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Nr. 278 Freitag den 29. November 1918 77. Jahrg. Der amtliche Teil befindet sich auf der vierten Seite. Wer trägt die Schuld an dem Kriege? Die Überflutung. Hemmungslos, wie ein entfesselter Strom, ergießen- sich die Machtmittel der Entente über die von ihr bisher verschont gebliebene Welt. Konstantinovel, die Dardanellen^ liegen offen zu ihren Füßen, das Schwarze Meer mit Datum und Sebastopol ist in englischer Hand, Odessa^ Kiew wimmeln von westmächtlichen Befreiern, und die Ukraine trifft danach schon Vorbereitungen, sich wieder mit Groß-Rußland zu vereinigen. Dieses selbst aber hält den Mem an: schlägt endlich die Stunde der Erlösung von dem Terror der Bolschewisten? Kommt die Befreiung von außen, da das russische Volk aus eigener Kraft dieses Joch nicht abschütteln konnte? Fast sieht es so aus, als wollten die Sieger im Weltkriege sich ungesäumt ans Werk machen. Im russischen Süden haben sie bereits ein operationSfähiges Heer aufmarschieren lassen, und im Norden sollen britische Kriegsschiffe nach Reval unterwegs sein, von wo aus ein unmittelbarer Druck gegen Peters burg sich verhältnismäßig leicht anseben ließe. Der russische Winter würde allerdings eine größere Aktion erschweren, aber der Bolschewismus braucht doch wohl nur einen leichten Stoß zu bekommen, um mit aller seiner Großspurigkeit elendiglich zusammenzubrechen. Aber weiter: die Rumänen fluten nach Ungarn herein, aus dem Mackensen sie vor zwei Jahren verjagt bat. Nicht weniger als 26 Komitate nehmen sie für sich in Anspruch, und niemand ist da, der sie bindern könnte, wenn sie noch einmal so viele Bezirke einstecken wollten. Denn in Budapest regiert zwar im Augenblick Graf Karolyi, aber doch nur unter Aufsicht der Franzosen, die die Hauptstadt des Landes besetzt haben. Für die Naivität des Ministerpräsidenten, der Ungarn nach seinem Aus scheiden aus dem Kriege und nach seinem Abfall vom Deutschen Reich als ein neutrales Land hinstellen und be handelt wissen wollte, hatte der französische Führer nur eine abweifende Handbewegung. „Ihr seid ein besiegtes Land, und damit basta!" So dürfen auch die Tschecho- Slowaken im Norden des ehemaligen Kaiserreiches schalten und walten, wie es ihnen beliebt, und daß Kroatien, Dal matien mitsamt Bosnien und der Herzegowina von den Serben mit bestem Appetit verschlungen werden, versteht sich von selbst. Was danach noch von dem einstmals so stolzen Ungarland übrig bleibt, braucht wirklich weder für Rumänen noch für Serben, noch gar für die Nullen ein Gegenstand der Sorge zu sein. Nicht besser geht es den Deutschen: die Italiener sind über den Brenner bis nach Innsbruck gezogen, das sie — natürlich! — nur vorläufig besetzt haben, und die Tschechen denken gar nicht daran, auch nur eine deutsche Stadt in Böhmen mit ihrer Herr schaft zu verschonen. Wie lange Wien noch auf feindliche Soldaten zu-warten hat, wird in Versailles wohl auch bald entschieden werden: es sollen alle an die Reihe kommen, und man braucht jetzt nichts mehr zu über stürzen. Nur was Deutschland anbetrifft, scheinen die Franzosen es gar nicht erwarten zu können. Nock bevor die fest gesetzten Termine überall abgelaufen sind, rücken sie in unser Land ein, in Elsaß-Lothringen nicht nur, das sie alsbald von jedem Verkehr mit der Außenwelt abge schnitten haben, in die Pfalz, ins Rheinland, und wenn es nach ihnen, und nur nach ihnen ginge, würden ihre Reiter sich heute wohl schon gegen Berlin zu in Marsch fetzen. Unterdessen treffen dis Engländer ihre Vor bereitungen, um Wilhelmshaven und Kiel durch Flottenabteilungen in Augenschein nehmen zu lassen — angeblich wollen sie sich nur davon überzeugen, ob wir auch die Bedingungen des Waffenstillstands vertrages, soweit er sich auf unsere Küstenverteidigung bezieht, erfüllt haben: die bloße Auslieferung so ziemlich der ganzen deutschen Flotte genügt ihnen ja bekanntlich noch nicht. Und wenn sie es etwa für nötig halten sollten, in Deutschland Ordnung zu schaffen, so wären unsere ehemaligen Seefestungen als Stützpunkte für eine solche Expedition natürlich auch nicht zu verachten. Nur dürfen wir uns darüber von vornherein keiner Täuschung hingeben, daß wir dann zwar den Zeitpunkt der Ankunft britischer oder amerikanischer Streitkräfte mit Sicherheit bestimmen könnten, daß aber kein Mensch oorherzusehen vermöchte, wann wir diese fremde Invasion wieder los werden würden. Wir müssen der Überflutung der ganzen Welt durch die Heeressäulen der Alliierten ohnmächtig zuschauen. Aber wo bleiben die Freunde der Völkerverbrüderung in den feindlichen Ländern, die ehedem so laute Worte gegen den Siegerübermut fanden, wo die Neutralen, die so manches mal die Empfindlichkeit ihrer Nerven verrieten, wenn im W li!; ege irgendeine militärische Operation ihnen unzu lässig erschien? München gegen Berlin. Abbruch des Verkehrs mit dem Auswärtigen Amt« München, 27. November. Die seit einigen Tagen, namentlich seit den bäuerischen Veröffentlichungen zutage getretene Abneigung gegen das Berliner Auswärtige Amt und dessen Leiter Dr. Sols haben zu einem außergewöhnlichen Schritt der bayerischen Regierung geführt. Die amtliche Münchener Korrespondenz Hoffmann meldet: Vom Ministerium des Nutzeren wurde nach stehendes Telegramm gestern abend an den bayerischen Gesandten in Berlin zur Übermittlung an das Aus wärtige Amt gesandt: Die neuerlichen Versuche, die alten Methoden des Auswärtigen Amtes fortzusctzen, um das deutsche Volk erneut um die Erkenntnis der Wahrheit zu betrügen, veranlassen das Ministerium des Auswärtigen des Volksstaates Bayern, jeden Verkehr mit den gegenwärtigen Vertretern des Aus wärtigen Amtes abzulehne«. Kurt Eisner. Auf der Berliner Reichskonferenz unternahm Eisner, gleichzeitig bayerischer Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen, schon einen scharfen Vorstoß gegen Dr. Solf. Der Einspruch des Auswärtigen Amtes in Berlin gegen die Eisnerschen Enthüllungen haben ihn zu seiner offenen Kampfansage geführt. * Die Gefährdung der Reichseinheit. Nach Meldungen aus Holland wird für einen selb ständigen deutschen Staat im Westen von der Entente lebhaft Stimmung gemacht. In diesen Meldungen heißt es weiter: .Wenn Berlin diesen Umständen nicht Rechnung trägt, wird man bald vor unwiderruflichen Ereignissen stehen. Aus der neuen Lansingnvte kann man heraus- lessn, daß eine Förderung bolschewistischer Grundsätze nur zur Erhöhung des Elendes im deutschen Volke beitragen kann. Ihren Bedingungen kann Deutschland nur nach kommen, wenn der Zentralausschuß in Berlin mit den anderen Reichsteilen sich zur gemeinsamen Arbeit zusammen schließt." Arbeiterräie und Lohnbewegung. Mahnung zur Mäßigung. Berlin, 27. November. In einer Versammlung der Nrbeiterräte Groß-Berlins verbreitete sich Volksbeauftragter Barth über die augen blickliche Lage. Er sagte, man könne jetzt keine sozia listischen Experimente machen, es müsse vielmehr alles planmäßig, organisch und großzügig ausgeführt werden. Auch sei die soziale Revolution keine grotze Lohnbewegung. Gewiß sollten auch die Lohnforderungen erfüllt werden, aber dazu sei die jetzige Zeit nicht geeignet. Vor allen Dingen gebrauchten wir jetzt Kohle und Lebensmittel. Das Hauptquartier nach Berlin. Gegensätze zwischen Generalen und ASR. Berlin, 27. November. Daö Kabinett hat der Obersten Heeresleitung den Be fehl gegeben, sich von Kassel nach Berlin zn verfügen. Es hat ferner die sofortige Absetzung des Generals Eberhardt verlangt. Es handelt sich dabei um die bekannten Beschle dieses und anderer Generale, daß sich alle Dienststellen der von den betreffenden Armeen besetzten Gebiete ihnen unter zuordnen hätten. Zudem batte General v. Eberhardt noch das Tragen roter Abzeichen verboten. In Berlin hofft man, daß die militärischen Dienststellen sich, getreu ihrer Zusicherung, dem Willen der Regierung beugen werden. Mehrfach ist es auch im Westen schon zu blutigen Zu sammenstößen zwischen Soldaten dieser Heeresteile und ASR. gekommen. Es werden alle Maßregeln gegen eine etwaige Gegenrevolution getroffen. Das Schickel Wilhelms n. Strenge Überwachung von Kaiser und Kronprinz. Loudon, 27. November. Ein Entcntediplomal erklärt» daß Wilhelm II nicht mehr in Holland bleiben könne. Über die Rückkehr beider nach Potsdam braucht man sich nicht den Kopf zu »er brechen. Auf jeden Fall werde man alles tun, um das zu Verhindern. Der gewesene Kaiser und sein Sohn werden» gleichviel mit welchem Ziel» das Gebiet Hollands nicht ohne die Zustimmung der Alliierten verlassen. DaS alte Deutsch land kann aus seiner Asche nicht mehr erstehen. Alles ist vorgesehen worden. Der Kaiser und der Kronprinz sind, so versichert dieser Diplomat weiter, gut verwahrt, es handelt sich nicht um Korfu, auch nicht um Potsdam, doch werden die einsamen Spaziergänge in dem Park von Emmeringen nur einige Zeit dauern. Auch sind die Rechtsberater der englischen Krone aufgefordert worden, ein Rechtsgutachten über diele Angelegenheit abzugeben. Die holländische Presse äußert sich dahin, daß wegen einer Schuld am Kriege höchstens die deutsche, nicht aber eine andere Regierung die Aus lieferung Wilhelms ll. fordern könne. Friedensmöglichkcit im Frühjahr 1918. Wie in Diplomatenkreifen der Entente behauptet wird, wäre diese im Frühjahr 1918 bereit gewesen, in eine Friedenserörterung einzutreten mit verhältnismäßig günstigen Bedingungen für Deutschland. Dieses hätte Belgien räumen und zwei Drittel der Entschädigung zahlen müssen, während die Alliierten bereit waren, ein Drittel der Entschädigungssumme zu tragen. In Elsaß- Lothringen hätte eine Volksabstimmung über dessen Zu kunft zu entscheiden gehabt, wobei der Prozentsatz der seit 1870 ausgewanderten Bevölkerung zugunsten Frankreichs mit eingerechnet werden mußte. Serbien, Montenegro und Rumänien hätten sofort geräumt werden und eine Entschädigung seitens der Mittelmächte erhalten müßen, wobei noch die Alliierten zu einer prozentualen Beteiligung bereit waren. Die deutschen Kolonien sollten zurückgegeben werden. In diesem Augenblick sollte die Note des Grafen Burian erscheinen, durch die er die Kriegführenden zur Konferenz über die Friedensfrage einladen wollte. Das Hindernis für die Ausführung dieses Schrittes bildete Ludendorff, der den österreichisch-ungarischen Diplomaten antwortete: Laßt uns siegen! Zu seiner Umgebung äußerte sich Ludendorff, man müsse sich mit dem Friedensschritt sehr beeilen, wenn man nicht zu spät kommen wolle. 24 Stunden später begann die deutsche O^snsive. Unser geordneter Rückmarsch. Von dem Berichterstatter des amerckanischen Presse dienstes bei einer amerikanischen Armee wird erzählt, daß die Deutschen, die große Vorräte an Lebensmitteln und Munition mit sich führten, durch das schnelle Vorrücken der amerikanischen Abteilungen an der luxemburgisch- deutschen Grenze überrascht worden seien. Während die Deutschen auf dem einen Ufer des Flusses dahinzogen, konnten sie die Amerikaner auf dem anderen Ufer marschieren sehen. Darauf sandten sie einige Offiziere zurück, um die Amerikaner zu ersuchen, nicht so schnell vor zurücken, da es den Deutschen unmöglich sei, so rasch abzu- marschieren, ohne in Unordnung zu geraten. Es blieb den Amerikanern nichts übrig, als ihre Bewegungen zu verla g- samen. Der Bericht schließt: „Die allgemeine Absicht de:- deutschen Kriegsvolkes ist, die besetzten Gebiete ohne Tumult zu verlassen. Die Verwirrung im Transport wesen scheint zu Ende zu sein. Trotz der Niederlage scheinen die Deutschen guter Dinge zu sein. Die ob ziehende Armee läßt wenig Ausrüstnngsgegenstände zuruck und singt auf dem Rückzug Marschlieder. Der allgemeine Eindruck herrscht, daß die Deutschen, obschon geschlagen, doch nicht besiegt seien. Ihre Haltung den Amerikanern gegenüber ist gutmütig. Nach allen Berichten gehorchen die Truppen trotz der revolutionären Gerüchts ibren Offizieren, und es ist wenig von Unordnung zu seh.w" Riesenfeuerwerk an der Front. Uber die Aufnahme, die der Abschluß des Waffen stillstandes an der Front hervorrief, macht der amerikanische General Johnson, der ein Kommando an der nördlichen Verdunfront hatte, interessante Mitteilungen. Danach brannten die deutschen Truppen ihre sämtlichen Signal raketen ab, daß der nächtliche Himmel wie von einem Riesen feuerwerk erleuchtet schien. Die Kundgebung wurde von Franzosen und Amerikanern beantwortet, und der nächt liche Himmel war mehr als eine Stunde lang taghAl erleuchtet. Zeit- und Streitfragen. Stimmen aus allen Parteien. Die Schuld am Kriege. Professor Hans Delbrück, der bekannte'konservative! Friedensfreund, lichter an den Vorwärts eine Zuschrift, um deren Aufnahme er im Namen der Gerechtigkeit ersticht. Er beschäftigt sich mit dem von der gegenwärtigen bayerischen Regierung der Öffentlichkeit preisgegebenen Lerchenfeldscher Bericht, und kommt zu dem Schluß: Der ungeheure Irrtum der deutschen Regierung war. daß sie glaubte, Rußland werde sich die Demütigung Serbiens gefallen lassen, und der ungeheure Irrtum des deutschen Generalstabs war. daß er glaubte, die denllebe Armee werd '