heute zu ent schließen. — Würden Sie gestatten, den Kranken zu sehen?" fragte sie nach einer Weile." „Nein," erwieverte Carlo Alfonso bestimmt. „Herr von Ludwig befindet sich in einem Zustande, der nach meinem Gut achten für Besuche nicht annehmbar ist." Alice schwieg. Wenn sie auch in diesem Augenblick den Worten des Direktors zum ersten Male nicht Glauben schenkte, was sollte sie erwidern? Sie blickte vor sich, plötzlich aber hob sie das Auge und ließ es auf Carlo Alfonso ruhen. „Wenn Sie mir die Quittungen anvertrauen wollen, werde ich Ihnen die Gebühren für dieses Halbjahr morgen in der Frühe zugehen lassen," meinte sie langsam. Ein spöttischer Zug glitt über des Direktors Gesicht. „Sie werden mir die Ehre gestatten, Ihnen einen Boten zu senden," erwiderte er glattweg. „Wo wohnen Sie?" „Ich wohne im Prinzen von Bayern." Dr. Rimoli machte sich die Notiz. „Sind Sie allein hier?" fragte er plötzlich. Alice erglühte. „Nur für den Augenblick —" „So ist es genügend, nach Fräulein von Waldheim zu fragen," vollendete Dr. Rimoli. Alice erhob sich. „Also wäre die Angelegenheit vor der Hand erledigt," meinte der Direktor. „Erledigt nicht," erwiderte Alice in festem Tone. „Es handelt sich darum, unter welchem Perhältniß der Patient für Nur f. Abt. I!. (Kaufleute.) Nur f. Abt. 0. (Landwirte.)