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WmM für WNmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis > vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummem 10 Pf. ThmM, DD. Äkbenlchn «nd die Umgegenden. Imlsölstt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. , Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. , für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 94. Dienstag, den 24. November 1891. Erledigt hat sich die auf den 25. dss. Mts., Nachm. 1 Uhr in Röhrsdorf anberaumte Auktion. Wilsdruff, den 23. November 1891. Ger.-Vollz. Bekanntmachung. Nächsten Donnerstag, den 26. ds Mts., Nachm. um ^4 Uhr, sollen an der hiesigen Sachsdorfer Brücke einige erlene Klötzer gegen sofortige Baarzahlung an den Meistbietenden versteigert werden. Erstehungslustige werden dazu hiermit eingeladen. Wilsdruff, an> 23. November 1891. Der Stadt rat h. Brgmstr. Generalversammlung des Krankenkastenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Zu der am Sonnabend, den 28. dss. Mts., Nachmittags 3 Uhr, im Saale des Hotels zum weißen Adler hier abzuhaltenden Generalversammlung werden die Herren Ausschußmitglieder ergebenst eingeladen. . Tagesordnung: 1 ., Mittheilung über den Stand der Verbandskassen; 2 . Dergleichen über das Ergebniß der Verhandlung mit den Herren Cassenärzten; 3 ., Besprechung über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung; 4 ., Allgemeine Verbandsangelegenheiten. Wilsdruff, am 18. November 1891. Der Vorstand des Krankenkassenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Ibivlkvr, Brgmstr., Vors. Tagesgeschichtc. Zum Bankenkrach schreibt die „Kreuzztg.": Immer mehr Opfer fordert die „Bankkrisis", immer deut licher treten die Ursachen des Schadens zu Tage. Dasendlich erwachte Mißtrauen zwingt die Verschwender und Spieler zur Rechnungslegung, zum Eingeständniß ihrer Veruntreuungen, und man muß im Interesse der Gesundung unserer Verhältnisse wünschen, daß diese Reinigung recht gründlich sei, daß auch nicht einer der großen und kleinen Diebe seinen Raub in ruhige Seiten hinüberretten könne. Die Versuche der Börsenblätter, die schuld an dem Bankenkrach von der Börse abzuwälzen, werden wohl nirgends mehr ernst genommen. Soweit bis jetzt bekannt geworden ist, hat nur Maaß in Terrainspeku la t i o fl e n den Haupttheil seines Vermögens und seiner Depots vergeudet; aber hierüber herrscht auch noch keine volle Klarheit. Alle übrigen „Fälle" sind auf Verluste bei Emissions- und Gründungsgeschäften, sowie beim Hazardspiel an der Fonds börse zurückzuführen. Dies zu konstatiren ist uni so nöthiger, als eine liberale Zeitungokorrespondenz „von maßgebender Seite" erfahren haben will, es liege der Regierung sehr fern, aus Anlaß der jüngsten Ereignisse an eine' Reform der Börse zu denken. Ist das richtig, so wollen wir an unserm Theil nicht vcrfeblen, darauf hinzuweisen, daß, wenn nicht die Ereignisse selbst, doch das durch sie schwer gekränkte Rechtsbe wußtsein des Volkes der Regierung „nahe legen" sollte, die Grube zuzudecken, in welche so viele Tausend ahnungslose, der öffentlichen Sicherheit vertrauende Menschen hineingestürzt sind. Wer kann denn auch für möglich halten, daß es ver boten ist, ein krankes Pferd für gesund zu verkaufen, erlaubt aber, die Actien einer faulen Gründung, die Obligationen eines bankerotten Staates als sichere Kapitalanlage zu veräußern? Der Pferdeverkäufer muß für den Schaden aufkommen, weil er wissen mußte, welche heimlichen Schäden das Thier hatte, die Emissionsbanken aber haften für nichts, auch wenn sie wissen mußten, daß ihre Papiere sehr bald entwerthet sein würden. Wer kann es sich zusammenreimen, daß außerhalb der Börse jedes Hazardspiel verboten ist, das Prämiengeschäft der Börse aber, daß noch 'Niemand für etwas anderes als ein Hazardspiel angesehen hat, sich des gesetzlichen Schutzes erfreut? Und wenn gar die Anleihen des eigenen Staates hier zum Spielpapier gemacht werden dürfen, wie jetzt die dreiproeentigen Anleihen, dann ist es fürwahr nicht ganz leicht, an das Walten gleicher Rechtsgrundsätze auf allen Gebieten zu glauben. Wer begreift cs, daß auf jedem Marktplatze, in jeder Markthalle die Polizei darüber wachen muß, daß nicht um einen Pfennig be trogen wird, an der Börse aber die Händler sich selber Obrig keit und Aufsichtsbehörde sind, obgleich es sich hier nicht um Pfennige, sondern um ganze Vermögen, ja um den Kredit des Staates handelt? Und von allen Einzelheiten des Börsenver kehrs abgesehen: wie will man es vor dem sozialen Bewußt sein des Volkes rechtfertigen, daß man in der Börse einen Or ganismus groß werden ließ, der mit unfehlbarer Sicherheit und unwiderstehlicher Energie ein Riesenvermögen nach dem andern aus dem Arbeitserträge des Volkes bildet; der mit der Zeit zum vollendetsten Kampfmittel des Großkapitals gegen die mitt leren und kleineren Existenzen wird; der die Monopolisirung ganzer Industrie- und Handelszweige in die Wege leitet; der endlich und hauptsächlich in weite Kreise des Volkes die Epi demie des Spiels, der Unterschlagung und der Verschwendung trägt? Wenn nicht auf diese spruchreifen Fragen eine runde Antwort ertheilt werden kann, dürfte es sich immerhin empfehlen, die Börsenreform wenigstens nicht als unzeitgemäß von der Hand zu weisen. Es erscheint als eine dringende Aufgabe der konservativen Partei, diese spruchreifen Fragen im Reichstage der Entscheidung entgegenzuführen und auf eine wirksame Bör senreform hinzuwirken. Wieder Einer! Der Bankier Siegfried Abrahamson in Berlin ist am Dienstag verhaftet worden. Veranlassung zu dem Einschreiten der Behörden hat eine Anzeige des Kammer herrn Freiherrn von Gerstorff-Lippe gegeben, der zu Abrahamson in geldgeschäftlichen Beziehungen gestanden hat. Ueber die Ein zelheiten der Geschäfte, die sich zwischen den Betheiligten abge sponnen haben, sind soweit keine zuverlässigen näheren Angaben laut geworden. Die gegen Abrahamson erhobenen Anschuldig ungen sollen mit Bezugnahme auf die Wucherparagraphen des Strafgesetzbuches erhoben sein und es müssen schwerwiegende Beweisgründe vorliegen, denn anderenfalls wäre wohl kaum zur plötzlichen Verhaftung des Bankiers geschritten worden, der mit seiner Familie in der Potsdamerstraße eine glänzend einge richtete Wohnung inne hat. Der Bankier Abrahamson ist ein Mann im Älter von 35-40 Jahren, verheirathet und Vater von zwei Kindern. Im Publikum fanden die abenteuerlichsten Gerüchte Verbreitung. Und noch Einer! Der Bankier Nordmevr in Stade wurde wegen Veruntreuung von Depots verhaftet; es fehlt eine halbe Million. Die Aufregung ist uni so größer, als er sebr verschwenderisch lebte und der Mitinhaber Michaelis jüngst seiner Tochter 100,000 Mk. schenkte. Berlin, 21. November. Der „Reichsanzeiger" ver öffentlicht das Gesetz, betreffend das Verbot des Privathandels mit Staatslotterieloosen. Der Krieg der Polizei in Berlin gegen die Zuhälter nimmt immer weitere Ausdehnung an. Das Moabiter Uutersuchungs- gefängniß beherbergt gegenwärtig schon über 250 Zuhälter, welchen wegen Verdachtes der Kuppelei der Prozeß gemacht werden soll. Die Diätenlosigkeit der Reichstagsabgeordneten, so meint der „Reichsbote", läßt sich auf die Dauer nicht halten. Er räth deshalb, die Einführung der Diäten möglichst auszunutzen für Ausrückung der Wahlsähigkeit in ein höheres Lebensalter mit Einführung der Wahlpflicht. Herr v. Giers wird, wenn ein süddeutsches Blatt gut un terrichtet ist, die Rückreise von Paris über Berlin machen; Reichskanzler v. Caprivi soll auch bereits eine Einladung zu einem Diner angenommen haben, welches Graf Schuwalow hier Herrn v. Giers zu Ehren geben wird, so daß es an einem Gedankenaustausch zwischen den beiden leitenden Staatsmännern Deutschlands und Rußlands nicht fehlen dürfte. Die Meld ung klingt nicht unwahrscheinlich; im Gegentheil, ein ostenta tives Meiden Berlins auf seiner Rückreise wäre von Seiten des Herrn v. Giers eine internationale Unhöflichkeit, deren sich der für seine Person friedliebende Minister schuldig machen würde. Aus demselben Grunde wäre es unangebracht, die Begegnung zwischen den Herrn von Caprivi und Giers zu überschätzen. In Lübeck fanden grobe Ausschreitungen seitens aus ständiger Buchdrucker statt.' Einige aus Dänemark zugereiste und in Arbeit getretene Setzer wurden Abends abgelauert und ihnen Reisegeld, sowie eine besondere Unterstützung von30Mk. angeboten, im Falle sie sofort die Arbeit verließen. Als dieselben darauf nicht eingingen, mißhandelte man sie. Die Thater sind verhaftet. Paris. Der Präsident Carnot empfing den russischen Minister v. Giers in Paris zu einer sehr herzlichen Zusammen kunft, welche etwa eine halbe Stunde währte. Der Besuch trug keinen offiziellen Charakter. Giers trug nur Gesellschaftsanzug, militärische Ehren wurden ihm nicht erwiesen. Von Elysee ans begab sich der Minister in das Kriegsministerium, wo er eine etwa 20 Minuten dauernde Zusammenkunft mit dem Mi nisterpräsident de Freyeinet hatte. Nach dem Besuche bei Frey- cinet stattete der Minister v. Giers dem Minister des Aus wärtigen Ribot einen längeren und kurz darauf noch einige andere Besuche ab. Der Präsident Carnot gab zu Ehren des Mi nisters von Giers ein Diner, zu welchem 21 Einladungen er gangen waren. Unter den geladenen Gästen befanden sich Mit glieder der russischen Botschaft, die Minister de Freyeinet und Ribot, sowie der Admiral Gervais. Das Diner hatte einen durchaus intimen Charakter; nach demselben fand keinerlei Em pfang statt. Nach mehrmonatigem Waffenstillstände haben die Führer der Arbeiterbewegung in Frankreich das Kriegsbeil wieder ausgegraben und zunächst die Kohlenindustrie aufs Korn ge nommen. Der Streik hat sich schnell über die Mehrzahl der Kohlengruben in den Departements du Nord und des Pas de Calais ausgebreitet, mit dem Ausblick auf einen allgemeinen Arbeiterauöstand, wenn die Arbeitgeber nicht schleunigst und be dingungslos zu Kreuze kriechen. Schon ist es zu Konflikten zwischen den Streikenden und den Beamten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gekommen; überall tauchen Emissäre auf, die richtigen katilinarischen Existenzen, denen der Kundige auf den ersten Blick ansieht, daß sie hienieden nichts mehr zu verlieren haben, aber bereit sind, gegen angemessenes Entgelt jedes Verbrechen zu begehen, bei welchem die eigene werthe Persönlichkeit nicht in direkte Schußlinie kommt. Dieses Ge lichter nun überbringt den Kohlengrubendistrikten die Ordres des Pariser Revolutionskomitees, setzt den Leuten die maßlosesten Forderungen in den Kopf, schildert ihnen die Lage in Paris als eine solche, daß die Regierung schon binnen kürzester Frist vor den nmivvlicni coucfisb socuulos werde kapituliren müssen, und daß jeder, der es jetzt verabsäume, seine Wünsche und Forderungen vor aller Welt nachdrücklich geltend zu machen, es sich selbst zuzuschreiben habe, wenn er bei dem bevorstehenden Siege der proletarischen Revolution zu kurz komme. Das läßt sich der große Haufe natürlich nicht zweimal sagen. Im Pas de Calais sollen die Streikenden mit Subsistenzmitteln für einen Monat reichlich versehen sein, und weiter hinaus denken die Meisten nicht, wenn sie überhaupt einer soweit gehenden Vor aussicht fähig sind. Inzwischen ist durch reichliche Kohlenzufuhr aus englischen und belgischen Häfen dafür gesorgt, daß der Aushungerung der kohlenbedürftigen Industrie ein Riegel vor geschoben wird, und so die Streikenden des Hauptpressions mittels, das ihnen zur Verfügung stand, beraubt werden.