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MWNEnff VMM, M«, MeM» vü w WMcki. Arntsötatt für die Kgl. UmtsbaurtmLillMaft zu Meißen, das Lal. AmtsgmLt und den Ztadtiatb zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich I Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montag? und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 50. Dienstag, den 24. Juni 1890. Bekanntmachung, Matzregel« gegen die Blutlaus betreffend. Das neuerliche Auftreten der Blutlaus an den Apfelbäumen ins Besonders in der Umgegend von Nossen, veranlaßt die Königliche Amtshaupt mannschaft, die Besitzer solcher Bäume hiermit anzuweisen, zur Vertilgung jenes Insektes unverzüglich die bereits mehrfach bekannt gegebenen, übrigens auch in dem bei den Ortsbehörden einzusehendm Leitfaden für Gemeindevorstände (5. Auflage, §94, S. 122 und 123) abgedruckten Mittel anzuwenden. Die Ortsbehörden aber werden angewiesen, über dis Befolgung dieser Anordnung strenge Aufsicht zu führen und erforderlichen Falles den Baumbesitzern die schleunige Anwendung jener Mittel nntev Strafanörshung aufzugeben. Meißen, am 18. Zuni 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbaeh. Bekanntmachung^ Die Königliche Amtshauptmannschaft Meißen sicht sich veranlaßt, den nachstehenden, unter dem 5. Juni vorigen Jrhres bekannt gegebenen Erlaß anderweit zur öffentlichen Kenntniß zu bringen: Erlaß, das Tragen von Sensen auf öffentlichen Wegen betr. Es ist in den letzten Jabrsn wiederholt wahrzunehmen gewesen, daß während der Erntezeiten die Sensen auf dem Wege nach und von den Fluren nicht immer gehörig verwahrt, sondern frei auf der Schulter getragen werden. Da durch solches Gebühren die Sicherheit des Verkehres auf den öffentlichen Wegen gefährdet wird, so wird nach Gehör des Bezirksaus schusses hierdurch das unverwahrte Tragen vsn Sensen auf öffentlichen wegen ausdrücklich untersagt. Zuwiderhandlungen werden nach § 1 der Verordnung vom 9. Juli 1872 bez. nach § 366,10 des Reichsstrasgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen geahndet. Meißen, am 5. Juni 1889. Königliche Amtsbanptmannschaft. v. Airchbach. Nächsten Mittwoch, den 25. dieses Monats, soll in hiesiger Stadt eine Rattenvergiftnng durch Phosporpillen und dergleichen Latwerge vorgenommen werden, was hiermit den hiesigen Einwohnern und insbesondere denjenigen Grundstücks besitzern, welche Hausschleußen haben, zur Vorsichtnahme bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 23. Juni 1890. Der B ü r g e r m e i st e r. Ficker. DageSgeschichte. Die überraschende Kunde, daß zwischen dem deutschen und dem britischen Reiche ein Einverständniß über Afrika erzielt ist, bildet das Ereigniß der abgelaufenen Woche und den vernehmlichsten Gegen stand der Erörterungen in der in- und ausländischen Presse. Wennschon in den deutschen Zeitungen von einzelnen Seiten dem Bedauern Ausdruck gegeben wird, daß bezüglich Zanzibars und Witus an Großbritannien zu weitgehende Zugeständnisse gemacht worden seien, und es als sehr wünschens- werth bezeichnet wird, daß man die Gelegenheit benutzt hätte, um von England die Abtretung der Walfischbai zu erlangen, so findet doch im Großen und Ganzen der Vertrag insbesondere wegen der darin vorgesehenen Zurückgabe Helgolands an Deutschland allseitige Zustimmung. Allein trotz der großen Mißstimmung, welche in gewissen kolonialen Kreisen über das deutsch-englische Abkommen herrscht, wird man daran festzuhalten haben, daß damit der Sache des Friedens ein großer Dienst geleistet worden ist. Wenn hierdurch unsere Beziehungen zu Frankreich etwas schwieriger geworden sind, so wird sich dies mit der Zeit überwinden lassen. Ueberall aber, auch in der unserm Lands wohlgesinnten Presse des Auslandes, wird die Bedeutung des Abkommens als eines die enge Freundschaft der beiden Mächte bezeugenden Vertrages vollauf gewürdigt. Se. Maj. der Kaiser hat den Reichskanzler von Caprivi dafür durch dis Verleihung der Insignien des hohen Ordens vom Schwarzen Adler ausgezeichnet. Die „Hamburger Nachrichten" bringen einen umfangreichen, viel be achteten Artikel über die internationale Lage und besprechen zunächst das deutsch-österreichische Bündniß, das so sicherfundirtsei, daß seine Erneuerung nicht auf sonderliche Schwierigkeiten stoßen werde. Viel fach bezweifle man zwar nicht, daß in Wien sich Kräfte regten, die dem selben entgegenarbeitm, und zwar namentlich mit dem Argumente, daß das Bündniß den „vitalen" Interessen Oesterreichs auf dem Balkan doch nicht zu Statten käme, andererseits aber liege auf der Hand, daß Oesterreich in eine höchst gefährliche Jsolirtheit geriethe, wenn es das Bündniß auf gäbe. Sicherung gegen Rußland könnte Oesterreich nur finden, wenn es Bosnien sowohl als seine Jnteressen-Sphäre auf dem Balkan im Stiche ließe — ein Opfer, zu dem es bei der gegenwärtigen Lage der Dinge jeden falls nicht genöthigt sei — oder wenn es sich mit Frankreich alliirte, eine Eventualität, die aus verschiedenen Gründen als praktisch nicht sehr nahe liegend zu befinden sein wird. Kurzum, von welcher Seite man auch die Sache betrachte, das deutsch-österreichische Bündniß als Bestandtheil der Tripel-Allianz erscheine menschlicher Voraussicht nach gegen jede Even tualität gesichert. Nicht ganz so günstig sei es mit der österreichisch- italienischen Allianz bestellt. Das Blatt führt dann aus, daß das Bündniß mit Oesterreich-Ungarn eine Allianz Deutschlands mit Rußland ausschließe, aber auch ohne dieses Bündniß würde eine Allianz mit Ruß land für Deutschland von fraglichem Werthe sein, weil sie nicht von den Sympathien der Völker getragen werde; auch würde die größere militärische Kraft eines solchen Bündnisses durck die Gefahr seiner Unsicherheit para- lisirt werden. Das Hamburger Blatt schließt seine Ausführungen wie folgt: Resumirt man alle vorstehend entwickelten Gesichtspunkte, so gelangt man zu der völligsten Befreundung mit der jetzigen Lage. So lange Deutschland, Oesterreich -Ungarn und Italien im Dreibunde vereinigt sind und auf die Seemacht Englands als weitere Hilfe rechnen dürfen, wird der Friede Europas nicht gebrochen werden. Daraus aber ergicbt sich die diplomatische Aufgabe der Zukunft von selbst. Neben den friedensichcrnden Kricgsrüstungcn und der Sorge um den Fortbestand des gegenwärtigen Verhältnisses zwischen Oesterreich und Italien, resp. zwischen diesen Staaten und England, wird es sich nach wie vor darum handeln, daß der Drei bund auf seine ursprüngliche Bestimmung beschränkt bleibt und nicht in den Dienst von Special-Interessen gestellt wird, für die er nicht geschaffen ist. Wir hegen das feste Vertrauen, daß, soweit Deutschland in Betracht kommt, der „alte Cours" in dieser Beziehung mit ganz besonderer Auf merksamkeit gewahrt bleibt. Ueber die Haltung der Demokratie gegenüber der Militär Vor lage bemerkt die „Nationalliberale Correspondenz": Von demokratischer Seite, namentlich in Süddeutschland, hat man den gegenwärtigen Augen blick für geeignet zu dem Versuch gehalten, den Kampf gegen den „Mili tarismus" neu zu beleben, und eS scheint leider, daß dieser Versuch nicht ganz ohne Erfolg geblieben ist. Wir hören gegenwärtig wieder Schlag wörter, wie sie uns aus den sechziger Jahren noch in den Ohren klingen, die man aber in einer barten Schule der Lebenserfahrungen unseres deutschen Volkes endlich für überwunden hätte halten sollen. Daß wir eine über aus schwere kriegerische Rüstung zu tragen haben, ist freilich eine That- sachs, und keine Partei im Volk oder rm Reichstag hat an sich Freude an der Auferlegung immer höherer Militärlasten. Jedermann wünscht Erleichterungen, so weit sie irgend möglich sind. Aber muß man denn immer wieder auf die offenkundigen und überaus großen Gefahren der Weltlage Hinweisen? Muß man immer von Neuem daran erinnern, daß alle Opfer, die wir gegenwärtig im Frieden bringen, federleicht wiegen gegen die ungeheure Einbuße an idealen nicht nur, sondern auch an ma teriellen Gütern, die uns im Falle eines unglücklichen Krieges bevorstände? Die gegenwärtige Militärvorlage ist durch den Vergleich insbesondere mit der Artilleriemacht Frankreichs so jwohlbegründet, daß sie von gewissenhaften Männern gar nicht ernstlich angefochten werden kann. Selbst Herr Windthorst,