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Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis Vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummem 10 Pf. Tharandt, Wen, Siebeniehn md die Umgegenden. Amtsblatt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 87. Freitag, Sen 30. Oktober 1891. Bekanntmachung, die Sonntagsarbeit in den Rauchwaarenfärbereien betreffend. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern zu Dresden auf Grund eines Gutachtens der technischen Deputation beschlossen hat, allen gewerblichen Anlagen der obenbe- zeichneten Art neben den für die Rauchwaarenfabrikation bereits gestatteten Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit >— s. Verordnungsblatt der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden vom Jahre 1880 Seite 8 — der Vornahme anch des pelzfärbens während des Sonntags in drei Frühstunden vor dem Beginne des Hauptgottesdienstes, unter Ertheilung weiterer Dispensation von der Vorschrift in § 4 des Gesetzes vom 10. September 1870, jedoch mit Ausnahme der hohen Fest- und Feiertage, bis auf Weiteres und vorbehältlich des Wider rufes zu gestatten, wird Solches den Ortsbehörden des hiesigen Verwaltungsbezirkes zur Nachachtung eröffnet. Meißen, am 12. Oetober 1891. Königliche Amtshauptmannschaft. V. ILirvNK»««!». Bekanntmachung. Alle diejenigen hiesigen Gemcindemitglieder, welche das hiesige Bürgerrecht noch nicht erworben haben, aber nach der Beilage null (7) unter 2 hierzu verpflichtet sind, wollen sich behufs Erlangung desselben nunmehr sofort und bis spätestens den 4. November dieses Jahres bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe von 2 Mark in der hiesigen Rathsexpedition an- mclden. Wilsdruff, am 28. Oktober 1891. Der Stadtgemei u de rath. Brgmstr. G Nach § 17 der revidirten Städteordnung sind 1 ., zum Erwerbe des Bürgerrechts berechtigt alle Gemeindemitglieder, welche 1 ., die Sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, 2 ., das 25. Lebensjahr erfüllt haben, 3 ., öffentliche Armenunterstützungen weder beziehen, noch im Lause der letzten zwei Jahre bezogen haben, 4 ., unbescholten sind, 5 .. eine direkte Staatssteuer von mindestens 3 Mark entrichten, 6 ., auf die letzten zwei Jahre ihre Staatssteuer und Gemeindeabgaben, Armen- und Schulanlagen am Orte ihres bisherigen Aufenthaltes vollständig berichtigt haben, 7., entweder, n., im Gemeindebezirke ansässig sind, oder K., daselbst seit wenigstens zwei Jahren ihren wesentlichen Wohnsitz haben, oder <>., in einer anderen Stadtgemeinde des Königreichs Sachsen bis zur Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes stimmberechtigte Bürger waren: 2., zum Erwerbe des Bürgerrechtes verpflichtet alle zur Bürgerrechtserwerbung berechtigte Gemeindemitglieder, welche 1 ., männlichen Geschlechtes sind, 2 ., seit drei Jahren im Gemeindebezirk ihren wesentlichen Wohnsitz haben und 3 ., mindestens 9 Mark an direkten Staats-Steuern jährlich entrichten. A « e t i o «. Dienstag, den 5. November, Vormittags fv Uhr, gelangen im Königlichen Amtsgerichte hierselbst 1 Kleider- und 1 Küchenschrank, 1 Kommode, 1 Sopha und andere Gegenstände gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Wilsdruff, den 28. Oktober 1891. Ger.-Vollz. Tagesgeschichte. Berlin, 27. Oktober. Der „Reichs- und Staatsanz." bringt an der Spitze seiner heutigen Nummer folgenden kaiser lichen Erlaß an das Staatsministerium' Die beklagenswerthen Erscheinungen, welche das Strafverfahren gegen die Eheleute Heinze hat zu Tage treten lassen, beunruhigen Mein landes väterliches Herz fortgesetzt. Obwohl ich dem Justizminister Meine Auffassung bereits im Allgemeinen kundgegeben habe und obwohl Mir bekannt ist, daß Seitens der nächstbetheilig- ten Minister des Innern und der Justiz vorbereitende Schritte zur Beseitigung der ausgedeckten Schäden eingeleitet sind, so drängt es Mich doch, auch die Aufmerksamkeit Meines Staats ministeriums auf diese für das Wohl des ganzen Landes so bedeutungsvolle Angelegenheit hinzulenken und Dasselbe zu ver anlassen, Mir auf Grund der von den Ressortministern ge pflogenen Verhandlungen thunlichst bald bestimmte Vorschläge zu machen. Wenn ich dabei auf diejenigen Gesichtspunkte Hinweise, welche Mir für die Beurtheilung der hervorgetretenen Mißstände und der zu ihrer Abwehr zu ergreifenden Maßnahmen besonders wichtig erscheinen, so halte Ich Mich dazu umsomehr verbunden, als das Recht in Meinem Namen gesprochen wird und Ich von dem Bewußtsein der Pflichten, welche Mir als oberstem Hüter des Rechts und der Ordnung obliegen, voll durchdrungen bin. Der Heinze'sche Prozeß hat in erschrecken der Weise dargelegt, daß das Zuhälterthum neben einer aus gedehnten Prostitution in den großen Städten, insbesondere in Berlin, sich zu einer gemeinen Gefahr für Staat und Ge sellschaft entwickelt hat. Behufs energischer Bekämpfung dieses Unwesens wird in erster Linie in Frage kommen, inwieweit schon auf Grund der bestehenden Gesetze mit Nachdruck gegen die Zuhälter eingeschritten werden kann. Diese Aufgabe fällt der Polizei und der Strafgesetzpflege zu. Es wird der Polizei ein kräftiges und unter Umständen rücksichtsloses Vorgehen gegen die Ausschreitungen jener verworfenen Menschenrasse zur Pflicht zu machen, zugleich aber werden die Erekutivbe- amten darüber zu vergewissern sein, daß sie bei thatkräftigem Vorgehen nicht nur Meine Anerkennung, sondern auch meinen Schutz finden werden. Was die Anwendung der bestehenden Strafgesetze anlangt, so wird darauf hinzuwirken sein, daß die Gerichte bei ihrem Urtheil sich nicht von einer falschen Humanität leiten lassen und demgemäß auch bei ersten Fällen auf ein möglichst hohes Strafmaß erkennen. Im Anschluß hieran wird zu erörtern sein, ob und in welcher Weise es etwa einer Aenderung oder Ergänzung des bestehenden Strafrechts bedarf. Auch das Strafverfahren wird einer näheren Prüfung zu unter ziehen und werden dabei Maßregeln zu erwägen sein, welche es verhindern, daß Vertheidiger, nneingcdenk ihrer Pflicht, zur Ermittelung der Wahrheit beizutragen, es zu ihrer Aufgabe machen, dem Unrecht selbst durch frivole Mittel zum Siege zu verhelfen. Nicht minder ist Vorsorge zu treffen, daß die Würde des Gerichtshofes sowohl der Vertheidigung wie den Angeklagten und dem Publikum gegenüber unter allen Um ständen gewahrt bleibe. Endlich erscheint es geboten, daß in Fällen, in welchen die schwersten sittlichen Schäden den Ge genstand der Verhandlung bilden, die Oeffentlichkeit des Ver fahrens ausgeschlossen werde. Gegenüber den betrübenden Erscheinungen des Heinze'schcn Prozesses ist es Mir eine er freuliche Wahrnehmung, daß die großen Gefahren und Miß stände, welche der Prozeß bloßgelegt hat, von allen Schichten der Bevölkerung in ihrer vollen Tragweite erkannt sind und daß die öffentliche Meinung einmüthig die Nothwendigkeit wirksamer Abwehr hervorhebt. Dies läßt Mich hoffen, daß den von Meiner Regierung zu treffenden Maßnahmen diejenige Unterstützung innerhalb der gesitteten Kreise Meines Volkes nicht fehlen wird, ohne welche eine durchgreifende Abhülfe nicht erwartet werden darf. Neues Palais Potsdam, den 22. Oktober 1891. An das Staats-Ministerium. Wilhelm U. Aus dem häuslichen Leben des Kaisers verdient ein kleiner Zug wohl Mittheilung: Da der Kaiserin der Vollbart des Kaisers nicht besonders gefallen zu haben scheint, so hat sich der Kaiser denselben abnehmen lassen und seiner Gemahlin damit eine — Geburtstags-Ueberraschung bereitet. Es mehren sich die Anzeichen dafür, daß die Regierung der Frage der zweijährigen Dienstzeit für die Infanterie näher zu treten beabsichtigt. Ueber die vielerwähnten Versuche hinaus finden Berathungen über ein systematisches Vorgehen nach ver schiedenen Richtungen statt, um festzustellen, wie weit die Ein führung der zweijährigen Dienstzeit ohne Beeinträchtigung der für die Ausbildung der Mannschaften erforderlichen Tüchtigkeit durchführbar ist. Es verlautet , daß in der letzten Zeit die Zahl militärischer Autoritäten, welche für die Möglichkeit der Durchführung eingetreten sind, um mehrere gewichtige Namen inaktiver und aktiver Militärs sich vermehrt hat. Mit Be stimmtheit ist zu erwarten, daß dem Reichstage über den Stand der Frage eine Erklärung zugehen wird. Nachrichten über Abänderung der Bestimmungen der Ge werbeordnung, welche den Hausirhandel betreffen, sind seit längerer Zeit in Umlauf. Wie jetzt verlautet, sollen die be absichtigten Aenderungen sich in der Richtung ergehen, daß die Ausübung des Hausirhandels in einzelnen Verwaltungsbezirken von der Bedürfnißfrage abhängig gemacht und zugleich der Kreis der Gegenstände und gewerblichen Erzeugnisse erweitert wird, welche vom Hausirhandel überhaupt ausgeschlossen bleiben sollen. Vor Allem soll das Hausiren für Abzahlungsgeschäfte verboten werden, soweit sich dieselben mit dem Vertrieb von Putzwaaren, Luxusgegenständen, Möbeln u. dgl. befassen. Bekanntlich ist auch der Betrieb der Abzahlungsgeschäfte Gegenstand amtlicher Ermittelungen gewesen. Es muß indessen doch fraglich erschei nen, ob Erweiterungen der diskretionären Befugnisse der Ver waltungsbehörden wie die oben angedeuteten auf Zustimmung im Reichstage zu rechnen hätten. Ueber die „geheimen Fonds" wird in einem Theile der Presse, namentlich in der sozialdemokratischen, neuerdings viel Lärm geschlagen, offenbar in der Absicht, eine sehr einfache Frage von vornherein zu verwirren. Bekanntlich ist im letzten Frühjahr von den verschiedensten Seiten eine Aenderung der Verwaltung des Welfenfonds gefordert worden. DaderWelfen- fonds, d. h. die aus dem Vermögen des verstorbenen Königs Georg von Hannover sequestrirten 16 Millionen Thaler, an die Erben des letzteren aus politischen Gründen noch immer nicht ausgefolgt werden kann, da andererseits ebenso gegen eine Ver einnahmung des Fonds zum preußischen Staatsvermögen die bisherigen Gründe auch jetzt noch sprechen, und da endlich keine Veranlassung vorliegt, die jährlichen Einkünfte des Fonds fortan zum Kapital zu schlagen, so kann es sich bei der angeregten Veränderung nur darum handeln, die Verwendung dieser Ein künfte zu bestimmten Zwecken gesetzlich zu regeln und unter parlamentarische Kontrole zu stellen. Nun ist aber notorisch, daß aus den Einkünften des Welfenfonds eine beträchtliche Summe für geheime Ausgaben des Reichs verwendet worden ist. Diese Ausgaben erklärt die Regierung für unvermeidlich, und da der preußischen Gesetzgebung nicht zugemuthet werden