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Zweites Blatt. MMlitt ffir Mlsömsf Mamndt, Wossen, Sieöenlehn und die Amgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff,, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Altlanneberg. Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bet Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswatde Mit Landberg, Hühndorf, Kaufback, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lamversdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Bohndorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, — Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jusertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltrse Lorpuszeüe. kruct und Verlag von Marrin Berger tn Mlsdrun. — Verantwortlich für die Redaktion Marlin Berqer dalelM. — Ns 123. Lonnabenv, Sen 25. Oktober r^^2. 61. Zum 22. Ksnntage nach Trinitatis. Joy. 10, 4: Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir. Es ist des Hörens viel in der Welt heutigen Tages, auch im Geistlichen. „Seid Hörer des Worts" — das Wort hat noch Geltung in der Christenheil unserer Tage. Ja, mancher Christen Leben besteht gleichsam nur aus dem Hören des Wortes. Ist das nicht ein Zustand, über den man sich freuen, den man Hochpreisen möchte? Ja freilich, hoch preisen, wenn zu dem Hören das Thun käme, wenn nun nach all dem Hören auch in Wort und Werk und allem Wesen wäre Jesus und sonst nichts zu lesen. Aber warum ist unsere Christenheit trotz alles Hörens in weiten Kreisen solch' ein schwächlich Ding? Warum ist trotz alles Hörens heiliger Worte, tiefernster Mahnung doch der Borwurf der Kinder dieser Welt oft, oft nur allzu begründet, daß man die Christen wohl nach ihren Worten,nichtabernachihrenThatenbeurtheilendürfe? Jesus giebt uns Licht in dieses Dunkel: „MeineSchafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir." Sie hören, und ihr Hören ist kein Hören, wie Jesus es haben will. Sie hören eine Stimme, aber es ist nicht Jesu Stimme, die sie vernehmen, und sie, die da hören, find nicht Schafe Jesu, denn die Schafe Jesu hören Jesu Stimme in allem Wort der Schrift und ihres Hörens Wirkung ist: sie folgen ihm. Es ist ein Kinderlieb, aber kein Mann und kein Weib braucht sich zu schämen, es zu singen: Weil ich Jesu Schäf. klein bin. Bist du ein Schäflein der Herde Jesu geworden? Hörst du Jesu Stimme? Kennt Jesus dich? Folgst du Jesu? Meine Schafe hören meine Stimme. Jesus hat dich erkauft zu seinem Eigenthum, hat dich erlöset, erworben, gewonnen, daß du sein eigen sein sollst in Ewigkeit. Jesus hat dich gesucht — hast du dich finden lassen, bist du ans eigenem Triebe sein Eigenthum geworden, daß du sagen kannst: Ich bin dein, du bist mein, Niemand soll uns scheiden? Hat bei dir die völlige Ueber- gabe stattgefunden? Willst du niemand anders angehören, nicht einmal dir selbst, nur ihm, ihm allein? Dann sagt er auch von dir: Mein Schäflein, daß ich kenne. Dann hörst auch Du seine Stimme. Seine Stimme hören — das ist nicht so leicht und einfach. Jesu Stimme heraushören überall, aus so vielen Stimmen, die uns täglich umschwirren, sie heraushören aus all den Lockstimmen, aus all den Drohstimmen, die an uns dringen, sie hören im Schlafen und im Wachen, im Leiden und in der Freude, im Leben und auch, wenn die Schatten des Todes uns umrauschen — dazu gehört ein scharfes Ohr, wie es nur der Geist des Herrn uns geben kann, dazu gehört ein aufmerksames, stillgewordenes Herz, das da spricht: „Rede Herr, dein Knecht, deine Magd höret!"--das sich willig vom heiligen Geiste sagen läßt: „Was er auch saget, das thut!" Wer damit ange fangen hat, als Jesu Schäflein auch Jesu Stimme zu hören, der weiß, wie bitter schwer es ist, sie nicht zu über hören. Klingt sie leise, so übertönt die Stimme der Welt sie von selber; erhebt er sie laut, wie strengt die andere Stimme alle Kraft an, um die Oberhand zu behalten. Da gilt ein unablässig Beten um den heiligen Geist; da heißt es unablässig den Herrn anrufen: Laß mich hören, wenn du schreiest, laß mich laufen, wenn du dräuest, laß mich horchen stets auf dich; Jesu, höre du auch mich!" Auf einem lieblichen Friedhöfe sieht man ein kleines Grab, offenbar das Grab eines Knaben, der mit seinen Eltern zu den Schäflein Jesu gehört hat. Auf dem Grabstein steht in die Inschrift: „Alfred!" . . . „Ja, Vater!" — Verstehst du so die Stimme des guten Hirten, daß du in allen Fällen darauf antworten kannst: „Ja, Vater; denn es ist also wohlgefällig gewesen vor dir!? „Und sie folgen mir." DieSchafeJesu gehen nicht ihrem Hirten voran, als wollten sie ihm den Weg zeigen, den er sie führen soll, sondern sie folgen ihm. Wohin er sie führt, da gehen sie mit; wo er stehen bleibt, da machen auch sie Halt. Ihr Ohr nicht bloß, auch ihr Auge hängt an seinen Lippen, an seinen Augen, an seinen Fußtapfen. Sie sind die, von denen der Herr sagt, er wolle sie mit seinen Augen leiten. Und so folgen sie ihm nach auf dem Wege der Verleugnung ihrer selbst, auf dem Wege der Heiligung, auf dem Wege der Liebe, mit einem Worte, sie werden in seiner Nachfolge je länger je mehr verklärt in sein Bild nach dem Worte: „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war." Bist du Jesu Schäflein! Dann weißt du, daß bei ihm volles Genüge, Fried' und Freude zu finden ist. Bist du's noch nicht, möchtest es aber gerne werden? Dann bete: Laß mich auch dein Schäflein werden, das dein Stab und Stimme führt! Vermischtes. * Der „tolle" Mullah in Ostafrika, der an der Spitze der sehr kriegerischen Somali den Engländern einen Verlust an Todten und Verwundeten von 150 Mann bei brachte, hat die Unterstützung eines europäischen Aben- teurers, des früheren österreichischen Offiziers Karl Inger, gefunden. Die Voss. Ztg. berichtet über diesen: Karl Inger, der sich später Soliman Inger nannte und als Vertrauens mann des Sultans des Somalilandes ausgab, war öfter- reichischer Offizier, ging, nachdem er quittirt hatte, mit einigen abenteuerlustigen österreichischen und ungarischen Jünglingen an die Somaliküste, um dort nach seinen Ideen Millionen im Handel mit den Eingeborenen und womöglich auch ein Königreich zu gewinnen. Die Expedition besaß sogar ein eigenes Schiff mit allerhand Ausfuhrwaaren. Eines Tages aber war von der ganzen Herrlichkeit kein rother Heller mehr vorhanden; die Genossen JngerS 5 „Meinst Du, ich wisse nickt, wie aewissenhast Du Wulffs Ansichten mir geaenüber zu den Deinen zu machen suchst? Ich kenne Euch Beide genau, trotz meiner langen Abwesenheit. Als ob cs des Jungen Schuld wäre, daß seine Großmutter ibren einzigen Sohn der später geborenen Tochter nachgestellt, als sei Sievert für all da? Unglück verantwortlich, das Wulff in der Geburt seiner kleinen Nichte gesunden hat. Und ist es recht, des Geldes halber jeden Verkehr mit seinen nächsten Verwandten abzubrechen?" „Das mußt Tu jene fragen! Warum hat sich Matthias' Schwester nicht um uns belümwert, seit er wieder zurück ist?" „Wie hätte Matthias ibn ausgenommen, ja wie würde er ihn aufnehmen, käme er morgen hier an?" fragte Ingeborg ernst. „Nein, fürchte nichts, er kommt nickt, aber Deine Furcht sollte Dir zeigen, daß die Schuld nicht auf seiner Seite allein liegt." „Ich bin machtlos," sagte Maria lei e, „ich habe alles versucht —" Ingeborg nickte. „So werde nicht müde, Maria, wie ich nicht ermüden will, bis ich die Freiheit für Sievert erkämpft habe. Sievert soll seine Schwingen prüfen lernen, ob sie ihn über diese Scholle erheben können. Bleibt er sreiwillig hier, so wird er glücklich sein—gezwungen, müßte er elend unter gehen." Laut ausheu'end stieß der Wind gegen das Haus, rüttelte Ingeborg zuckle leicht mit den Achseln. „Ich weiß nnr, daß er bei seiner Rückkehr nach Berlin seine Angehörigen damit überraschte — wenigstens Frau v. Sckallwerth, eine Cousine." Ingeborg spielte mit einer Locke ihres Haares und ein heiteres Lackeln bu'chte über ihr Antlitz, „und daß lein Beicht vater seinen Verkehr beaufsichtigt und regelt. Ich wundere Aich über Vater Leos Nachsicht gegen mich, aber ich bin durch jene alte Verwandte Deine? Schwagers dort eingeführt, die ziemlich viel Einfluß hat. Sie ist eine Gönnerin von mir Und hat mir viele Häuser erschlossen, wo ick mit meiner Musik —" Und könntest hier so bequem leben," sagte Maria mit einem Seufzer. „Und so abhängig! Nie, nie, Maria! Und weil ich so fühle, sage ich immer wieder: gebt Sievert die Möglichkeit, die Welt kennen zu lernen. Der Gedanke, ihn für immer »n diese Scholle zu fesseln, ehe cs sich zeigt, ob Neigung und Begabung ihn nicht auf andere Bahnen weiscu, ist entsetzlich. Möchtest Du ihn untergehen sehen?" fragte sie leidenschaftlich. „Es geht Niemand unter, der in Arbeit und Pflichttreue Üncn, wenn auck beschränkten Kreis aussüklt," unterbrach ^aria die Schwester. , Ingeborg stand aus, warf das volle aufgelöste Haar über Nen weißen Nacken zurück und iah beinahe zürnend auf ^aria nieder. „Tu willst ihm Steine statt Brot geben —" Mtonie. Roman von st. y. Zchrriderrholrn. an Thüren und Fenstern und stürmte dann der Ferne zn, nach der Ingeborg schon am ersten Abend ihrer Heimkehr wieder eine Sehnsucht empfand, die ihr das Leben im Osenhose doppelt trübe und öde erscheinen ließ. „Dein Schwager ist erst vor wenigen Jahren nach Berlin zurückgekehrt, er ist ein gebrochener Mann; der Tod seiner „cku neve „eine Hausume!" fuyr ne vumr nur lugnem ,Frau hat ihn unglücklich gemacht," crzühlie Ingeborg, während Hergänge fort und kniete mit anmuthiger Bewegung vor c er Schlaf sich wieder über Sievert senkte. „Tie Kleine steht . „Das thut die Welt, wenn Dir auch die Steine jetzt Bamanten scheinen," sagte die ältere Schwester nicht ohne Bitterkeit. „Auch Dich wird sie wohl enttäuschen —" ! „Ich will es darauf ankommen lassen," versetzte Ingeborg "b Tu liebe kleine Hausunke!" fuhr sie dann mit raschem i cer >Lcmas ucy wierer nver ^revrrr irnue. „Tie Kleine steht ^ia nieder. ' I vielleicht bald allein; und wäre ihre natürliche Zuflucht dann nicht Euer Haus? Wie würde Sievert sich freuen —" Erzähle ihm nie davon," unterbrach Maria die Eifrige. „Sievert weiß nichts von der Existenz seiner Verwandten. Matthias spricht nie darüber, und Sievert soll er nicht wissen. Al; ein Zufall uns den Tod der Schwestern und die Geburt des Kindes verrieth, hat Matthias mir verboten, jemals den Namen zu nennen. Er habe keine Schwester, er streiche sie aus seinen, Herzen, wie sie ihn aus ihrem Leben gestrichen." „Und hältst Du das für recht, vertheidigst Du Deinen Mann auch darin?" Maria hatte ihr Antlitz mit den Händen bedeckt, sie weint« leise und schüttelte verneinend den Kopf. „So thue Du wenigstens das Rechte und —" „Du verstehst Matthias nicht ganz," sagte Maria hastig. „Seine Mutter heirathete wieder, schickte den Sohn ihrer ersten unglücklichen Ehe weg und hat ihn nie wieder gesehen. Ihre ganze Liebe gehörte der Tochter, und auch in ihrem Testamente hat sie das gezeigt. Nur was sie mußte, hat sie Matthias gegeben —" „Ich meinte, grade durch ihr Testament habe sie die frühere Ungerechtigkeit gut gemacht. Hat nichtMatthiaSeinen Anspruch—" „Wäre seine Schwester kinderlos gestorben oder dar Kind vor ihr — sie hieß Emilie — ihr Mann heirathete sie des Geldes halber, er besaß nichts und sie soll eine wenig hübsche, kränkliche, unbedeutende kleine Frau mit weißblondem Haar, blauen Augen und schwer zu ertragenden Launen gewesen sein." „Ist das möglich!" rief Ingeborg erstaunt und warf ihre Locken zurück. „Antonie hat schönes blondes Haar, aber schwarze Augen, auch sieht sie ihrem Vater gar nicht ähnlich, ist aber schon jetzt auffallend hübsch, lebhaft und das Bild der Ge sundheit. So steht sie allein zwischen Euch und dem großen Besitze —?" „Ja, das Kind allein sichert ihm das Vermögen," sagte lllaria seufzend. Krachend fiel eine Thür in das Schloß. Maria erschrak.