Volltext Seite (XML)
WchtlM für MÄmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementsprcis Vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne i Nummern 10 Pf. Tharalldt, DD, Siebenlehn und dir Uiilgegkllden. Amtsblatt Inserate werden Montags und Donnerstags ! bis Mittags 12 Uhr angenommen, i Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 72. Dienstag, den 8. September 1891. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen LrietzriH Reinhard Jahn eingetragene Brauhaus nebst Pichschuppen und Wagensckuppen, Folimn 134 des Grundbuchs, No. 156, 157 und 285 des Brandcatasters und No. 106, 108 und 475 des Flurbuchs für Wilsdruff, geschätzt auf 28,500 Mark, soll an hiesiger Gerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und ist der 26. September 1891, Bormittags 10 Uhr als Anmeldetermin, ferner der 13. Oetober 1891, Bormittags 9 Uhr als Versteigernngstermin, sowie der 22. Oetober 1891, Bormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung der vertheilungsplanr anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spätestens im Anmeldetermine anznmelden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Wilsdruff, am 1. September 1891. Königliches Amtsgericht. I- V. Rcf. Bekanntmachung. Die Lieferung des für die hiesige Bürgerschule auf das Winterhalbjahr 1891/92 erforderlichen Heizungsmaterials, ungefähr 250 Hect. Steinkohle und 10 in Scheitholz, soll im Wege der Submission vergeben werden. Bewerber um diese Lieferung wollen ihr Angebot nebst Preisangabe bis zum §5. ds. Mts. schriftlich bei uns abgeben. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Wilsdruff, am 5. September 1891. Der Schulvorstand. Brgmstr. Tagesgeschichtc. Es gehört kaum viel politische Zeichendeuterei dazu, um zu erkennen, daß die allgemeine politische Lage an- fängl, ernster zu werden.' Wir sind weit davon entfernt, die selbe für akut-bedrohlich zu halten, glauben auch keineswegs daran, daß die moskowitisch-französischen Verbrüderungsfeste auch nur etwas dazu beigetragen hätten, um den Ernst der Situation zn steigern. Dieselben haben der politischen Welt nichts Neues gesagt; die Tendenz zu dieser kosackisch-gallischen Brüderlichkeit war vorbanden und ist jederzeit gewürdigt worden; nur weil die Lage ohnehin ernster ist als vordem, treten jene Svenen mehr im Rahmen der allgemeinen Situation hervor, sie sind sozusagen rin Schlaglicht, welches auf die letztere fällt, aber nicht eines der die Situation bedingenden Momente. Man hat die Börsen nicht mit Unrecht den politischen Barometer für die wechselnden Situationen genannt; der Coursstand soll anzeigen, >vie viel oder wenig ernst die politische Lage zu würdigen sei. Aber obwohl die Börse einen überaus niedrigen Coursstand zeigt, scheint sie doch ihrer Barometereigenschaft zur Zeit nicht gerecht werden zu wollen. Denn weniger die Symptome des Ernstes der politischen Lage waren es, welche die Effektenbörsen ver stimmten; dieselben trotten vielmehr hinter den Getreidebörsen einher und, je nachdem die letzteren auf irgend welche Tendenz- Enten hin Hausse oder Baisse in Weizen, Roggen oder Hafer machen, verbessert oder verschlechtert sich die Stimmung der Effektenbörsen; jedoch dergestalt, daß die Hauffe in Getreide eine Baisse in den Fonds und umgekehrt bewirkt. Diese schon an sich ganz widersinnige Wechselwirkung ist, nebenbei bemerkt, kein übler Maßstab für die Freventlichkeit des Spiels, welches seit Anfang des Jahres an den Getreidebörsen aufgeführt wird, und dessen' Aktschluß vorläufig noch auszustehen scheint. Ver sagt aber aus den hier berührten Gründen der Barometer Börse für jetzt, so liegen doch, und nicht allein in ernsthaften politischen Journalen, mancherlei Anzeichen für den sich spannenden Ernst der Situation vor. Die Rede, welche Kaiser Wilhelm am 24. August in Merseburg gehalten, folgte gar nicht lange nach einem Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.", welcher von der Sensibilität der englischen Journale in orientalischen Dingen Akt nahm und von unserer Presse wohl nur deshalb so wenig beachtet wurde, weil sie gerade alle Hände voll zu thun hatte, um die un günstigen Nachrichten über den Ausfall unserer Ernte zu ver treiben. Im Auslande jedoch, wo es eine wirkliche politische Presse giebt, die uns fehlt, wurde jener Hinweis des Organs unseres auswärtigen Amtes um so mehr bemerkt, als er ge wissermaßen in die Pause zwischen Kronstadt-Moskau und Ports mouth siel. Die Merseburger Rede des Kaisers wurde dann uvar allgemein als ein Signal kommentirt, — aber bald wieder vergessen. Nach den, einzigen über diese Rede vorliegenden Berichte batte Seine Majestät von der von allen getheilten Hoffnung, den Frieden erhalten zu sehen, gesprochen, dann aber Hinzuge lügt- käme es einmal anders, so sei es nicht unsere Schuld. Kaiser Wilhelm hat in militärischen Zirkeln schon eher Reden gehalten, die auf den Kriegsfall hindeuten; gesagt! dann werde die Armee wie stets ihre Schuldigkeit thun. In Merse burg aber war es kein militärischer Kreis, in dem sich der Kaffer bewegte, dort sprach er zu der Bürgerschaft einer Provinz. Derartige Reden des Kaisers haben bisher stets eine Art offi zieller Verifizirung ihres Wortlautes erhalten, indem der „Staats - anzeiger", oft erst mehrere Wochen nachher, sie beglaubigte. Diese Beglaubigung fehlt jedoch merkwürdiger Weise der Merse kurzer Rede, und es ist kaum schwer zu begreifen, daß gerade der von uns erwähnte Satz zwar bekannt, aber nicht offiziell festgelegt werden sollte. Der berührte Hinweis der offiziösen Stimme unseres Auswärtigen Amtes apf die Sensibilität der englischen Blätter führt auf die Spur, wo denn die „dunkelen Punkte" sein möchten, welche die Lage ernst erscheinen lassen. Damals war von der Meerengenfrage und von der Stellung Englands in Aegypten die Rede; beide „Fragen" sind in ver schiedenen Variationen inzwischen nicht wieder aus der Erörterung verschwunden. Es giebt da ein russisch-englisches Zwischenspiel, von dem in Herat, in Persien, in China und in Japan weitere Symptome zu finden sind. Daß unter solchen Umständen in den Balkanstaaten die russisch-englische Rivalität in allerlei Jn- triguen zu Tage tritt, ist nur natürlich, und die jetzt durch den Rücktritt des Großveziers eklatant gewordene Ministerkriese in Stambul ist auch wohl nur ein Intermezzo desselben. Erscheint heute die Lage ernst, weil die beiden mächtigen Interessen gegensätze Rußlands und Englands überall in Reibung gerathen, wo immer sie sich berühren, so kann dieselbe bedrohlich werden, und wird sie es, so würden kaum Rußland und England allein den Strauß austrageu; — dann dürfte die in diesem Sommer erkennbar gewordene Gruppirung der europäischen Mächte ihre Folgen zeitigen. Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht die Verordnung be treffend die Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten amerikanischen Ursprungs, vom September 1891, welche lautet! § 1. Die Verordnung, betreffend das Verbot der Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten amerikanischen Ursprungs vom 6. März 1883 (Reichs-Geseizbl. S. 31), tritt für lebende Schweine, sowie für solche Erzeug nisse außer Kraft, welche mit einer amtlichen Bescheinigung darüber versehen sind, daß das Fleisch im Ursprungölande nach Maßgabe der daselbst geltenden Vorschriften untersucht und frei von gesundheitsschädlichen Eigenschaften befunden worden ist. 2- Der Reichskanzler ist ermächtigt, zur Controle der Beschaffenheit des aus Amerika eingeführten Schweinefleisches geeignete Anordnungen zu treffen. 8 3- Gegenwärtige Ver ordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Der Entwurf eines Trunksuchtsgesetzes ist seit seiner Veröffentlichung von den verschiedensten Seiten kritisirt worden, was ja der Zweck des Veröffentlichens war. Wenn indessen diese Kritik eine überwiegend recht abfällige gewesen ist, so ist der Grund hierfür leicht zu erkennen. Der demokratischen Presse versagt das agitatorische „Nothstands"-Motiv mehr und mehr, und ist dasselbe daher gern bereit, einen Wechsel des AgitaUonsstoffs eintreten zu lassen. Daher kommt es, wenn das Trunksuchts gesetz insbesondere von den Standpunkten der Schankwirthe und der Trinker erörtert und von diesen aus verworfen wird. Je denfalls sind ja Schankwirthe und die Trinker so zu sagen Nächstbetheikgte an einem solchen Gesetze, und es ist daher in der Ordnung, auch vom Standpunkte ihrer Interessen aus den Entwurf zu prüfen. Indessen sind doch aber die Beiden nicht die allein Betheiligten an einem solchen Gesetze, vielmehr stehen die ethischen und hugieinischen allgemeinen Interessen, welche für eine derartige Gesetzgebung in Frage kommen, un seres Erachtens jenen Specialintcressen weit voran. Man sollte daher doch die Kritik nicht allzu einseitig vom Schank wirths- und Trinkerstandpunktc aus vornehmen, dann würde man auch wohl zu erheblich günstigeren Resultaten gelangen, als es in solcher Einseitigkeit der Fall sein kann. Wie bereits mitgethcilt, wird bezüglich des Welfenfonds dem preußischen Landtage eine Vorlage zugehen. Es liegt auf der Hand, daß die Regierung über die oft betonten Umtriebe der Welfenpartei bei dieser Gelegenheit in einer oder der an deren Richtung Rechenschaft abzulegen bemüht sein wird. ES heißt, daß ihr dazu ein ziemlich umfassendes Material zur Ver fügung steht, und man darf gespannt sein, wie weit sich dies bestätigt. Vielleicht stehen die Haussuchungen damit in Ver bindung, welche jüngst in der Stadt Hannover bei Mitgliedern der Welfenpartei stattgefunden haben. Es wird bestätigt, daß die Ergebnisse derselben nicht unwesentlich gewesen sind. In der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten zu Berlin wurde der sogenannte Nothstands-Antrag der sozialdemokratischen Stadtverordneten Singer und Genossen abgelehnt. Angenommen dagegen wurde folgender Antrag des stellvertretenden Stadl verordnetenvorstebers Dr. Langcrhans: „Die Stadtverordneten Versammlung ersucht den Magistrat, mit ihr in gemischter Deputation darüber zu bcrathen, welche Mittel anzuwenden sind, um der wachsenden Noth in Berlin wirksam zu begegnen bezw. vorzubeugen." Ein Redner hatte im Laufe der Debatte die Behauptung, daß eine Arbeitsnoth bestehe, bekämpft bezw. durch Beispiele zu widerlegen gesucht, ein anderer stellte in Abrede, daß nach dem nunmehrigen Sinken der Getreidepreise von einem drobenden Rothstande noch die Rede sein könne und ein dritter wies zur Illustration des angeblichen Nothstandes auf die Thatsache bin, daß bei der Lassalle-Feier Bälle abge halten wurden, welche bis zum anderen Morgen dauerten. Aus verschiedenen preußischen Provinzen kommen Klagen über die augenblickliche ungünstige Lage der Sparkassen. Die Abnahme der Einlagen geht Hand in Hand mit einer starken Zunahme der Kündigungen, während sich die Anmeldungen auf Geldbewilligungen mehren. Die Kassen sind dadurch genöthigt, zu geringem Kurse Werthpapiere zu verkaufen, deren Ankauf ihnen ja überhaupt nur unter erheblichen Einschränkungen ge stattet ist. Man erblickt in diesen sehr bcklagenswerthen Vor-