Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebeulehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. «freitag, k)en 20. Llprit l866. 16. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Loreuz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitag« «ine Nummer. Der Preis für den Vterteljahrgang betrügt iü Ngr. und ist jedesmal vorauSzubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl <tn der Redaclion>, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blatte« entsprechen, mit großem Dank« angenommen, nach Befinden honortrt. Umschau. Friedrich Wilhelm IV. wies im April 1849 die deutsche Kaiserkrone, die ihm das Parlament anbol, zurück und behielt sich nur „ein Anrecht" vor. Hatte dieses Anrecht Graf Bismarck im Linne, als er den Antrag auf Einberufung eines neuen Parla mentes und einer Bundesreform stellte? Er ver langt von den deutschen Regierungen, daß sie zu erst den Termin der Einberufung des Parlaments feststcllen und dann sich über die Bundesreform, deren Plan er vorlegt, einigen. Und wenn sie sich nicht einigen? wenn sie nicht seinen Plan anneh men und der Lag deS Parlaments ist herbeige- kommen? was dann? — Eine Berliner Zeitung hält es für möglich, daß er dann mit der Reichs- verfafsung von 1849herausrückl und erklärt: Preu ßen nimmt sie an.— Die meisten deutschen Regierungen sollen dafür sein, den preußischen Antrag an eine Commission zu verweisen. In Süddeutschland ist man selbst auf Seiten der Fortschrittspartei für die Bismarck- schen Pläne, wenigstens die ausgesprochenen. Man rechnet darauf, daß ein deutsches Parlament bald seinem Urheber über den Kopf wachsen würde. Dann müßte es Bismarck gehen wie dem Zauberlehrling, der da jammert: Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los! — Zwischen Wien und Berlin fliegen noch immer unangenehme Nolen hin und her. Bayern bemüht sich, eine Versöhnung herbeizuführen; die Erbitte rung ist aber auf beiden Seiten so groß, daß die Erhaltung des Friedens fraglich erscheint. Die österreichischen Blätter führen gegen Preußen eine Sprache, als sollte Berlin noch diese Woche ange griffen werden. Nebenbei bauern die Pferdeankäufe und die Einberufung der Reserven fort, so sehr auch beides von den ofsiciellen Blättern geleugnet wird. Die Börse, dieses Wetterglas der Politik, schwankt hin und her und Niemand ist in der jetzi gen Zeit schlimmer daran, als die unglücklichen Börsenspieler. Auf den Verkehr wirkt die Unsicher heit überall lähmend: so hört man von der Leip ziger Messe nur Klagen. Es giebt viele Leute, die den wirklichen Krieg dem lang andauernden Schwanken vorziehen. Schwarz auf weiß mit sprechenden Zahlen weist das statistische Amt nach, daß in Wien Ge» werbfleiß und Wohlstand sinkt, die Armuth steigt, daß die Auspfändungen, Zwangsversteigerungen rc. seit Jahren ums Doppelte bis Dreifache ge stiegen sind und daß cs oft nichts zu pfänden und zu versteigern giebt; daß der Fleischbedarf abge nommen hat, obgleich die Kopfzahl der Einwohner gestiegen ist rc. rc. Die Statistik ist eine unbarm herzige Wissenschaft, obgleich noch in den Windeln. Kein Wunvcr, daß sich in Wien allein 15,000 Personen um Stellen in Mexico beworben haben sollen — in Mexico! — Oesterreich würde vielleicht schon losgeschlagen haben, wenn die Geldnoth nicht so groß wäre. Man geht nun damit urn^ Staatsscheine mit Zwangscours auszugeben, weil der Finanzminister auf keine andere Weise Gelv schaffen kann. Mit einer Anleihe mag er sich nach den Erfahrungen des vorigen Jahres nicht wieder herauswagen. Schlechter kanns nicht werden durch einen Krieg, denkt mancher Oesterreichcr, also — vorwärts! Es wird versichert, daß das Bündniß zwi schen Italien und Preußen abgeschlossen ist. 24 Stunden nach der Kriegserklärung Preußen- würde auch Italien gegen Oesterreich losbrechen. Napo,