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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Oerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Fl eilag, den 5. September 1862. 14 Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von tiefer Zeitschrift erscheint alle Freitage «ine Nummer. Der Preis für den Bierteljahrgang beträgt lv Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche i« nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl im der Redaction), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, elwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. Umschau. Fast schien es, als ob auS Garibaldi's Zuge nach Rom ein allgemeiner Brand werden würde. Kaiser Napoleon erklärte, daß er alle Küstenplätze Neapels besetzen werde, sobald Garibaldi das Fest land Italiens betrete, und ö Linienschiffe erhielten Befehl, diese Drohung zu unterstützen. Aber Eng land, das fürchten mochte, daß die Franzosen nicht sobald wieder gehen würden und das den Appetit der Napoleonischen Familie nach Neapel kennt, pro- testirte dagegen und ließ seine Mittelmeerflotte eben falls vor Neapel rücken: Ohnehin hat die herzliche Freundschaft zwischen diesen beiden Mächten einen Stoß erlitten, als England seine Hand von der gemeinschaftlich verabredeten Expedition nach Mexico abzog. Das Alles Hal sich mit einem Schlage ge ändert. Garibaldi, nachdem er auf dem Fefilande angekommen war, umgingtie mit königlichen Trup pen besetzten Straßen, stieg über kaum zugängliche Gebirge und war nahe daran, den um ihn gezo genen Kreis zu durchbrechen, als ihm sein erbit tertster Feind, der Oberst Pallavicini mit einem Regiment Bergjäger nachgeschickt wurde. Die Frei- schaaren hatten 'einen bedeutenden Vorsprung und wären entkommen, wenn nicht Garibaldi seinen Marsch angchalten hätte, weil der Oberst ihm einen Soldaten gesandt hatte mit dem Wunsche, sich mit ihm zu besprechen. Dadurch gelang es dem Ober sten, seine Truppen zu sammeln und er verlangte nun von Garibaldi, er solle sich gefangen geben. Nach einem hartnäckigen Kampfe bei Aspromonte und nachdem Garibaldi und sein Sohn Menotti schwer verwundet waren, mußten sich alle ergeben. Garibaldi wurde sogleich auf ein Schiff gebracht, das mit ihm nach Spezzia absegelte. Wenn man übrigens glaubt, durch die Ge fangennahme Garibaldi's wäre die italienische Re gierung viel gebessert, so würde man sich irren. Schon das falsche Gerücht, Garibaldi sei gestorben, erregte in Mailand, Livorno und anderen großen Städten Aufstände, die mit Waffengewalt unter drückt werden mußten. Und was soll sie mit dem Gefangenen anfangen? Will sie ihn verurtheilen und erschießen lassen? Ein Schmerzensschrei würde durch Italien hallen, und das ganze Volk würde die Männer bis zum Tode verfolgen, die es wag ten, ihre Hand an den Abgott Les Landes zu legen. Soll sie ihn gefangen halten? Das Volk würde stürmisch seine Freilassung fordern. Soll sie ihn freilassen? Wer bürgt ihr dafür, daß Garibaldi bei nächster Gelegenheit seine Pläne wieder aufnimmt und vielleicht mit mehr Glück? Kurz, die Minister in Turin sind nicht zu beneiden. — Ein freundlicheres Bild gewährte diese Woche Wien, wo der Juristcntag aus allen Gegenden Deutschlands bedeutende Männer zusammengeführt hatte. Die Aufnahme in der alten Kaiscrstadt war glänzend. Die Stadt Wien gab für ein einziges Mittagsessen 40,000 Gulden. Der Hof hatte zu dem großen Fackclzug (gegen 14,000 Fackeln) in Schönbrunn den fremden Gästen eigene Tribünen bauen lassen. Zum Präsidenten des Juristentagcs wurde der alte berühmte Professor v. Wächter aus Leipzig gewählt. Von den gefaßten Beschlüssen ist vorzüglich einer bemerkenswert, daß Verordnungen, die der Genehmigung der Stände bedürfen, für den Richter nicht bindend sind. — In Preußen macht «in Prozeß großes Auf sehen, der in Elberfeld gegen den Redakteur der dortigen Zeitung geführt wurde. Derselbe hatte vor den dießjährigen Wahlen seine Leser gewarnt, dem