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AWdmffer Tageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für WWdruff und Umgegend Postscheckkonto Le,pz,g 286^4 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr 169 Freitag den 22. Juli 1921. 89. Jahrgang. Amtlicher Teil. Aus Blatt 4 des hiesigen Vereinsregisters, den Verein Heimatdank für die Stadt Wilsdruff betr, ist heute eingetragen worden: Die Satzung vom 6 9. 1915 ist zufolge Beschluß der Hauptversammlung vom 26 4. 1921 durch eine neue Satzung vom gleichen Tage ersetzt worden. Die bisherigen Vorstandsmitglieder sind ausgeschieden, an ihrer Stelle sind Bürgermeister Dr. Ernst Kronfeld hier als Vorstand, Stadtrat Louis Wehner hier als erster Stellvertreter und Oberlehrer Theodor Hientzsch hier als zweiter Stell vertreter bestellt worden. 81/21 «9Z« Amtsgericht Wilsdruff, am 14. Juli 1921. für eilige Leser. * Englische Großbanken geben zum Einkauf von Anslands- aetreide für Deutschland drei Millionen Pfund Sterling Kredit. * Nach Londoner Informationen beabsichtigt Frankreich, in der oberschlesischen Frage auf eigene Faust vorzugehen. * Die Vertreter der deutschen kommunistischen Arbeiter partei wurden in Moskau aus der Kongreßtagung der Dritten Internationale mit bewaffneter Macht entfernt und unter Be wachung abgeschoben. * Nach einer Depesche aus Washington wird offiziell zuge geben, daß Dresel und Minister Dr. Rosen die Frage des deutsch-amerikanischen Friedcnsvertrages besprochen haben. Korfaniy in Paris. Nicht Le Nond ist, wie cs eine Zeitlang hieß, nach Paris zurückberufen worden, er hält vielmehr nach wie vor die Zügel des Regiments der Interalliierten Kommission für Oberschlesten in der Hand, macht Inspektionsreisen im Lande, um sich davon zu überzeugen, wie die Aktten stehen, und sammelt dabei, wie man wohl vermuten darf, Mate rial für die Noten, mit denen sein Herr und Meister Briand jetzt alle acht Tage mindestens einmal die Welt in der oberschlesischen Frage überraschen zu wollen scheint. Ge neral Le Rond ist zurzeit noch unabkömmlich im Abstim mungsgebiet. Dafür aber ist sein Schützling und Kampfgenosse Kor fanty nach Paris geeilt. Man kann nicht sagen, daß er nach Paris berufen worden sei, denn wo wird der ehren hafte Ministerpräsident der französischen Republik den Obersten aller Banditenführer in Oberschlesien, den selbst die polnische Regierung in Warschau von ihren Rock- schößen abschütteln mußte, nach Paris entbieten, um sich offen zu ihm als Helfershelfer für die Durchsetzung fran zösischer Weltherrschaftspläne in Mitteleuropa zu be kennen? Nur so viel wird man vermuten dürfen, daß Herr Korfanty schwerlich auf eigene Faust den Schauplatz seiner Heldentaten verlassen' hat. Er wird sich Gewiß heit darüber verschafft haben, daß er in Paris nicht als eine Art lästiger Ausländer behandelt werden würde, trotz dem er sich mit unerhörter Dreistigkeit über die Autorität der Interalliierten Kommission in Oppeln hinweggesetzt und das Banner des Aufstandes gehißt hat, wo ausschließ lich die Machtmittel der Entente die Ruhe und Ordnung im Lande aufrechtzuerhalten hatten. Dieser Korfanty, den ungeheure Blutschuld belastet, der ehemals blühendes deutsches Land in Trümmerhaufen verwandelt, der die Entschlußfreiheit der Großmächte in der oberschlesischen Frage durch systematische Ausstellung wohlausgerüsteter Jnsurgcntenheere lahmlegt und der jedem, der es hören will, offen heraus sagt, daß er nur eine Lösung der oberschlesischen Frage zulassen werde, dieser Mann darf unbekümmert um die Folgen in Paris auftauchen, gerade in einem Zeitpunkt, da dort, wenn nicht alles täuscht, be deutungsvolle Entschlüsse heranreifen. Man ist eben ver- bündet und man hält zusamnien, auch auf die Gefahr hin, daß darüber andere Freundschaften in die Brüche gehen. Herr Korfanty gibt sich zwar den Anschein, als läge ihm außerordentlich viel an einer sofortigen Entscheidung der Zukunft Oberschlesiens. Wer gutgläubig geüug ist, soll auf diese Weise über das Einvernehmen getäuscht werden, das zwischen ihm und Herrn Briand von jeher bestanden hat. Denn Herr Briand betreibt, wie man weiß, seit knapp einer Woche eine Politik der Verschleppung, und wenn es nach ihm geht, wird es Herbst werden im Lande, ehe man in London oder Paris die letzten Entscheidungen über Ober- schttsien zu treffen hätte. In der Tat wird die Frage der Einberufung des Obersten Rates zwischen ihm und Lloyd George heute noch genau so hin- und hergezerrt wie schon im April und im Mai, und bisher hat er es immer noch verstanden, jedes Anzeichen von Ungeduld in London durch neue Manöver, mit denen sich die britische Politik gern und ungern erst auseinandersetzen mußte, zu beschwichtigen. Fetzt hat er die Frage der Verstärkung der oberschlesischen Besatzungstruppen in den Vordergrund gerückt, unter Vor wänden, die so lügnerisch sind, daß selbst in England gerade zu Verblüffung herrscht. Und wenn England zögern sollte, Herrn Briand auf seinem neuesten Wege zu folgen, so zeigt cr sich entschlossen, auf eigene Faust zu tun, was ihm gut- dünkt. Halten England und Italien die Entsendung neuer Besatzungstruppen nach Oberschlesien nicht für not wendig, so würde Frankreich sich doch durch sie nicht be irren lassen. Und je mehr Truppen General Le Rond zu seiner Verfügung hat, desto schwerer wird es den anderen Mitgliedern des Obersten Rates fallen, die oberschlesischr Frage so zu entscheiden, wie Recht und Gerechtigkeit es erfordern. So versteht Herr Briand die Ententepolitik mit einer Sorte von Realpolitik zu verbinden, die beweist, daß or bei auten MeÄtvolittkcrn in die Schule aeaanaen itt: und daß er sich dabei von einem Gesellen wie Korfanty hilfreiche Hand leisten läßt, spricht für die Unbedenklichkeit eines Gewissens, wie es die Staatsmänner von heute nötig zu haben scheinen, wenn sie sich vor der Geschichte dieses Namens würdig erweisen wollen. Allen diesen Entwicklungen steht das deutsche Volk wehrlos gegenüber. Es kann nur mit ohnmächtigem Grimm im Herzen zusehen, wie seine kostbarsten Güter von den Siegern von gestern mit Füßen getreten werden. Wann fällt Sie Entscheidung? England für sofortige Beratungen Die französische Note über Oberschlesien hat nicht die Wirkung gehabt, die man in Paris davon erwartete. We der England noch Italien haben sich bis jetzt dem Schritt des französischen Botschafters in Berlin angeschlossen. Lord Curzon hat vielmehr dem französischen Botschafter in London noch einmal den Wunsch der englischen Negie rung ausgesprochen, der Oberste Rat möge rasch zusammen treten. Auch in der Note, die die englische Negierung als Antwort auf die Note Briands wegen der Truppenver stärkungen für Oberschlesien absandte, spricht sich England noch einmal für den raschesten, dringlichen Zusammentritt des Obersten Rates und gegen die Entsendung von Ver stärkungen nach Oberschlesien aus. Der „Temps" macht in dieser verwirrten Situation wieder einen neuen Vorschlag, der offensichtlich den Fran zosen ermöglichen soll, auch nach einer Entscheidung da-? oberschlesische Abstimmungsgebiet noch recht lange in der Hand zu behalten. Das Blatt meint: Nachdem man ein mal das Mittel gefunden habe, durch Entsendung von Verstärkungen oder, wenn England zögere, Truppen zu entsenden, durch „angemessene Maßnahmen am Rhein", den Frieden in Oberschlesien aufrechtzuerhalten, könne man sich fragen, ob man das Industriegebiet Oberschlesten teilen Wolle, oder ob man es während zehn oder zwanzig Jahren beispielsweise unter der Verwaltung einer von den alliierten Großmächten eingesetzten Autorität lassen solle. Dos habe man zu prüfen. Italien hält sich augenblicklich in der oberschlesischen Frage stark zurück. Die römischen Blätter heben mit Recht hervor, daß Zn dem Negierungsprogramm Bonomis jede Stellungnahme zur oberschlesischen Frage fehlt. Eine solche sei aber um so dringender, als Frankreich mit Hoch druck arbeite, und Italien zwischen dem englischen und dem französischen Standpunkte die Entscheidung zu treffen habe. General de Marini, der Vertreter Italiens in der Inter alliierten Kommission, Oppeln, ist nach Rom abgereist. „Die man ries, die Geister . . ." In Hohensalza kam es anläßlich der Entwaffnung der dort untergebrachten polnischen Aufständischen zu blu tigen Zwischenfällen. Von den Aufständischen in Stärke von etwa zwei Regimentern leistete nur ein kleiner Teil dem Befehl, die Waffen abzuliefern, Folge. Als Grund des Ungehorsams gaben die Meuternden an, der polnische Staat schulde ihnen den Sold in deutscher Währung. Ein Major versuchte die Aufständischen zu beruhigen, was je doch nicht gelang. Erst nach einer Salve, wöbet es zwei Tote und fünfzehn Verwundete gab, zogen sich die Meu terer in ihre Kasernen zurück und konnten entwaffne, werden. Eine neue Inspektionsreise Le RondS. Nach einer etwas eigentümlich verlaufenen ersten ^In spektionsreise" durch seinen Machtbereich, in Oberschlesten« die sich wie eine Komödie nach dem Muster der Sereuiffi- musreisen abspielte, hat sich General Le Rond zu einer zweiten Reise entschlossen, die ihn diesmal in das bei der ersten Fahrt überhaupt nicht berührte besonders gefährdete Gebiet von Rybnik führen soll. Englische.und französische Mitglieder der interalliierten Kommission werden den Ge neral begleiten. poUMcke KunLilckav. Vernichtungswirkungen der Sanktionen. Zu den Sanktionen am Rhein nahm der Stavtrat vor Ludwigshafen Stellung durch eine Entschließung, in der es heißt, daß alle Beweise besten Willens, die Deutsch land durch die pünktliche Erfüllung der ihm im Londoner Ultimatum auferlegten Verpflichtungen gegeben hat, bis zur Stunde ohne Erfolg geblieben seien. Dabei steige die wirtschaftliche Not bis aufs höchste, der Zusammenbruch sei kaum mehr aufzuhalten. Tie Industrie, deren Lager überfüllt seien, bliebe ohne Aufträge, der reelle Verkehr sei auf Schritt und Tritt gehemmt. Arbeitslosigkeit, Teuerung und Massenelend bedrohten Land und Stadt. Der Stadtrat bittet die Reichsreaieruna dringend, mit allen Mitteln die Aufhebung der Sanktionen betreiben zu wollen. Abzüge von den Reparationsleistungen. Wie „Chicago Tribune" schreibt, sind internationale Juristen zu dem Schluß gelangt, daß die in London fest gesetzte deutsche Reparationssumme von 132 Milliarden Mark die Gesamtentschädigung darstelle, welche die Alli ierten von sämtlichen ehemals feindlichen Ländern, nicht aber von Deutschland allein zu beanspruchen hätten. Diese Auffassung, die jetzt von allen Juristen der Alliierten ge teilt werde, gründe sich auf Artikel 231 des Versailler Vertrages. Die Entscheidung bedeute nicht, daß die Ver bündeten Deutschlands nicht zur Reparation berangezogen würden, sondern daß die von ihnen bezahlten Beträge Deutschland zu erlassen feien, über die Heranziehung der kleinen Mächte zur Reparation sei noch nichts bestimmt, es könne sich aber nur um einen geringen Teil des Ge samtbetrages handeln. Ein Tag Gefängnis gleich 15V Mark in Bayern. Nach einer Mitteilung des bayerischen Justizministe riums wird gegenwärtig im Reichsjusttzministerium ein Gesetzentwurf über Umwandlung von Freiheitsstrafen in Geldstrafen ausgearbeitet. Es soll künftig ein Tag Frei- beitssttafe mit 150 Mark Geldstrafe gleichgcsetzt werden (bisher 15 Mark). Die Vorlage wird schon in allernächster Zeit erscheinen, und die neuen Bestimmungen sollen am 1. Oktober in Kraft treten. Braunschweigische Verfassungsfragen. Die braunschweigische Landtagsfraktion des Landes- wablverbandes veröffentlicht eine Erklärung, wonach sie ent sprechend ihren Beschlüssen nur so lange Obstruktion zu treiben beabsiclstige, bis die strittige Frage der Rechtszu ständigkeit des gegenwärtigen braunschweigischen Landtags entschieden sei. Nach der befriedigenden Entscheidung des Staatsgerichtshofes wolle sie ihre Arbeiten in der Lan- desverfammlung wieder aufnehmen. Rumänien. X Schlägerei im Parlament. In Bukarest kam es zu Skandalszenen in der rumänischen Kammer. Dem ge wesenen Handelsminister Taslauanu wurde vorgeworfen, er habe die Mehrheit der Kammer für einen Vertrag mit einer Jndustriegesellschast dadurch gewonnen, daß die Ab geordneten unentgeltlich neue Aktien der Gesellschaft er hielten. In dem darauf folgenden großen Lärm schlug der Abgeordnete Goga dem gewesenen Handelsminister mit einer Peitsche ins Gesicht, weil er das Haus mit Ak tien bestochen habe. Die Schlägerei wurde schließlich all gemein, so daß der Präsident die Sitzung schließen mußte. Belgien. X Der Wiederaufbau Belgiens ist bereits so weit vor- geschritten, daß schon der Zeitpunkt der Vollendung ange geben werden kann. Nach dem Landwirtschaftsminister Renette ist die völlige Wiederherstellung des Ackerbau landes gegen Ende 1922 zu erwarten. Der Wohnungs bau in Flandern wird innerhalb zweier Jahre vollendet sein. Dagegen sind in dem zerstörten Gebiet rund um Verdun noch nicht einmal die Trümmer aufgeräumt. Die Wiederherstellung Frankreichs wird wahrscheinlich volle zebn Jahre dauern. Gütlicher Ausgleich in der Brotfrage. Keine Gewaltaktion der Gewerkschaften. Nach zuvc-rläffigcn Meldungen ist ein gewaltsames Vorgehen der Gewerkschaften und Angcstclltenverbünde gegen die bevorstehende Brotpreiserhöhung nicht beabsich tigt. Da die Getreidebewirtschaftung durch Beschluß des Reichstags auf eine andere Grundlage gestellt ist, wird man sich darauf beschränken, zusamnien mit den Arbeit gebern in der Zentralarbeitsgemeinschaft einen Aus gleich für die neue Verteuerung eines so wichtigen Le- bensmittels zu finden. Die Verhandlungen werden in einigen Tagen beginnen, sobald die maßgebenden Persön lichkeiten des Allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes nach Berlin zurüügekchrt sind. Die Gewerkschaften er klären jedoch, daß infolge der Brotpreiserhöbung an einen Lohnabbau in absehbarer Zeit nicht zu denken ist. Be sondere Verhandlungen zwischen den Arbeiter- und An- gestelltenvertretungen und der Regierung werden nicht mehr gepflogen werden, da man bei der Haltung der Ar beitgeber zu einer befriedigenden Lösung der Lohnzulagen zu kommen hofft. , Englischer Kredit für Getreideeinkaufe. Halbamtlich wird gemeldet, daß in den letzten Tagen zwischen der Einfuhrgesellschaft für Getreide und Futter-