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WmM für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abvnnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ^bezogen l Mk. 23 Pf. — Einzelne i Nummern 10 Pf. WrM DoD, Sikdeuleh« md die UmßkgkÄm. Imlsölatl j Inserate j werden Nkvntags und Donnerstags ; bis Mittags 12 Uhr angenommen, JnsertionSpreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszcile. für die Agl. Amtshauximannschaft Meißen^ für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgü Lorstrentamt zu Tharandt. No. 69 Freitag, den 28. Angnst 1891 S t «r d t r a t h. Brgmstr. Bekanntmachung. Nächsten Ssnnaben-, den 2d. ds. Mts., Zsachneittags 6 Uhr, soll auf hiesigem Nachhause das auf der Vogelwiese, vor der Schießmauer und am Badeplatze etc. anstehende Grummet öffentlich verpachtet werden. Pachtlustige werden dazu hiermit eingeladen. Wilsdruff, am 27. August 1891. zu Unterbalten, was andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Wilsdruff, am 27. August 1891. Der B ü r g e r m e i st e r IvitKvr. Bekanntmachung. Der hiesige Militärverein beabsichtigt in der Nahe des Lindenschlößchens am Ledantage, Mittwoch, den 2. September, ein Bivouak zu veranstalten und bei dieser Gelegenbeit einige Wachtfeuer Tagesgeschrchte. Unhaltbare Zustände sind es, nach der „Conser- vativen Correspondenz", wie sie gegenwärtig hinsichtlich der F e st - stellung der Getreidepreise vorlicgen. Eine geringe Hab! „kapitalkräftiger" Leute übt auf die Preisgestaltung unseres Hauptnahrungömittels an der Börse zu Berlin einen nicht ferner erträglichen Einfluß aus. „Ans allen Theilen Deutschlands richten sich die Blicke der Händler und Eonsumenten gespannt nach dem Spieltempel der deutschen Metropole, um von dort zu erfahren, wie theuer die Brvdfrucht im Lande fortan sein soll, lliicht der Producent ist es, welcher den Werth der von ihm erzeugten Waare bestimmt; nicht auf Angebot und 'Nach frage ist die Preisbildung der an der Börse gehandelten Pro dukte begründet, sondern allein der Umstand, ob die Haussiers und Baissiers mit größeren Erfolgen, mit höheren Finessen „arbeiten", bestimmst ob wir thenre oder billige Lebensmittel im Lande' baben sollen. 'Neben dem „Gesetz" von Angebot und Nachfrage führen die Berthcidiger der Börse mit Vorliebe die alleinige Maßgeblichkeit des „Weltmarktpreises" ins Gefecht, nach welchem endschlüssig sich jede Börse richten müsse. Doch auch dieses Argument ist nur Blendwerk. Bekanntlich ist es in Folge der Verschiedenheit der Transportspesen, der Güte der Waare, der Geschmacksrichtung der Konsumenten, der Kaufkraft und des Geldwerthes gar nicht möglich — das ist von der „Freihandelscorrespondenz" selbst ausgesprochen —, in einem Lande einen einheitlichen Preis für irgend ein Lebensmittel fest- zusetzen; wie sollte an eine reelle Festsetzung eines einheitlichen Weltmarktpreises da wohl zu denken sein? Der Umstand, daß die erwähnten Faktoren, welche hem zu Tage für die Preis bildung maßgebend sind, es dennoch versieben, einen solchen „Weltmarktpreis" festzusetzen, beweist doch an sich gar nichts, wenn nicbt die große internationale Machst welche jene Kreise bereits besitzen. Dieser sogenannte aber natürliche Weltmarkt preis ist eben das äußere Zeichen von der Existenz eines inter nationalen Händlerringes, der das Monopol, durch welches ihm bis jetzt die Versorgung der Länder mit Nabrungsmitteln an vertraut war, auf die gewissenloseste Weise ausnützt und all libitum Thenerungcn hervorruft." Daß derartige Zustände unhaltbar sind, ist klar. Die Bestimmung der Preise soll naturgemäß auf reellen Thalsachen beruhen und nicht, wie die Gewinnvertheilung in der Lotterie, von der Laune des Zufalls oder von an Betrug streifender Benutzung börsenmäßiger Fi- - nessen abhängcn. Die thatsächlichen Verhältnisse aber und der wirkliche Weith der Waaren kommt bei dem Handel an der Börse erst in zweiter Linie zur Beachtung. Dieser Umstand ist niemals so augenfällig in die Erscheinung getreten, als in den letzten Tagen. Die Regierung hat Nachforschungen über den Stand dec Saaten angestellt und die Berichte, welche nicht ungünstig lauteten, veröffentlicht; die Wölfe glaubte diese An gaben bezweifeln zu müssen und steigerte die Getreidepreise. Die Saatenstandsberichte baben sich im Verlauf des Sommers als durchaus richtig erwiesen; dies ignorirte die Börse und steigerte die Preise. Sie steigerte sie weiter, als später das Erntewetter ungünstig wurde; nun war aber nach neueren Er mittelungen das Wetter doch nicht von so ungünstiger Wirkung auf die Ernte, wie Anfangs angenommen wurde; trotzdem steigerte die Börse die Preise auch' ferner, weil sie ohne jeden Grund behauptete, von Seiten der Regierung und der Land- wirthschafr werde Schönfärberei getrieben. Den größten Humbug aber konnte man hinsichtlich der „erwarteten" Aufhebung der Getreidezölle wahrnebmen. Trotzdem von Seiten der Negierung wiederbolt auf das Bestimmteste erklärt wurde, daß an eine Aufbebung oder Suspension der Getreidezölle nicht zu denken sei, vertraute die Börse diesen Erklärungen weniger als den jenigen „Gerüchten", welche die Kühnheit besaßen, zu behaupten, die Getreidezölle würden dennoch fallen, und fuhr in den Preis erhöhungen beharrlich fort." Auch die „Bank- und Handels-Ztg." ist der Meinung, daß die gegenwärtigen Zustände unhaltbar sind: „So wie es jetzt ist, kann eS unmöglich auch fernerhin bleiben" — schreibt das in Börsensachen wohlunterrichtete Blatt — „und es wird als Pflicht der Spitzen des deutschen Kaufmannsstandes ange sehen werden müssen, hierin sobald als möglich Aenderung zu schaffen. Wir machen daher der Regierung den Vorschlag, schleunigst eine deutsche Enquöte zu veranstalten, welche sich mit der Frage, des Terminhandels in den nothwendigen Lebensmitteln ausschließlich zu befassen hat. Zugleich wäre dieselbe zu beauf tragen, Vorschläge zu machen, auf welche Weise dem „Börsen spiel" mit Erfolg entgegengewirkt werden kann, ohne das gleich zeitig die legale Spekulation betroffen wird. Der Enquöte müßten allerdings, soll sie nach jeder Richtung hin nützlich wirken und in ihr alle gewichtigen Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden, außer den Vertretern der Börse auch Vertreter des Waarenhandels, Vertreter der Produzenten wie der Konsu menten angehören. Die in den letzten Monaten herbeigeführte Preissteigerung für Getreide hat zum großen Theil auch ihren Grund in den Verhältnissen gehabt, welche an der Berliner Börse in der letzten Zeit vorgeherrscht haben. Wir haben in unsern Berichten von der Produktenbörse des Oefteren darauf hingewiesen, daß die Preisbestimmung an vielen Tagen davon abhing, ob ein plötzlich zu bedenkendem Einfluß gelangter „Börsen spieler" kaufte oder verkaufte, und daß es so in der Hand dieses einen Spielers lag, die Preise für Getreide in ganz Deutsch land zu beeinflussen. Man erzählt sich, daß diese Firma ihr Ausbeutungssystem so rücksichtslos betrieben hat, daß sie inner halb eines Jahres durch das Börsenspiel annähernd 10 Mill. Mark verdient habe. Diese 10 Millionen haben in erster Linie die Mitglieder der Börse bezahlt, das ist wahr, aber der Schaden, welcher durch diese künstliche Preissteigerung über unser deutsches Vaterland hereingebrochen ist und der, zisfcrmäßig aus gedrückt, die ansehnliche Summe von 10 Millionen Mark zur mehrfachen Potenz überschreitet, den trägt nicht die Börse, sondern das ganze Deutschland. W>r haben dieses eine Bei spiel ausschließlich nur angeführt, um daran zu zeigen, daß Ge- fabr im Verzüge ist, da selbstverständlich die eigenartigen Ver hältnisse, in welchen sich augenblicklich der Getreidehandel be findet, das „Börsenspiel" jetzt zu einem doppelt gefährlichen machen." Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Trunksucht ist im NeichLamte des Innern nahezu fcrtigge- stellt, so daß er nunmehr dem Bundesrathe baldigst zugehen kann. Wahrscheinlich wird sich genannte Körperschaft schon in einer ihrer ersten Sitzungen nach Ablauf ihrer gegenwärtigen Ferienpause vermuthlich in der ersten Septemberhälfte, mit der Vorlage beschäftigen. Derselben wird ein umfangreiches Ma terial, Gesetze und Gesetzentwürfe anderer Staaten, beigefügt sein. Man schreibt aus Trier vom 23. ds.: Erst seit gestern bietet unsere Stadt das echte Bild eines Wahlfahrtortes. Während der ersten Tage der Ausstellung des heiligen Rockes waren es ja nur Trierer, die zu der Reliquie pilgerten, und solche Prozessionen, von den einzelnen Pfarrkirchen der Stadt zum Dome sind in Trier nichts Seltenes. Gestern Nachmit tag aber traf die erste Prozession aus der Eifel ein. Am Frei tag früh, beim ersten Morgengrauen waren die Waller von Prüm aufgebrochen, der uralten, ehemals so glänzenden Bene- diktinerabtei, in welcher Kaiser Lothar, der Sachse begraben liegt. Der ursprünglich kleinen Prozession hatten sich aller Orten andere Pilgerschaaren angeschlossen und als sie gestern Abend hier anlangte, Mlten ihre Theilnehmer nach Tausenden. Dem Pilgerzug voraus wurde ein Ehristusbild getragen. Dann kam ein Priester, in blendend weißem Gewände, die schön ge stickte Stola um die Schulter geschlagen. Zur Rechten und zur Linken desselben in ziemlich weitem Abstande, schritten je ein Pilger einher und hinter denselben in zwei endlosen Reihen die übrigen Waller und Wallerinnen, alle kräftige, wetterge bräunte Kinder der Eifel. Die Männer haben ihren gewal tigen, baumwollenen Regenschirm auf dem Rücken festgebunden. In der Linken halten sie ihren Hut, in der Rechten den Ro senkranz, an der Seite hängt ihnen der gewichtige Brodbentel. Die Frauen haben ihr Oberkleid hoch aufgeschürzt und pilgern im rothwollenen Unterrock einher, in der einen Hand den Ro senkranz, in der anderen den Eßkorb. Zwischen den beide» Pilgerreiben werde» schöne Kircheisiahnen getragen und mar schiren die geistliche» Fübrer der Prozession mit den Vorbetern. Das Ganze bietet einen ungemein malerischen Anblick dar, dessen eigenartiges Gepräge iwcb erhöht wird durch das takt mäßige, wohlgeregelte Beten der Pilger. Die erste Hälfte des Gebetes spricht der Vorbcter. Ist er zu Ende, so bebr er seinen Stab empor und die Wallfahrer nehmen das Gebel auf. Der internationale Arbeiterkongreß in Brüssel beschäf tigte am 23. d. M. eine öffentliche Versammlung von Zimmer leuten Berlins und der Umgegend. Es wurde nach einem Vortrage des Herrn Dr. Lütgenau einstimmig folgende Reso lnlion beschlossen: „Die heutige Versammlung drückt ihre große Befriedigung über den Verlauf des internationalen Kongresses in Brüssel und ibr Einverständnis; mit der Haltung der dem schon Delegirten aus. Sie billigt den Ausschluß der Anar chisten, begrüßt die Anbahnung einer internationalen gewerk schaftlichen Verbindung, tbeilt die speziell von Bebel formulir enden Urtheile über die sogenannten Arbeiterschutzbestrebunge» der 'Regierung und der bcrrschenden Klassen, sowie über den Parlamentarismus, ist aufs vollste einverstanden mit der Be kämpfung des Militarismus und seiner Grundlage, der kapita listischen Gesellschaft, wobei sie den Standpunkt Liebknechts vollkommen theilt und diesem für sein klares und unerschrockenes Auftreten warme Anerkennung ausspricht, und ordert mit dem Kongresse die civilrechtliche und politische Gleichberechtigung der Frau. Zugleich verpflichten sich alle Anwesenden, im Geiste des Kongresses tbätig zu sein bis zur Erreichung des Zieles: die Befreiung der arbeitenden Klasse und die Erlösung der arbeitenden Klasse." Der Brüsseler internationale Sozialisten^ konreß ist ohne Schlägerei zu Ende geführt. Mit Stolz keinen die Delegirten in die Heimatb zurück, um den gespannt harrenden „Genossen" über ihre aufreibende Tbätigkcit, zu welcher sie durch Parteidiäten in Stand gesetzt waren, Bericht zu er statten. Wie diese Berichte ausfallen werden, ist jetzt schon aus den Umsturzblättern ersichtlich: Sieg, neuer großer Sieg über die Bourgeois, ein neues Rubmesdatum für die internationale Sozialdemokratie! So wird der Grundton der Reden lauten. Freilich, in gewisser Hinsicht nicht nur Unrecht; lauschten doch fünfzig Berichterstatter („Bourgeois"! dem Phrasenschwall im Brüsseler Kougrcßlokal; telegrap'birte doch ein Dutzend von Tele graphenbureaus jede Resolution, jede Redeleistung in alle Welt! Der Brüsseler Kongreß, eine Fortsetzung des Pariser sinter nationalen Umsturzkougresses, zeigte, daß die sozialrevolutionäre Internationale inzwischen ganz bedeutende Fortschritte gemacht hat. Die Kluft, welche nocb iu Paris Marxisten und Possibi listen trennte, ist überbrückt; alle Sozialrevolutionäre sind gegen wärtig Brüder! Dieses einigende Band zu stärken und die internationale Organisation zu kräftigen, das war, wie man im voraus wußte, der Zweck der gegenwärtigen Brüsseler Zu-