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Wochenblatt für ilsdruT ilsdruff, TlMrandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. .H' «6 Dienstag den 23. August 187«. Tagcsgcschichte. Wilsdruff, am 23. August 1870. Wir lassen shier zunächst die am Freitag und Sonnabend früh cingetroffeneii und durch Extrablätter dem größten Theil unserer Le ser bekannt gewordenen Siegcsberichte folgen: Ponl-n-Mousson, den 17. August 7 Uhr 19 Min. Abends. Generallieutenant von Alvenslebcn mit dem 3. Armeechvr am 16. westlich von Metz auf die Nückzugsstraße des Feindes nach Verdun vorgerückt. Blutiger Kampf gegen. Divisionen von Decaen, Ladmiranlt, Frosfard, Canrobcrt und die kaiserliche Garde. Vom 10- Corps, Abtheilungen des 8. und 9. Corps unter Oberbefehl des Prinzen Friedrich Carl succesive unterstützt, wurde der Feind trotz bedeutender Ueberleaenheit nach zwölfstündigem heißen Kampfe auf Metz zurückgeworfen. Verluste aller Waffen auf beiden Seiten sehr bedeu tend, diesseits General v. Döring und v. Wedel gefallen, v. Rauch und v. Grüter verwundet. Se. Mas. begrüßte heute die Truppen auf dem Schlachtfelde. Pont-ä-Mousson, 17.August, Abends. Marschall Vazainc, welcher im Begriffe war, von Metz nach Verdun zurückzugehen, wurde am 16. August früh um 9 Uhr von der 5. brandenburgischen Divi sion, die schon die Schlacht bei Saarbrücken geschlagen, angegriffen und festgehalten. Unsere Truvpen entwickelten in diesem Kampfe, in dem sie 4 französische Armee-Corps, darunter die französischen Garden, sich gegenüber hatten, die sich tapfer schlugen und auch vorzüglich geführt waren, eine heldenmüthige Bravour. Sie erhielten erst nach sechs stündigem Gefechte Unterstützung durch dasinzwischen herangekomnnne zehnte Armeecorps. Die Verluste sind auf beiden Seiten sehr be trächtlich, aber unser Erfolg ist ein vollständiger. Die Franzosen wurden an ihrer weiteren Nückzugsbewegung verhindert und nach Metz zurttckgeworfen. Die Franzosen verloren im Ganzen 2000 Ge fangene, 3 Adler und 7 Geschütze. Sie verletzten die Bestimmungen der Genfer Convention, indem sie auf die Verbandplätze und auf die dort thätigcn Aerzte fchossen. Berlin, 19. August, 6 Uhr 8 Minuten Abends. Großer Sieg unter Führung Sr. Majestät des Königs. Offizielle Meldung an Ihre Majestät die Königin: Bivouac bei Rezonville, den 18. August Abends 9 Uhr. Die französische Armee in sehr starker Stell ung westlich von Metz heute unter meiner Führung angegriffen und und in neunstündiger Schlacht vollständig geschlagen, von ihren Verbindungen mit Paris abgeschnitten und gegen die Festung Metz zurückgeworfen. Wilhelm. Wir wollen hieran nur die Bemerkung knüpfen, daß diese beiden Entscheidungsschlachten furchtbar blutig gewesen sein müssen. Die Franzosen haben sich beide Male noch tapfer gewehrt. So meldet unter Andern ein Privattelcgramm der„K.Ztg."aus Pont-ü-Mousson, daß in dem I2stündigcn Kampfe bei Mars la Tour, in dem die j deutschen Truppen eine große überlegene französische Macht gegen sich hatten, daß der muthmaßliche Verlust der preußischen Armee 15,000 Todte und Verwundete beträgt. Auf französischer Seite soll er noch viel bedeutender sein. Bei der Schlacht am 18. August ist das königl. sächsische Armee korps neben der Preuß. Garde um 4 Uhr ins Gefecht getreten, mit gutem Erfolg. Beide Divisionen und Corpsartillerie waren cngagirt. Verluste und Details noch unbekannt. Viel Gefangene gemacht. Verwundet: Oberstleutnant Schörmer, Major Hoch, Hauptmann Ham mer leicht, Negimentsadjutant v. Minckwitz an der Ferse, Hauptmann v. Nouvroy <6. Regiment) leicht. (Dr. I.) Pont-n-Mousson, 21. Aug. Noch bringt man hier^fortwäh- rend französische Gefangene ein, gestern Abend kam ein Transport von 2000 Mann, darunter 36 Offiziere, heute ein Transport mit 54 Offizieren, darunter General Plombin. Verlust der Franzosen in Gefechten letzter Tage bei Courvelles den 14. Aug., Biouvielle den 16. Aug-, Gravilotte den 18. Aug. betrug allein an Todten 12 bis 15,000, und wenn man hierzu die Gefangenen, soivie die gewöhnlich auf die Todten fallende Anzahl der Verwundeten rechnet, kann der Gesammtverlust französischerseits nicht unter 50,000 Mann betragen. Bei Gravilotte machten wir allein circa 4000 Gefangene. (D. R.) Wenn unsere Sachsen jetzt die Eisenbahn zwischen Metz und ! Thionville besetzt hallen, so haben sie binnen fünf Tagen eine förm liche Drehung, deren Angelpunkt Metz bildet, gemacht, um die Fran zosen vor sich hermtreiben. Während sie bis zum 15. August mit dem Gesiebt nach Westen zu standen, schwenkten sie, am 16. die Re serve des Prinzen Friedrich Carl bildend und noch nicht ins Gefecht kommend, nach Norden rechts ab, halfen dann am 18. Bazaine aufs Haupt schlagen, und stehen jetzt mit dem Rücken nach Frankreich, mit dem Gesicht nach Deutschland (preußische Rheinprovinz). Aber wel ches ehrenvolle NechlSumkehrt ist das, das unsere Sachsen machten! Sie nölhigten bei ihrem Nechtsumkehrt vorher die Franzosen, das gleiche Rechtsumkehrt zu machen. Hiernach stehen die Franzosen, so weit sie nicht in den weiten Wällen von Metz Aufnahme gefunden haben, eingekeilt zwischen den Sachsen und der deutschen Landes grenze, hinter welcher natürlich die Reserven der Deutschen stehen. Ein Schlachtengang, den sich die kühnste Fantasie nicht ausdenkcu konnte, auf den vielleicht Vater Moltke nicht einmal gekommen ist! . Was werden nun die so eingeklemmten Franzosen thun? Werden I sie den Muth haben, sich hinter den Deutschen durchzuschlagcn? Wir bezweifeln dies! Sic laufen dabei freilich nicht viel mehr Gefahr, ! als in Metz zusammengescbossen zu werden. Auch bliebe ihnen mög- licherweise noch der Ausweg, auf das benachbarte neutrale Gebiet j von Luxemburg durchzubrecken, um sich da entwaffnen zu lassen. (N.) Berlin, 20. August. Der soeben erschienene preußische „Staats- ' Anzeiger sagt anläßlich des letzten Sieges bei Rezonville: „Wenn die Edelsten des deutschen Volkes fallen, so habe das deutsche Volk den Trost, daß dieser Kampf nicht wieder vergebens gekämpft werde, wie von unsern Vatern gegen ein Volk von Herrschsucht und Uebcr- muth, welches Deutschland seine schönsten Gebiete geraubt hat. ES wird dem Könige vergönnt sein, einen dauernden Frieden der ! Völker herzustellen im Herzen Europa's durch ein großes, einiges, deutsches Vaterland als Hort der Gottesfurcht, der edlen Sitte und der wahren Freiheit." Stuttgart, 21. Aug. Das Kriegsministerium veröffentlicht offizicl: Die in den Vogesen liegende Festung Pfalzburg, welche bis her von den Würtembergern eingcschlossen war, hat gestern Nach mittag bereits capitulirt. Von der Südarmec, 15. August, wird gemeldet: Gestern Abend hörte man in dem jetzt ganz von unseren Truppen cernirtcn Straßburg mehrere sehr heftige Explosionen und die Vorposten sahen wiederholt starke Rauchsäulen in die Luft steigen. Man glaubt, daß der Commandant das Arsenal und die Gescbützgicßerei in die Luft gesprengt habe, um dann bald die Stadt zu räumen und sich mit der Besatzung in die feste itadelle Zurückzuzichcn. Die Besatzung besteht aus 6000 guten Linientrnvpen, 5—600 Artilleristen und Ge- niesoldaten und einigen sausend noch nicht uniformirten undiscipli- nirten Nationalgardisten. Die Ciladelle soll für 10,000 Mann auf 3 Monate mit Brod mid gesalzenem Fleisch hinreichend vcrproviantirt sein. In der großen Stadt mit nahe an 100,000 Einwohnern soll schon jetzt großer Mangel an Lebensmitteln herrschen und das Pfund Rindfleisch 2—3 Frcs. kosten. So glaubt man, daß der Comman- dant von Straßburg sich bald mit der Garnison in die Citadelle zurückzichen, die Stadt aber aus Mangel an Proviant übergeben werde. In den nächsten Tagen wird das Bombardement von unserer ^^c hcginm-n, da schweres Belagerungsgeschütz von Rastatt herbci- Karlsruhc, 19. August. Die Karlsruher Zeitung meldet: ".Vöpuuttags 7 Uhr begann die Beschießung Straßburgs vom diesseitigen Ufer bei Kehl; sie dauerte bis 12 Uhr und wurde nach kurzer Unterbrechung um 2 Uhr wieder ausgenommen. Das feindliche Feuer hat nicht unerheblichen Schaden angerichtet." Berlin, 19. August. Ein Artikel der „Provinzial-Correspvn- dcnz" über den Verfall Frankreichs, in welchem das halbvfficiellc Blatt die neue Stellung betont, welche Deutschland in dem euro päischen Staatensystem 'nunmehr einzunchmen berufen sei, hat, wie man hört, in diplomatischen Kreisen großes Aufsehen erregt; auch sind im Betreff der Besitznahme der ehemaligen deutschen Rcichslandc, Elsaß und Lothringen, mehrfache diplomatische Anfragen an den Staatsfecretär des norddeutschen Bundes gerichtet wordem Eine Antwort ist Seitens des Herrn von Thiele bis jetzt noch nicht ergangen^