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TharM DD, Ziebrnlehn md dir Umgegenden. ImtsblM für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger m Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 139. Dienstag, den 24. November 1886. Erledigt hat sich die auf den 25. dies. Mon. in Sachsdorf anberaumte Versteigerung. Wilsdruff, den 23. November 1896. Sekr. Busch, Ger.-Vollz. Das Meitzner Schwein. Die Amtshauptinannschaft Meißen und die daran stoßenden Theile der Amtshauptmannschaften Großenhain u. Oschatz im Königreiche Sachsen bilden das Zuchtgebiet des Meißner Schweines, welches etwa eine Flüche von 1150 gkm oder 21 Qu.-Meilen umfaßt, von welcher 97,687 da land- wirthschaftlich benutzt werden. Nach den Angaben von Professor von Langsdorfs in den „Mittheilunaen" der Deut schen Landwirthschaftsgesellschaft ergab schon im Jahre 1888 eine ans 69 Rittergütern und 2937 Bauer- und Stadtgütern Vorgenommene Zählung bei 3006 Züchtern einen Bestand von 11927 Muttersauen und 1421 Zuchtebern. Die Schweinezucht macht in jenen Bezirken einen er heblichen Theil des Wirthschaftsbetriebes aus uud bildet bei den kleineren Besitzern eine hervorragende Einnahme quelle, wovon die Beschickung der wöchentlichen Schweine- Märkte in Meißen, Großenhain und Wilsdruff einen sprechenden Beweis liefert. Der jährliche Versand aus jenem Distrikte geschieht mit der Eisenbahn und auf Landwegen und ist ein sehr be- bedeutender. Hervorgegaugen ist das Meißner Schwein ursprüng lich aus den früheren dort einheimischen großohrigen Land schweinen, welche in den 50er Jahren mit Ebern der da maligen großen Aorkshire-Rasse gekreuzt wurden. Seither ist das Meißener Schwein rein gezüchtet und längst als eine konsolidirte Rasse anerkannt worden, deren äußere Merkmale sich nach von Langsdorfs in Folgendem zusammenfafsen lassen: Die Haut- und Haarfarbe ist weiß; häufig kommen dabei blau- oder silbergraue Hautflecken vor, welche aber mit weißem Haare besetzt sein müssen. Die Haut ist fein und weich, bei jüngeren Thieren rosig durchscheinend, nicht allzu dicht mit Haaren besetzt. Die Haare sind fein. Es kommen anscheinend fast haarlose Thiere vor; jedoch ist der Haarboden immer vor handen und es tritt bei rauherer und knapperer Haltung bald stärkerer Haarwuchs ein, weshalb sie auch gegen äußere Einflüsse widerstandsfähiger sind, als es den Anschein hat. Der Kopf ist ziemlich lang, jedoch leicht, der Rüssel fein, gerade, die Stirn breit, die Ohren sind groß und an der Wurzel nach vorn, nicht seitlich, gebrochen (Lappohren). Nacken und Hals sind meistens voll und kräftig. Der Runipf ist lang und von entsprechender Tiefe und Breite, annähernd in dem Verhältniß von 100:40:36. Die Rippen sind verhältnißmäßig gut gewölbt, der Rücken ist gerade. Der Schwanz ist fein und geringelt, der Ansatz zu weilen etwas tief. Auf hohen Schwanzansatz wird kein Werth gelegt. Der Ausdruck der Augen ist gutmüthig. DieBeine sind feinknochig und gelenkig, weil nicht zu kurz. Das Temperament-ist ruhig, voll Sorgfalt gegen die Jungen. Durch die Veredelung mit dem englischen Schweine — unter Veredelung ist eine größere Leistungsfähigkeit zu verstehen — wurde eine vermehrte Frühreife gegenüber dem alten Landschweine und eine größere Biastfähigkeit erzielt, während man auf der anderen Seite die unserem deutschen Landschweine eigenthümliche Fruchtbarkeit mit reichlicher Milchabsonderung und guter Aufzucht der Ferkel dem Meißener Schwein zu erhalten bestrebt war. Daß diese Ziele erreicht worden und vorhanden sind, dafür haben die Züchter auf mannigfachen Ausstellungen den Beweis abgelegt. Nicht selten zählt man bei den Zuchtsauen 14 Striche, und auch die Anzahl von 16 kommt dort vor. Schon nut 6 bis 7 Monaten findet die Verwendung zur Zucht statt, und wenn die Erstlingssäue auch nur 8 bis 10 Ferkel stst Welt bringen, so sind bei späteren Würfen 12 Ferkel dn Regel und zählen auch häufig 15 und mehr. .. Zum ersten Male trat das Meißener Schwein in die -epentlichkeit im Jahre 1888 bei Gelegenheit der Aus- ^Emg der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft zu auf welcher von 11 landwirtschaftlichen Vereinen Zuchthezirks schon an 100 größere Schweine der Zucht ausgestellt waren, die Aufsehen erregten und Anerkennung fanden. Im Herbst desselben Jahres wurde danndie Meißener Zuchtgenossenschaft ins Leben gerufen, um deren Gründung sich besondere Verdienste Generalsekretär Prof. Dr. von Langsdorfs, Oekonomierath Käferstein-Dresden, der da malige Kreissekretär Münzner in Freiberg (jetzt Regierungs- rath in Dresden), Direktor Endler in Meißen, Ritterguts besitzer Andrä auf Braunsdorf (früher Limbach) und Hauptmann a. D. Kapler in Limbach erwarben. Letzterer wurde auch der erste Vorsitzende der Zuchtgenossenschaft, verwaltete dieses Amt aber nur ein Jahr bis zum Verkaufe seines Gutes und Umzugs nach Görlitz. Ihm folgte von 1889 bis zum 20. Mai 1893 Gutsbesitzer Klopfer, welcher auch die Geschäftsführung besorgte. Von da ab hat Guts besitzer Lommatzsch in Piskowitz den Vorsitz der Genossen schaft übernommen, während deren Geschäfts- und Herd buchführer Donath in Meißen ist. Bei der ersten Ankörung der Schweine im Jahre 1888,89 wurden bei 103 Genossenschaftsmitgliedern, welche sich im Besitze von 800 Zuchtthieren befanden, 26 Eber und 295 Sauen angekört. Dieselben entsprachen am meisten dem gesteckten Zuchtziele, welches bis zum heutigen Tage noch unentwegt festgchalteu worden ist. Die Körung selbst wird nach einem für die Meißener Zucht ausgestellten Puuktirsystem vorgenommen und zwar nach 11 Punkten, welche mit den Nummern von 1 brs 3 belegt werden, so daß 3 die beste Censur darstellt. Es kann also ein Thier im Höchstfälle 33 Punkte erlangen. Während anfangs 24 Punkte mindestens verlangt wurden zur Ankörung nnd Ein tragung in ein Zuchtregister, werden jetzt 30 Punkte ge fordert. Außerdem wird auch der Meßstock bei der An körung zu Hilfe genommen, und es werden für die einzelnen Körpertheile und namentlich auch für den Kopf ganz be stimmte Längen verlangt. Die Schweine werden meist in gut gewölbten Stallungen, die mit dem Nindviehstall in Verbindung stehen, gehalten; peinliche Sauberkeit herrscht überall. Meistens bleiben die Ferkel 8 Wochen bei der Mutter, erhalten aber schon von der dritten Woche an ein Bei futter, bestehend- aus Brot, Körnern, Milch, Roggenkleie, Maisschrot, Hafer und Gerstenschrot, während die Mutter- thiere anfgebrühte Spreu mit gekochten Kartoffeln, Schrot und Magermilch erhalten. Ein großes Verdienst für die Hebung der Schweine zucht muß der Meißener Genossenschast deshalb zugesprochen werden, weil sie als erste bahnbrechend gewesen ist für alle anderen Schweinezuchtgenossenschaften. Tagesgeschichte. Der Kaiser gedachte'im Laufe dieses Montags in Kiel zur Vornahme verschiedener Besichtigungen einzutreffen, lieber die Dauer des Kieler Aufenthaltes des Monarchen ist noch nichts Bestimmtes bekannt. — Auf Befehl des Kaisers ist den Hinterbliebenen der bei der Recklinghäuser Grubenkatastrophe verunglückten Bergleute die allerchöchste Theilnahme an dem schweren Unglück ausgesprochen worden. Der Reichstag setzte am Freitag die Einzelberathung der Novelle zu den Justizgesetzen, welche durch die Ver handlungen über die Interpellationen wegen des deutsch russischen Neutralitätsabkommens, der Duellfrage und des Falles Brüsewitz fast eine Woche lang unterbrochen worden war, wieder fort. Nach den theilwcise recht bewegten par lamentarischen Auseinandersetzungen, zu welchen die Er örterung der gedachten Interpellationen geführt hatte, sind mit der erneuten Aufnahme der Diskussion über die Justiz novelle die Reichstagsarbeiten mit einem Male wieder in ein weit ruhigeres Geleise eingelenkt, wie dies der gesammte Verlauf der Freitagsdebatte bezeugte. Dieselbe galt größten- theils dem Thema vom Zeugnißzwang der Presse, worüber es schon in der Kommission zu längeren Auseinandersetzungen gekommen ist. Ursprünglich hatte die Kommission in einem von ihr beschlossenen neuen 8 55a die Aufhebung des Zeugnißzwanges der „Zeitungsmenschen" ansgesprochen, aber dann den neuen Paragraphen infolge des bestimmten Widerspruches der Regiernngsvcrtreter wieder gestrichen. Der Freisinnige Mnnckel beantragte nun am Freitag die Wiederherstellung von 8 55a, nnd der Sozialdemokrat Stadthagen stellte hierzu den Zusatzantrag, auch den Zeug nißzwang gegen „Unbekannt" zu beseitigen. Letzterer An trag fand im Hause nirgends ein Echo, dagegen traten für den Antrag Munckel neben dem Antragsteller selbst dessen politische Freunde, Lenzmann und Barth, ferner von anderen Parteien noch die Abgeordneten Marquardsen (nat.-lib.), Schmidt-Warburg (Centrum), Förster (Reform partei) und Haußmann (füdd. Volkspartei). Den Stand punkt der verbündeten Regierungen vertraten Staatssekretär Nieberding und Geh. Rath v. Leuthe dahin, daß der Presse keine Ausnahmestellung in dieser ganzen Frage zugestanden werden dürfe, womit sich die Abgeordneten Dr. Buchka (kons.) und Dr. Pieschel (nat.-lib.) einverstanden erklärten. Der Centrumsabgeordnete Dr. Rintelen betonte, nur des halb gegen den Antrag Munckel stimmen zu wollen, weil bei dem Widerspruch der Regierung sonst das Scheitern der ganzen Novelle zu befurchten stünde. Bei der Ab stimmung erfolgte nach Ablehnung des Amendements Stadt hagen die Genehmigung des Antrages Munckel mit ge ringer Mehrheit. Die hierauf sich anschließende Berathuna von 8 56a (Nichtbeeidigung eines Zeugen) wurde nach kurzer Debatte abgebrochen und dafür am Sonnabend fortgesetzt. Der Bundesrath hat Ende voriger Woche die ersten Ausführungsbestimmungen zu der am 1. Januar 1897 in Kraft tretenden Gewerbeordnungs-Novelle beschlossen. Die betreffenden Beschlüsse beziehen sich ans das Detailreisen der Gold- und Silberwaarenfabrikanten und -Großhändler, und verwandten Erwerbszweige, sowie der Weinhändler und der Händler mit Leinen, Wäsche oder Nähmaschinen. Die in Berlin zusammengetretene deutsch-russische Kommission zur Beilegung der zwischen Deutschland und Rußland entstandenen Zolldifferenzen hat in voriger Woche ihre Verhandlungen unter Vorsitz des Geheimrath Reichardt eröffnet. Man hofft auf einen günstigen Verlauf derselben. Aus Recklinghausen wird unterm 19. November berichtet: Schon wieder haben die finsteren Gewalten der Tiefe in unserem Ruhrkohlenrevier schwere und schmerzliche Opfer gefordert. Heute Mittag durcheilte die Kunde von einem gewaltigen Grubenunglück auf der Zeche „General Blumenthal" unsere Gegend. Rußgeschwärzte Äergleute waren hingeeilt, um ihre Angehörigen zu beruhigen, und dadurch war die Kunde so schnell verbreitet worden. Gegen 9'/,. Uhr Vormittags hatte sich das Unglück, und zwar auf Flötz 1 oberhalb der vierten Bausohle bei 570 Meter Teufe, ereignet. Der Betriebsführer Ohsendorf wurde dabei mit 24 braven Knappen eine Beute des Todes. Die Wetter hatten sich entzündet und das Unglück herbei geführt. Die Wetterführungen blieben bis auf die der Unglücksstätte vollständig unversehrt, so daß der normale Wetterzug schon nach etwa zwei Stunden wiederhergestellt werden konnte. Die Grube hat zwei große Ventilatoren nach dem System Cappel, wovon jede 5000 cbm frische Luft in der Minute den Gängen zuführen kann. Die Einrichtungen find vollkommen und nach den besten Er fahrungen der gegenwärtigen Technik angelegt. Der zu Tode gekommene Betriebsführer war kurz zuvor an die Stelle des Unglücks gefahren, um in Gemeinschaft mit dem Reviersteiger Haldern sich von dem Zustande des Betriebes zu überzeugen. Wie das Unglück sich bei dieser guten Kontrole ereignen konnte, ist z. Z. noch nicht aufge klärt. Der König!. Bergrath Kirstein von hier war zufällig auf der Zeche anwesend und ist sofort mit dem Betriebs direktor Dissen an Ort und Stelle geeilt, um die Rettungs arbeiten zu leiten. Während der Rettungsarbeiten um lagerte eiue große Menschenmenge den Zechenplatz. Als nun Leiche um Leiche zu Tage gefördert wurden, entstand jedesmal ein herzzerreißendes Jammern. Langsam senkte sich der Förderkorb und langsam tauchte er immer wieder ans, einen rußgeschwärzten Leichnam bergend. Drei schwer und zwei leichter Verletzte wurden dem Krankenhause „Bergmannsheil" in Bochum zugeführt. Professor Löbken, der Vorsteher des Krankenhauses, war ebenfalls mit mehreren Assistenzärzten zur Unglücksstätte geeilt, um so fortige Hilfe zu bringen. Die behördliche Untersuchung hat sofort begonnen werden können, wozu die Bergaffessoren Operthun und Wilke erschienen und unter Leitung des