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WMMt für WM Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDicnstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljäbrlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummern 10 Pf. ThmM, Uchen, Mtnlchn md die Umsegenden. Imtsblutl Inserate werden Montags und Donnerstags ' bis Mittags 12 Uhr angenommen. H Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rg!. ^orstrentamt zu Tharandt. No. 73. Freitag, den 11. September 1891. A u e t i o n. Kommenden Freitag, den §8. September -. I., vormittags 1s0 Uhr, gelangen in hiesiger Stadt 3 Zuchtkühe gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Bieterversammlung im Hotel zum „weißen Adler" hier. Wilsdruff, am 10. September 1891 Der Gerichtsvollzieher des König«. Amtsgerichts daselbst. Matthes. Wegen Ofensetzen und Reinigen bleibt die Stadt- und Sparkassenerpeditisn Sonnabend, den 12. und Montag, den 14. ds. Mts.- geschlossen. Wilsdruff, am 10. September 1891. Der S t a d t r a t h. I?i<;ker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm hat, wie aus Schwarzenau gemeldet wird, alle Strapazen der österreichischen Manöver mit größter Leichtigkeit überwunden, obwohl er manchmal ununter brochen vier Stunden hintereinander im Sattel war. Es darf hieraus also der erfreuliche Schluß gezogen werden, daß die statt gehabte Verletzung am Knie jetzt für den hohen Herrn nicht mebr die geringste Beschwerde zur Folge hat. Den Manöver» folgte der Kaiser stets mit lebhaftem Interesse und sichtlicher Befriedigung. Von denselben wird im klebrigen gemeldet, daß besonders der Eindruck des Feuergefechtes mit rauchlosem Pulver ein gewaltiger war. Die Monarchen Zusammenkunft von Schwarzenau wird von manchen Seiten eine weittragende po litische Bedeutung zugemessen, als bislang meist angenommen wurde. Namentlich weist man darauf hin, daß Kaiser Franz Josef und Kaiser Wilhelm während ihres Zusammenseins in Schwarzenau mit deni König Humbert in beständiger Fühlung gestanden batten und bringt man hiermit die plötzliche Berufung des italienischen Ministerpräsidenten Rudini nach Monza zum Könige in Verbindung. Den Kaisermanövern in Oesterreich folgen nunmehr die Ka i ser m a n ö v er in Bayern. Bei jenen hat sich Kaiser Wilhelm eingehend davon überzeugen können, welche Stufe militärischer Leistungsfähigkeit die Soldaten seines ersten Ver bündeten, des Kaisers von Oesterreich, erreicht, welchen Grad der Kriegsbereitschaft das tapfere österreichische Heer aufzuweisen vermag und es wird versichert, daß Kaiser Wilhelm hiervon nur die besten Eindrücke empfangen habe. In den Tagen des 9., 10. und 11. September wird dem erlauchten Monarchen nun Gelegenheit werden, sich auch von der Züchtigkeit und Leistungsfähigkeit des bayrischen Heeres und somit eines wichtigen Gliedes der deutschen Gesammtarmee überzeugen zu können. Ium ersten Male soll der Schirmherr des Reiches vor den Fronten bayerischer Truppen erscheinen, um dieselben nicht nur in der Parade zu sehen, sondern sie auch im Feldmanöver zu beobachten. Dies aber bedeutet nicht blos einen rein militärischen Vorgang, sondern zugleich ein politisches Ereigniß, von dem ein now engerer Anschluß des nächst Preußen größten Bundesstaates an das Reich und weiter eine Verdichtung der so freundschaft lichen Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und München zu erwarten steht. lieber die Ankunft des Kaisers wird aus München berichtet: Bei deni Herannahen des Kaiserlichen Sonderzuges erstrahlte der rcichgeschmückte Centralbahnhof in elektrischem Licht und bengalischer Beleuchtung, eine Batterie gab mit 101 Kanonen schüssen Salut, die Kapelle des Leib-Regiments intonirte die Preußische Nationalhymne und tausendfache begeisterte, jubelnde Hochrufe erschallten. Sobald der Zug hielt, entstieg der Kaiser eilenden Schrittes dem Salonwagen und begrüßte mit wieder- bolten Umarmungen und Küssen den Prinz-Regenten. Nach dem der Kaiser auch die Prinzen des Königl. Hauses und die erschienenen Würdenträger begrüßt hatte, erfolgte bei pracht vollem Wetter unter unterbrochenem stürmischen Jubel der zahl reich herbeigeströmten Menschenmenge die Einfahrt durch die pracktvoll geschmückte, elektrisch beleuchtete Vin triumpsig-lis nun Residenzschloß, begleitet von den Klängen der Kapellen der vielen im Spalier ausgestellten Vereine und von den immer aufs Neue ausbrechenden Hochrufen. Der Galawagen, in welchem der Kaiser zur Rechten des Prinzregenten Luitpold sich nach der Königl. Residenz begab, langte gegen 9',^ Uhr an der Tribüne an, wo der Oberbürgermeister an der Spitze der Mitglieder der städtischen Behörden Aufstellung genommen batte und den Kaiser mit einer Ansprache begrüßte. Der Kaiser erwiederte darauf etwa Folgendes: „Ich danke für! die dörflichen Worte, die Sie an mieb gerichtet baben. Ich! babe seiner Zeit München mit freudigen Erinnerungen verlassen. Was Sie über meine Thätigkeit erwähnt haben, ist nur Pflicht und Schuldigkeit, die ich geübt babe. Ich bin meinen hoben Verbündeten, insbesondere Ihrem Prinzregenten sehr dankbar, wenn ich in meinen Friedensbestrebungen unterstützt werde. Nochmals besten Dank." Sämmtliche Münchner Blätter bringen sehr warm gehaltene Huldigungsartikel anläßlich des Besuches des Kaisers. Die „Allg. Ztg." bezeichnet die diesmalige An wesenheit des Kaisers als einen Augenblick von geschichtlicher Bedeutung; sein Erscheinen werde im deutschen Süden das Gedenken an den Kaiser noch wärmer und lebendiger aufleuchten lassen. Die „Neuesten Nachrichten" feiern den Kaiser als Friedensfürsten und Schirmherr» des Friedens und sprechen das Gelöbniß aus, daß in der Stunde der Gefahr die Bayern in der ersten Linie der deutschen Vaterlandskämpfer stehen würden. Das „Fremdenblatt" bemerkt, der Kaiser werde finden, daß die Neichsidee allzeit einen sicheren Hort in Bayern finde, welches mit unverwüstlicher Energie seine Pflichten gegen Kaiser und Reich erfüllen werde. München, 8. September. Se. Mas. der Kaiser em pfing heute Vormittag 9 Uhr den Besuch Sr. Königl. Hoheit des Prinz-Regenten und machte kurz darauf Sr. Königl. Hoheit dem Prinz-Regenten und den übrigen Mitgliedern des könig lichen Hauses Besuche. Gegen 11 Uhr traf Se. Maj. der Kaiser In Begleitung des Reichskanzlers General v. Caprivi und des militärischen Gefolges in dem auf das Prächtigste geschmückten Rathhause ein. Der Oberbürgermeister l)r. v. Widenmeyer richtete im großen Sitzungssaale an Se. Maj. den Kaiser eine Huldigungsansprache. Se. Maj. der Kaiser erwiderte etwa Folgendes: Ich danke Ihnen sehr für die warmen und herzlichen Begrüßungsworte. Die zweimaligen Empfänge, die Mir die Stadt München bereitete, waren so herzlich, daß dieselben allein schon der Stadt einen warmen Platz in meinen! Herzen gesichert hätten, wenn dieses nicht ohnehin schon der Fall gewesen wäre. Die vielen Beweise der Anhänglichkeit nnd Treue auch an meine Vorgänger, Meinen seligen Großvater und Herrn Vater, genügen mir vollkommen, um in mir die Sicherheit aufkommen zu lassen, daß München eine gute, treue Reichsstadt ist. Ich wünsche der Stadt von Herzen fortwährend alles Blühen, Gedeihen und Fortkommen. Möge sie sich auch ferner weiter entwickeln. Hierauf wurde Sr. Maj. dem Kaiser im Magistratssaale der Ehrentrunk mit einem Hoch auf allerhöchstdenselben kredenzt; Se. Maj. der Kaiser erwiderte mit einen dreimaligen Hochruf auf München, zeichnete sich sodann in das Ehrenbuch der Stadt ein und verließ unter erneuten begeisterten Jubelrufen der vor dem Rathhause ver sammelten zahllosen Menschenmenge das Rathhaus. Um 2 Uhr Nachmittags wurde der Kaiser vom Prinzregenten zur Militärgalatafel abgeholt und in den Festsaalbau der Residenz geleitet. Unter den Klängen des Hohenzollern - Ruhmesmarsch betraten die Herrschaften den Saal, wo eine Tafel in Hufeisen form aufgestellt war. Nach dem dritten Gange toastete der Prinzregent auf den Kaiser mit folgenden Worten: „Ich trinke auf das Wohl des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, Meines Verbündeten, treuen Freundes und willkommenen Gastes! Kaiser Wilhelm lebe hoch!" Der Kaiser dankte und trank auf das Wohl des Prinzregenten. Die Musik spielte nach den Toaste» die Nationalhymne. Die Armeen der europäischen Großstaaten wie sie vor dem letzten Kriege bestanden, waren ja recht groß artig, wollen aber blutwenig besagen zu dem heutigen Stande der Heere. Frankreich oder Deutschland allein stellen heute mehr Truppen ins Feld, als im letzten Kriege beide Staaten zu sammen, und der künftige Krieg wird also ein ganz anderes Gesicht haben, als das uns schon so großartig erscheinende Ringe» vo» 1870/71. Das Schwerste im nächsten Kriege wird die Beherrschung der Truppen sein. Es spricht sich leicht aus eine Million Soldaten ins Feld zu führen, aber es wird selten daran gedacht, mit wie unendlichen Schwierigkeiten die Führung dieser Million verbunden ist. Der beste Oberfeldherr wird im nächsten Völkerkriege nichts ausrichten können, wenn er nicht über ganz ausgezeichnete Unterfeldherren verfügt. Be sonders im Moment der Schlacht wird die Armee nicht so sehr auf den Höchstkvmmandierenden angewiesen sein, als viel mehr auf die Unterführer, den» werben von einer Seite auch' nur 300 000 Mann ins Gefecht geführt, so hat die detaillierte Uebersicht schon ein Ende, der Oberbefehlshaber kann nur die allgemeinen Anordnungen geben und muß es im übrigen seinen Untergebenen überlassen, im richtigen Augenblick das Rechte zu thun. Im Hinblick auf die Riesenarmeen im nächsten Kriege wird nun schon beim Krieg im Frieden, den Manövern, eine we sentlich höhere Truppenzahl, als bisher, vereinigt. Im vorigen Jahre machte Rußland damit den Anfang, es operierte» in Volhynien an 90 000 dann aller Waffengattungen gegen einan der, und zu Oberbefehlsbabern der beiden Korps waren die anerkannt besten russischen Generale, Gurko in Warschau und Dragomirow in Kiew ausersehen. Der eingebildete Gurko er klärte alles für glänzend, dasselbe that auch der Höchstkomman dierende Großfürst Nikolaus Alerandrowitsch, aber auf des letzteren Urtheil ist absolut nichts zu geben, da er zwei Wochen nach Manöverschluß geisteskrank wurde. Hingegen sprach Dragomirow, der zwar ei» großer Freund der Flasche, aber sonst ein ausgezeichneter General ist, es offen aus, das man nun erst wisse,' woran es in Rußland bisher noch gefehlt babe, und dann folgte ein geharnischtes Donnerwetter für die Unter befehlshaber, welche nach ihrem eigenen Kopfe, aber nicht nach deni Gedanken ihres Fcldherrn gehandelt hatten. So stand es schon bei »0000 Mann im Frieden. Dem russischen Vorgänge sind in diesem Jahre mm Oestreich-Ungarn und Frankreich ge folgt. Bei den soeben stattgehabten großen östreichischen Manövern im Waldviertel vor den Kaisern Franz Josef und Wilhelm waren 70000 Mann vereint, nnd den Adler schießen nun die Franzosen ab, die 120000 Mann ins Feld stellen werden. Die französischen Manöver werden insofern noch besonderes Interesse haben, als diese ganz gewaltige Trnppenmasse von dem General Saussier, der für den Kriegsfall Generalissimus der französische» Armee sein soll, gegen einen markierten Feind gefübrt werden wird. Deutscherseits ist man bei der alten Einrichtung, daß zu den Kaisermanövern, zwei Armeekorps zu sammengezogen werden, geblieben, wir sind also gegen Rußland, Oesterreich-Ungarn und Frankreich recht bescheiden geblieben. Die freundliche, ja begeisterte Aufnahme, welche der Kaiser bei seiner Inspektionsreise in Bauern, namentlich in der Hauptstadt des Landes gefunden hat, wird allenthalben in Deutschland höchste Genugthuung Hervorrufen. Es war in jüngster Zeit durch einige bäurische und norddeutsche Blätter eine etwas unfreundliche Stimmung gegangen. Man konnte fast fürchten, die alten Geister eines unberechtigten Partikularismus wieder anfleben zu sehen, und es ist von büben nnd drüben manches gereizte Wort gefallen. Die Aufnahme, die unser junger Kaiser gefunden, beweist, daß bas bäurische Volk, un beschadet seiner staatlichen Selbständigkeit, die niemand antastet, seine angesehene Stellung im Rahmen des deutschen Reichs werthschätzt und dem obersten Vertreter dieses Reichs mit Ver ehrung nnd Vertrauen entgegenkommt. Die hochernsten Zeiten in denen wir leben, die schweren Gefahren, die jeden Tag über uns hereinbrcchcn können, müssen vor allen in unseren eigenen Reiben de» Entschluß zu einem unbezweifelbaren machen, jedem Feind des Vaterlandes mit geschlossener Kraft entgegen, zutreten. Jetzt am wenigsten wäre die Zeit, alte Stammes gcgcnsätze wieder verschärfen zu wollen. Dies Gefühl wird gleichmäßig im Norden und Süden unter allen patriotischen Männern herrschen. Hat es doch soeben auch in dem be nachbarten und verbündeten Oesterreich einen bedeutungsvollen Ausdruck gefunden. Um wie viel mehr müssen wir Deutsche es uns angelegen sei» lasse», keinen Zweifel an der Festigkeit des Reichs und dem enggeschlossenen Zusammensteben aller seiner Glieder aufkommen zu lassen. In dieser Hinsicht wird allem Anschein nach die Reise unseres Kaisers von erfreulicher Wirkung sein. Das Komitee für die Niederlegung der Schloßfreiheit zu Berlin hat aus den überschießenden Mitteln der Schloß-