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Wilsdruff, TlMrandt, Rossen, Tiebenlchn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 22. Freitag den 15. März 1872. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind in der Nackt zum 26. Februar d. I. aus einem Gute in Unkersdorf sechs Pfunde Brod, eine Tabakspfeife mit Hornstiefel und Porzellankopf, auf welchem sich ein Jagdstück befindet, sowie 1 Paar kalblederne Stiefel mit Sporenkasten fpurlos entwendet worden, was behufs Ermittelung des Thaters und Wiedererlangung des Gestohlenen hiermit zur öffentlichen Kenntnis, gebracht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, den 12. März 1372. Leonhardi. —_ Von dem unterzeichneten Gerichtsamte soll den 13. Mai 1872 das dem Lohgerbermeister Friedrich Hermann Beßler in Wilsdruff zugehörige Haus- und Garten-Grundstück Nr. 138 des Katasters, Nr. 190 des Grund- und Hypothekenbuchs für Wilsdruff, welches Grundstück am 6. März 1872 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 1305 Thlr. - Ngr. - Pf. gewürdert worden ist, an hiesiger Amtsstelle nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den hier aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht -wird. Königl. Gerichtsamt Wilsdruff, dm n.März 1372. Leonhardi. - Von dem unterzeichneten Gerichtsamt soll den 17. April 1872 das dem Landwirth August Albert Kohlmann in Dresden zugehörige Grundstück No. 73 und 71 des Katasters, No. 22 und 24 des Grund- und Hypothekenbuchs für Grumbach, vormaligen Ober- und bez. Niederreinsberger Patri- monial-Gerichtsantheil, welche Grundstücke am 5. Februar 1872 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 18,970 Thlr. 23 Ngr. - Pf. gewürdert worden sind, an hiesiger Amtsstelle nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 7. Februar 1872. Königliches Gerichtsamt. Leonhardi. Tagesgeschichte. Dresden, 12. März. Die zweite Kammer hat heute in der Schlußabstimmung das Volksschulgesetz als Ganzes in der beschlosse- ncn Fassung mit 48 gegen 22 Stimmen angenommen. Der Kupferschmied Emil Försterling, seiner Zeit social-demokra tischer Abgeordneter (für Chemnitz) im Reichstage, ist am Sonntag früh in Dresden nach nur achttägigem Krankenlager (Brust- und Lungenentzündung) gestorben. Der Verstorbene hatte sich in letzter Zeit von jeder öffentlichen Thätigkeit fern gehalten und bis kurz zur Verschlimmerung seiner Krankheit i» seinem Geschäft eifrig gearbeitet. Bautzen, 12. März. Heute früh 7 Uhr sind unter heftiger Detonation drei Stampfwcrke der hiesigen Pulverfabrik in die Luft geflogen. Leider hat man dabei auch den Verlust zweier Menschen leben zu beklagen, indem die Arbeiter Schoffke und Stober von hier bei der Katastrophe ihren Tod fanden; einem dritten, dem Arbeiter Wieder, ist cs noch rechtzeitig gelungen, der drohenden Todesgefahr zu entrinnen und hat derselbe nur ganz leichte Verletzungen davon- gctragen. In Zwickau ist ein Bankverein unter dem Titel „Zwickauer Bank" begründet worden. Das Akticncapital beträgt eine Million Thaler. Am 7. März ist die Ehefrau des Gutsbesitzers Karl Friedrich Ebert in Breitenau bei Pirna beim Einquellen eines Pökelfasses in den am Gehöft befindlichen Teich gefallen und ertrunken. Pfiauen i. V., 10. März. Gestern Abend gegen 10 Uhr erscholl Plötzlich die Sturmglocke in unserer Stadt. Es brannten zwei Scheunen, die inmitten von Häusern standen, total nieder. Am Freitag Vormittag in der 11. Stunde erschoß sich in Dres den in der großen Infanterie-Cascrne mit seinem Dienstgcwehr der Soldat Kohling von der 1. Compagnie des Leib-Grenadier-Regiments Nr. 100. In einem Dorfe bei Meißen hat sich am Tage des viel be sprochenen Erdbebens ein Act zugctragen, den man in unserm Jahr hundert kaum für möglich halten dürfte. Der Erdstoß war kaum vorbei, als sechs Familien aus einem Hause, darunter der Ortsrichter, Betten, Meublcs u. dergl. nach einem benachbarten Frlde räumten, wo sie sich häuslich wie eine Zigeunerhorde einrichtetcn und eine Nacht unter Gottes freiem Himmel campirten. Der befürchtete Welt untergang ging aber nicht in Erfüllung, und da die Nacht ungestört verfloß, wurde das improvisirte „Nachtlager von Granada", das nur bei mehreren einen tüchtigen Schnupfen als Erinnerung hinterlassen hatten, wieder aufgehoben, die verschiedenen Utensilien an den früher» Ort gestellt und die Leute müssen nun bis zum 12. August warten, auf welchen Tag die Prophezeiungen von Schwachköpfen und Spe- culanten endlich die Aufführung des leider immer wieder geglaubten Dramas verschoben haben. In Erfurt ist das uralte und ehrwürdige Gebäude des Waisen hauses, sammt der denkwürdigen Zelle, in welcher vr. Luther als Augustinermönch die Bibel sand, ein Raub der Flammen geworden. Mit Mühe wurde das Martinsstift und die Augustinerkirche gerettet. Viele unersetzliche Alterthümer der Kunstkammer, des Museums und der Bildergallcrie sind verbrannt. Berlin. Am 8. und 9. März sind hier ungeheuere Summen aus der französischen Kriegsentschädigung eingetroffen, die zum großen Theile in österreichischen Thalerstückcn bestanden. Die