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gHem 1872 31 Freitag den 19. April nen und nur der Feuerwehr aus Brandis war es zu danken, daß ein größeres Unglück verhütet worden ist. Geithain, 14. April. Am heutigen Tage brannten im Dorfe Weikershain die Gebäude des Gutsbesitzers Neuhaus vollständig nieder. Es ist leider dadurch der Verlust eines Menschenlebens ent standen, indem die Dienstmagd Löschke in den Flammen ihren Tod fand. Es verbrannten ferner zwei Pferde, fünf Stück Rindvieh, und noch eine Menge andere Nutz- und Hausthiere, außerdem aber sämmtliches Mobiliar und Ackergeräth. Es wird böswillige Brand stiftung vermuthct. Bei Lorenzkirchen wurde dieser Tage der Leichnam eines 16 Jahre alten Maurcrlehrlings aus der Elbe gezogen, welcher im December vorigen Jahres auf dem Wege zum Arzte, den er für seinen erkrankten Vater holen sollte, auf dem Eise eingebrochcn und ertrunken war. Hartmannsdorf bei Burgstädt, 10. April. Unweit des Graichen'schcn Gasthofes an der Leipziger Straße wurde gestern Abend nach 9 Uhr das Dienstmädchen des Fabrikanten Lindner aus Göppersdorf von zwei unbekannten Mannern überfallen und ihres Haares vollständig beraubt, dieselben hatten ihrem Opfer mit einem Tuche den Mund verstopft. Bei dem Herzueilen von Männern auf den späteren Hilferuf des Mädchens waren diese Strolche im Dunkel der Nacht versttzwunden und hat man bis heute ihrer' nicht habhaft werden können. Der Sozialdemokrat Carl Hirsch, früherer Nedacteur der „De mokratischen Zeitung", wurde am 15. April in Berlin auf Requsition des Crimmitzjchaucr Gerichts durch die Berliner Polizei sisttrt, um zur Verbüßung einer Zinonatlicheu Hast nach Crimmitzschau geschickt zu werden. Derselbe war wegen Beleidigung des Vundcsoberhaup- tes durch die Presse zu dieser Strafe verurtheilt worden. Das „Leipz. Tgbl." berichtet: Am ersten Ostcrfeicrtagc früh hörte man von dem schnellen Dahinscheidcn der Gastwirthin zuSaupers- dorf bei Kirchberg, nachdem dieselbe noch zuvor gesund und rüstig gesehen worden und eifrig bemüht gewesen war, den Gasthof, wel chen sie mit ihrem Manne ungefähr 14 Tage zuvor bezogen hatte, ordentlich herzuricktten. Dieser schnelle Tod, sowie ein am Charfrci- tag unter diesem Ehepaar ausgberochencr Conflict gaben der Behörde Veranlassung, Erörterungen anznstellen, und soll die ärztliche Unter suchung ergeben haben, daß die Fran infolge der von ihrem Manne erhaltenen körperlichen Verletzungen gestorben ist, weshalb derselbe auch zur Haft gebracht wurde. Die eingelcitetc Untersuchung wird nun erst Aufklärung verschaffen. Berlin. Der Reichstag beschäftigt sich gegenwärtig, so lange ein großer Theil seiner Mitglieder noch fehlt, mit Gegenstän den von untergcoronetem Interesse, doch werden sich seine Sitzungen sehr bald beleben, vielleicht auch hier und da etwas stürmisch gestal ten. Den Höhepunkt der Session werden zweifelsohne die Verhand lungen über die von allen Seiten geforderte Ausweisung der Jesui ten bezeichnen, doch harren auch andere wichtige Dinge der reichs tägigen Erledigung. So erscheinen die verfassungslosen Mecklen burger wieder vor dem Reichstage mit dem dringenden Verlangen nach Abhilse. Berlin, 14. April. Die-„Sp. Ztg." schreibt: Uebcr die Dauer der Reichstags-Session und den Umfang ihrer Arbeiten sind vielfache Mittheilungen gemacht worden, die mehr oder minder alle nicht ge nau sind. In Wirklichkeit liegen die Dinge so, daß die Dauer der Session von dem Gange der Brrathungen im preußischen Herrenhaus- über die Kreisordnung abhängig ist. Erledigen sich dieselben schnell und unter Aussicht eines günstigen Resultats, so wird die Neichsre- gicrnng den Reichstag nicht lange anfhaltcn; sie hat es in der Hand, ihn in'diesem Falle noch vor Pfingsten zu schließen, anderseits würde es auch nicht Mühe verursachen, die Session länger auszudehncn; die Secmannsordnung und die Verträge wegen der Kriegsentschädigung würden an sich schon genügen, die Session zu verlängern. Außerdem aber wäre die Regierung in der Lage, noch immer das Preßgesetz cinzubringcn. Die Rückantworten der sämmtlichen Regierungen liegen vor; das Gutachten Würtcmbcrgs ist vor einigen Tagen cin- Tagesgeschichte. Der Präsenzbestand in sämmtlichen Landes-Corrections-, Ver- sorgungs- rc. Anstalten im Königreich Sachsen war bei Ab schluß der Finanzperiode 1867—1869 5186 Köpfe. Es mußte in dieser Zeit dafür ein Staatszuschuß von 1,105,529 Thlr. geleistet werden. Aus die einzelnen Anstalten vcrthcilt bezifferte sich dieser Zuschuß für jeden Kopf in der Anstalt zu Waldheim auf 46 Thlr., in Zwickau auf 50 Thlr., in Hoheneck auf 75 Thlr., in Hohenstein auf 74 Thlr., in Vräunsdorf auf 57 Thlr., in Großhennersdorf auf 64 Thlr., in Hubertusburg auf 72 Thlr., in Sonncnstein auf 75 Thlr., in Colditz auf 76 Thlr. Das „Drcsdn. Journ." berichtet aus Dresden: Vergangenen Sonnabend (13. April) Abends fand in der Centralhalle eine überaus zahlreich besuchte Versammlung der socialdemokratischen Partei unter dem Vorsitz von Müller statt. Herr Otto-Walstcr rcferirte unter lauten Vcifallsbezcugungen über den Leipziger Hochverrathsprozeß, in welchem „ein Dutzend vbscurer Bauern, Kaufleute uud Fabrikanten" ein Urtheil abgegeben habe über zwei „in der ganzen Welt bekannte Männer." Weil Liebknecht und Bebel ihre Gedanken, Ansichten nnd Meinungen ffu Wort und Schrift geäußert, seien sie zu Hochverräthern gestempelt worden, mit dem Verbrechen des Hochverraths sei hier ein blödsin niges Spiel getrieben worden. Nach dieser Theorie begehe auch den Hochverrat) Der, welcher, wenn die Polizei „eine Eselei" begangen, dies aussprcche. (Wegen dieser Aeußerung auf Verlangen des über wachenden Criminalcommiffars Weller zur Ordnung gerufen, wäh rend aus der Versammlung der Ruf: Heraus! ertönt, erklärt Redner, die Dresdner Polizei nicht gemeint zu haben.) Die Geschwornen seien sowohl feiten des Präsidenten, der förmlich die Nolle des öffentlichen Anklägers übernommen, wie feiten dcs Staatsanwaltes, der mit ihnen „in der Kneipe verkehrt", beeinflußt worden. Anstatt, wie man geglaubt, der Sozialdemokratie durch diesen Prozeß einen Schrecken cinzujagen, habe man ihr keinen größeren Gefallen thun können. Schließlich wurde nachstehende, anderwärts bereits beschlossene Resolution, nachdem mehrere Redner dieselbe befürwortet, einstimmig angenommen: „Die anwesenden Versammelten erklären sich nicht nur in vollkommenster geistiger Uebereinstimmuug mit den Verurthcilten dcs Leipziger Hochvcrrathsprozcsscs, sondern auch mehr oder minder alle in jenem Prozesse incriminirten Handlungen in gleicher Weise Wie die beiden Vcrnrtheilten Liebknecht und Bebel ebenfalls gclhan zu haben, erklären sich demzufolge solidarisch haftbar mit den beiden Genannten und fordern die Staatsanwälte DentschslandS hiermit auf, auch gegen jeden Einzelnen Untersuchung auf Vorbereitung des Hochverraths eiuzuleitcn." Dippoldiswalde, 15. April. Am vorigen Donnerstag hat sich im Dorfe Reichstädt ein bcdancrnswerther Fall ereignet. Die zwei Kinder (Knaben von 7 und 2 Jahren) des Zimmermanns Dittrich daselbst, der auswärts auf Arbeit, spielten in Abwesenheit der Mutter im Freien uud kamen an einen, von einem Arbeiter be nutzten Hackstock. Der größere Knabe ergriff ein daneben liegendes Beil, hackt damit, und nicht wahrnchmcnd, daß der kleinere auf den Stock greift, diesem, dichc vor der Mittelhand, vier Finger der rechten Hand ganz ab. Das unglückliche Kind der armen Aeltern ist somit zeitlebens ein Krüppel geworden und für später unfähig, zu geregelter Arbeit. Am 12. d. wurden in Frankenberg, wahrscheinlich in Folge Verwahrlosung, 4 Wohnhäuser eingeäschert und haben dabei 8 Fa milien ihre nur zum Theil versicherte Habe verloren. Bis Abends 10 Uhr gelang cs der Feuerwehr, dcs Brandes Herr zu werden. Am 12. d. M. Abends sind in Polenz bei Wurzen die zum Güntcr'schen Gute gehörigen Gebäude mit Ausnahme des Wohn hauses nicdergebrannl. Das Feuer ist dadurch entstanden, daß die 62jährige Mutter des Besitzers mit brennender Laterne nach ihrem Schlafgemach gegangen, unterwegs aber vom Schwindel befallen und durch das umgeworfcne Licht der umherliegcnde Flachs entzün det worden ist. Auch der Kirchthurm hat schon angcfangcn zu bren für Wilsdruff, Thnmndt, Rossen, Giebmlch» und die Umgcgciidcn. Umtstckatt für das Königliche GerichtsamL Wilsdruff und den SLadtraLH daselbst.