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UmM, W-, Meckh» ut die MWickL AmLsbtcrtL für die Kgl. KmLshauvtmannschaft zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den Ztadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden *ont«>< und Donnerstags bisMittagS 12 Uhr angenommen. Nr. 7. Freitag, den 24. Januar 18S». . — - -—— Bekanntmachung, betreffen- den Eintritt znin Dienst als dreijährig Freiwilliger oder als vierjährig Freiwilliger. 1. Jeder junge Mann kann schon nach vollendetem 17. Lebensjahre srcuv-llig zum aktiven Dienst im stehenden Heere oder in der Flotte ein- trcten, falls er die nöthige moralische und körperliche Befähigung hat. 2. Wer sich freiwillig zu drei- oder vierjährigem activen Dienst bei einem Truppenthcil melden will, hat vorerst bei dem Civilvorsitzenden der Ersatz-Commission seines Aufenthaltsortes (in Dresden beim Amtshauptmann von Dresden-Neustadt, in Leipzig bei dem betreffenden Beamten der Kreishauptmannschaft, in den übrigen Bezirken beim Amtshauptmann) die Erlaubniß zur Meldung nachzusuckcn. 3. Der Civilvorsitzende der Ersatz-Commission gicbt seine Erlaubniß durch Ertheilung eines Meldescheines. Die Erthrilung des Melde scheines ist abhängig zu machen: u) von der Einwilligung des Vaters oder Vormundes, b) von der obrigkeitlichen Bescheinigung, daß der zum frei willigen Dienst sich Meldende durch Civilverhältnisse nicht gebunden ist und sich untadelhaft geführt hat. 4. Die mit Meldeschein versehenen jungen Leute haben sich ihrer Annahme wegen unter Vorlegung ihres Meldescheines an den Commandeur des Truppentheils zu wenden, bei welchem sie dienen wollen. Hat der Commandeur kein Bedenken gegen die Annahme, so veranlaßt er ihre körper liche Untersuchung und entscheidet über ihre Annahme. 5. Die Annahme erfolgt durch Ertheilung eines Annahmescheines. 6. Sofortige Einstellung von Freiwilligen findet, sofern Stellen offen sind, nur in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. März statt. Außer halb der angegebenen Zeit dürfen nur Freiwillge, welche auf Beförderung zum Offizier dienen wollen, oder welche in ein Miliär-Musikcorps einzu treten wünschen, eingestellt werden. Hierbei ist darauf aufmerksam zu machen, daß die mit Meldeschein versehenen jungen Leute, ganz besonders aber die, welche zum drei- oder vierjährigen activen Dienst bei der Kavallerie eintreten wollen, vorzugsweise dann Aussicht auf Annahme haben, wenn sie sich, bei sonstiger Brauchbarkeit bis zum 31. März melden, aber nicht zu sofortiger Einstellung, sondern zur Einstellung am nächsten 1. Oktober. Wenn keine Stellen offen sind, oder Freiwillige mit Rücksicht ans die Zeit ihrer Meldung nicht eingestellt werden dürfen, so können die Freiwilligen angenommen und nach Abnahme ihres Meldescheines bis zu ihrer Einberufung vorläufig in die Heimath beurlaubt werden. 7. Den mit Meldeschein versehenen jungen Leuten, welche als dreijährig Freiwillige eingestellt werden, wird die Vergünstigung zu Theil, sich den Truppentheil, bei welchem sie dienen wollen, wählen zu dürfen. Außerdem haben sie den Vortheil, ihrer Militärpflicht zeitiger genügen und sich im Falle des Verbleibens in der aktiven Armee und Erreichens der Unteroffiziers-Charge bei fortgesetzt guter Führung den Anspruch auf den Civilversorgungsschein bereits vor vollendetem 32. Lebensjahre erwerben zu können. 8. Den mit Meldeschein versehenen jungen Leuten, welche bei der Kavallerie als vierjährig Freiwillige eingestellt werden, erwächst, wenn sie dieser Verpflichtung nachkommen, außerdem noch die Vergünstigung, daß sie in der Landwehr I. Aufgebots nur drei statt fünf Jahre zu dienen haben. 9. Diejenigen Mannschaften, welche freiwillig vier Jahre activ gedient haben, werden zu Uebungen während des RefervcverhältnisseS in der Regel nicht herangezogen; ebenso wird die Landwehrkavallerie im Frieden zu Uebungen nicht einberufen. 10. Militärpflichtigen, welche sich im Mustrrungs-Termin freiwillig zur Aushebung melden, erwächst dagegen hieraus ein oesonoerrs mccyr auf die Auswahl der Waffengattung oder des Truppentheils nicht. Dresden, am 16. Januar 1890. Uriegr - Ministerium. Graf von Fabrice. Starke. Bekanntmachung, -ie städtischen Anlagen betreffend. Das für das Jahr 1890 ausgestellte Anlage-Cataster der Stadt Wilsdruff liegt vom 25. -s. Mts. ab in hiesiger Stadtkämmerei zur Einsicht für die betheiligten Anlagepflichtigen aus und sind etwaige Reclamationen gegen die darin ausgeworfenen Beträge binnen 14 Tagen, vom Auslagetag ab angerechnet, bei dem unterzeichneten Stadtgemeinderathe anzubringen. Gleichzeitig wachen wir darauf aufmerksam, daß Reclamationen gegen die Höhe der im gedachten Cataster angesetzten Anlagebeträge nicht die Wirkung eines Aufschubes der Bezahlung derselben haben können. Wilsdruff, am 23. Januar 1890. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Die Sozialdemokratie stellt sich immer äußerlt entrüstet, wenn behauptet wird, daß ihr Ziel der Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung sei. Mit der Miene der gekränkten Unschuld, versichern ihre Wortführer, daß die Sozialdemokratie sich durch ein ruhiges, von jeder Erregtheit befreites Vorwärtsschrciten vor andern Parteien auszeichne und deshalb auf abenteuerliche Unternehmungen sich nicht einlasse; denn sie habe die Bestimmung, die aus der Vergangenheit entwickelten Verhältnisse der Gegenwart einer sorgsamen Prüfung zu unterziehen und dazu beizutragen, daß für die Zukunft die Wohlfahrt des Volkes in allen seinen Theilen gesichert und unangetastet bleibt. Das hört sich recht zahm und schön an und ist im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen ein recht hübscher Schaf pelz für den reißenden Wolf; es stimmt nur nicht mit den Thatsachen. Hat doch erst kürzlich der Abgeordnete Liebknecht in einer Berliner Wahl versammlung gesagt, daß es sich heute noch nicht mit Sicherheit sagen lasse, ob die von der Sozialdemokratie angestrebte soziale Umwälzung sich auf blutigem oder unblutigem Wege vollziehen werde. Und unzählige Male haben die Führer der Sozialdemokratie in Wort und Schrift durchblicken lassen, daß sie mit Gewalt nehmen würden, was man ihnen nicht freiwillig gebe. So sagte Most seiner Zeit auf einer Volksversammlung in Glau chau: „Wir wollen keinen Frieden, keine Versöhnung, wir wollen den Haß, bis er in Hellen Flammen emporlodert". Und unzählige andere Be läge dafür, daß die Sozialdemokratie ihr großes Ziel auf dem Boden der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung nicht verwirklichen kann, lassen sich aus den Aeußerungen ihrer Führer im Reichstage, vor Gericht, sowie auf Kongressen und in Schriften und Preßartikeln aufführen. „Das Eine ist sicher," sagt Bebel in seiner von den Sozialisten überall verbreiteten Schrift „Unsere Ziele", „je heftiger der Widerstand, um so gewaltiger (d. h. gewaltthätiger) die Herbeiführung des neuen Zustandes. Karl Marx, der Haupt führer der internationalen Sozialdemokratie, aber sprach es auf dem Haagener Kongreß 1872 offen aus: „In den meisten Ländern des Kontinents muß die Gewalt der Hebel unserer Revolution sein; an die Gewalt wird man seinerzeit appelliren müssen, um endlich die Herrschaft der Arbeit zu etabliren." Und wem sind nicht noch jene Hochrufe auf die soziale Revolution im Gedächtnisse, die auf dem Pariser Kangresse im vorigen Jahre so laut in die Welt ertönten ? Wem ist nicht jene Geringschätzung bekannt, mit der die Sozialdemokratie auf unsere heutigen Zustände herabblickt, daß sie sogar darauf „pfeift"? Wohl heißt es in dem sozialdemokratischen Programm: „Von diesen Grundsätzen ausgehend, erstrebt die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands mit allen gesetzlichen Mitteln den freien Staat und die sozia listische Gesellschaft u. s. w." Allein diese „gesetzlichen" Mittel paradiren in dem Progamm einerseits nur aus Rücksicht auf das Sozialistengesetz, anderseits um die ehrlichen Leute nicht vor den Kopf zu stoßen, die sich zwar zu den sozialdemokratischen Lehren haben überreden lassen, die aber bei einem gewaltsamen Raubangriff auf alle diejenigen, welche sich nicht gutwillig den Beschlüssen der zur Herrschaft strebenden Sozialdemokraten fügen wollen, mitzumachen doch keine Lust hätten." Wer die Sätze des sozialdemokratischen Programms prüft, wie es von M. Schönberg in der jetzt in siebenter Auflage vorliegenden kleinen Schrift „Die Ziele und Be strebungen der Sozialdemokratie. Eine Beleuchtung des sozialdemokratischen Programms" geschieht, der wird einsehen, daß die Verwirklichung deS so zialistischen Staates nur auf dem Wege eines himmelschreienden Unrechtes durch einen ganz unerhörten Raubakt möglich ist, der wird aber auch zu der Ueberzeugung gelangen: Wer noch ein Gefühl für Recht und Freiheit hat, wer Frau und Kinder liebt, wer an eine sittliche Weltordnung glaubt, der kann nicht Sozialdemokrat sein. Wer einen unerhörten Raudakt miß billigt, wer vor blutigem Bürgerkriege zurückschreckt, wer nicht Mitarbeiten will an dem Umsturz von Thron und Altar, wem die Bande der Familie noch heilig sind — der kann keinen Sozialdemokraten in den Reichstag wählen. Der Reichstag hat vorgestern den konservativ klerikalen Gesetzent wurf, durch welchen ein Befähigungsnachweis für die meisten Handwerke eingcführt werden soll, in namentlicher Abstimmung in dritter Lesung mit 130 gegen 92 Stimmen angenommen; bei der Mehrheit befanden sich auch einige Mitglieder der Reichspartei. Der Antrag hat den Reichstag schon seit langen Jahren beschäftigt und ist auch wiederholt mit geringer Mehr heit angenommen worden. Indessen war es nie zu einer dritten Lesung und einem definitiven Beschluß gekommen; der Bundesrath hatte sonach auch nie Veranlassung, sich mit dem Gegenstand zu beschäftigen. Jetzt wird der Bundesrath allerdings Bescheid auf den Reichstagsbeschluß geben müssen. Es ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß die Antwort ablehnend ausfallen wird. Bei den Verhandlungen im Reichstag hat sich kein Re-